Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt, sind nicht nur eine Bedrohung für das Herz, sondern stehen auch in engem Zusammenhang mit der Gesundheit des Gehirns. Neueste Forschungsergebnisse belegen, dass Herzerkrankungen das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz erhöhen können. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Herzerkrankungen und Demenz, stellt aktuelle Studienergebnisse vor und zeigt Möglichkeiten zur Prävention auf.
Herzinsuffizienz und kognitiver Abbau
Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, beeinträchtigt die Pumpleistung des Herzens und führt zu einer unzureichenden Versorgung lebenswichtiger Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen. „Es ist hinlänglich bekannt, dass Herzinsuffizienz mit kognitivem Abbau einhergeht“, so die American Heart Association (AHA). Schätzungen zufolge leidet rund jeder zweite Herzinsuffizienz-Patient unter kognitiven Beeinträchtigungen, die sich auf Sprache, Gedächtnis und exekutive Funktionen auswirken. Bei schwereren Formen der Herzinsuffizienz ist die Rate kognitiver Probleme noch höher.
Herzinsuffizienz kann auf verschiedene Arten zu Hirnschädigungen führen, unter anderem durch eine schlechte Durchblutung des Gehirns, die Mini-Schlaganfälle auslösen kann. Chronische Entzündungen können ebenfalls zur Schädigung beitragen. Hirnveränderungen wie eine Verringerung des Volumens der grauen Substanz und/oder eine Schädigung der weißen Substanz sind bei Herzinsuffizienz häufig und tragen zu einer verminderten Hirnfunktion bei.
Vorhofflimmern und erhöhtes Demenzrisiko
Vorhofflimmern ist die häufigste Form einer Herzrhythmusstörung, von der in Deutschland schätzungsweise 1,5 bis 2 Millionen Menschen betroffen sind. Obwohl Vorhofflimmern nicht akut lebensbedrohlich ist, erhöht es das Risiko für Schlaganfälle und Herzinsuffizienz. Studien deuten darauf hin, dass Vorhofflimmern das Risiko für kognitive Probleme um bis zu 39 Prozent erhöhen kann.
Beim Vorhofflimmern schlägt das Herz unregelmäßig und oft zu schnell, wodurch weniger Blut in den Körper gepumpt wird. Vorhofflimmern kann den Blutfluss zu wichtigen Hirnarealen hemmen und systemische Entzündungen fördern, ähnlich wie bei Alzheimer. Eine wirksame Behandlung von Vorhofflimmern, einschließlich der Verwendung von gerinnungshemmenden Medikamenten, Rhythmuskontrolle oder Katheterablation, kann das Risiko eines kognitiven Abbaus verringern.
Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick
Koronare Herzkrankheit (KHK) und Demenzrisiko
Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist durch eine zunehmende Verengung der Herzkranzgefäße gekennzeichnet, die den Blutfluss behindert und zu einem Herzinfarkt führen kann. Auslöser ist in den meisten Fällen Arteriosklerose, die zu Gefäßablagerungen und Entzündungen an den Gefäßwänden führt. Menschen mit KHK haben ein höheres Demenzrisiko als Menschen ohne KHK. Studien haben gezeigt, dass ein daraus resultierender Herzinfarkt zu kognitiven Einbußen führen kann.
Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes, die häufig mit KHK einhergehen, verursachen Entzündungen, die die Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigen und den Blutfluss zum Gehirn verringern können. Herzkrankheiten stehen auch mit Erkrankungen der kleinen Gefäße im Gehirn in Verbindung, was ebenfalls zu verringertem Blutfluss im Gehirn führt und so kognitiven Abbau und Demenz begünstigt - ähnlich wie bei Alzheimer-Patienten.
Eine Studie wertete die Daten von 432.667 Teilnehmenden aus der United Kingdom (UK) Biobank aus. Im Schnitt waren die Teilnehmenden 57 Jahre alt und bei 50.685 Personen wurde zuvor eine KHK diagnostiziert. Die Forschenden stellten über einen Beobachtungszeitraum von fast 13 Jahren fest, dass eine KHK das Demenzrisiko deutlich erhöht. Zusätzlich stellten die Forschenden fest, dass Menschen mit einer KHK-Diagnose vor dem 45. Lebensjahr besonders gefährdet sind, an Demenz zu erkranken. Bei diesen Personen war das Risiko einer späteren Demenzerkrankung um 71 Prozent erhöht.
