„Weg vom Geist“ oder „ohne Geist“ - so lässt sich der Begriff „Demenz“ aus dem Lateinischen übersetzen. Diese Übersetzung beschreibt auch das Hauptmerkmal der Demenzerkrankung: Der fortschreitende Verlust der geistigen Fähigkeiten. Demenz ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom, das durch verschiedene Erkrankungen ausgelöst werden kann.
Was ist Demenz?
Demenz ist gekennzeichnet durch einen fortschreitenden Verlust geistiger Fähigkeiten, der über das normale Maß der Alterserscheinungen hinausgeht. Betroffene haben zunehmend Schwierigkeiten, sich in ihrem Alltag zurechtzufinden, vertraute Tätigkeiten auszuüben und für sich selbst zu sorgen.
Ursachen von Demenz
Es gibt viele verschiedene Demenzformen, wobei die Alzheimer-Krankheit die bekannteste ist. Schätzungen zufolge ist die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von circa 60 bis 65 Prozent die häufigste irreversible Demenzform. Mit etwa 20 bis 30 Prozent folgen die gefäßbedingten („vaskulären“) Demenzen. Bei etwa 15 Prozent liegt eine Kombination beider Demenzformen vor.
Alzheimer-Demenz
Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, bei der Nervenzellen irreversibel zerstört werden. Die Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht, jedoch sind bestimmte Veränderungen im Gehirn bekannt, die bei Alzheimer-Patienten auftreten:
- Absterben von Nervenzellen und Zerstörung ihrer Verbindungen
- Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques bzw. Fibrillen)
- Verminderung des Botenstoffs Acetylcholin
Genetische Faktoren spielen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle eine Rolle. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Neben nicht veränderbaren Faktoren beeinflussen auch Verhaltensweisen und Lebensumstände das Erkrankungsrisiko:
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- Körperliche Inaktivität
- Unausgewogene Ernährung
- Geistige Inaktivität
- Soziale Isolation
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- Rauchen
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Diabetes
- Schwere Kopfverletzungen
- Infektionen
- Depression
- Chronischer Stress
- Hör- oder Sehminderung
- Erhöhte Cholesterinwerte
Vaskuläre Demenz
Bei gefäßbedingten Demenzen kommt es durch Durchblutungsstörungen im Gehirn zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form ist die Multiinfarktdemenz, bei der wiederholte kleine Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen führen. Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Demenz, oft treten jedoch zusätzlich körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen oder neurologische Auffälligkeiten auf.
Weitere Demenzformen
- Frontotemporale Demenz: Hierbei kommt es zum Verlust von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns. Dies führt vor allem zu Veränderungen der Persönlichkeit und des sozialen Verhaltens.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Charakteristisch sind Bewegungsstörungen (Parkinson-Symptome), eine schwankende geistige Leistungsfähigkeit und visuelle Halluzinationen.
- Parkinson-Demenz: Im Zusammenhang mit Parkinson entwickelt sich bei 30 bis 40 Prozent der Betroffenen eine Demenz.
- Gemischte Demenz: Mischform zwischen Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz.
- Sekundäre Demenzen: Werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch (Korsakow-Demenz) oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst.
Symptome von Demenz
Die Symptome einer Demenz sind vielfältig und können je nach Form und Stadium der Erkrankung unterschiedlich sein.
