Malen mit Senioren und Menschen mit Demenz: Eine Anleitung

Kreatives Malen ist eine wertvolle Möglichkeit für Senioren, sich auszudrücken und gleichzeitig ihre motorischen und kognitiven Fähigkeiten zu trainieren. Gerade für Menschen mit Demenz kann das Malen eine besondere Bereicherung sein. Es ermöglicht ihnen, Erinnerungen zu aktivieren, Emotionen auszudrücken und ein Gefühl von Selbstwirksamkeit zu erleben. Dieser Artikel bietet eine umfassende Anleitung zum Malen mit Senioren und Menschen mit Demenz, inklusive praktischer Tipps und Anregungen.

Einführung

Die Diagnose Demenz stellt Betroffene und Angehörige vor große Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, den Alltag von Menschen mit Demenz aktiv und sinnvoll zu gestalten. Kreative Beschäftigungen wie das Malen können hier eine wertvolle Rolle spielen. Sie bieten nicht nur eine sinnvolle Tätigkeit, sondern fördern auch das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität.

Warum Malen mit Senioren und Menschen mit Demenz?

  • Förderung der kognitiven Fähigkeiten: Malen regt die Denkleistung an, da Planung, Vorstellungskraft und Feinmotorik gefördert werden. Studien belegen, dass regelmäßiges Rätseln das geistige Alter um bis zu zehn Jahre verjüngen kann.
  • Aktivierung von Erinnerungen: Farben und Formen können Erinnerungen ansprechen, die im Gedächtnis verborgen liegen. Bekannte Motive fördern die Aufmerksamkeit und erhöhen die Motivation, sich kreativ zu betätigen.
  • Ausdruck von Emotionen: Malen ermöglicht es, Gefühle auszudrücken, ohne Worte finden zu müssen. Dies ist besonders für Menschen mit Demenz hilfreich, deren sprachliche Fähigkeiten eingeschränkt sein können.
  • Steigerung des Selbstwertgefühls: Das kreative Schaffen eines eigenen Kunstwerks vermittelt ein Gefühl von Stolz und Selbstwirksamkeit. Ein Bild ist immer ein Erfolg, den man zeigen und auf den man stolz sein kann.
  • Förderung der sozialen Interaktion: Malen in der Gruppe fördert das soziale Miteinander und beugt Isolation vor. Die Teilnehmenden erleben sich als Teil einer Gemeinschaft.
  • Entspannung und Stressabbau: Malen kann eine beruhigende Wirkung haben und Stress reduzieren. Die entspannte Atmosphäre im kreativen Umfeld wirkt sich positiv auf das Verhalten aus.

Materialien und Vorbereitung

Die Wahl der richtigen Materialien ist entscheidend für den Erfolg der Malaktivitäten. Hier einige Empfehlungen:

  • Farben: Aquarellfarben, Acrylfarben, Ölfarben, Pastellkreiden, Wachsmalkreiden, Fingerfarben. Aquarellfarben werden oft als besonders beruhigend empfunden, während Fingerfarben und Wachsmalkreiden sich gut für Menschen mit eingeschränkten motorischen Fähigkeiten eignen.
  • Malgründe: Papier, Leinwand, Pappe. Es ist ratsam, auf eine ausreichende Größe zu achten, um Frustrationen zu vermeiden.
  • Pinsel und Malwerkzeuge: Pinsel in verschiedenen Größen, Schwämme, Malmesser. Dicke Malkreiden oder Filzstifte liegen oft besser in der Hand als dünne Bleistifte.
  • Sonstiges: Wasserbehälter, Lappen, Malkittel oder Schürzen, Abdeckmaterial für den Tisch.
  • Inspiration: Fotos, Postkarten, Naturmaterialien als Anregung.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

