Blutwäsche bei Demenz: Studien und neue Therapieansätze im Fokus

Die Alzheimer-Krankheit, gekennzeichnet durch fortschreitenden Gedächtnisverlust und kognitive Beeinträchtigungen, stellt eine wachsende Herausforderung für die moderne Medizin dar. Bisherige Therapieansätze, die sich hauptsächlich auf die Reduktion von Beta-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn konzentrierten, haben in klinischen Studien oft enttäuschende Ergebnisse gezeigt. Daher rücken nun alternative Strategien und innovative Behandlungsformen in den Vordergrund, darunter die Blutwäsche (Apherese) und andere vielversprechende Ansätze.

Die Amyloid-Hypothese und ihre Grenzen

Die sogenannte „Amyloid-Hypothese“ geht davon aus, dass die Ablagerung des Proteins Beta-Amyloid eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit spielt. Vor etwa 20 Jahren führten Tierversuche zu der aufregenden Erkenntnis, dass Amyloid-Ablagerungen durch die Mobilisierung von Abwehrzellen aus dem Gehirn entfernt werden können. Dies weckte die Hoffnung auf eine ursächliche Behandlung, die an der Wurzel der Krankheit ansetzt. Die Entwicklung eines „Alzheimer-Impfstoffs“ rückte in den Mittelpunkt umfangreicher Forschungsprogramme.

Allerdings erwiesen sich „aktive“ Immunisierungsstrategien, bei denen das Immunsystem selbst Antikörper gegen Beta-Amyloid erzeugt, als zu nebenwirkungsreich. „Passive“ Strategien, die synthetisch hergestellte Antikörper verwenden, zeigten eine enttäuschend geringe klinische Wirksamkeit und wurden größtenteils aufgegeben.

Die Beseitigung von Amyloid-Ablagerungen allein scheint also kein geeigneter Weg zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zu sein. Dennoch ist die Amyloid-Hypothese nicht gänzlich verworfen, da möglicherweise die bisherigen Studien zu spät in einem bereits fortgeschrittenen Krankheitsstadium begonnen haben. Derzeit wird untersucht, ob eine vorbeugende Behandlung mit Anti-Amyloid-Substanzen bei gesunden Personen mit einem hohen genetischen Risiko für die Entwicklung einer Demenz möglich ist.

Alternative Therapieansätze im Überblick

Hemmung der Beta-Amyloid-Produktion

Beta-Amyloid entsteht aus einem größeren Vorläufer-Protein durch die Aktivität von zwei Enzymen, den Sekretasen. Die Blockade dieser Enzyme könnte die Produktion von Beta-Amyloid vermindern und so die Entstehung von Ablagerungen verhindern. Klinische Studien mit Sekretase-Hemmstoffen zeigten jedoch Schwierigkeiten, Substanzen zu synthetisieren, die ausschließlich auf die Sekretasen wirken und keine anderen Organe oder Ziele beeinflussen. Obwohl die Produktion von Beta-Amyloid reduziert wurde, beeinflussten die Substanzen nicht die Zunahme der Krankheitssymptome, wiesen Nebenwirkungen auf oder führten sogar zu einer Zustandsverschlechterung. Möglicherweise hat Beta-Amyloid nicht nur schädliche, sondern auch notwendige Funktionen für das Gehirn.

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Fokussierung auf das Tau-Protein

Tau ist ein kleines Protein, das die röhrenförmigen Transportstrukturen in den Nervenzell-Fortsätzen stabilisiert. Bei der Alzheimer-Krankheit wird Tau aus ungeklärten Gründen chemisch verändert, kann sich dadurch nicht mehr an die Röhrchen anheften und lagert sich zu unlöslichen Bündeln zusammen. Diese Neurofibrillenveränderungen wurden zuerst von Alois Alzheimer beschrieben und stehen in engerer Beziehung zu den klinischen Symptomen als die Beta-Amyloid-Ablagerungen. Das veränderte Tau scheint normale Tau-Proteine „anzustecken“, sodass sich die Tau-Ablagerung im Gehirn ausbreitet. Erste Untersuchungen mit Substanzen, die die Zusammenballung von Tau verhindern sollen, waren unwirksam. Derzeit werden synthetische Antikörper und Impfungen gegen verändertes Tau klinisch erprobt, wobei das Prinzip der Impfung auch hier zu funktionieren scheint und bisher keine wesentlichen Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Schutz der Nervenzellen

An der Fehlfunktion von Nervenzellen bei der Alzheimer-Krankheit sind sowohl Proteinablagerungen als auch altersbedingte und entzündliche Prozesse beteiligt. Nervenwachstumsfaktoren können Wachstums- und Reparaturvorgänge an Nervenzellen günstig beeinflussen. Gliazellen, die Nervenzellen stützen und ernähren, erfahren in frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit eine Aktivierung und nehmen entzündungsfördernde Eigenschaften an, die die Schädigung der Nervenzellen vorantreiben. Die Normalisierung der Funktion von Gliazellen könnte eine weitere Behandlungsstrategie sein. Klinische Studien mit Nervenwachstumsfaktoren, die durch genetisch modifizierte Hautzellen ins Gehirn eingebracht wurden, zeigten jedoch keinen klinischen Erfolg und teilweise erhebliche Nebenwirkungen. Entzündungsreaktionen im Gehirn sind in den Fokus der Forschung gerückt, und zukünftige Studien zu diesem Behandlungsansatz werden erwartet.