Frühstadium
- Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit sind gestört
- Leichte Gedächtnislücken
- Stimmungsschwankungen
- Abnehmende Lern- und Reaktionsfähigkeit
- Sprachschwierigkeiten (einfachere Wörter, kürzere Sätze, Stocken im Satz)
- Örtliche und zeitliche Orientierungsstörungen
- Versuche, Defizite zu verbergen
Mittleres Stadium
- Deutliche Gedächtnisprobleme
- Starke Beeinträchtigung der räumlichen und zeitlichen Orientierung
- Wesensveränderungen
- Eingeschränkte Sprach- und Bewegungsfähigkeit
- Verlust des Realitätsbezugs
- Zunehmende Abhängigkeit von Hilfe im Alltag
Spätstadium
- Vollständige Abhängigkeit von Pflege und Betreuung
- Verlust der Fähigkeit, Familienmitglieder zu erkennen
- Unverständliche Sprache
- Körperliche Symptome (Gehschwäche, Schluckstörungen, Inkontinenz)
- Bettlägerigkeit
- Erhöhte Infektionsgefahr
Diagnose von Demenz
Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen. Folgende Schritte sind bei der Diagnosestellung von Demenz üblich:
- Anamnese (Patientengespräch): Erhebung der Krankheitsgeschichte und der aktuellen Symptome.
- Körperliche Untersuchung: Überprüfung von Reflexen, Koordination, Gedächtnisleistung, Sprache und Orientierung.
- Kognitive Tests: Messung der geistigen Leistungsfähigkeit mit standardisierten Fragebögen (z. B. MMST).
- Bildgebende Verfahren: Kernspin- oder Computertomografie (MRT, CT) des Gehirns, um Veränderungen im Gehirn sichtbar zu machen.
- Nervenwasseruntersuchung (Lumbalpunktion): Entnahme und Untersuchung des Nervenwassers auf Entzündungszellen oder demenztypische Eiweiße.
- Ultraschalluntersuchungen: Feststellung, ob die Blutgefäße verschlossen sind oder ob der Blutfluss zum Gehirn beeinträchtigt ist.
- PET: Darstellung bestimmter Funktionsprozesse des Gehirns, wie der Stoffwechsel von Sauerstoff und Zucker.
Prävention von Demenz
Demenzerkrankungen lassen sich nicht immer verhindern, aber das Risiko kann durch einen gesunden Lebensstil deutlich reduziert werden. Forschende haben 12 Faktoren ausfindig gemacht, die vorbeugend wirksam sein können gegen das Vergessen:
- Bildung: Sorgen Sie für eine gute Bildung in jungen Jahren.
- Hörgesundheit: Vermeiden Sie unbehandelte Schwerhörigkeit.
- Kopfschutz: Schützen Sie Ihren Kopf vor Verletzungen.
- Blutdruck: Achten Sie auf einen gesunden Blutdruck.
- Alkoholkonsum: Konsumieren Sie Alkohol nur in Maßen.
- Gewicht: Vermeiden Sie Übergewicht (Adipositas).
- Rauchverzicht: Rauchen Sie nicht.
- Psychische Gesundheit: Beugen Sie Depressionen vor.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und vermeiden Sie Isolation.
- Bewegung: Bewegen Sie sich regelmäßig.
- Luftqualität: Achten Sie auf saubere Luft.
- Diabetes: Vermeiden oder behandeln Sie Diabetes.
Diese Faktoren sind teilweise bereits im mittleren Lebensalter wirksam (2-6), während andere in jedem Lebensalter zur Risikoreduktion beitragen können (7-12).
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Weitere Empfehlungen zur Prävention
- Geistige Aktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig heraus (z. B. durch Lesen, Gedächtnistraining, das Erlernen neuer Fähigkeiten).
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren.
- Stressbewältigung: Lernen Sie, mit Stress umzugehen (z. B. durch Entspannungsübungen, Yoga, Meditation).
- Ausreichend Schlaf: Sorgen Sie für ausreichend Schlaf.
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Lassen Sie regelmäßig Ihren Blutdruck, Blutzucker und Cholesterinwerte überprüfen.
Behandlung von Demenz
Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson-Demenz und Vaskuläre Demenz sind bis heute leider nicht heilbar. Die Behandlung von Demenz zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage:
Medikamentöse Therapie
- Acetylcholinesterase-Hemmer: Können den Krankheitsverlauf bei Alzheimer-Demenz verzögern.
