Botox bei Spastik nach Schlaganfall: Wirkung und Anwendung

Ein Schlaganfall kann bei einem Drittel der Betroffenen zu spastischen Bewegungsstörungen führen, die mit Schmerzen, Funktionseinschränkungen und einer reduzierten Lebensqualität einhergehen. Die deutsche Behandlungsleitlinie empfiehlt Physiotherapie, Ergotherapie und, falls erforderlich, medikamentöse Behandlungen. Eine wichtige medikamentöse Option ist die Injektion von Botulinumtoxin (‚Botox‘) in die spastischen Muskeln.

Was ist Spastik?

Spastik bezeichnet eine erhöhte Eigenspannung der Skelettmuskulatur infolge einer Schädigung des Gehirns oder des Rückenmarks. Die Auswirkungen können von minimalen Einschränkungen bis hin zur Schwerbehinderung reichen. Neben akuten Beschwerden sind langfristige Folgeschäden wie Skoliose zu beachten. Da eine spastische Lähmung nicht heilbar ist, zielt die Behandlung darauf ab, Beschwerden zu lindern, Folgeschäden zu reduzieren und die Bewegungsfähigkeit zu erhalten.

Wie wirkt Botulinumtoxin?

Botulinumtoxin, oft als "Botox" bezeichnet, ist ein starkes Nervengift. In der Medizin wird es in verdünnter Form eingesetzt, um gezielt die Muskelspannung zu reduzieren. Nach der Injektion in den Muskel blockiert es die Signalübertragung von Nerven auf den Muskel, indem es die Ausschüttung des Botenstoffs Acetylcholin hemmt. Dies führt zu einer vorübergehenden Denervierung und Schwächung des Muskels.

Herstellung und Anwendung von Botulinumtoxin

Botulinumtoxin Typ A wird aus dem Bakterium Clostridium botulinum gewonnen, isoliert, gereinigt und für medizinische Zwecke aufbereitet. Es wirkt nur am Übergang zwischen Nerven und Muskeln, indem es die Übertragung des Signals von der Nervenzelle zum Muskel hemmt. Dadurch können sich überaktive Muskeln vorübergehend entspannen und die Symptome der Spastik reduziert werden.

Dosierung und Injektionstechnik

Die Menge des zu injizierenden Botulinumtoxins wird vom Arzt nach genauer Untersuchung des betroffenen Muskels festgelegt. Die Dosis ist unter anderem vom Gewicht des Patienten abhängig. Bei langfristiger Behandlung muss abgewogen werden, ob eine höhere Dosis verabreicht wird, die möglicherweise zu einer schnelleren Resistenzbildung führt. Die Injektion sollte unter sonographischer Kontrolle (Ultraschall) erfolgen, um eine präzise Platzierung des Medikaments in der Muskulatur zu gewährleisten.

Lesen Sie auch: Botox in der Schmerztherapie

Wirkung und Dauer

Die Wirkung von Botulinumtoxin tritt erst nach einigen Tagen ein und erreicht nach etwa 14 Tagen ihr Maximum. Die Wirkungsdauer beträgt drei bis sechs Monate, weshalb die Injektion in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss.

Anwendungsgebiete von Botulinumtoxin

Botulinumtoxin Typ A wird bei verschiedenen Erkrankungen mit abnorm hoher Muskelspannung eingesetzt, darunter:

  • Lidkrämpfe (Blepharospasmus)
  • Schiefhals (Torticollis)
  • Spastik nach Schlaganfall
  • Multiple Sklerose

Es wird auch bei vermehrtem Schwitzen (Hyperhidrosis), vermehrtem Speichelfluss (Hypersalivation) und chronischer Migräne eingesetzt.

Botulinumtoxin-Therapie bei Spastik nach Schlaganfall

Die Botulinumtoxin-Therapie wird bei Muskelverkrampfungen eingesetzt, die bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen vorkommen können, wie z.B. Spastik nach Schlaganfall. Sie dient zur Verbesserung bzw. zum Aufheben der Spastizität bei neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Schlaganfall, Zerebralparese und anderen. Ziel ist es, die Beweglichkeit zu verbessern und die Pflegesituation im Bedarfsfall zu erleichtern.

Ablauf der Behandlung

Die Injektion von Botulinumtoxin erfolgt mit einer dünnen Nadel direkt in die betroffenen Muskeln. Der Effekt setzt nach etwa einer Woche ein und ist nach zwei bis drei Wochen am stärksten zu spüren. Die Therapie muss in der Regel alle 10-16 Wochen wiederholt werden.

Lesen Sie auch: Die Risiken von Botox für das Gehirn

Mögliche Nebenwirkungen

Die Botulinumtoxin-Therapie wird in der Regel gut vertragen. In seltenen Fällen können Nebenwirkungen im Injektionsbereich wie blaue Flecke auftreten, vor allem bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente. Zudem kann eine übermäßige Schwäche der Muskulatur auftreten, die jedoch nicht von Dauer ist.

Studienergebnisse zur Anwendung von Botulinumtoxin bei Armspastik nach Schlaganfall

Eine Beobachtungsstudie (ULIS-II) untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Botulinumtoxin A (BoNT-A) bei der routinemäßigen Behandlung von Armspastiken nach Schlaganfall. Die Ergebnisse zeigten, dass die Behandlung zu einer hohen Responderrate führte, definiert als das Erreichen des primär gesetzten individuellen Therapieziels. Zudem führte die Therapie zu einem statistisch signifikanten Anstieg des GAS-T-Score, einem Maß für die Zielerreichung. Die Studie ergab auch, dass weniger Begleittherapien wie orale antispastische Medikamente, Lagerung und Schienen erforderlich waren.

Weitere Therapieoptionen bei Spastik

Neben der Botulinumtoxin-Therapie gibt es weitere Optionen zur Behandlung von Spastik:

  • Physiotherapie: Die physiotherapeutische Betreuung ist die Basis für die Behandlung einer spastischen Bewegungsstörung. Betroffene Muskelpartien werden gezielt gekräftigt und Haltungsschäden entgegengewirkt.
  • Ergotherapie: In der Ergotherapie erlernen die Betroffenen Übungen und Techniken, die sie im Alltag unterstützen.
  • Medikamentöse Behandlung: Krampflösende Medikamente können gegen stärkere Anspannungen, Unbeweglichkeit und Schmerzen eingesetzt werden.
  • Orthesen und Gipsbehandlung: Orthesen dienen der Stützung, Fixierung und Entlastung der spastischen Körperregion. Eine Gipsbehandlung kann die Dehnung und Streckung der Muskulatur unterstützen.
  • Intrathekale Baclofen-Therapie: Bei schwerer, generalisierter Spastizität kann das Medikament Baclofen über einen Katheter direkt in die das Rückenmark umspülende Flüssigkeit abgegeben werden.
  • Operation: In seltenen Fällen kann eine neuro-orthopädische oder neuro-chirurgische Operation infrage kommen.

Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Die individuelle Behandlung einer Spastik ist komplex und erfordert einen langfristigen Therapieplan mit kombinierten Maßnahmen. Fachärzte, Pflegekräfte, Physiotherapeuten und andere Gesundheitsdienstleister arbeiten dabei mit den Betroffenen und deren Betreuungspersonen zusammen. Ein guter interdisziplinärer Austausch ist wichtig für den Therapieerfolg.

Lesen Sie auch: Anwendung von Botox bei Neuralgien

tags: #botox #bei #spastik #nach #schlaganfall #wirkung