Demenz nach Sturz auf den Kopf: Ursachen, Symptome und Behandlung

Ein Sturz, ein Verkehrsunfall oder ein Schlag gegen den Kopf - jedes Jahr erleiden viele Menschen ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT). Besonders häufig trifft es junge, aktive Menschen, aber auch ältere Menschen sind durch Stürze gefährdet. Oft geht es vergleichsweise glimpflich aus - bei einer Gehirnerschütterung reichen ein paar Tage Ruhe, und die Sache scheint ausgestanden. Doch selbst in solchen Fällen können die Langzeitfolgen gravierend sein: Das Risiko, später an Alzheimer oder anderen Demenzen zu erkranken, steigt. Wie sehr, hängt von der Schwere und der Häufigkeit der Verletzungen ab. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Demenz nach einem Schädel-Hirn-Trauma.

Was ist Demenz nach einem Schädel-Hirn-Trauma?

Demenz durch traumatische Hirnverletzungen (TBI) tritt auf, wenn wiederholte oder schwere Kopfverletzungen zu einer langfristigen Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen führen. Ein typisches Beispiel für diese Art von Demenz ist die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE), die bei Menschen beobachtet wird, die über Jahre hinweg wiederholt Kopfverletzungen erlitten haben.

Wissenschaftler haben Daten von Millionen von Patienten ausgewertet und festgestellt, dass selbst leichte Traumata mit einem deutlich höheren Risiko für Demenz einhergehen. Nach einem einzigen gravierenden Trauma steigt das Demenzrisiko um einen bestimmten Prozentsatz, nach einer Gehirnerschütterung um einen geringeren Prozentsatz. Mit häufigeren Verletzungen steigt das Risiko rasant. Wer bereits ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat, sollte alles dafür tun, weitere Hirnverletzungen zu vermeiden. In vielen Sportarten können Helme vor leichten und schweren Kopfverletzungen schützen.

Ursachen von Demenz nach Sturz auf den Kopf

Die genauen Ursachen und Mechanismen der Demenz nach TBI sind komplex und können je nach Art und Schwere der Verletzung variieren. TBI kann zu einer Vielzahl von neuropathologischen Veränderungen im Gehirn führen, einschließlich neuronaler Degeneration, axonaler Schädigung, Entzündung und der Bildung von Tau-Proteinen und Amyloid-Ablagerungen.

Ein Risikofaktor für die Entstehung von Demenz nach Kopfverletzungen ist das Gen namens Apolipoprotein E4 (ApoE4). Es erhöht auch das Alzheimer-Risiko, weshalb die genauen Ursachen noch weiter untersucht werden müssen.

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Chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE)

Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit Demenz nach Kopfverletzungen ist die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE). CTE ist eine degenerative Hirnerkrankung, die durch wiederholte Schläge gegen den Kopf verursacht wird. Sie ist auch unter den Namen Dementia pugilistica oder „Boxerdemenz“ bekannt. Im Gehirn der Betroffenen sieht man Veränderungen in der weißen Substanz des Gehirns, die an die Alzheimer-Krankheit erinnern. Es kommt zu schädlichen Ablagerungen des Proteins Tau. Außerdem nimmt das Hirnvolumen ab.

Wie Kopfverletzungen das Gehirn schädigen

Bei einer Kopfverletzung wird das Gehirn durch die schnelle Beschleunigung des Kopfes gegen die Schädelknochen gepresst. Dabei können die empfindlichen Fortsätze der Nervenzellen im Gehirn beschädigt werden. Diese Fortsätze, auch Axone genannt, leiten Impulse an andere Nervenzellen weiter und sorgen so für die Informationsverarbeitung im Gehirn. Werden diese Axone geschädigt, wird das so genannte Tau-Protein freigesetzt, das zu schädlichen Ablagerungen verklumpt. Diese Tau-Ablagerungen setzen einen Prozess in Gang, der zum allmählichen Absterben der Nervenzellen führen kann.

Risikogruppen

Besonders gefährdet sind Sportlerinnen und Sportler, die Kontaktsportarten betreiben, also Sportarten, bei denen es häufig zu Schlägen oder Stürzen kommt. Typisch hierfür sind American Football, Rugby, Fußball, Boxen, Eishockey oder Martial Arts. Auch Kopfverletzungen durch einen Sturz mit dem Fahrrad oder einen Verkehrsunfall können das Erkrankungsrisiko erhöhen.

