Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) sind ein häufiges Problem, das als BWS-Syndrom bezeichnet wird. In diesem Artikel werden die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Erkrankungen der Brustwirbelsäule erläutert.
Was ist das BWS-Syndrom?
Das BWS-Syndrom, auch Dorsalgie genannt, umfasst Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule. Diese Schmerzen können verschiedene Ursachen haben, von denen viele auf Bewegungsmangel und überwiegend sitzende Tätigkeiten zurückzuführen sind. Muskelverhärtungen sind ebenfalls typisch für ein BWS-Syndrom.
Anatomie der Brustwirbelsäule
Die Brustwirbelsäule (Thorakalwirbelsäule) besteht aus zwölf Wirbeln (Th1 bis Th12). Sie ist durch eine nach hinten gerichtete Krümmung, die Kyphose, gekennzeichnet. Zwischen den Wirbeln liegen Bandscheiben, deren Größe von oben nach unten zunimmt. Im Vergleich zur Halswirbelsäule sind die Bandscheiben in der Brustwirbelsäule jedoch relativ klein. Neben den Wirbelgelenken gibt es in der Brustwirbelsäule noch die Wirbel-Rippen-Gelenke (Kostotransversalgelenke). Die thorakalen Spinalnerven versorgen als Nn. intercostales den Brustkorb (z. B. Rippen).
Funktion des Brustkorbs
Der Brustkorb schützt lebenswichtige Organe wie das Herz. Er besteht aus dem Brustbein, den Rippen und der Brustwirbelsäule. Die Rippen sind über Rippenknorpel flexibel mit dem Brustbein verbunden. Muskeln, Sehnen und Bänder stabilisieren den Brustkorb.
Ursachen von BWS-Schmerzen
Die Ursachen für BWS-Schmerzen sind vielfältig:
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- Blockaden: Blockaden im Bereich der Brustwirbelsäule sind eine häufige Ursache für BWS-Schmerzen. Diese Blockaden können durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, angeborene oder erworbene Fehlstellungen, Muskelverspannungen oder Stellungsanomalien verursacht werden.
- Muskuläre Verspannungen: Muskelverspannungen im Bereich der Brustwirbelsäule können ebenfalls zu BWS-Schmerzen führen.
- Degenerative Veränderungen: Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, wie z. B. Bandscheibenvorfälle oder Arthrose der kleinen Wirbelgelenke (Facettensyndrom), können BWS-Schmerzen verursachen. Durch die Abnutzung kommt es zu einer Veränderung der anatomischen Beschaffenheit der Wirbelsäule und somit teilweise zu einer Beeinträchtigung der vollen Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall in der Brustwirbelsäule ist zwar selten, kann aber zu BWS-Schmerzen führen. Dabei tritt Bandscheibenmaterial aus und kann auf Nervenwurzeln oder das Rückenmark drücken.
- Fehlstellungen der Wirbelsäule: Angeborene oder erworbene Fehlstellungen der Wirbelsäule, wie z. B. Skoliose oder Morbus Scheuermann, können BWS-Schmerzen verursachen.
- Entzündliche Veränderungen: Entzündliche Erkrankungen, wie z. B. Spondylitis ankylopoetica (Morbus Bechterew) oder rheumatoide Arthritis, können die Brustwirbelsäule betreffen und Schmerzen verursachen. Auch infektiöse Erkrankungen können zu Wirbelblockaden führen.
- Verletzungen: Verletzungen der Wirbelsäule, wie z. B. Wirbelbrüche, können ebenfalls BWS-Schmerzen verursachen. Eine Osteoporose schwächt die Knochensubstanz des Wirbelkörpers, sodass dieser einbrechen kann (Sinterung).
- Interkostalneuralgie: Die Interkostalneuralgie ist ein Nervenschmerz, der sich entlang der Rippen ausbreitet. Sie kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden.
- Psychische Faktoren: Die Psyche spielt eine bedeutende Rolle bei der Entstehung des BWS-Syndroms. Stress und psychische Belastungen können das BWS-Syndrom verschlimmern.
Degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule
Degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule sind altersabhängige Veränderungen, welche durch den natürlichen Verschleiß der Wirbelsäule mit zunehmendem Alter verursacht werden. Zu den häufigsten degenerativen Erkrankungen zählt der Bandscheibenvorfall sowie die Spinalkanalstenose.