  1. Vorbereitung: Schaffen Sie eine ruhige und angenehme Atmosphäre. Sorgen Sie für ausreichend Licht und eine bequeme Sitzgelegenheit. Legen Sie alle benötigten Materialien bereit.
  2. Begrüßung und Einstimmung: Beginnen Sie mit einer Begrüßungsrunde und einem kleinen Aufwärmritual. Lesen Sie ein Gedicht, einen Vers oder einen Spruch vor. Spielen Sie bekannte Lieder, die der Person gefallen.
  3. Themenfindung: Schlagen Sie ein Thema vor oder lassen Sie die Senioren selbst Ideen einbringen. Mögliche Themen sind Jahreszeiten, Natur, Erinnerungen an die Kindheit oder Haustiere.
  4. Kreative Phase: Lassen Sie die Senioren frei malen und gestalten. Greifen Sie helfend ein, wo nötig, bleiben Sie aber im Hintergrund, um die Eigeninitiative nicht zu stören. Es gibt kein Richtig oder Falsch in der Kunst.
  5. Abschluss und Besprechung: Zeigen Sie die entstandenen Werke in der Runde und besprechen Sie sie. Vermeiden Sie kritische Beurteilungen. Im Vordergrund steht die Freude an den unterschiedlichen Ergebnissen.
  6. Ausstellung: Hängen Sie die Bilder in den Flur oder veranstalten Sie eine kleine Ausstellung, um den Senioren noch mehr Wertschätzung zu zeigen.

Tipps und Anregungen

  • Individuelle Anpassung: Passen Sie die Aktivität an die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Senioren an. Berücksichtigen Sie motorische Einschränkungen und kognitive Fähigkeiten.
  • Positive Verstärkung: Loben Sie jeden noch so kleinen Fortschritt. Freuen Sie sich über das gemeinsame Erlebnis, auch wenn das Bild abstrakt oder simpel ausfällt.
  • Flexibilität: Seien Sie flexibel und passen Sie die Aktivität bei Bedarf an. Nicht jeder Tag ist gleich. Vielleicht klappt es morgen besser.
  • Biografiearbeit: Nutzen Sie die Malaktivität, um Erinnerungen zu wecken und biografische Gespräche anzuregen. Stellen Sie konkrete Fragen zur Kindheit oder Jugend der Senioren.
  • Sinnesreize: Setzen Sie Sinnesreize ein, um die Kreativität anzuregen. Verwenden Sie haptische Reize, Aromen, Klänge und Farben.
  • Entspannungsübungen: Begleiten Sie das Ausmalen mit ruhiger, entspannender Musik oder einer Entspannungsgeschichte.
  • Jahreszeitliche Themen: Nutzen Sie den Wechsel der Jahreszeiten als Anlass, um passende Dekoration zu basteln. Bringen Sie dafür ein paar Dinge aus der Natur mit (Tannenzapfen, Blumen, Kastanien usw.).
  • Gesellschaftsspiele: Integrieren Sie Gesellschaftsspiele in den Seniorennachmittag. Beliebte Spiele sind Kartenspiele, Brettspiele und Gruppenspiele, die die Kommunikation fördern und soziale Bindungen stärken.
  • Hörbücher: Nutzen Sie Hörbücher als eine wertvolle Beschäftigung, besonders wenn das Lesen durch nachlassende Sehkraft erschwert wird. Das gemeinsame Hören von Geschichten schafft besondere Momente der Verbundenheit.
  • Bewegung: Integrieren Sie regelmäßige Bewegung in den Alltag. Sitzgymnastik bietet eine sichere und effektive Beschäftigung für Senioren.
  • Handmassage: Bieten Sie eine sanfte Handmassage an, um die Entspannung zu fördern und das emotionale Wohlbefinden zu verbessern.
  • Naturbeobachtung: Nutzen Sie die Naturbeobachtung als eine Möglichkeit, mit der Außenwelt in Verbindung zu bleiben. Die Vogelbeobachtung stellt eine barrierefreie Aktivität dar, die sich perfekt an verschiedene Mobilitätsstufen anpassen lässt.
  • Generationenübergreifende Aktivitäten: Fördern Sie den Austausch zwischen den Generationen, um Wissen und Erfahrungen zu verbinden.