Symptome der Demenz nach TBI

Die Symptome der Demenz durch traumatische Hirnverletzungen können eine Vielzahl von kognitiven, emotionalen und Verhaltenssymptomen umfassen. Sie können je nach Schwere der Verletzung variieren.

  • Kognitive Symptome: Gedächtnisstörungen, Probleme mit der Aufmerksamkeit und Konzentration, langsame Verarbeitungsgeschwindigkeit und Probleme mit dem logischen Denken und der Problemlösung.
  • Emotionale Symptome: Depressionen, Angstzustände, Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen.
  • Verhaltenssymptome: Impulsivität, Aggression, soziale Inkompetenz und mangelnde Hemmung.

Symptome und Verlauf der Chronisch Traumatischen Enzephalopathie

Symptome und Verlauf der Chronisch Traumatischen Enzephalopathie können sehr unterschiedlich sein. Wie die meisten Demenzerkrankungen beginnt CTE zunächst schleichend mit leichten kognitiven Einschränkungen, die in klinischen Tests bereits messbar sind, das Alltagsleben jedoch nicht wesentlich beeinträchtigen. Diese Phase dauert rund ein bis vier Jahre und wird auch als "Mild Cognitive Impairment (MCI)" bezeichnet. Die Krankheitszeichen ähneln denen anderer neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, Frontotemporale Demenz und Parkinson. Menschen mit CTE können psychische, motorische und geistige Störungen entwickeln.

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Typisch für CTE sind Verhaltensauffälligkeiten und psychische Probleme, bei manchen Menschen stehen auch kognitive Defizite im Vordergrund. Auch wenn der Verlauf individuell sehr unterschiedlich ist, kann man grob zwischen vier Krankheitsphasen unterscheiden:

  • Phase 1: Die CTE beginnt mit Symptomen, die zunächst oft nicht mit einer beginnenden Demenz in Verbindung gebracht werden, wie leichte Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen, Kopfschmerzen und leichte depressive Verstimmungen.
  • Phase 2: Mit der Zeit verschlechtert sich der Zustand und wird zunehmend zu einer psychischen Belastung. Typisch für die zweite Phase sind starke Stimmungsschwankungen, Verhaltensauffälligkeiten und schwere depressive Symptome.
  • Phase 3: Die kognitiven Störungen nehmen deutlich zu. Es treten weitere Symptome auf, wie die Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses, Probleme beim Planen, Organisieren und Handeln, Störungen der visuellen und räumlichen Wahrnehmung sowie Apathie.
  • Phase 4: Starke dementielle Symptome und Gedächtnisverlust treten auf. Auch die motorischen Defizite nehmen zu. Es treten Sprachstörungen und psychotische Symptome einschließlich Paranoia auf.

Diagnose von Demenz nach TBI

Die Diagnose einer CTE ist noch schwierig. Es gibt keinen Biomarker, der die Chronisch Traumatische Enzephalopathie zweifelsfrei nachweisen kann, also zum Beispiel einen bestimmten Blutwert oder ein verändertes Gewebe. Neuropsychologische Tests für Gedächtnis, Aufmerksamkeit und komplexere Hirnfunktionen geben Aufschluss über Art und Schwere der geistigen Defizite. Auch eine Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) auf bestimmte Proteine kann einen Hinweis auf die Erkrankung geben.

Bei Wesensveränderungen, rasch voranschreitender Demenz oder andauernden Kopfschmerzen empfehlen Experten eine bildgebende Untersuchung des Schädels, um ein Subduralhämatom zu erkennen.

Behandlung von Demenz nach TBI

Der Verlauf der Demenz durch traumatische Hirnverletzungen kann variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art und Schwere der Verletzung, das Alter zum Zeitpunkt der Verletzung und die individuellen genetischen und neurologischen Faktoren. In einigen Fällen können die Symptome schnell fortschreiten, während sie in anderen Fällen langsamer verlaufen können. Der Verlauf kann auch durch Behandlungen und Therapien beeinflusst werden, die darauf abzielen, die Symptome zu lindern und die neurologische Funktion zu verbessern.

Die Behandlung der Demenz durch traumatische Hirnverletzungen konzentriert sich auf die Verwaltung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Dies kann eine Kombination aus medikamentöser Therapie, kognitiver Rehabilitation, Psychotherapie und unterstützenden Maßnahmen umfassen. Medikamente können zur Behandlung von kognitiven und emotionalen Symptomen wie Depressionen, Angstzuständen und Schlafstörungen verschrieben werden. Kognitive Rehabilitation kann helfen, kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeiten zu verbessern.