Bandscheibenvorfall
Bandscheiben können aufgrund der stetigen Belastung und des zunehmenden Alters in ihrem Faserring reißen. Bandscheibenvorfälle treten im Rahmen der zunehmenden Degeneration im Alter von 45-55 Jahren auf, vorwiegend in der Lenden- und Halswirbelsäule. In Abhängigkeit der Lokalisation des Bandscheibenvorfalls können verschiedene Nerven eingeengt und geschädigt werden. Dies kann zu ausstrahlenden Schmerzen, Gefühlsstörungen und Lähmungen führen.
Spinalkanalstenose
Eine Spinalkanalstenose (SKS) ist eine Folge der zunehmenden degenerativen Veränderung und bezeichnet eine Einengung des Wirbelkanals durch knöcherne Anbauten (Spondylophyten), eine Vergrößerung der Gelenke sowie des Bandapparates. Die SKS tritt häufig im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule auf. Eine SKS im Bereich der Brustwirbelsäule ist selten.
Wirbelgleiten (Spondylolisthese)
Wirbelgleiten, auch bekannt als Spondylolisthese, ist eine Erkrankung, bei der sich ein oder mehrere Wirbelkörper in der Wirbelsäule gegeneinander verschieben. Dies tritt häufig im Bereich der Lendenwirbelsäule auf und kann durch verschiedene Ursachen wie angeborene Fehlbildungen, degenerative Veränderungen, Unfälle oder durch pathologische Veränderungen entstehen.
Entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen
Entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen werden durch bakterielle Erreger oder einen rheumatischen Prozess ausgelöst. Ihre Bandscheiben, Wirbel, Rückenmark und Nerven können durch diese entzündlichen Prozesse zerstört werden.
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Infektiöse Spondylodiszitis
Eine infektiöse Spondylodiszitis tritt meistens an der unteren Brust- und Lendenwirbelsäule auf. Über die Blut- oder Lymphbahnen können Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten die Wirbelsäule befallen.
Rheumatoide Arthritis
Die rheumatoide Arthritis ist eine in Schüben auftretende Autoimmunerkrankung. Sie befällt Gelenke, Sehnen, Sehnenscheiden, Schleimbeutel und auch die Halswirbelsäule.
Spondylitis ankylopoetica (Morbus Bechterew)
Die Spondylitis ankylopoetica beginnt meist am Kreuz-Darmbein-Gelenk. Durch eine aufsteigende Entzündung zerstört sie Wirbelgelenke und ganze Wirbelabschnitte.
Symptome des BWS-Syndroms
Die Symptome des BWS-Syndroms sind vielfältig und können sich individuell unterschiedlich äußern:
- Schmerzen: Die Schmerzen können dumpf, drückend oder stechend sein und sind häufig bewegungs- und/oder atemabhängig. Typisch sind Schmerzen zwischen den Schulterblättern, die sich häufig den Rippenbogen entlang ausbreiten. Viele verspüren eine gürtelförmige Ausstrahlung über den Brustkorb.
- Bewegungseinschränkungen: Die Beweglichkeit des Oberkörpers kann eingeschränkt sein. So fällt z. B. das Vorbeugen oder Drehen schwer.
- Ausstrahlende Schmerzen: Die Schmerzen können gürtelförmig in den Brustkorb oder in Arme und Kopf ausstrahlen.
- Atembeschwerden: Blockaden der Brustwirbelsäule können die Atmung erschweren. Patienten berichten von atemabhängigen Schmerzen.
- Weitere Symptome: In seltenen Fällen kann es zu Blasen-Mastdarm-Störungen, Reflexanomalien und Gangstörungen kommen. Auch Krankheitserscheinungen mit einer Kraftlosigkeit in beiden Beinen sind möglich.
Diagnose des BWS-Syndroms
Die Diagnose des BWS-Syndroms basiert auf einer ausführlichen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und gegebenenfalls bildgebenden Verfahren.
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- Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten nach Art, Lokalisation und Verlauf der Schmerzen, sowie nach möglichen Auslösern und Begleitsymptomen. Zunächst ist die Situation, in der die Schmerzen auftreten, relevant für die richtige Diagnose.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Wirbelsäule, die Muskulatur und die Beweglichkeit des Patienten.
- Bildgebende Verfahren: In manchen Fällen sind bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRT oder CT erforderlich, um die Ursache der Schmerzen abzuklären. Anhand von Röntgenaufnahmen wird das Ausmaß der Deformitäten und Destruktionen an Wirbeln und Bandscheiben sichtbar. Für eine differenziertere Beurteilung der entzündlichen Prozesse sind Computertomographie und Magnetresonanztomographie mit und ohne Kontrastmittel dienlich. Eine neurologische Abklärung ist in der Regel ebenfalls notwendig, um neurologische Ursachen der Schmerzen feststellen zu können.
Differentialdiagnose
Es ist wichtig, andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen. Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule können auch vom Herzen ausgehen. Ein Herzinfarkt bzw. Angina Pectoris verursacht ähnliche Symptome wie ein BWS-Syndrom. Weiterhin treten bei einem Herzinfarkt zusätzlich Symptome wie Übelkeit, Kaltschweißigkeit oder Erbrechen auf.
Behandlung des BWS-Syndroms
Die Behandlung des BWS-Syndroms richtet sich nach der Ursache der Schmerzen. In den meisten Fällen kann das BWS-Syndrom konservativ behandelt werden.
Konservative Therapie
- Schmerzmittel: Medikamentös versucht man, den Patienten von den Rückenschmerzen zu befreien. Zur Schmerzlinderung können Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac eingesetzt werden. Bei starken Schmerzen können auch Opioide wie Morphin oder Tilidin verabreicht werden.
- Muskelrelaxantien: Muskelrelaxantien können helfen, Muskelverspannungen zu lösen.
- Physiotherapie: Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung des BWS-Syndroms. Durch gezielte Übungen können Muskelverspannungen gelöst, die Beweglichkeit verbessert und die Haltung korrigiert werden.
- Manuelle Therapie: Manuelle Therapie kann helfen, Blockaden der Wirbelsäule zu lösen.
- Wärme- oder Kälteanwendungen: Wärme- und Kälteanwendungen können helfen, die Muskulatur zu lockern und Schmerzen zu lindern. Insgesamt können Wärmeanwendungen gut bei Muskel-Verspannungen helfen. Sollte die Schmerzursache allerdings in einer Entzündung liegen, sind Kälte-Therapien empfehlenswerter.
- Injektionen: In manchen Fällen kann eine Injektion eines Lokalanästhetikums an die betroffenen Nerven oder Gelenke helfen, die Schmerzen zu lindern.
Übungen zur Behandlung des BWS-Syndroms
Es gibt verschiedene Übungen, die bei BWS-Syndrom helfen können. Die folgenden Übungen beziehen sich auf eine häufige Ursache des BWS-Syndroms: eine Blockade der BWS, z. B. der Facettengelenken.
- Katzenbuckel:
- Ausgangsstellung: Vierfüßlerstand.
- Durchführung: Machen Sie den Rücken so rund wie möglich und lassen Sie den Kopf dabei locker hängen. Wiederholen Sie die Bewegung 10-mal.
- Pferderücken:
- Ausgangsstellung: Vierfüßlerstand.
- Durchführung: Lassen Sie den Rücken nach unten durchhängen und heben Sie den Kopf an, sodass der Blick nach vorne gerichtet ist. Wiederholen Sie die Bewegung 10-mal.
- Dehnung der Rückenmuskulatur:
- Ausgangsstellung: Knien Sie auf dem Boden und senken Sie Ihr Gesäß so weit wie möglich auf die Fersen ab.
- Durchführung: Beugen Sie sich nun mit dem Oberkörper nach vorne und legen Sie die Stirn vorne locker auf der Matte ab. Die Rückenmuskulatur sollte hierbei völlig entspannt sein. Halten Sie diese Position für ca. 30 Sekunden.
- Dehnung zwischen den Schulterblättern:
- Ausgangsstellung: Stehen oder Sitzen.
- Durchführung: Strecken Sie nun die Schultern und die Arme nach vorne unten. Achten Sie darauf, dass Sie das Kinn leicht Richtung Kehlkopf ziehen. Spüren Sie die Dehnung zwischen den Schulterblättern.
