Die Borreliose, auch Lyme-Krankheit genannt, ist die häufigste durch Zecken übertragene Krankheit in Deutschland. Verursacht durch das Bakterium Borrelia burgdorferi, kann diese Infektion unentdeckt bleiben und ernsthafte Spätfolgen nach sich ziehen, insbesondere wenn sie das Nervensystem befällt und eine Neuroborreliose auslöst. Dieser Artikel beleuchtet die diagnostischen Aspekte der Borreliose mit besonderem Fokus auf die Rolle der Magnetresonanztomographie (MRT) bei der Erkennung und Beurteilung von neurologischen Komplikationen.
Borreliose: Eine Einführung
Zecken übertragen in Deutschland hauptsächlich zwei Infektionskrankheiten: die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und die Borreliose. Während FSME durch Viren verursacht wird, die in bestimmten Risikogebieten vorkommen, wird Borreliose durch Bakterien übertragen. Nur etwa ein Drittel der Zecken trägt Borrelien in sich, und Schätzungen zufolge erkranken bis zu 1,4 Prozent der Gestochenen an Borreliose. Die größte Ansteckungsgefahr besteht von Juni bis August, wenn Menschen sich vermehrt in der Natur aufhalten.
Symptome und Diagnose
Ein sicherer Hinweis auf Borreliose ist die sogenannte Wanderröte, ein kreisrunder, roter Hautausschlag, der bei etwa 90 Prozent der Infektionen um die Einstichstelle auftritt und sich nach außen ausbreitet. Die Diagnose kann jedoch schwierig sein, da grippeartige Symptome wie Fieber, geschwollene Lymphknoten oder Gelenkschmerzen auch von anderen Erkrankungen herrühren können. Ein Bluttest kann zwar Antikörper gegen Borrelien nachweisen, aber dies bedeutet lediglich, dass das Immunsystem bereits Kontakt mit den Bakterien hatte und nicht unbedingt eine frische Infektion vorliegt.
Neuroborreliose: Wenn die Borreliose das Nervensystem befällt
Kommt es bei einer Borreliose zu einer Schädigung oder Beeinträchtigung des Nervensystems, spricht man von einer Neuroborreliose. Diese Manifestationsform der Borreliose wird in akute und chronische Neuroborreliose unterteilt. In 90 bis 95 Prozent der Fälle verläuft die Neuroborreliose akut, wobei erste Symptome innerhalb von Wochen bis Monaten nach dem Zeckenstich auftreten. Es entsteht eine nicht-eitrige Entzündung der Hirnhäute und der Nervenwurzeln im Rückenmark, die zu Gefühlsstörungen und Lähmungen führen kann. In fünf bis zehn Prozent der Fälle klingen die Beschwerden nicht ab und entwickeln sich allmählich über Monate bis Jahre hinweg zu einer chronischen Neuroborreliose. Betroffene klagen dann oft über Gang- und Bewegungsstörungen, Probleme beim Wasserlassen sowie unspezifische Symptome wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche, die auch als "Post-Lyme-Disease-Syndrom" bezeichnet werden.
Symptome der Neuroborreliose
Die Neuroborreliose kann sich durch vielfältige Beschwerden äußern, darunter:
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- Nervenschmerzen: Hartnäckige Nervenschmerzen, die vor allem nachts auftreten können.
- Gesichtslähmungen: Ein- oder beidseitiger Befall des Gesichtsnervs (Fazialisparese).
- Sensibilitätsstörungen: Störungen der Tastempfindung, Kribbeln und Taubheitsgefühle.
- Lähmungen: Oft asymmetrische Lähmungen anderer Körperpartien durch eine Polyradikulitis (entzündliche Erkrankung der peripheren Nerven).
- Sehprobleme: Verschwommenes Sehen und andere Sehstörungen.
Die Rolle der MRT in der Neuroborreliose-Diagnostik
Bei Verdacht auf eine Neuroborreliose ist eine umfassende Diagnostik erforderlich, um die Erkrankung zu bestätigen und andere mögliche Ursachen auszuschließen. Neben der Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte), der neurologischen Untersuchung und labordiagnostischen Tests spielt die Magnetresonanztomographie (MRT) eine wichtige Rolle.
Indikationen für eine MRT-Untersuchung
Eine MRT-Untersuchung von Schädel und Wirbelsäule ist insbesondere bei folgenden Fragestellungen indiziert:
- Entzündungszeichen im Liquor: Nachweis von Entzündungszeichen im Nervenwasser (Liquor), wie z.B. eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und eine Erhöhung des Gesamteiweißes.
- Atypische Verläufe: Ungewöhnliche oder unklare Symptomkonstellationen, die nicht eindeutig einer Neuroborreliose zuzuordnen sind.
- Differentialdiagnostische Abklärung: Ausschluss anderer neurologischer Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen können, wie z.B. Multiple Sklerose, Vaskulitis oder Tumoren.
- Verdacht auf Komplikationen: Anzeichen für Komplikationen wie eine Entzündung der Hirngefäße (zerebrale Vaskulitis) oder eine Beteiligung des Rückenmarks.