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Die CTE ist nicht heilbar. Es gibt keine Medikamente, die eigens zur Therapie von CTE zugelassen sind. Die Symptome und Begleiterscheinungen können mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt werden. Das kann den Verlauf der Erkrankung verzögern und die Lebensqualität verbessern.

  • Zur Behandlung von kognitiven Störungen können Alzheimer-Medikamente wie Galantamin, Donezepil und Rivastigmin eingesetzt werden.
  • Antidepressiva können bei Depressionen helfen. Deren Einnahme sollte jedoch engmaschig therapeutisch begleitet werden, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu entdecken.
  • Bei motorischen Problemen können Parkinson-Medikamente helfen, wie Levodopa und Dopaminantagonisten.

Weitere Therapieansätze

Neben den genannten Therapieansätzen können auch folgende Maßnahmen hilfreich sein:

  • Ergotherapie: Kirstin Puchner, eine pflegende Angehörige, berichtet, dass Ergotherapie ihrem Mann hilft, der an vaskulärer Demenz leidet.
  • Ernährungsumstellung: Eine Ernährungsumstellung kann ebenfalls dazu beitragen, die Symptome zu lindern.
  • Bewegung: Viel Bewegung ist wichtig, um die Durchblutung des Gehirns zu fördern und die kognitiven Funktionen zu verbessern. Kirstin Puchner berichtet, dass ihr Mann jeden Morgen mit dem Hund Gassi geht.

Unterstützung im Alltag

Eine feste Tagesstruktur kann Menschen mit Demenz helfen, sich zu orientieren und ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Kirstin Puchner berichtet, dass sie und ihr Mann eine feste Tagesstruktur haben, die ihm hilft, sich zu orientieren. Wichtig ist auch, Außenstehende über die Erkrankung zu informieren, um Missverständnisse zu vermeiden und Unterstützung zu erhalten.

Prävention von Demenz nach TBI

Gerade weil es für die Chronisch Traumatische Enzephalopathie noch keine Therapie gibt, ist es sehr wichtig, Risikofaktoren zu vermeiden und Kopfverletzungen vorzubeugen. Bei Sport- und Freizeitaktivitäten mit erhöhtem Sturzrisiko sollten Sie einen Helm tragen.

Prävention im Alter

Da Stürze eine häufige Ursache für Schädel-Hirn-Traumata bei älteren Menschen sind, ist es wichtig, Stürze zu vermeiden. Dies kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

  • Abbau von Stolperfallen in der Wohnung
  • Geschulter Einsatz von Gehhilfen
  • Trainingsmaßnahmen zum sicheren Gehen
  • Regelmäßige Bewegung, um die Muskeln zu stärken und das Gleichgewicht zu verbessern

Prävention im Sport

In vielen Sportarten können Helme vor leichten und schweren Kopfverletzungen schützen. Es ist wichtig, sich der Risiken bewusst zu sein und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Leben mit Demenz nach TBI

Die Diagnose Demenz nach einem Schädel-Hirn-Trauma kann für Betroffene und Angehörige eine große Herausforderung sein. Es ist wichtig, sich gut zu informieren und Unterstützung zu suchen. Es gibt zahlreiche Hilfsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, wie zum Beispiel:

  • Beratungsstellen
  • Selbsthilfegruppen
  • Ambulante Dienste
  • Stundenweise Demenzbetreuung
  • Stationäre Einrichtungen

Tipps für Angehörige

Kirstin Puchner, eine pflegende Angehörige, rät Betroffenen und Angehörigen, erste Anzeichen ernst zu nehmen. Wenn Ärzte abwimmeln, ohne Antworten zu liefern, sollte man dranbleiben. Es geht um die Gesundheit. Pflegende und Gepflegte müssen lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Das Wichtigste dabei ist, sich gut zu informieren und zu handeln. Angehörigen möchte sie gern an die Hand geben, dass sie Betroffenen trotz Erkrankung weiterhin zeigen, dass sie noch genauso viel Wert sind wie vorher. Über die Erkrankung zu reden, was sie mit sich bringt, worin Ängste liegen, kann helfen. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass diese Gespräche nach und nach stattfinden, die sich wie Puzzleteile zusammenfügen und eine Basis von Vertrauen und Verständnis schaffen. Pflegende Angehörige sollten auch auf sich achten und einen Ausgleich schaffen.

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