Die katholische Kirche stand und steht immer wieder vor bedeutenden Herausforderungen. Im Vorfeld des Konklaves, bei dem ein neuer Papst gewählt werden sollte, spiegelten sich diese Herausforderungen in den Diskussionen und Überlegungen der Kardinäle wider. Ein Name, der in diesem Zusammenhang immer wieder fiel, war Christoph Schönborn, der Wiener Kardinal.
Die R-Frage und die Suche nach einem Kompromiss
Vor dem Konklave stand die Frage im Raum, ob Joseph Ratzinger Papst werden würde. Es wurde spekuliert, ob Ratzinger die Stimmen jener sammeln würde, die Karol Wojtylas dogmatische Strenge wahren wollten, und welchen Kandidaten er seinem Anhang empfehlen würde. Als Gegenpart zu Ratzinger wurde Carlo Maria Martini gesehen, der jedoch an der Parkinson-Krankheit litt. Martini hielt eine Grundsatzrede mit den Forderungen nach mehr kollegialer Kirchenführung, Bibelorientierung, Spiritualität und praktischer Religiosität. Er forderte Reformen in der Behandlung von Familien, Geschiedenen und Frauen sowie eine Lockerung des Zölibats.
Die Suche nach einem Kompromisskandidaten, der keinem wehtut, lief auf einen eher mittelmäßigen Papst hinaus, auf einen frommen Seelsorger. Theologisch brillierten kaum Kandidaten, neben Ratzinger und Walter Kasper vielleicht Christoph Schönborn.
Nationalitäten und innerkirchliche Bewegungen
Nationalitäten spielten in diesem Konklave eine untergeordnete Rolle. Eher zählte die Nähe oder Ferne zu Ratzinger und zu den verschiedenen innerkirchlichen Bewegungen wie Opus Dei, Focolarini, Legionäre Christi, Comunione e Liberazione und Sant'Egidio, die dem konservativen Spektrum in der Kirche angehörten.
Christoph Schönborn: Ein möglicher Kandidat?
Christoph Schönborn, der Wiener Kardinal, wurde neben Joseph Ratzinger und Walter Kasper als einer der wenigen theologisch brillanten Kandidaten genannt. Er war nach einem Lungeninfarkt auf dem Weg der Besserung. Schönborn hatte Papst Franziskus im Vatikan sein Rücktrittsgesuch übergeben, da Diözesanbischöfe dem Papst mit Vollendung des 75. Lebensjahres ihren Amtsverzicht anbieten müssen. Schönborn hatte bekanntgegeben, dass er an Krebs erkrankt sei und sich einer Operation unterziehen werde. Er sagte, dass ein Prostatakrebs in den meisten Fällen gut heilbar sei. Schönborn wurde am 22. Januar 1945 geboren und 1995 zum Erzbischof von Wien ernannt. 1998 wurde er zum Kardinal kreiert. Bei den Papstwahlen von 2005 und 2013 wurde er als möglicher Kandidat genannt.
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Johannes Paul II. und die Herausforderungen seines Pontifikats
Johannes Paul II., der die Kirche seit 1978 führte, war seit längerem schwer krank. Er litt an Parkinson und den Folgen des Attentats von 1981. Zudem hatte er eine Harnwegsentzündung, eine Blutvergiftung und einen kardiovaskulären Kollaps erlitten. Er erhielt die Sterbesakramente.
Johannes Paul II. polarisierte die Welt, Gläubige wie Ungläubige. In 14 Enzykliken, 44 Apostolischen Schreiben und Hunderten Diskursen definierte er den katholischen Glauben, so wie er ihn sah. Er legte rund 1,2 Millionen Kilometer auf 104 ausländischen Missionstrips zurück. Er sprach 482 Glaubensbrüder und -schwestern heilig und 1338 weitere Katholiken selig.
Kritiker hielten ihm eine desaströse innerkirchliche Bilanz vor. Er habe zwar in der Dritten Welt Millionen unkritische Gläubige hinzugewonnen, in der Ersten Welt aber Millionen verloren.
Das Vermächtnis von Johannes Paul II.
Johannes Paul II. war ein Star, vielleicht sogar der größte seiner Zeit. Er war ein charismatischer Mann, der sich in den 26 Jahren seines Pontifikats immer wortgewaltig in die Weltpolitik eingemischt hat. Innerkirchlich war er sicher kein Reformer, sondern ein konservativer Bewahrer, der strikt am Zölibat und der Sexualmoral der katholischen Kirche festhielt. Kritiker bemängelten auch seinen Umgang mit den Missbrauchsskandalen in der Kirche.
Johannes Paul II. prangerte die Verfehlungen in der 200-jährigen Geschichte seiner Kirche an, die Inquisition, die Glaubenskriege. Er öffnete sich dem Islam, traf den Palästinenserführer Jassir Arafat sowie den iranischen Präsidenten Mohammed Chatami. Und er bat um Vergebung für die Judenverfolgungen im Namen der Kirche.
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In die Weltgeschichte wird Johannes Paul II. eingehen als der Mann, der wesentlich zur Erosion des kommunistischen Ostblocks beitrug. Andererseits geißelte dieser politisch so unbeugsame Kirchenmann den puren Kapitalismus, die Profitmaximierung und die von den westlichen Industrieländern "dominierten und manipulierten" Finanz- und Wirtschaftssysteme ebenso wie die expansive Außenpolitik der USA.
Am 13. Mai 1981 schoss der türkische Rechtsextremist Mehmet Ali Agca auf dem Petersplatz in Rom mit einer Pistole dreimal auf den Papst. Eine Kugel traf ihn lebensgefährlich in den Unterleib und verursachte Verletzungen, unter denen er sein ganzes Leben lang litt. Dem Attentäter Ali Agca hat der Papst bereits kurz nach der Tat verziehen. Drei Jahre später besuchte er ihn sogar im Gefängnis und segnete ihn.
Das letzte Lebensjahrzehnt und der Tod von Johannes Paul II.
Sein letztes Lebensjahrzehnt war auch durch Krankheiten geprägt. 1992 hatte Johannes Paul II. eine Darm-Operation, bei der ihm ein gutartiger Tumor entfernt wurde. Zwei Jahre später stürzte er in seinem Badezimmer und brach sich den Oberschenkel. Bei der anschließenden OP bekam er ein künstliches Hüftgelenk. Zudem litt er nach wie vor an den Folgen des Attentats von 1981. Äußerlich sichtbar wurde dieser Leidensweg durch die Auswirkungen einer Parkinson-Erkrankung, die sein straffes Äußeres dramatisch veränderte. Er konnte kaum noch gehen und zum Schluss durch eine Kehlkopfentzündung kaum mehr reden. Am Ostersonntag 2005 erschien er gebeugt am Fenster seines Arbeitszimmers und spendete Tausenden meist weinenden Gläubigen, die sich auf dem Petersplatz versammelt hatten, seinen letzten Ostersegen. Er starb am 2. April um 19:37 Uhr.
Er wurde nach nur sechs Jahren am 1. Mai 2011 seliggesprochen. Sein deutscher Nachfolger, der heute emeritierte Benedikt XVI., hatte dem Dekret der Seligsprechung zugestimmt, weil Johannes Paul II. Nur drei Jahre später erfolgte die Heiligsprechung. Der Vatikan hatte auch das zweite erforderliche Wunder anerkannt und die Genesung einer Frau aus Costa Rica ebenfalls dem verstorbenen polnischen Papst zuerkannt. Floribeth Mora Diaz wurde am Tag der Seligsprechung von Johannes Paul II. von einem Gehirn-Aneurysma geheilt. An der Zeremonie der Heiligsprechung, diesmal durch Papst Franziskus, nahmen über eine Million Gläubige auf dem Petersplatz teil. Sein Gedenktag ist der 22.
Christoph Schönborn: Ein Blick in die Zukunft
Die Frage nach der Nachfolge von Christoph Schönborn als Erzbischof von Wien stand ebenfalls im Raum. Schönborn hatte selbst auf eine Nachfolgeentscheidung gedrängt. Unter den Vorschlägen stand der Linzer Bischof Manfred Scheuer ganz oben. Es gab jedoch auch Prognosen, dass Schönborn trotz Überschreiten seiner Altersgrenze noch länger im Amt bleiben würde.
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