Das optimistische Gehirn: Wissenschaftliche Erkenntnisse und wie sie unser Leben beeinflussen

Kann man Optimismus trainieren oder wir als Optimist oder Pessimist geboren werden? Die Wissenschaft streitet sich bis heute über diese Frage. In einem Brief aus dem Jahr 1761 schrieb der französische Philosoph Voltaire: „Tatsächlich habe ich, nachdem mir vor einigen Jahren klar geworden war, dass es nichts nützt, betrübt zu sein, begonnen, etwas fröhlicher zu leben - man hatte mir gesagt, das sei gesund.“ Eine aktuelle Studie (1) hat nun erstmals Unterschiede in den Gehirnen von Optimisten und Pessimisten gefunden.

Neuronale Aktivitätsmuster bei Optimisten und Pessimisten

Im Zentrum der Studie stand der mediale präfrontale Kortex (mPFC) - eine Region, die an Selbstbezug, Zukunftsplanung und an der Bewertung emotionaler Relevanz beteiligt ist. Interessant dabei: Optimisten zeigen untereinander sehr ähnliche neuronale Aktivitätsmuster, was einem geteilten, positiven Interpretationsstil entspricht. Pessimisten hingegen zeigen neuronal eher eigenwillige Repräsentationen der Zukunft. Kurz: Optimisten ähneln sich in ihrem Denkstil, Pessimisten variieren mehr.

Das japanische Forschungsteam der Universität Kyoto unterzog in zwei Experimenten insgesamt 87 Probandinnen und Probanden einem fMRT Scan (Kernspin), um deren Aktivitätsmuster zu kartographieren. Zunächst erfassten die Forschenden jedoch den Optimismusgrad der Teilnehmenden mithilfe des etablierten Life Orientation Test - Revised (LOT-R). Dieser misst, wie stark jemand dazu neigt, stabile positive oder negative Erwartungen an die Zukunft zu haben (wissenschaftlich spricht man von dispositionellem Optimismus, einem Persönlichkeitsmerkmal). Auf dieser Basis erhielt jede Versuchsperson einen individuellen Optimismus-Score, es ging also nicht um eine scharfe Trennung zwischen Optimisten und Pessimisten, sondern um die Nuancen eines Spektrums. Anschließend sollten die Probandinnen und Probanden sich, während des Hirnscans, verschiedene zukünftige Ereignisse vorstellen - positive, negative und neutrale Szenarien, wie z.B. eine Weltreise, einen Glücksspielgewinn oder den Tod. Die Forschenden verglichen mithilfe multivariater Musteranalysen, wie ähnlich die Aktivitätsmuster zwischen verschiedenen Personen waren. Und: wie sehr diese neuronalen Muster mit dem subjektiven emotionalen Rating der mentalen Vorstellungen waren. Die Fragestellung: kann man Optimisten an ihrer Hirnaktivität erkennen?

Studienergebnisse: Unterschiede in der Hirnaktivität

Das Ergebnis war deutlich: Optimistischere Personen zeigten im mPFC besonders konsistente neuronale Muster, wenn sie über zukünftige Ereignisse nachdachten. Ihre Gehirnaktivität unterschied klarer zwischen positiven und negativen Szenarien, was sich in der subjektiven emotionalen Bewertung widerspiegelte. Man könnte sagen: Optimistische Menschen organisieren ihr Zukunftsdenken stärker entlang einer „emotionalen Achse“ und konkretisieren das Positive, während das Negative abstrakter bleibt. Pessimistischere Personen dagegen zeigten individuellere Aktivitätsmuster, lediglich positive und negative Emotionen schienen sie weniger stark zu unterscheiden. Die Studie deutet somit an: ja, es gibt funktionale neuronale Unterschiede zwischen optimistischeren und pessimistischeren Menschen - allerdings werden diese erst deutlich, wenn man sie mit der subjektiven emotionalen Bewertung von Ereignissen verrechnet. Neuroanatomische Unterschiede gibt es also nicht, lediglich ähnliche Aktivitätsmuster, die mit Denkstilen zusammenzuhängen scheinen).

