Citicolin: Wirkung, Studien und Anwendung für das Gehirn

Das Gehirn, das wichtigste Organ unseres Körpers, steuert alle kognitiven Prozesse, von Konzentration und Gedächtnis bis hin zu Emotionen und motorischen Fähigkeiten. Um die Gesundheit und Fitness des Gehirns zu unterstützen, rückt Citicolin (auch bekannt als CDP-Cholin) immer mehr in den Fokus. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Citicolin, die Ergebnisse verschiedener Studien und die potenziellen Anwendungsbereiche für die Gehirnfunktion.

Was ist Citicolin?

Citicolin, oder Cytidin-5'-Diphosphocholin, ist ein natürlich vorkommendes Nukleotid, das eine entscheidende Rolle bei der Biosynthese von Phospholipiden in den Zellmembranen spielt. Es ist eine Nukleotid-Aminoalkoholverbindung, die aus Ribose (einem Zucker), Cytosin (einer Base), einer Phosphatgruppe (Pyrophosphat) und Cholin besteht. Im Körper wird Citicolin endogen synthetisiert und stellt einen limitierenden Schritt der Phosphatidylcholin-Synthese dar, dem wichtigsten Stoffwechselschritt zum Aufbau und zur Reparatur von Zellmembranen.

Citicolin als Vorstufe von Acetylcholin

Citicolin ist eine Vorstufe von Acetylcholin, einem der wichtigsten Neurotransmitter im Gehirn. Acetylcholin spielt eine entscheidende Rolle bei der Kommunikation zwischen Neuronen, stimuliert die Aktivität des Hippocampus und wirkt auf die Großhirnrinde, wodurch höhere Exekutivfunktionen wie Problemlösung und Reflexion ermöglicht werden. Es wird für alle Gehirnfunktionen verwendet, die von der Informationsverarbeitung über die Expositionskapazität und die Muskelkontraktion bis hin zu einer höheren Effizienz beim Lernen und Gedächtnis reichen. Acetylcholin wird benötigt, um Informationen und Erinnerungen von kurzfristig zu langfristig weiterzugeben und um die Bildung eines anderen Neurotransmitters, Dopamin, zu unterstützen.

Pharmakokinetik und Metabolismus von Citicolin

Citicolin ist wasserlöslich und besitzt eine sehr hohe Bioverfügbarkeit (>90%). Pharmakokinetische Studien mit gesunden Erwachsenen zeigten, dass oral appliziertes Citicolin sehr schnell absorbiert und unter 1% enteral ausgeschieden wird. Die Plasmaspiegel steigen typischerweise biphasisch, das heißt eine Stunde nach Einnahme gefolgt von einem Anstieg nach 24 Stunden.

Exogen appliziertes Citicolin wird in der Darmwand und in der Leber hydrolysiert und als Cholin und Cytidin absorbiert. Cholin und Cytidin werden dann weiter metabolisiert, passieren unter anderem die Blut-Hirn-Schranke, um im Gehirn wieder in Citicolin resynthetisiert zu werden. Pharmakokinetische Studien zeigen, dass die Ausscheidung über die Lunge sowie über den Urin analog zur Plasmaverfügbarkeit biphasisch verläuft.

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Endogen zugeführtes Citicolin fungiert als Zwischenprodukt der Biosynthese von Phospholipiden wie Phosphatidylcholin, dem primären Phospholipid aller Zellmembranen. Die orale Gabe von Citicolin erhöht die Plasmaspiegel von Cytidin und Cholin innerhalb von sechs bis acht Stunden. Eine prolongierte Verabreichung für 42 bis 90 Tage erhöht signifikant die Gehirnkonzentrationen von Phosphatidylcholin, Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylserin - den drei wesentlichen Phospholipiden aller Gehirn-Zellmembranen.

Wirkung von Citicolin auf das Gehirn

Citicolin bietet interessante Eigenschaften bei der Erhöhung von Neurotransmittern, die eine größere geistige Lebhaftigkeit und das Wohlbefinden des Gehirns ermöglichen. Es unterstützt die Steigerung der Gehirnenergie durch die unterstützende Wirkung auf die Mitochondrien des Gehirns und erhöht die Energie, die von den kleinen Zellkraftwerken erzeugt wird, insbesondere im frontalen Kortex, der für Sprache, Denken, Entscheidungen und Planung verantwortlich ist.

Neuroprotektive Wirkung

Citicolin spielt eine schützende Rolle für die Integrität der Zellmembran im Gehirn und hilft bei der Zellalterung des Gehirns. Es schützt vor Schäden durch freie Radikale und Entzündungen, die Prozesse der Zellalterung beschleunigen und zu einer Vielzahl von Störungen beitragen können, wie z. B. Alzheimer-Krankheit, Angstzustände, Depressionen, "Hirnnebel" und Gedächtnisverlust.

Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit

Citicolin wird als Nootropikum bezeichnet und kann bei geistiger Erschöpfung und Konzentrationsproblemen helfen. Es fördert die Neuroplastizität, also die Anpassungs- und Lernfähigkeit des Gehirns und unterstützt die Speicherung von Gedächtnisinhalten. Citicolin kann die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern, die Aufmerksamkeit steigern, das Gedächtnis verbessern und die mentale Energie erhöhen.