- Weitere Medikamente: Zur Behandlung von Begleiterscheinungen wie Depressionen, Angstzuständen, Schlafstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Ergotherapie: Hilft Betroffenen, ihre Alltagskompetenzen zu erhalten oder wiederzuerlangen.
- Physiotherapie: Fördert die Beweglichkeit und Koordination.
- Logopädie: Verbessert die Sprach- und Schluckfähigkeit.
- Musiktherapie: Kann die Stimmung verbessern und die Kommunikation fördern.
- Kunsttherapie: Bietet eine Möglichkeit, sich nonverbal auszudrücken.
- Realitätsorientierungstraining (ROT): Hilft Betroffenen, sich in der Realität zurechtzufinden.
- Gedächtnistraining: Fördert die kognitiven Fähigkeiten.
- Validation: Wertschätzender Umgang mit den Gefühlen und Bedürfnissen der Betroffenen.
- Tiergestützte Therapie: Der Kontakt zu Tieren kann beruhigend wirken und die soziale Interaktion fördern.
- Aromatherapie: Der Einsatz von ätherischen Ölen kann die Stimmung verbessern und die Entspannung fördern.
- Lichttherapie: Kann bei Schlafstörungen und Depressionen helfen.
- Beschäftigungstherapie: Aktivierung und Förderung der geistigen und körperlichen Fähigkeiten durch gezielte Aktivitäten.
Unterstützung für Angehörige
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung. Angehörige benötigen daher Unterstützung und Entlastung. Es gibt verschiedene Angebote, die Angehörigen helfen können:
- Beratungsstellen: Bieten Informationen und Unterstützung zu allen Fragen rund um das Thema Demenz.
- Selbsthilfegruppen: Bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.
- Pflegekurse: Vermitteln Wissen und praktische Fähigkeiten für die Pflege von Menschen mit Demenz.
- Tagespflege: Bietet eine stundenweise Betreuung von Menschen mit Demenz.
- Kurzzeitpflege: Ermöglicht eine vorübergehende Betreuung von Menschen mit Demenz.
- Ambulante Pflegedienste: Bieten Unterstützung im Alltag.
- Betreuungsgruppen: Bieten Menschen mit Demenz eine Möglichkeit, sich zu treffen und gemeinsam aktiv zu sein.
Leben mit Demenz
Eine Demenzerkrankung verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen grundlegend. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und sich auf die Veränderungen vorzubereiten.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz
- Kommunikation: Sprechen Sie langsam und deutlich, verwenden Sie einfache Sätze und stellen Sie konkrete Fragen.
- Orientierung: Schaffen Sie eine vertraute Umgebung mit klaren Strukturen und Routinen.
- Sicherheit: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung, in der sich die Betroffenen nicht verletzen können.
- Wertschätzung: Behandeln Sie die Betroffenen mit Respekt und Würde.
- Geduld: Haben Sie Geduld und Verständnis für die Schwierigkeiten der Betroffenen.
- Aktivitäten: Bieten Sie den Betroffenen altersgerechte und ihren Fähigkeiten entsprechende Aktivitäten an.
- Humor: Lachen Sie gemeinsam und bewahren Sie sich den Humor.
Demenzgerechte Umgebung
Eine demenzgerechte Umgebung kann den Alltag von Menschen mit Demenz erleichtern:
- Klare Beschilderung: Beschildern Sie Räume und Gegenstände deutlich.
- Gute Beleuchtung: Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung, um die Orientierung zu erleichtern.
- Vertraute Gegenstände: Stellen Sie vertraute Gegenstände auf, die Erinnerungen wecken.
- Sichere Umgebung: Entfernen Sie Stolperfallen und sichern Sie gefährliche Gegenstände.
- Ruhige Umgebung: Vermeiden Sie Lärm und Ablenkungen.
- Kontraste: Verwenden Sie starke Kontraste, um die Wahrnehmung zu erleichtern.
- Farben: Setzen Sie Farben gezielt ein, um die Orientierung zu fördern.
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