Die Alzheimer-Krankheit betrifft in Deutschland Hunderttausende Menschen. Nervenzellen sterben bei dieser Erkrankung nach und nach ab, wobei die Ursachen nur teilweise bekannt sind. Eine Studie zeigt, dass bereits einige Tausend Schritte täglich dazu beitragen können, den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung zu verlangsamen.
Die Rolle der Bewegung bei Alzheimer
Emrah Düzel vom Universitätsklinikum Magdeburg betont, dass körperliche Aktivität die Ausbreitung von Alzheimer-typischen Veränderungen im Gehirn über Jahre hinweg verlangsamen und die mentale Leistungsfähigkeit schützen kann.
Körperliche Aktivität und kognitiver Abbau
Bei körperlich aktiven Menschen mit präklinischem Alzheimer wurde ein geringerer kognitiver Abbau festgestellt als bei körperlich inaktiven. Bereits 3000 Schritte am Tag können dazu beitragen, dass sich im Gehirn weniger schnell schädigende Tau-Proteinklumpen ansammeln. Ein noch größerer Effekt wurde bei 5000 bis 7500 Schritten beobachtet.
Mechanismen hinter dem Effekt
Die Studie gibt keine direkten Hinweise auf den Mechanismus, aber es wird vermutet, dass regelmäßiges Gehen die Kognition trainiert, indem es Navigation, Orientierung und Interaktion mit der Umgebung erfordert. Zudem wird die kardiovaskuläre Gesundheit gefördert. Körperliche Aktivität setzt Wachstums- und Schutzfaktoren frei, die sich positiv auf das Gehirn auswirken und die Ausbreitung von Tau verlangsamen könnten.
Studienergebnisse im Detail
Für die Studie wurden kognitive Fähigkeiten sowie das Vorkommen von Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen im Gehirn von 300 älteren Erwachsenen erfasst. Bei 88 Probanden wurde eine präklinische Alzheimer-Demenz festgestellt. Die Daten zeigten, dass sich das Tau-Protein bei körperlich aktiveren Menschen langsamer im Gehirn anreicherte, was den verzögerten kognitiven Abbau erklärt.
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Bedeutung für die Prävention
Regelmäßige Bewegung kann den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung deutlich verlangsamen. Jeder Schritt zählt, und selbst kleine Steigerungen der täglichen Aktivitäten können sich im Laufe der Zeit zu nachhaltigen Veränderungen der Gewohnheiten und der Gesundheit summieren.
Einschränkungen der Studie
Ein Manko der Studie ist, dass die Schrittzahl nur einmal zu Beginn erfasst wurde. Es ist unklar, wie viel sich die Teilnehmer in den Folgejahren bewegt haben. Die Schlussfolgerung, dass es oberhalb einer Schrittzahl von 5000 bis 7000 kaum weitere Verbesserung gebe, sollte mit Vorsicht interpretiert werden.
Zusätzliche Faktoren
Neben der körperlichen Aktivität spielt auch ein kognitiv aktiver Lebensstil eine Rolle. Spazierengehen erfordert Planung, Orientierung, Gedächtnis und andere kognitive Faktoren.
Empfehlungen für die Praxis
Es wird empfohlen, mindestens 5000 bis 7000 Schritte am Tag zu gehen und die Spaziergänge mit dem Erkunden der Umgebung zu verbinden. Sportarten wie Radfahren, Tanzen oder Joggen könnten aufgrund ihrer Intensität und der Stimulation des Gehirns zusätzliche Effekte haben. Wichtig ist, dass körperliche Aktivität regelmäßig und individuell passend erfolgt.
Risikofaktoren und Prävention von Demenz
Neben Bewegung gibt es weitere Risikofaktoren, die das Demenzrisiko erhöhen können:
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- Diabetes
- Schlafstörungen
- Depressionen
- Erhöhtes Cholesterin
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Rauchen
- Hoher Alkoholkonsum
- Soziale Isolation
- Luftverschmutzung
- Sehschwäche
- Kopfverletzungen
Wer an einer Stelle ansetzt, kann oft mehrere Risiken gleichzeitig verringern. Geistige Anregung in jungen Jahren schützt das Gehirn.
