Chinin Tabletten gegen Krämpfe Ursachen: Ein umfassender Überblick

Chinin, ein Wirkstoff, der aus der Rinde des Chinarindenbaums gewonnen wird, ist seit langem für seine vielfältigen medizinischen Anwendungen bekannt. Ursprünglich als Mittel gegen Malaria eingesetzt, findet es auch Anwendung bei der Behandlung und Prophylaxe von Muskelkrämpfen, insbesondere nächtlichen Wadenkrämpfen. In Deutschland ist das einzige zugelassene Chinin-haltige Medikament seit dem 1. April rezeptpflichtig. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat zudem die Indikation eingeschränkt und einige Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen.

Was ist Chinin und wie wirkt es?

Chinin ist ein natürlich vorkommender Stoff, der aus der Rinde des Chinarindenbaums extrahiert wird. Es besitzt antiparasitäre, fiebersenkende und muskelentspannende Eigenschaften. In niedriger Dosierung verleiht Chinin Getränken wie Bitter Lemon oder Tonic Water ihren charakteristischen Geschmack. In höherer Dosierung wird es zur Behandlung von Malaria und zur Vorbeugung und Therapie nächtlicher Wadenkrämpfe eingesetzt.

Chinin wirkt an verschiedenen Stellen im Körper. Es führt über unterschiedliche Mechanismen zu einer Muskelentspannung, indem es die Zeit verlängert, die Muskelfasern nach einer Anspannung benötigen, um wieder auf Nervenreize zu reagieren. Zudem hemmt es die Übertragung dieser Nervenreize auf die Muskeln und beeinflusst die Kalzium-Verteilung im Muskel, die für die Kontraktion wichtig ist.

Als Malariamittel greift Chinin in den Lebenszyklus der Plasmodien im Stadium der Blutschizonten ein. Es sammelt sich in der sauren Vakuole der Plasmodien an und blockiert die Polymerisation von Häm, einem für die Parasiten giftigen Stoff, wodurch diese abgetötet werden.

Ursachen von Muskelkrämpfen

Muskelkrämpfe sind ein ubiquitäres Phänomen und eine häufige Nebenwirkung von Arzneien. Sie sind ein Symptom, das viele Menschen beeinträchtigt und können spontan oder als Folge von neurologischen oder internistischen Erkrankungen auftreten.

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Mögliche Ursachen für Muskelkrämpfe:

  • Körperliche Belastung: Insbesondere bei Sportlern können Dehydratation und Elektrolytstörungen Muskelkrämpfe begünstigen.
  • Neurologische Erkrankungen: Schädigungen des ersten oder zweiten Motoneurons, wie Polyneuropathien oder Radikulopathien, können zu Muskelkrämpfen führen.
  • Internistische Erkrankungen: Schilddrüsenfunktionsstörungen, Diabetes mellitus, Hämodialyse und Leberzirrhose können das Auftreten von Muskelkrämpfen begünstigen.
  • Medikamente: Zahlreiche Medikamente, insbesondere Diuretika, Statine und inhalative Beta-2-Sympathomimetika, können Muskelkrämpfe als Nebenwirkung verursachen.
  • Andere Faktoren: Schwangerschaft, Alkohol und unklare Ursachen können ebenfalls Muskelkrämpfe auslösen.

Die Frequenz von Muskelkrämpfen nimmt mit dem Alter zu, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Im Sommer treten Muskelkrämpfe häufiger auf als in anderen Jahreszeiten.

Chinin zur Behandlung von Muskelkrämpfen

Anwendungsgebiete

In Deutschland ist Chinin als Fertigarzneimittel zur Vorbeugung und Therapie nächtlicher Wadenkrämpfe zugelassen. Es wird in Tablettenform als Chininsulfat angeboten. Des Weiteren wird Chinin in Form einer Injektionslösung bei der Behandlung der komplizierten Malaria tropica eingesetzt.

Das BfArM hat die Anwendung von Chinin zur Therapie und Prophylaxe nächtlicher Wadenkrämpfe eingeschränkt. Es ist nur noch zugelassen, wenn die Krämpfe sehr häufig oder besonders schmerzhaft sind, behandelbare Ursachen der Krämpfe ausgeschlossen wurden und nicht-pharmakologische Maßnahmen die Beschwerden nicht ausreichend lindern können.

Dosierung und Anwendung

Zur Behandlung nächtlicher Muskelkrämpfe wird bei leichten Beschwerden nach dem Abendessen eine Tablette mit einer Dosis von 200 Milligramm Chinin eingenommen. Bei mittelschweren bis schweren Beschwerden werden abends zwei Tabletten eingenommen - eine nach dem Abendessen, eine vor dem Schlafengehen. Die Therapiedauer sollte nicht länger als zwei bis drei Wochen andauern, da sich der Wirkstoff im Körper anreichern kann.

Die Behandlung mit Chininsulfat beginnt mit 200 mg nach dem Abendessen. Der Behandlungserfolg kann etwa nach 4 Wochen beurteilt werden. Bei Bedarf kann die Dosis auf 400 mg gesteigert werden. Insbesondere zu Beginn der Therapie sollten die Betroffenen die Häufigkeit und die Intensität der Muskelkrämpfe dokumentieren, um die Wirksamkeit besser abschätzen zu können.