Angeboren oder erlernt? Der Einfluss von Genetik und Umwelt

Auf die Frage nach der Determiniertheit von Optimismus gibt die Studie leider keine direkte Antwort. Schließlich bleibt es unklar, ob die Gehirne der Probandinnen und Probanden schon immer so waren, oder erst so wurden. Man müsste zu diesem Zweck dieselbe Studie einmal prospektiv, also über viele Jahre durchführen, um Veränderungen (oder Konsistenz) festzustellen. Andererseits deuten Meta-Analysen und Zwillingsstudien auf einen Mix aus Genetik und Umwelt hin, mit einer stärkeren Betonung der Umwelt (2, 3, 4). Mehrere Studien wiederholen Ergebnisse in der Größenordnung ~30% Genetik und ~70% Umwelt. Allerdings sind diese Studien schon etwas älter und mittlerer Qualität. Widersprüchlich zu diesem Befund ist außerdem, dass 29 Interventionsstudien (5) aus der Positiven Psychologie darauf hindeuten, dass man mit professionellem psychologischem Training einen höheren Score auf dem oben erwähnten LOT-R erzielen kann - dass die Effekte aber stets sehr klein ausfallen. Das heißt im Klartext: womöglich werden wir mit einer Tendenz geboren, die dann aber durch die Lebensereignisse stark beeinflusst wird. Und bewusst trainieren kann man Optimismus offenbar auch. Allerdings halten sich langfristige Veränderungen durch Schulungen in Positiver Psychologie in recht engen Grenzen.

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Selektive Informationsverarbeitung und unrealistischer Optimismus

Auf Grund einer selektiven Informationsverarbeitung im Gehirn neigen Menschen zu unrealistischem Optimismus. So ändern wir unsere Ansichten häufig nur, wenn die Dinge sich positiver entwickeln als ursprünglich erwartet. Negativere Einschätzungen werden dagegen nicht übernommen. Das spiegelt sich auch in der neuronalen Aktivität im Gehirn: Informationen über Ereignisse, die besser verlaufen als erwartet, werden anders verarbeitet als unerwartete negative Informationen.

Das Team um Tali Sharot vom University College London konfrontierte die Probanden in einem Gespräch mit insgesamt 80 negativen Lebenssituationen, wie beispielsweise an Alzheimer zu erkranken oder ausgeraubt zu werden. Anschließend sollten die Versuchspersonen einschätzen, für wie wahrscheinlich sie es halten, dass ihnen selbst diese Dinge in der Zukunft passieren könnten. Danach wurde ihnen die tatsächliche statistische Wahrscheinlichkeit genannt, mit der jemand mit vergleichbaren Lebensumständen in eine der genannten Situationen geraten könnte, und die Probanden wurden erneut befragt. Dabei konnten die Forscher feststellen: Schätzte beispielsweise ein Versuchsteilnehmer das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, ursprünglich zu hoch ein, so übernahm er bei der zweiten Befragung die niedrigere Wahrscheinlichkeit, die dem tatsächlichen Wert sehr nahe kam. Wurde das Risiko allerdings vorher zu gering eingeschätzt, so blieb der Proband auch im Anschluss häufig lieber bei seiner ursprünglichen Einschätzung.

Mit funktioneller Magnetresonaztomografie (fMRT) zogen die Forscher zudem Rückschlüsse auf die neuronale Verarbeitung der Informationen vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Dafür wurden vom Blutsauerstofflevel abhängige Signale (BOLD-Signale) in verschiedenen Hirnregionen beobachtet. Es zeigte sich, dass bei der Verarbeitung von unerwarteten positiven Ereignissen die Aktivität in bestimmten Hirnarealen zunimmt, während bei Informationen, die eher negativ überraschen, die Hirnaktivität in anderen Bereichen zurückgeht. Die Forscher belegen damit eine optimistische Verzerrung durch die situationsbedingt unterschiedlichen Gehirnprozesse. Nach Einschätzung der Forscher kann dieser der Realität nicht angemessene Optimismus zweierlei Folgen haben: Einerseits mildert er Stress und Ängste, auf der anderen Seite führt er aber auch dazu, dass manche Risiken im Alltag unterschätzt werden.

Serotonin und die Entwicklung des Neokortex

Im Laufe der menschlichen Evolution vergrößerte sich das Gehirn - insbesondere in einem bestimmten Teil, dem Neokortex, der es uns ermöglicht, zu sprechen, zu träumen und zu denken. Auf der Suche nach den Gründen für diese Expansion haben Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden, zusammen mit Kollegen des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, bereits eine Reihe von molekularen Akteuren ausfindig gemacht. Diese Akteure agieren typischerweise Zell-intern in den sogenannten basalen Vorläuferzellen, den Stammzellen im sich entwickelnden Neokortex, die eine zentrale Rolle bei dessen Expansion spielen.

Die Forscher berichten nun von einer anderen, neuartigen Rolle des Glücksgefühl-Neurotransmitters Serotonin, von dem bekannt ist, dass er im Gehirn Zufriedenheit, Selbstvertrauen und Optimismus bewirkt. Er agiert Zell-extern als Wachstumsfaktor für basale Vorläuferzellen im sich entwickelnden Neokortex des Menschen, aber nicht der Maus. Das Forscherteam von Wieland Huttner am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik hat in vielen Studien die Ursache für die evolutionäre Expansion des menschlichen Neokortex untersucht. Eine neue Arbeit aus seinem Labor konzentriert sich in diesem Zusammenhang auf die Rolle des Neurotransmitters Serotonin. Serotonin wird oft als Glücksgefühl-Neurotransmitter bezeichnet, weil es Signale zwischen Nervenzellen überträgt, die zu Wohlbefinden und Glück beitragen. Eine mögliche Rolle solcher Neurotransmitter während der Gehirnentwicklung ist jedoch noch nicht im Detail erforscht worden. Im sich entwickelnden Embryo bildet die Plazenta Serotonin, das dann über den Blutkreislauf ins Gehirn gelangt. Dies gilt sowohl für Menschen als auch für Mäuse.

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Um dies zu erforschen, veranlassten die Forscher die Bildung des HTR2A-Rezeptors im embryonalen Neokortex der Maus. „Tatsächlich fanden wir heraus, dass Serotonin durch die Aktivierung dieses Rezeptors eine Kette von Reaktionen auslöste, die zur Bildung von mehr basalen Vorläuferzellen im sich entwickelnden Gehirn führte. „Zusammenfassend kann man sagen, dass unsere Studie eine völlig neue Rolle von Serotonin aufzeigt, nämlich als Wachstumsfaktor für basale Vorläuferzellen in hoch entwickelten Gehirnen wie insbesondere dem menschlichen. Unsere Daten legen nahe, dass Serotonin bei der Expansion des Neokortex während der Entwicklung und in der menschlichen Evolution eine Rolle spielt“, fasst Wieland Huttner, der die Studie leitete, zusammen. Er fährt fort: „Eine gestörte Signalübertragung von Serotonin sowie eine gestörte Bildung oder Mutation seines Rezeptors HTR2A wurden bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Entwicklungsstörungen wie dem Down-Syndrom, der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) und dem Autismus beobachtet. Unsere Ergebnisse könnten erklären, wie Fehlfunktionen von Serotonin und seines Rezeptors während der fötalen Hirnentwicklung zu angeborenen Störungen führen können.

Die Alterung der Hirnrinde und ihre Auswirkungen auf den Tastsinn

Doch wie genau die Hirnrinde altert, darüber sei wenig bekannt, so Kühn. "Das ist bemerkenswert, da viele Tätigkeiten unseres täglichen Lebens von einem funktionierenden Cortex abhängen. Kühn und ihre Kolleginnen und Kollegen aus Magdeburg und Tübingen fokussierten sich in diesen Scans auf den primären somatosensorischen Cortex. Dieser etwa fingerbreite Streifen an der Außenseite unseres Gehirns erstreckt sich von der Kopfoberseite rechts und links in Richtung der Ohren und verarbeitet Tastreize. "Wenn ich etwa einen Schlüssel in die Hand nehme, eine Türklinke greife oder auch wenn ich laufe, dann brauche ich ständig haptisches Feedback, um meine Bewegungen zu kontrollieren. Ein besonders leistungsfähiger MRT bot Kühn et al. die Möglichkeit, nicht nur zu bestimmen, wie dick der Cortex in diesem Areal bei Menschen unterschiedlichen Alters war, sondern auch wie dünn die Schichten innerhalb der Hirnrinde ausgeprägt waren. "Wir haben nun festgestellt, dass diese Schichten unterschiedlich altern", erklärt Kühn. "Obwohl die Hirnrinde insgesamt dünner wird, bleiben manche ihrer Schichten stabil oder sind im Alter überraschenderweise sogar dicker. Mutmaßlich, weil sie besonders beansprucht werden und ihre Funktionalität dadurch erhalten bleibt. So zeigte sich, dass nur die tieferliegenden Schichten der Rinde im Alter dünner wurden. In diesen wird je nach Kontext ein Tastreiz verstärkt oder abgeschwächt - je nach Aufmerksamkeit und Konzentration. "Die mittlere Schicht des Cortex und auch die oberen Schichten sind äußeren Reizen am unmittelbarsten ausgesetzt. Sie sind dauerhaft aktiv, denn man ist ja ständig in Kontakt mit der Umgebung", so Kühn weiter. "Die Nervenschaltkreise in den unteren Schichten werden weniger beansprucht, gerade im Alter. Weil sich die Schichten unterschiedlich verändern, ließe sich auch erklären, warum manche Dinge Älteren schwerer fallen als Jüngeren. "Sensomotorische Fähigkeiten, die immer wieder geübt werden, etwa das Schreiben auf einer Tastatur, können auch im Alter lange bestehen bleiben", so Kühn. "Kommen jedoch störende Einflüsse hinzu, etwa eine laute Umgebung, dann tun sich ältere Personen mit solchen Tätigkeiten meist besonders schwer. Doch - wie so oft in den Neurowissenschaften - ist mit den dünner werdenden, tieferen Schichten der Alterungseffekt nicht einfach erklärt. So fanden die Forschenden Hinweise, dass in jenen Schichten der Gehalt von Myelin im Alter überraschenderweise zunimmt. "Offenbar wirken Kompensationsmechanismen der zellulären Degeneration teilweise entgegen. In Hinblick auf Prävention wäre es interessant zu erforschen, ob sich diese Mechanismen gezielt fördern und erhalten lassen", schlussfolgert Esther Kühn. "Insgesamt passen unsere Befunde zur allgemeinen Sichtweise, dass wir unserem Gehirn durch geeignete Stimulation etwas Gutes tun. Ich finde es eine optimistische Vorstellung, dass wir unseren Alterungsprozess ein Stück weit selbst in der Hand haben", meint die Wissenschaftlerin.

Optimismus als Erfolgsfaktor: Wie eine positive Denkweise die Leistungsfähigkeit steigert

Optimismus ist weit mehr als „positives Denken“. Optimismus ist ein echter Erfolgsfaktor. Er beeinflusst, wie Du mit Herausforderungen umgehst, wie Du Entscheidungen triffst und sogar, wie körperlich fit Du bleibst. Studien der Harvard University und anderer renommierter Forschungseinrichtungen haben gezeigt, dass optimistische Menschen ihren präfrontalen Kortex stärker aktivieren als Pessimisten. Dieser Bereich im Gehirn ist zuständig für rationales Denken, Problemlösung und Zukunftsplanung. Darüber hinaus führen positive Gedanken zur vermehrten Ausschüttung von Dopamin und Serotonin - den sogenannten Glückshormonen. Diese Neurotransmitter verbessern nicht nur Deine Stimmung, sondern fördern auch die kognitive Leistungsfähigkeit. Mehr Dopamin und Serotonin bedeuten: Besseres Gedächtnis, höhere Konzentrationsfähigkeit und eine gesteigerte Motivation, auch schwierige Aufgaben anzugehen.

Ein weiterer spannender Aspekt ist das Phänomen der Neuroplastizität - die Fähigkeit des Gehirns, sich strukturell und funktionell an neue Herausforderungen anzupassen. Optimistisches Denken fördert diese Anpassungsfähigkeit, indem es positive neuronale Netzwerke stärkt und negative Denkmuster schwächt. Wenn Du regelmäßig optimistische Gedanken pflegst, stärkst Du die Verbindungen in den Gehirnregionen, die für positives Denken und Problemlösung zuständig sind. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Stresshormonhaushalt. Optimisten haben nachweislich geringere Cortisol-Werte, was dazu beiträgt, dass sie weniger unter chronischem Stress leiden. Ein niedriger Cortisolspiegel wirkt sich positiv auf den Schlaf, das Immunsystem und die allgemeine körperliche Gesundheit aus.

Ein beeindruckendes Beispiel dafür ist die Nonnenstudie der University of Kentucky. Dort wurden Tagebücher von Nonnen aus ihrer Jugend analysiert, und Jahrzehnte später stellte man fest, dass jene Nonnen, die in jungen Jahren optimistische Einträge verfasst hatten, im Durchschnitt bis zu zehn Jahre länger lebten als ihre weniger optimistischen Mitschwestern. Diese Ergebnisse zeigen, wie tiefgreifend die Auswirkungen einer positiven Lebenseinstellung sein können - von der mentalen Gesundheit bis hin zur körperlichen Fitness. All diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bilden das Fundament dafür, dass Optimismus wichtig für Deine Leistungsfähigkeit ist.

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Optimismus beeinflusst nicht nur, wie Du Herausforderungen erlebst - er hat direkten Einfluss auf Deine Leistungsfähigkeit in Beruf, Studium und Alltag. Ein zentraler Grund dafür liegt in der Art und Weise, wie Du Ereignisse interpretierst. Martin Seligman, einer der Begründer der Positiven Psychologie, hat drei Dimensionen identifiziert, in denen Optimisten und Pessimisten sich deutlich unterscheiden.

  • Permanenz: Optimisten betrachten negative Ereignisse als vorübergehend, während Pessimisten sie als dauerhaft interpretieren.
  • Allumfassenheit: Optimisten neigen dazu, negative Ereignisse als spezifisch zu betrachten und machen nicht den ganzen Lebensweg oder ihre gesamte Persönlichkeit dafür verantwortlich, während Pessimisten negative Ereignisse oft als universell ansehen.
  • Personalisierung: Optimisten beziehen Erfolge und Misserfolge nicht ausschließlich auf sich selbst und erkennen an, dass äußere Umstände eine Rolle spielen können, während Pessimisten negative Ereignisse häufig personalisieren und Misserfolge fast immer ihrer eigenen Unzulänglichkeit zuschreiben.

Indem Du lernst, Ereignisse als temporär, spezifisch und unter Berücksichtigung externer Einflüsse zu interpretieren, baust Du ein robustes, optimistisches Mindset auf.

Optimistische Menschen sind realistisch, aber statt sich von Problemen lähmen zu lassen, suchen sie nach Lösungen und betrachten Rückschläge als Lernchancen. Ein positiver Geist unterstützt Dich dabei, leichter in einen Flow-Zustand zu gelangen, und stärkt Dein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Optimisten haben in der Regel bessere Strategien, um mit Stress umzugehen, und können sich schneller von negativen Ereignissen erholen.

Wie wir unser Gehirn austricksen können

Brian D. Evans ist ein erfolgreicher Gründer, Unternehmer und Coach. Sein Glück sei es gewesen, dass er Zeit seines Lebens immer wieder Dinge getan habe, die ihm Angst einjagten. Auf diese Weise habe sich sein Gehirn daran gewöhnt, dass er „verrückte“ Dinge tue. „Sachen zu tun, von denen mein Gehirn mir abrät, ist für mich normal geworden. Verrückte und unsicher erscheinende Dinge zu tun, verändert schlussendlich auch den Begriff „verrückt“. In Evans Fall versucht sein Gehirn weniger, ihn davon abzubringen, sondern befürwortet sein Verhalten sogar: Weil es gelernt hat, dass nichts Schlimmes passiert. Macht das Außergewöhnliche zu einem Teil eures Lebens. Ihr trainiert damit euer Gehirn und bringt ihm bei, euch auch außerhalb eurer Komfortzone zu unterstützen, anstatt euch reflexartig zu beschützen und damit einzuschränken.

