Hirnstammblutung: Prognose, Ursachen, Symptome und Behandlung

Eine Hirnstammblutung ist eine schwerwiegende intrakranielle Blutung, die den Hirnstamm betrifft. Der Hirnstamm ist ein wichtiger Teil des Gehirns, der lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck, Bewusstsein und Schlaf-Wach-Zyklus steuert. Eine Blutung in diesem Bereich kann daher schwerwiegende Folgen haben.

Was ist eine Hirnstammblutung?

Als Hirnblutung werden alle Einblutungen im Schädelinneren (Intrakranialblutung) bezeichnet. Dazu gehören Hämatome im Gehirngewebe (intrazerebrale Blutung) und in bzw. zwischen den Hirnhäuten (extrazerebrale Blutung). Je nach Lokalisation werden intrazerebrale Blutungen (ICB) und extrazerebrale Blutungen (ECB) unterschieden.

Der Hirnstamm (Truncus cerebri) ist der untere Teil des Gehirns und besteht aus mehreren Strukturen, darunter das verlängerte Mark (Medulla oblongata) und der Pons. Er ist für die Steuerung lebenswichtiger Funktionen zuständig. Die Strukturen des Hirnstamms werden über die hinteren Hirnarterien, die Vertebralarterien (Wirbelarterien), versorgt, die sich an der Schädelbasis zur Basilararterie vereinigen.

Ein Hirnstamminfarkt ist ein Schlaganfall bzw. Hirninfarkt durch Blutmangel (Ischämie) im Bereich des Hirnstamms. Bei einem Infarkt im Bereich des Mittelhirns und des Pons sind häufig die Basilararterie und deren Äste verengt oder verschlossen. Für den Bereich der Medulla oblongata sind vor allem Verschlüsse der Vertebralarterien von Bedeutung. Bei einem Gefäßeinriss einer Vertebralarterie, einer sogenannten Vertebralisdissektion, können auch Gefäße betroffen sein, welche das Kleinhirn mit Blut versorgen.

Ursachen von Hirnblutungen

Die Ursachen von Hirnblutungen sind vielfältig und können spontan auftreten oder Folge einer anderen Erkrankung sein. Häufig sind Hirnblutungen die Folge von Schädel-Hirn-Verletzungen, beispielsweise durch Stürze, Unfälle oder Streitigkeiten nach Alkohol- oder Drogeneinfluss. Blutgerinnungsstörungen und Gefäßerkrankungen können Hirnblutungen jeder Art begünstigen.

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Intrazerebrale Blutungen

Bei intrazerebralen Blutungen liegt das Hämatom direkt im Hirnparenchym. Ursächlich werden zwei ICB-Formen unterschieden: spontane Blutungen und Blutungen als sekundäre Folge.

Bei der spontanen ICB gibt es wiederum zwei Formen: kryptogene spontane oder idiopathisch spontane Blutungen. Bei der kryptogenen spontanen ICB ist eine Ursache wahrscheinlich bzw. wird vermutet, kann aber nach derzeitigem Kenntnisstand nicht nachgewiesen werden. Bei der idiopathischen spontanen ICB gibt es gegenwärtig kein pathophysiologisches Konzept, das eine Ursache dieser Blutung erklären könnte.

Die meisten intrazerebralen Blutungen haben eine sekundäre Ursache. Mit rund 35 % gehen intrazerebrale Blutungen bei 40- bis 70-Jährigen auf eine arterielle Hypertonie zurück. Weitere Erkrankungen, die eine ICB verursachen können, sind:

  • Erkrankungen von Arterien und Arteriolen
  • Genetisch bedingte und erworbene Erkrankungen der kleinen Gefäße und großen Gefäße
  • Zerebrale Amyloidangiopathie
  • Zerebrales Aneurysma
  • Moya-Moya-Erkrankung
  • Vaskulitiden
  • Reversibles Vasokonstriktionssyndrom
  • Sekundäre hämorrhagische Transformation
  • Venöse Erkrankungen
  • Venen-/Sinusthrombose
  • Gefäßmalformationen
  • Tumoren, Ischämie
  • Blutgerinnungsstörungen
  • Hämatologische Erkrankungen
  • Intrazerebrale Blutungen im Kontext anderer Erkrankungen
  • Infektiöse Endokarditis
  • Intoxikation

Subarachnoidalblutungen

Eine Subarachnoidalblutung kann traumatisch oder atraumatisch verursacht werden. Atraumatische SAB machen 85 % aller Subarachnoidalblutungen aus. Prädisponierende Faktoren sind Nikotin- und Alkoholabusus, arterielle Hypertonie sowie Angiopathien. Diese Gefäßdeviationen sind nicht selten Ursache eines Aneurysmas.

Atraumatische nicht-aneurysmatogene Subarachnoidalblutungen machen 15 % aller SAB aus. Dazu zählen beispielsweise perimesenzephale SAB infolge venöser Einblutungen und kortikale SAB infolge einer Amyloidangiopathie. Weitere sekundäre nicht-aneurysmatogene Auslöser sind zerebrale arteriovenöse Malformationen, durale arteriovenöse Fisteln oder eine Dissektion intraduraler Gefäße.

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Subdurale Hämatome

Ein Subduralhämatom ist meist Folge einer Brückenvenen-Ruptur, meist geht der Ruptur ein Unfall bzw. Trauma voraus. Mitunter entstehen Blutungen auch spontan, insbesondere während einer Therapie mit Antikoagulantien.

Epidurale Hämatome

Das Epiduralhämatom hat nahezu immer eine traumatische Ursache. Nach äußerer Gewalteinwirkung rupturiert in der Regel die Arteria meningea media oder seltener ein venöser Sinus. Mitunter sind Epiduralhämatome auch Folge hirnchirurgischer Eingriffe.