- Rotation der Brustwirbelsäule:
- Ausgangsstellung: Vierfüßlerstand.
- Durchführung: Führen Sie einen Arm unter dem anderen hindurch. Versuchen Sie, mit Ihrer Hand bis zum Schulterblatt des anderen Armes zu greifen. Drehen Sie dabei Ihren Oberkörper zur anderen Richtung. Wiederholen Sie diese Übung 10- bis 15-mal.
- Dehnung der Brustmuskulatur:
- Ausgangsstellung: Sitz auf einem Stuhl mit Rückenlehne.
- Durchführung: Sitzen Sie mit dem Rücken ganz an der Lehne. Schieben Sie in dieser Position die Ellenbogen nach oben und halten diese Position kurz. Achten Sie auf die Atmung.
- Überstreckung auf dem Gymnastikball:
- Ausgangsstellung: Sitz auf einem Gymnastikball.
- Durchführung: Bewegen Sie Ihre Füße in kleinen Schritten nach vorne, bis ihr gesamter Rücken und auch Ihr Kopf auf dem Ball liegen. Verbleiben Sie in dieser Position für ca. 30 Sekunden und richten sich anschließend wieder auf. Wiederholen Sie die Übung 2- bis 3-mal. Machen Sie zwischen den Wiederholungen jeweils ca. 30 Sekunden Pause.
- Seitliche Dehnung:
- Ausgangsstellung: Seitenlage.
- Durchführung: Unterlagern Sie die Brustwirbelsäule mit einem zusammengerollten Handtuch, sodass Sie bogenförmig auf der Seite liegen. Der Arm wird gestreckt oberhalb des Kopfes abgelegt. Atmen Sie langsam und kontrolliert ein. Beim Ausatmen das obere Bein jeweils in Verlängerung des Körpers strecken. Wiederholen Sie diese Übung 10- bis 15-mal.
Operative Therapie
In seltenen Fällen ist eine Operation erforderlich, z. B. bei einem Bandscheibenvorfall mit neurologischen Ausfällen oder bei einer Spinalkanalstenose. Eine operative Therapie ist bei therapieresistenten Beschwerden, wie anhaltende Schmerzen, und / oder Lähmungen notwendig. Bei akut aufgetretenen, höhergradigen Lähmungen oder bei akuten Blasenmastdarmentleerungsstörungen ist eine sofortige Operation indiziert.
Operative Therapie bei Bandscheibenvorfall
Der operative Eingriff erfolgt von vorne und wird als minimal-invasiver Eingriff in mikrochirurgischer Technik durchgeführt. Hierbei erfolgt die Entfernung der Bandscheibe und des Bandscheibenvorfalls.
Operative Therapie bei Spinalkanalstenose
Aufgrund der fortschreitenden degenerativen Veränderungen ist jedoch eine operative Therapie zur Entlastung der nervalen Strukturen im Verlauf notwendig, und nachweislich besser als eine konservative Therapie, um die Lebensqualität wieder herzustellen.
Prävention des BWS-Syndroms
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, einem BWS-Syndrom vorzubeugen:
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung ist wichtig, um die Muskulatur zu stärken und Verspannungen vorzubeugen. Häufiges Gehen ist günstig, Treppensteigen auch. Und zum Einkaufen lieber radeln oder rollern, statt das Auto zu nehmen.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Achten Sie auf einen ergonomischen Arbeitsplatz, um Fehlhaltungen zu vermeiden.
- Gesunde Ernährung: Eine gesunde Ernährung hilft, Übergewicht zu vermeiden, welches die Wirbelsäule zusätzlich belastet.
- Stressmanagement: Stress kann zu Muskelverspannungen führen. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen. Wer oft gestresst ist, darf sich ab und zu eine Auszeit gönnen, um keine Verspannungen aufkommen zu lassen.
- Richtige Körperhaltung: Zur Prävention von Wirbelsäulensyndromen ist zum Beispiel die richtige Körperhaltung von Bedeutung. Ein Hohlkreuz belastet die Lendenwirbelsäule unnötig, genauso wie eine falsche Sitzposition.
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