Die Grundlagen von Lern- und Gedächtnisvorgängen

Wenn wir eine Fremdsprache ständig benutzen, ist sie leicht abrufbar. Verwenden wir sie dagegen nur sporadisch, verlieren wir die Sprachgewandtheit. Dieses Phänomen ist ausreichend bekannt. Was passiert aber konkret im Gehirn, wenn wir lernen und Erlebnisse im Gedächtnis speichern? Prof. Tobias Bonhoeffer, Direktor am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried bei München, erforscht die Grundlagen von Lern- und Gedächtnisvorgängen. Wie das Gehirn etwas lernt oder speichert, dazu gab es in der Vergangenheit schon viele Thesen. Nach einer Theorie von Donald Hebb gingen die meisten Forscher seit über 50 Jahren davon aus, dass Synapsen, die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, eine zentrale Rolle bei diesen Vorgängen spielen. Doch wirklich belegen konnte dies niemand - bis Prof. Bonhoeffer und seinem Team 1999 der Durchbruch gelang. Nahezu zeitgleich konnte Tobias Bonhoeffer mit einer anderen Forschergruppe belegen, dass funktionelle Reize zu morphologischen Veränderungen in Nervenzellen führen: Die Zellen bilden dendritische Dornen aus, an deren Enden sich Synapsen bilden.

Diese Beobachtungen wurden erst möglich, nachdem Winfried Denk, ebenfalls Direktor an unserem Institut, das 2-Photonen-Mikroskop erfunden hatte. Mit Hilfe dieses Mikroskops konnten Forscher erstmals auch in tiefere Gehirnbereiche blicken und das über längere Zeiträume hinweg. So konnten wir Veränderungen im Gehirn einer Maus beobachten, während diese Aufgaben löste und lernte. Dank der verbesserten Mikroskopie konnten wir erstmals beobachten und zeigen, was auf zellulärer Ebene bei einem Lernvorgang geschieht. Dabei waren die damaligen Mikroskope noch sehr groß und sperrig. Zwanzig Jahre später ist die Entwicklung so weit fortgeschritten, dass sogenannte Mini-2-Photonenmikroskope nur noch wenige Gramm wiegen. Die Maus kann sich damit frei bewegen und ungestört lernen, während das Mikroskop Bilder in Echtzeit direkt an den Computer leitet. Auf diese Weise können wir die Aktivität der Nervenzellen zum Beispiel auch bei Verhalten und Lernen in sozialen Situationen untersuchen. Da tut sich ein ganz neues und spannendes Forschungsfeld auf. Es gibt heute eine Vielzahl von Biosensoren die anzeigen, ob und wann eine Nervenzelle aktiv ist. Diese Moleküle können ganz spezifisch in Nervenzellen von Interesse eingeschleust werden, oder die Zellen produzieren die Sensoren selbst. So können wir im lebenden Tier sehen, welche Nervenzellen aktiv werden, wenn das Tier Neues lernt - zum Beispiel mit der Pfote ein Getreidekorn aus einem kleinen Loch zu fischen. Wichtiger noch, wir können sehen, welche neuen Verbindungen zwischen Nervenzellen bei solchen Lernvorgängen geknüpft werden.

Persönliche Einblicke und Karrierewege in der Neurobiologie

Prof. Tobias Bonhoeffer kommt aus einer bekannten Forscherfamilie. Sein Vater war Neurobiologe und Direktor am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Auch sein Großvater war Wissenschaftler. Bereits mit sieben Jahren ging er mit seinem Vater sonntags oft ins Institut. Während er seine Versuche gemacht hat, setzte er sich ans Mikroskop und untersuchte zum Beispiel Fliegen, Spinnen oder Brennnesseln. Er hatte deshalb nie Berührungsängste mit der Wissenschaft. Wissenschaft war für ihn das Natürlichste der Welt.