Risikofaktoren für Hirnblutungen

Als häufigster Risikofaktor für Hirnblutungen gilt Bluthochdruck. Epidemiologischen Studien zufolge kann eine arterielle Hypertonie bei bis zu 80 % aller Patienten mit intrazerebralen Blutungen nachgewiesen werden. Weitere allgemeine Risikofaktoren sind Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer.

Jede intrazerebrale Blutung ist ein raumfordernder Prozess und verdrängt funktionierendes Hirnparenchym. Die meisten intrazerebralen Blutungen gehen auf eine Ruptur der Arteriae centrales anterolaterales zurück. Eine solche Rhexisblutung schädigt das Hirngewebe selbst und beeinflusst die Blut-Hirn-Schranke, was die Entstehung eines perifokalen Hirnödems fördert und zu einem ansteigenden Hirndruck führt.

Symptome einer Hirnstammblutung

Die Symptome von Hirnblutungen unterscheiden sich nach Lokalisation und Größe des Hämatoms. Häufig sind Hirnblutungen jedoch mit einer verminderten Vigilanz, Kopfschmerzen, Paresen, Hemiplegien und anderen neurologischen Defiziten assoziiert. Da Hirnblutungen häufig die Ursache von hämorrhagischen Schlaganfällen sind, dominieren in vielen Fällen diese Symptome.

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Intrazerebrale Blutungen zeigen sich häufig mit plötzlichen beginnenden Kopfschmerzen und verminderter Vigilanz, Übelkeit und Erbrechen sowie Krampfanfällen. Große Blutungen in die Stammganglien verursachen kontralaterale Hemiparesen, konjugierte Blickdeviation zur Seite der Läsion, Ophthalmoplegie, homonyme Hemianopsie, Aphasie und komatöse Eintrübung.

Je nach Region sind Bewusstseinsstörungen, Koma und Tod die Folge. Sobald sich das Blut resorbiert, gehen die neurologischen Symptome zurück. Je nach Ausbreitung und Region bleiben dauerhafte Einschränkungen zurück.

Locked-in-Syndrom

Das Locked-in-Syndrom (LiS) ist eine sehr seltene Folge einer schweren Schädigung bzw. Funktionsstörung des Hirnstamms. Die Betroffenen sind bei vollem Bewusstsein in ihrem Körper eingesperrt. Nur wenige Muskeln, welche die Augenbewegungen kontrollieren, sind von der Lähmung nicht betroffen.

Basilaristhrombose

Ein lebensbedrohlicher Notfall ist die Basilaristhrombose. Durch den Verschluss der Arteria basilaris durch ein Blutgerinnsel oder eine lokale Gefäßveränderung kann es zur Mangeldurchblutung beider Seiten des Hirnstamms kommen.

Diagnose von Hirnblutungen

Erste Hinweise auf eine Hirnblutung geben das klinische Bild, der neurologische Status und die Anamnese. Jede Hirnblutung muss bei Verdacht mit einer neuroradiologischen Bildgebung bestätigt werden.

In den meisten Fällen wird zum Ausschluss einer Hirnblutung zuerst eine Computertomographie (CT) des Schädels mit Darstellung der Blutgefäße des Gehirns (Angio-CT) durchgeführt. In der Akutphase gilt eine Magnetresonanztomographie als diagnostisch gleichwertig.

Neben der Bildgebung erfolgt eine laborchemische Blutanalyse. Wichtige Parameter sind Blutbild und Gerinnungsstatus.

Behandlung von Hirnblutungen

Die Therapie von Hirnblutungen richtet sich nach Größe und Ursache der Blutung. Bei Verdacht auf einen Schlaganfall sollte der Notruf 112 gewählt werden. Die weitere Überwachung und Therapie sollte auf einer Stroke Unit durchgeführt werden.

Eine Operation ist bei Kleinhirnblutungen mit einem Volumen größer als 15 Kubikzentimetern indiziert, da sie die Sterblichkeitsrate signifikant senken kann. Bei Blutungen mit einem Volumen kleiner als 12 Kubikzentimetern sollte nicht operativ entfernt werden.

Prognose von Hirnstammblutungen

Die Sterblichkeit der Betroffenen nach einem Hirnstamminfarkt liegt bei 10 Prozent nach 3 Monaten. Wenn allerdings das Bewusstsein beeinträchtigt ist, liegt die Sterblichkeit deutlich höher. Eine Basilaristhrombose (Verschluss der Arteria basilaris) kommt in 1 Prozent aller ischämischen Schlaganfälle vor.

Die funktionelle Prognose nach einer Hirnstammblutung ist variabel und hängt von der Größe und Lokalisation der Blutung sowie dem Ausmaß der Schädigung des Hirngewebes ab. Viele Patienten behalten dauerhafte neurologische Einschränkungen zurück, während andere sich vollständig erholen können.

Prävention von Hirnblutungen

Um einer Hirnblutung vorzubeugen, sollten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen und hoher Alkoholkonsum vermieden werden. Eine optimale Blutdruckeinstellung senkt das ICB-Risiko erheblich. Auch Kopfverletzungen sollten vermieden werden, beispielsweise durch das Tragen eines Schutzhelms bei sportlichen Aktivitäten.

Forschungsprojekte

Aktuelle Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Vorhersage von Nachblutungen mittels spezieller Gerinnungsanalysen im Blut, der Erweiterung des Zeitfensters für die Behandlung mit gerinnungsnormalisierenden Medikamenten und der Vorhersage der abschließenden neurologischen Behinderung anhand des Ausmaßes der neurologischen Symptome.

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