Beispiele für Malvorlagen und Bilderrätsel

  • Volkslieder: Alle Vögel sind schon da, Das Wandern ist des Müllers Lust, Die Vogelhochzeit, Häschen in der Grube, Es tönen die Lieder, Kommt ein Vogel geflogen, Winter Ade.
  • Sprichwörter und Redewendungen: Wo gehobelt wird, da fallen Späne, In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot, Das Hemd ist einem näher als die Hose, Pech im Spiel, Glück in der Liebe, Die Zeit heilt alle Wunden, Liebe macht blind, Wer A sagt, muss auch B sagen, Die Katze aus dem Sack lassen, Auf jeden Topf passt ein Deckel, Die Ratten verlassen das sinkende Schiff, Mit Speck fängt man Mäuse, Der frühe Vogel fängt den Wurm, Das schlägt dem Fass den Boden aus, Lügen haben kurze Beine, Lachen ist die beste Medizin, Die Katze im Sack kaufen, Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, Das macht den Kohl auch nicht fett, Im Wein liegt die Wahrheit, In der Not frisst der Teufel fliegen, Viele Köche verderben den Brei, Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen, Den Nagel auf den Kopf treffen, Hunde die bellen, beißen nicht, Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn, Der Fisch stinkt vom Kopf.
  • Gegenstände aus alten Zeiten: Taschenuhr, Kaffeemühle, altes Telefon.
  • Weihnachtsmotive: Alle Jahre wieder, Morgen kommt der Weihnachtsmann, Es kommt ein Schiff geladen, Ihr Kinderlein kommet, Schneeflöcken, Weißröckchen, Süßer die Glocken nie klingen, Maria durch ein Dornwald ging, Leise rieselt der Schnee.
  • Mandalas: Mandala Taube, Mandala Schmetterling.

Weitere kreative Beschäftigungsmöglichkeiten

  • Basteln: Schneemann-Girlande, Windlicht, Blumenstecker Biene, Blumenstrauß.
  • Handarbeit: Häkeln, Stricken, Sticken, Basteln mit Papier.
  • Spiele: Memory, Puzzles, Kartenspiele, Würfelspiele.
  • Musik: Singen, Musizieren, Tanzen, Musikhören.
  • Vorlesen: Bücher mit kurzen, einfachen und positiven Geschichten.
  • Erinnerungsalben: Sammeln von Fotos und Erinnerungsstücken.
  • Kochen und Backen: Gemeinsames Zubereiten von Mahlzeiten und Kuchen.
  • Gartenarbeit: Pflanzen und Pflegen von Blumen und Gemüse.

Kunsttherapie als professionelle Unterstützung

Die Kunsttherapie ist eine Therapieform, die mit kreativen Anregungen arbeitet. Sie geht davon aus, dass der kreative Ausdruck einer Person Hinweise auf seinen Zustand beinhaltet und dass der Mensch durch seine eigene Kreativität auf Lösungen für seine Probleme stößt. Die Anleitung zu dieser Kreativität muss von einem künstlerisch veranlagten Therapeuten kommen, der psychologische Kenntnisse hat.

Durch die Kunsttherapie können alte Menschen an verborgene Fähigkeiten herangeführt werden, die zu Erfolgserlebnissen im Alltag führen. Wohlbefinden und die Erfüllung heimlicher Wünsche und die Stärkung des Selbstwertgefühls können gefördert werden. Menschen, für die eine Bewältigung vergangener Krisen ansteht, können im kreativen Prozess Vergebung finden und Frieden schließen, ohne ihre Seele „auszupacken“. Kunsttherapeutische Prozesse können zu der in der Sozialtherapie mit Alten erwünschten Biografiearbeit beitragen, viele Ressourcen im verbalen und nonverbalen Bereich wecken und körperliche Fähigkeiten stärken.

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