Nach seinem Abitur entschied er sich dann doch für die Naturwissenschaften und studierte Physik. Die Karriere eines Naturwissenschaftlers ist sicher nie geradlinig und planbar. Es gibt nur Zeitverträge, man muss oft umziehen und immer wieder sein Umfeld wechseln, oft auch über Landesgrenzen hinweg. Je nach Umständen kann das schon eine ziemliche Belastung sein. Er persönlich konnte sich immer seinen Optimismus bewahren, dass die nächste Station in der Karriere schon klappen würde.

Gegen Ende seiner Zeit in Frankfurt bekam er das Angebot Assistant Professor in Harvard zu werden. Er hatte dort schon fast unterschrieben, da kam noch im letzten Moment ein Angebot vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in Martinsried, dem heutigen Max-Planck-Institut für Neurobiologie. Dort war Prof. So kam er mit 33 Jahren an das MPI für Psychiatrie, wo er in den verwaisten Räumen der Abteilung von Hans-Dieter Lux seine eigene Gruppe aufbaute.

Mit etwas Glück und natürlich auch viel persönlichem Einsatz konnten sein Team und er dann in den nächsten fünf Jahren eine Reihe wissenschaftlicher Erfolge verbuchen, so dass er gegen Ende dieser Zeit dann zum Wissenschaftlichen Mitglied und Direktor am MPI für Psychiatrie berufen wurde.

Engagement in globalen Forschungsprojekten

Seit 2014 ist Prof. Bonhoeffer im Aufsichtsrat des Wellcome Trust in London. Durch die Arbeit für den Wellcome Trust bekommt er einen ganz anderen und einmaligen Blick auf die globalen Probleme der Welt. Im Aufsichtsrat stellen sie sich immer wieder die Frage, wie und wo sie auf der Welt das zur Verfügung stehende Geld am sinnvollsten investieren können, um damit wirklich etwas zu bewegen. Auch Reisen in Länder wie Vietnam, Kambodscha, Laos, Thailand, Malawi, Kenia, Südafrika sind ungeheuer interessant.

2016 wurde er wissenschaftlicher Berater der Chan Zuckerberg Initiative (CZI). Bei Treffen mit den Beratern und den Gründern Priscilla Chan und Mark Zuckerberg besprechen sie, wie das vorhandene Geld am sinnvollsten investiert werden kann. Ein wichtiges Anliegen ist beispielsweise, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern effiziente und kostengünstige Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie sich besser austauschen und wissenschaftliche Erkenntnisse schneller zugänglich machen können.

Fazit: Optimismus als Schlüssel zu einem erfüllten Leben

Die Forschung zeigt, dass Optimismus nicht nur eine Frage der Persönlichkeit ist, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf unser Gehirn und unsere Gesundheit hat. Obwohl die Frage, ob Optimismus angeboren oder erlernt ist, noch nicht abschließend beantwortet ist, deuten viele Studien darauf hin, dass wir unsere Denkweise aktiv beeinflussen und somit unsere Lebensqualität verbessern können. Indem wir Herausforderungen als Chancen betrachten, unsere Komfortzone verlassen und uns auf positive Erfahrungen konzentrieren, können wir unser Gehirn trainieren, optimistischer zu denken und zu fühlen.

Weiß man ja eigentlich Ganz eindeutig ist das Bild also noch nicht, es fehlt an prospektiven Studien. Wie bei vielen Themen der Psychologie reicht aber womöglich auch unser Alltagsgefühl aus, um das Phänomen adäquat zu erfassen. Das japanische Forschungsteam leitet ihren Fachartikel mit einer Anekdote aus Tolstoi’s Buch Anna Karenina (1877) ein. Das tun sie, weil Tolstoi dort die wissenschaftlichen Befunde der Studie bereits vorweggenommen hat. So entstand das in der Wissenschaft häufig zitierte Anna Karenina Prinzip, welches erst Anlass zur Studie war. Ähnlich ist es mit Voltaire, der sein Buch Candide oder der Optimismus (1759) mit dem vielleicht universellen Prinzip abschließt: ‚Das Glück ist mit den Fleißigen‘. Weiß man ja eigentlich.

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