Studien zur Wirkung von Citicolin

Eine Vielzahl klinischer Daten belegen die Wirksamkeit von Citicolin. Studien haben gezeigt, dass die Einnahme von Citicolin die kognitive Leistungsfähigkeit bei Patienten mit einer großen Bandbreite an Grunderkrankungen verbessert, wie beispielsweise zerebraler Insuffizienz, senilem zerebrovaskulären Syndrom, Gedächtnisstörungen ohne Demenz sowie kognitive und verhaltensbasierte Beeinträchtigungen assoziiert mit chronischen zerebralen Störungen bei Älteren.

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Meta-Analyse von Cochrane

Eine Cochrane-Metaanalyse aus dem Jahr 2005 analysierte 14 doppelblinde, randomisierte und Placebo-kontrollierte Studien mit 1300 älteren Probanden mit einer kognitiven Störung und Verhaltensstörung im Zusammenhang mit einer zerebralen Störung. Die Teilnehmer wurden mit 600 bis 1000 mg Citocilin täglich behandelt und die Parameter Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Verhalten, klinischer Gesamteindruck sowie Verträglichkeit untersucht. Das Gesamtergebnis schreibt Citicolin einen Nutzen bei den Parametern Gedächtnis, Verhalten und klinischer Gesamteindruck zu.

Weitere Studien

  • Eine offene Placebo-kontrollierte Studie mit 349 Patienten mit leichten vaskulären kognitiven Störungen dokumentiert für Citicolin eine Aktivierung der Biosynthese von Phospholipiden in neuronalen Membranen, eine Verbesserung des Hirnstoffwechsels und eine Erhöhung der Norepinephrin- und Dopaminspiegel im zentralen Nervensystem.
  • Eine Studie der University of Utah ergab, dass Citicolin bei gesunden Männern das Aufmerksamkeitsvermögen und die psychomotorische Geschwindigkeit erhöhen konnte.
  • Eine Studie des Biomedical Research Center in Spanien stellte fest, dass das Erinnerungsvermögen bei älteren Leuten durch die Einnahme von Citicolin wieder verbessert werden konnte.
  • Eine Studie des Department of Neurology der Boston University School of Medicine hat die Wirksamkeit von Citicolin bei über 1000 Männern und Frauen im Alter zwischen 36-83 auf die gesamte kognitive Performance getestet. Vor allem die Ergebnisse im Bereich des verbalen Gedächtnis waren verbessert, je höher der Anteil an Citicolin im Gehirn war.

Citicolin bei Schlaganfall

In verschiedenen experimentellen Schlaganfallstudien konnte gezeigt werden, dass eine Behandlung mit CDP-Cholin das neurologische Defizit verbessert und das Infarktvolumen verkleinert. In kontrollierten evidenzbasierten Studien zeigten sich erste Hinweise auf eine Verbesserung des klinisch-neurologischen Defizits nach einer CDP-Cholin-Behandlung bei Schlaganfallpatienten. Somit eröffnet sich unter Berücksichtigung der guten Verträglichkeit von CDP-Cholin die Perspektive einer neuen Behandlungsmöglichkeit des Schlaganfalls.

Citicolin entfaltet nach einem Schlaganfall antiexzitatorische, antioxidative, membranstabilisierende und regenerative Wirkungen. Es reduziert die extrazellulläre Glutamat-Konzentration, verhindert den apoptotischen Zelltod cholinerger Neurone, inhibiert die Freisetzung von Arachidonsäure und reduziert somit die Entstehung freier Sauerstoffradikale. CDP-Cholin schützt vor postischämischer neuronaler Membranschädigung und besitzt membranregenerierende Eigenschaften.

Citicolin bei Glaukom

Citicolin wirkt neuroprotektiv und kann neurodegenerative Prozesse bei Glaukomerkrankungen günstig beeinflussen. In zahlreichen klinischen Studien mit Glaukom-Patient:innen konnte Citicolin seine guten präklinischen Ergebnisse bestätigen. Eine Citicolin-Supplementation kann auch bei Glaukomerkrankungen sinnvoll sein, da funktionelle MRT-Daten einen verringerten Cholin-Spiegel im visuellen Cortex des Gehirns bei Menschen mit Glaukomerkrankungen zeigten.

Dosierung und Nebenwirkungen

Die empfohlenen Dosierungen liegen zwischen 250 und 1000 mg pro Tag, auch bei doppelter Einnahme im Abstand von 8/12 Stunden. Als Nahrungsergänzungsmittel sind in Deutschland Mengen von 500 mg Citicolin pro Tag verkehrsfähig. Citicolin gilt als sehr gut verträglich und ist selten mit Nebenwirkungen verbunden, da es sich um einen natürlichen Stoff handelt, den der Körper in geringen Dosen selber produziert. Bei der Supplementierung sollte allerdings auf die Tagesdosis geachtet bzw. darauf, dass diese nicht überschritten wird. Mögliche, aber sehr seltene Nebenwirkungen sind Magenschmerzen, Durchfall und Kopfschmerzen.

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