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Wirksamkeit

Die Evidenz für die Wirkung von Chinin gegen nächtliche Wadenkrämpfe wird vom BfArM als "eher limitiert" eingestuft. Eine Cochrane-Übersichtsarbeit kam zu dem Schluss, dass Chinin die Häufigkeit und Intensität von Muskelkrämpfen reduzieren kann, jedoch mit gastrointestinalen Beschwerden als Hauptnebenwirkung.

Eine Studie, die nicht in die Cochrane-Analyse eingeschlossen war, zeigte eine signifikante Reduktion der nächtlichen Wadenkrämpfe. Daher bleibt Limptar zur „Therapie und Prophylaxe nächtlicher Wadenkrämpfe bei Erwachsenen“ zugelassen, allerdings mit den genannten Einschränkungen.

Nebenwirkungen und Risiken

Chinin gilt allgemein als gut verträglich, kann aber in seltenen Fällen zu Nebenwirkungen führen. Die Nebenwirkungen werden zusammengefasst als Cinchonismus bezeichnet und treten bei langfristiger oder hoch dosierter Gabe relativ häufig auf. Sie umfassen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Ohrgeräusche (Tinnitus), Sehstörungen, Hautausschläge, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Nierenschäden, Blutbildungsstörungen und Überempfindlichkeitsreaktionen.

Die wichtigste Änderung betrifft die Rezeptpflicht. Bislang war das Mittel in den Apotheken frei verkäuflich. Das BfArM lehnt dies jetzt mit Hinweis auf mögliche schwere Nebenwirkungen ab. Diese betreffen in erster Linie Blutbildveränderungen, und hier insbesondere die Thrombozytopenie. Symptome wie Haut- oder Schleimhauteinblutungen, Nasenbluten oder eine erhöhte Blutungsneigung können auf eine Thrombozytopenie hinweisen. In solchen Fällen muss die Anwendung von Chinin umgehend beendet werden.

Eine weitere potenziell gefährliche Nebenwirkung sind Herzrhythmusstörungen. Chinin kann das QT-Intervall verlängern, was in Kombination mit anderen Mitteln, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern, zu Torsade de pointes führen kann, einer potenziell tödlichen Herzrhythmusstörung.

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Die gleichzeitige Einnahme von Chinin mit solchen Medikamenten ist deshalb kontraindiziert.

Gegenanzeigen

Chinin darf nicht eingenommen werden bei:

  • Bekannter Überempfindlichkeit oder Allergie gegenüber Chinin oder Chinin-haltigen Getränken
  • Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (angeborener Enzymmangel)
  • Myasthenia gravis (erblich bedingte Muskelkrankheit)
  • Tinnitus
  • Vorschädigung des Sehnervs
  • Hypokaliämie (zu niedriger Kalium-Blutspiegel)
  • Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) oder andere Herzrhythmusstörungen
  • Schwerer Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Angeborener oder erworbener QT-Intervall-Verlängerung
  • Gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern können
  • Schwangerschaft und Stillzeit

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Einnahme von magnesium- oder aluminiumhaltigen Mitteln gegen eine Magenübersäuerung kann die Aufnahme von Chinin beeinträchtigen. Abgeraten wird von der gleichzeitigen Anwendung von weiteren Wirkstoffen, die zu einer Veränderung des Herzrhythmus führen (speziell zu einer sogenannten QT-Zeit-Verlängerung).

Chinin kann die Wirkung von Digitalis-Präparaten (Herzmedikamente), muskelentspannenden Mitteln (Muskelrelaxantien) und Gerinnungshemmern verstärken.

Generell gilt: Wer neben Chinin noch weitere Arzneimittel anwenden möchte oder neu verordnet bekommt, sollte sicherheitshalber zuvor den Arzt oder Apotheker informieren.

Alternative Behandlungsmöglichkeiten bei Muskelkrämpfen

Neben Chinin gibt es verschiedene andere Möglichkeiten, Muskelkrämpfe zu behandeln und vorzubeugen:

  • Nichtmedikamentöse Maßnahmen:
    • Dehnübungen: Regelmäßige Dehnübungen der betroffenen Muskulatur können die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Muskelkrämpfen reduzieren.
    • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Dehydratation kann Muskelkrämpfe begünstigen, daher ist es wichtig, ausreichend zu trinken.
    • Elektrolyte: Ein Mangel an Elektrolyten wie Magnesium, Kalium und Kalzium kann Muskelkrämpfe verursachen. Eine ausgewogene Ernährung oder die Einnahme von Elektrolytpräparaten kann helfen, den Elektrolythaushalt auszugleichen.
    • Vermeidung von Risikofaktoren: Alkohol und bestimmte Medikamente können Muskelkrämpfe auslösen.
  • Medikamentöse Maßnahmen:
    • Magnesium: Gemäß der neurologischen Leitlinie sollte zunächst ein Versuch mit der Gabe von Magnesium aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofils durchgeführt werden - auch wenn die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist.
    • Andere Medikamente: In einigen Fällen können auch andere Medikamente wie Muskelrelaxantien oder Schmerzmittel zur Behandlung von Muskelkrämpfen eingesetzt werden.

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