Gürtelrose (Herpes zoster) und Demenzrisiko
Herpes zoster (HZ), besser bekannt als Gürtelrose, ist eine weit verbreitete Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird. Nach einer Windpockeninfektion verbleiben die Viren lebenslang in den Nervenzellen und können bei einer Schwächung des Immunsystems reaktiviert werden. Neben den akuten Symptomen ist HZ auch mit einem zeitabhängig erhöhten Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) wie Schlaganfall und Myokardinfarkt assoziiert.
Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass die HZ-Impfung das Demenzrisiko senken kann. Eine kürzlich in Nature veröffentlichte Studie aus Wales untersuchte, ob die HZ-Lebendimpfung das Demenzrisiko reduziert. Die Studienpopulation bestand insgesamt aus 282.541 Erwachsenen (zwischen 1.09.1925 und 01.09.1942 geboren). Während der 7-jährigen Follow-up-Dauer senkte die HZ-Impfung das Risiko einer neuen Demenz-Diagnose signifikant um 3,5 %, was einer relativen Risiko-Reduktion von 20,0 % entsprach. Eine australische Studie mit ähnlichem Design bestätigte jetzt die Daten aus Wales.
Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz
In den USA wurde die HZ-Impfung im Jahr 2017 vom Lebendimpfstoff auf einen rekombinanten Totimpfstoff umgestellt. Eine Studie untersuchte das Demenzrisiko nach Lebend- vs. Totimpfung über 6 Jahre anhand von 2 adjustierten Kohorten mit jeweils mehr als 100.000 Personen. Der rekombinante Totimpfstoff senkte das Demenz-Risiko gegenüber der Lebendimpfung signifikant um 17 %, was durchschnittlich 164 zusätzlichen Tagen ohne Demenz entsprach. Dieser protektive Effekt war bei Frauen ebenfalls stärker ausgeprägt als bei Männern (222 vs. 106 Tage).
Der Nutzen der HZ-Impfung wurde in 4 Studien aus Wales, Australien und den USA nachgewiesen. Darüber hinaus zeigten 3 Studien aus Wales, Australien und den USA übereinstimmend, dass HZ-Impfungen auch das Risiko für Demenz signifikant senkten (um rund 20 %), wobei der Totimpfstoff gegenüber dem Lebendimpfstoff besser abschnitt. Interessanterweise war der Schutz vor Demenz bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern.
In Deutschland wird die HZ-Impfung mit dem rekombinanten Totimpfstoff seit 2018 für alle Personen ab 60 Jahren sowie für Risikopersonen ab 50 Jahren empfohlen. Die neuen Studiendaten sollten daher Anlass geben, einerseits die Anstrengungen zur Erhöhung der Impfquoten zu intensivieren, und andererseits über eine Ausweitung der Impfempfehlungen für jüngere Altersgruppen nachzudenken.
Präventionsstrategien zur Senkung des Demenzrisikos
Neben genetischen Faktoren gibt es viele beeinflussbare Risikofaktoren, die Demenzerkrankungen wie Alzheimer begünstigen. Neben dem Alter gibt es viele Risikofaktoren, die Demenzerkrankungen wie Alzheimer begünstigen. Allein in Deutschland leiden derzeit 1,8 Millionen Menschen an einer Demenz. Wer sein Demenzrisiko senken will, kann einiges dafür tun:
- Was gut für Ihr Herz ist, ist auch gut für Ihr Gehirn: Achten Sie auf eine herzgesunde Lebensweise, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.
- Lernen Sie Neues - auch im Alter: Das hält Ihr Gehirn auf Trab.
- Orientieren Sie sich an der klassischen mediterranen Ernährung: Essen Sie viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Nüsse.
- Soziale Interaktion: Aktivitäten in der Gruppe machen mehr Spaß und fordern Ihre grauen Zellen.
- Gewichtskontrolle: Achten Sie darauf, dass Sie nicht zu viele Kilos auf die Waage bringen.
- Nichtrauchen: Rauchen schadet auch Ihrem Gehirn.
- Regelmäßige Blutdruckkontrolle: Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren und behandeln Sie einen erhöhten Blutdruck konsequent. Studien haben gezeigt, dass eine medikamentöse Blutdrucksenkung das Demenz-Risiko verringern kann.
- Blutzuckerkontrolle: Behalten Sie Ihren Blutzuckerspiegel im Blick.
- Psychische Gesundheit: Sorgen Sie gut für sich. Bei längerer Antriebslosigkeit oder Niedergeschlagenheit sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
- Hörgesundheit: Nehmen Sie es ernst, wenn Sie merken, dass Sie schlechter hören.
Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz
tags: #Demenzrisiko #nach #Herzinfarkt