Erhöhtes Cholesterin
Erhöhtes Cholesterin kann die Ablagerung von schädlichen Proteinen im Gehirn fördern und die Blutgefäße belasten, was das Risiko für Schlaganfälle und vaskuläre Demenz erhöht.
Depressionen
Anhaltende Niedergeschlagenheit, sozialer Rückzug und mangelnde Selbstfürsorge belasten nicht nur die Seele, sondern auch das Gehirn.
Kopfverletzungen
Schwere oder wiederholte Kopfverletzungen erhöhen das Risiko für Demenzerkrankungen.
Bewegungsmangel
Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau.
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Rauchen
Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz durch die negativen Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn.
Bluthochdruck
Bluthochdruck im mittleren Lebensalter erhöht das Risiko für alle Demenzformen, insbesondere für die vaskuläre Demenz.
Übergewicht
Übergewicht erhöht das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken.
Alkoholkonsum
Regelmäßiger hoher Alkoholkonsum führt zum Verlust der grauen Masse im Gehirn und damit zu einem höheren Demenzrisiko.
Soziale Isolation
Soziale Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken, da das Gehirn Anregung durch Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten benötigt.
Luftverschmutzung
Feine Partikel aus Abgasen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen.
Sehschwäche
Wenn das Sehvermögen nachlässt und nicht ausgeglichen wird, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren, was das Demenzrisiko erhöht.
Bewegungsdrang bei Demenz: Ursachen und Umgang
Manche Menschen mit Demenz haben einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Dies kann problematisch werden, birgt aber auch Chancen.
Ursachen des Bewegungsdrangs
Der Bewegungsdrang kann durch verschiedene Faktoren hervorgerufen werden:
- Lebenslange Gewohnheit: Manche Menschen waren schon immer aktiv und bewegen sich gerne.
- Einsamkeit und Langeweile: Herumlaufen kann ein Versuch sein, Kontakt und Beschäftigung zu suchen.
- Neugier: Einige Personen erkunden gerne neue Umgebungen.
- Verunsicherung: Nachlassende Kommunikationsfähigkeit kann zu Verunsicherungen führen.
- Schmerzen und Unwohlsein: Körperliche Beschwerden können zu Unruhe und Bewegungsdrang führen.
- Hinlaufen: Der Bewegungsdrang kann als Suche nach Geborgenheit und Sicherheit verstanden werden.
- Weglaufen: Unwohlsein und Überforderung können dazu führen, dass Betroffene weglaufen wollen.
- Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus: Eine Umkehrung der Schlaf- und Wachphasen kann zu nächtlicher Ruhelosigkeit führen.
- Medikamente: Manche Medikamente können Bewegungsdrang auslösen.
Umgang mit Bewegungsdrang
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Bewegungsdrang von Menschen mit Demenz zu reduzieren oder Gefahrenquellen zu minimieren:
- Ausschluss von Schmerzen: Eine Untersuchung kann helfen, Schmerzen als Ursache auszuschließen.
- Sturzprophylaxe: Stolperfallen entfernen, Handläufe anbringen und feste Schuhe tragen.
- Ausreichende Ernährung: Säfte, Obstteller und andere Leckereien bereitstellen, um Gewichtsverlust und Unterzuckerung zu vermeiden.
- Positive Interaktion: Menschen mit Bewegungsdrang freundlich begegnen und zu einem Plausch einladen.
- Sicherung der Umgebung: Haustür durch einen Alarm sichern, um unbemerktes Verlassen des Hauses zu verhindern.
- Bewegungsangebote: Gemeinsame Spaziergänge anbieten.
- Beschäftigung: Regelmäßige Angebote mit sozialer Komponente, wie Sitztanz oder gemeinsames Singen, können das Laufen unterbrechen.
- