Botulinumtoxin, besser bekannt als Botox, ist nicht nur ein Mittel zur Faltenbehandlung. Es findet auch in der Medizin breite Anwendung, unter anderem bei der Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson. Rostocker Forscher haben die Hoffnung geäußert, dass Botox in Zukunft Parkinson-Patienten helfen könnte, ihre Symptome zu lindern.
Was ist Botulinumtoxin?
Botulinumtoxin (BTX) ist ein Protein, das die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskulatur blockiert. Es wird künstlich in Zellkulturen hergestellt. Ursprünglich wurde es als "Wurstgift" gefürchtet, da es bei unsachgemäßer Lagerung von Fleischwaren entstehen und zu schwerwiegenden Vergiftungen (Botulismus) führen konnte. Heute wird es in kontrollierter Form und Dosierung in der Medizin eingesetzt.
Wie wirkt Botox bei Parkinson?
Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die mit einer Reihe von Symptomen einhergeht, darunter Zittern, Muskelsteifigkeit, vermehrter Speichelfluss und Dystonien (unwillkürliche Muskelbewegungen). Botox kann bei einigen dieser Symptome Linderung verschaffen.
Reduktion von Tremor und Muskelsteifigkeit
Rostocker Forscher haben in Tierexperimenten gezeigt, dass die Injektion von winzigen Mengen Botox in bestimmte Hirnregionen die Freisetzung von Acetylcholin verhindern kann. Acetylcholin ist ein Botenstoff, der das Zittern der Muskeln auslöst. Durch die Blockade von Acetylcholin können Tremor und Muskelsteifigkeit reduziert werden.
Linderung von übermäßigem Speichelfluss (Sialorrhoe)
Eines der häufigsten und belastendsten Symptome bei Parkinson ist der vermehrte Speichelfluss (Sialorrhoe). Dieser entsteht meist durch eine Schluckstörung, die dazu führt, dass der produzierte Speichel nicht ausreichend geschluckt werden kann. Botox kann hier helfen, indem es die Speichelproduktion reduziert. Durch gezielte Injektion in die Speicheldrüsen (Glandula submandibularis, Glandula parotis, Glandula sublingualis) kann die Speichelproduktion verringert werden, ohne eine zu starke Mundtrockenheit zu verursachen. Bei Parkinson-Syndromen gilt die Therapie mit Botulinumtoxin mittlerweile als Mittel der ersten Wahl, da andere medikamentöse Behandlungen oft ausgeprägte Nebenwirkungen haben.
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Behandlung von Dystonien
Dystonien sind unwillkürliche Muskelbewegungen, die bei Parkinson auftreten können, insbesondere in den "Off"-Phasen, wenn die Wirkung der Medikamente nachlässt. Botox kann diese dystonen Krämpfe lindern, indem es die überaktiven Muskeln entspannt.
Weitere Anwendungsgebiete von Botox in der Neurologie
Neben Parkinson wird Botox auch bei anderen neurologischen Erkrankungen eingesetzt:
Spastische Lähmungen
Spastische Lähmungen entstehen durch Schädigungen des zentralen Nervensystems, beispielsweise nach einem Schlaganfall, einer Hirnblutung oder bei Multipler Sklerose. Botox kann die spastische Muskelüberaktivität reduzieren, die Funktionsfähigkeit der betroffenen Muskeln verbessern und Schmerzen lindern. Im Epilepsiezentrum Kleinwachau wird Botulinumtoxin hauptsächlich bei spastischen Lähmungen eingesetzt, um verspannte Hände oder Füße zu lockern und eine bessere Haltung der Gliedmaßen zu ermöglichen.
Blepharospasmus (Lidkrampf)
Botox ist die Therapie der Wahl bei Blepharospasmus, einem unwillkürlichen Lidkrampf. Durch Injektionen in die Muskeln um die Augen kann der Krampf gelindert werden.
Torticollis spasmodicus (Schiefhals)
Bei Torticollis spasmodicus, einer Form der Dystonie, die zu einer Fehlhaltung des Kopfes führt, kann Botox die verkrampften Halsmuskeln entspannen und die Kopfhaltung verbessern.
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Hemispasmus facialis (einseitige Gesichtskrämpfe)
Botox kann auch bei Hemispasmus facialis eingesetzt werden, einer Erkrankung, die durch unwillkürliche, einseitige Kontraktionen der Gesichtsmuskeln gekennzeichnet ist.
Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen)
Übermäßiges Schwitzen, insbesondere an Händen, Füßen oder Achselhöhlen, kann mit Botox behandelt werden. Durch die Injektion in die betroffenen Bereiche kann die Schweißproduktion reduziert werden.
Chronische Migräne
Botox ist in Deutschland zur Behandlung der chronischen Migräne zugelassen. Es wird in die Muskeln an Stirn, Nacken und Schultern injiziert, um die Muskelspannung zu reduzieren und die Häufigkeit und Intensität von Migräneanfällen zu verringern.
Ablauf der Behandlung mit Botox
Die Behandlung mit Botox erfordert ein hohes Maß an Erfahrung des Behandlers. Die Injektionen erfolgen mit einer dünnen Nadel direkt in die betroffenen Muskeln. Zur besseren Lokalisation der zu injizierenden Muskeln können Ultraschall und Elektromyografie (EMG) verwendet werden. Der Effekt der Behandlung setzt nach etwa einer Woche ein und ist nach zwei bis drei Wochen am stärksten zu spüren. Die Wirkung hält in der Regel etwa 10-16 Wochen an, so dass die Behandlung regelmäßig wiederholt werden muss.
Mögliche Nebenwirkungen
Die Botulinumtoxin-Therapie wird in der Regel gut vertragen. Mögliche Nebenwirkungen sind:
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- Rötungen, Schwellungen und blaue Flecken an den Einstichstellen
- Leicht brennender Schmerz
- Übermäßige Schwäche der Muskulatur (vorübergehend)
- Schluckstörungen, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Übelkeit (bei zu hoher Dosierung)
- Einschränkung der Mimik
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