Hirnschrittmacher zur Stimulation des Fornix

Die elektrische Stimulation von Nervenzellverbänden mit Elektroden, die dauerhaft in das Gehirn eingepflanzt werden, hat sich bei der Parkinson-Krankheit bewährt. Analog dazu wurde versucht, bei der Alzheimer-Krankheit den Fornix elektrisch anzuregen, einen Teil eines Schaltkreises, der für die Einspeicherung von Gedächtnisinhalten in das Langzeitgedächtnis wichtig ist. Eine Studie über zwei Jahre an 42 Menschen mit leichtgradiger Demenz bei Alzheimer-Krankheit zeigte, dass die Behandlung zwar keine Verbesserung kognitiver Fähigkeiten bewirkte, aber bei den über 65-jährigen Patienten die Verschlechterung während des ersten Jahres verlangsamte. Als Nebenwirkungen traten Ohnmachten, Krampfanfälle und Stürze auf. Derzeit wird in einer größeren Studie untersucht, ob bei den Teilnehmern, die in der ersten Untersuchung auf die Behandlung ansprachen, stabile positive Effekte zu erreichen sind.

Blutwäsche (Plasmapherese) als neue Behandlungsoption

Die Blutwäsche (Plasmapherese) ist ein bekanntes Verfahren zur Entfernung von krankhaften Bestandteilen aus dem Blut und wird bei Vergiftungen, Stoffwechselstörungen und neurologischen Krankheiten eingesetzt. Bei der Alzheimer-Krankheit können mithilfe dieser Methode Beta-Amyloid und andere schädliche Eiweißstoffe aus dem Blut herausgefiltert und durch neue Eiweiße von Blutspendern ersetzt werden.

Klinische Ergebnisse zur Blutwäsche bei Demenz

Eine klinische Studie zeigte, dass bei Menschen mit mittelschwerer Demenz bei Alzheimer-Krankheit durch die Blutwäsche eine deutliche Verlangsamung des Krankheitsverlaufs erreicht werden konnte. Bei Teilnehmern mit leichtgradiger Demenz waren die Effekte weniger stark ausgeprägt. Ob sich das Verfahren zur Behandlung außerhalb von Studien eignet, ist noch offen.

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Wissenschaftliche Grundlagen der Blutwäsche bei Demenz

Die Blutwäsche basiert auf der Annahme, dass bestimmte Antikörper eine entscheidende Rolle bei der Regulation der Durchblutung des Gehirns und somit für die Entstehung einer Alzheimer-Erkrankung spielen. Studien deuten darauf hin, dass fehlregulierte Abwehrstoffe des Immunsystems, sogenannte Autoantikörper, Blutgefäße im Gehirn schädigen können. Die Entfernung dieser Stoffe könnte die Hirndurchblutung verbessern und somit einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf haben.

Berliner Forscher konnten nachweisen, dass Autoantikörper an bestimmte Oberflächenproteine von Blutgefäßzellen binden und dadurch die Gefäße des Gehirns schädigen. In einer ersten klinischen Studie mit Patienten mit Alzheimer oder vaskulärer Demenz wurden diese Autoantikörper aus dem Blut entfernt. Bei den mit der Blutwäsche behandelten Patienten verbesserten sich sowohl die Gedächtnisleistungen als auch die Fähigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen.

Aktuelle Studien zur Blutwäsche bei Demenz

An der Charité - Universitätsmedizin Berlin wird die ELIAD-Studie durchgeführt, in der bestimmte Eiweißmoleküle (Autoantikörper) aus dem Blutkreislauf entfernt werden, um eine Stabilisierung oder Verbesserung der Demenz zu erreichen. In Greifswald untersucht die IMAD-Studie einen neuen Ansatz zur Therapie der Alzheimer-Demenz, bei dem bestimmte Antikörper aus dem Blut entfernt werden, die sich gegen körpereigenes Gewebe richten.

Ablauf und Risiken der Blutwäsche

Bei der Apherese strömt Blut aus einer Armvene in eine Waschmaschine, die das Plasma von den Blutzellen trennt. Beide Flüssigkeiten passieren Filter und werden gereinigt. Anschließend wird das Blut in die andere Armvene zurückgepumpt. Eine Sitzung dauert zwei bis drei Stunden. Die Risiken für die Teilnehmer sind gering, aber der mögliche Nutzen ist enorm, wenn sich die Behandlung als erfolgreich herausstellt.

Blutwäsche bei Fettstoffwechselstörungen

Die Apherese wird seit etwa 40 Jahren in Deutschland eingesetzt, um Menschen mit einem gestörten Fettstoffwechsel das Leben zu retten. Fettgesteuerte Proteine können zu Verkalkungen der Herzklappen und Herzkranzgefäße führen. Nach Herzinfarkt und Schlaganfall gibt es einer Studie der Uni Dresden zufolge bei Lipoprotein-Apherese in 80 Prozent aller Fälle keine weiteren Ereignisse mehr.

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Weitere vielversprechende Therapieansätze

Einfluss der Darmbakterien auf die Gehirnfunktion

In China wurde aus Seetang eine Substanz entwickelt, die die Darmbakterien reguliert und auf diese Weise entzündliche Reaktionen im Gehirn beeinflusst. Patienten mit leichtgradiger bis mittelschwerer Demenz bei Alzheimer-Krankheit zeigten unter der Behandlung mit der Seetang-Substanz eine Verlangsamung des Fortschreitens der Symptome.

Longevity-Behandlungen und Apherese

Seit die Apherese auch für Longevity-Behandlungen eingesetzt wird, boomt das Geschäft. In Deutschland gibt es zahlreiche Behandlungszentren, die Apherese-Behandlungen anbieten. Die Maschinen kosten mehrere Zehntausend Euro, und Marktführer sind deutsche und japanische Hersteller.

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