MRT-Befunde bei Neuroborreliose
Die MRT kann bei Neuroborreliose verschiedene Auffälligkeiten zeigen, die jedoch nicht immer spezifisch für die Erkrankung sind. Mögliche Befunde sind:
- Hirnhautentzündung (Meningitis): Verdickung und Kontrastmittelaufnahme der Hirnhäute.
- Hirnentzündung (Enzephalitis): Entzündungsherde im Gehirn, insbesondere in der weißen Substanz.
- Hirnnervenentzündung (Neuritis cranialis): Kontrastmittelaufnahme und Schwellung der Hirnnerven, insbesondere des Gesichtsnervs (Nervus facialis).
- Entzündung der Hirngefäße (Vaskulitis): Veränderungen an den Hirngefäßen, die auf eine Entzündung hindeuten.
- Entzündung der Nervenwurzeln (Radikulitis): Verdickung und Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzeln im Bereich der Wirbelsäule.
- Läsionen der weißen Substanz: Weiße Flecken im Gehirn, die jedoch auch bei anderen Erkrankungen und im Rahmen des normalen Alterungsprozesses auftreten können.
Es ist wichtig zu betonen, dass die in der Kernspintomografie nachgewiesenen Entzündungsherde sowohl bei der Multiplen Sklerose als auch bei der Neuroborreliose auftreten können und nicht zu einer sicheren Differentialdiagnose dienen. Auch sogenannte oligoklonale Banden, die eine Entzündung anzeigen, können bei beiden Erkrankungen vorkommen.
Differentialdiagnostische Herausforderungen
Die Interpretation von MRT-Bildern bei Verdacht auf Neuroborreliose kann eine Herausforderung darstellen, da viele der oben genannten Befunde auch bei anderen neurologischen Erkrankungen auftreten können. Insbesondere die Abgrenzung zur Multiplen Sklerose (MS) kann schwierig sein, da beide Erkrankungen ähnliche Entzündungsherde im Gehirn verursachen können. Auch andere entzündliche, autoimmune, toxische, infektiöse oder traumatische Prozesse im Gehirn müssen in Betracht gezogen werden.
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Um die Differentialdiagnose zu erleichtern, ist es wichtig, die klinischen Angaben des Patienten sorgfältig zu berücksichtigen. Eine dreißigjährige Patientin wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht unter einer Mikroangiopathie leiden. Die Kommunikation mit den Zuweisern ist daher von großer Bedeutung, um eine adäquate Diagnose stellen zu können.
Fazekas Score
Der Fazekas Score wird zur Klassifizierung von Mikroangiopathien verwendet, die sich in der MRT als weiße Flecken im Gehirn darstellen. Mikroangiopathien können mit Demenzen, Depressionen, Schlaganfällen und sogar Tod korrelieren. Das relative Risiko, eines dieser Ereignisse zu erleiden, vergrößert sich mit der Zunahme weißer Flecken im Hirn. Die Ursachen üblicher Mikroangiopathien sind neben dem Alterungsprozess Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes Mellitus und einige andere vaskuläre Faktoren.
Bedeutung der Liquordiagnostik
Neben der MRT spielt die Liquordiagnostik eine entscheidende Rolle bei der Diagnose der Neuroborreliose. Durch die Untersuchung des Nervenwassers können spezifische Antikörper gegen Borrelien nachgewiesen und Entzündungszeichen identifiziert werden. In Einzelfällen kann auch der Erreger selbst oder dessen DNA im Liquor nachgewiesen werden.
Therapie der Neuroborreliose
Wie die Borreliose wird auch die Neuroborreliose mit Antibiotika behandelt. Bei akuter Neuroborreliose werden meist Tabletten mit dem Wirkstoff Doxycyclin verschrieben. Alternativ kann eine intravenöse Antibiotika-Therapie mit Ceftriaxon, Cefotaxim oder Penicillin G durchgeführt werden. Die Therapiedauer beträgt in der Regel zwei bis drei Wochen.
Sollten die Symptome nach einer sechsmonatigen Antibiotikabehandlung weiterhin bestehen, sollte eine erneute Liquor-Untersuchung durchgeführt werden. Wenn die Anzahl der weißen Blutkörperchen immer noch erhöht ist und es keine andere Erklärung als die Neuroborreliose dafür gibt, kann die Antibiotikatherapie wiederholt werden.
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Prävention und Schutz vor Borreliose
Da es keine Impfung gegen Borreliose gibt, ist der beste Schutz die Vermeidung von Zeckenstichen. Folgende Maßnahmen können das Risiko einer Infektion minimieren:
- Geschlossene Kleidung: Tragen Sie im Garten, Wald oder auf Wiesen geschlossene Schuhe, lange Hosen und möglichst auch langärmelige Oberbekleidung.
- Helle Kleidung: Auf heller Kleidung lassen sich Zecken besser erkennen und wieder abstreifen.
- Zeckenkontrolle: Suchen Sie nach einem Aufenthalt im Freien Ihren Körper gründlich nach Zecken ab.
- Zeckenentfernung: Entfernen Sie Zecken so schnell wie möglich mit einer Pinzette, indem Sie sie nahe der Hautoberfläche fassen und langsam und gerade herausziehen.
- Vermeidung von Risikogebieten: Meiden Sie Gebiete mit hohem Gras, Farnen und Sträuchern, in denen sich Zecken bevorzugt aufhalten.
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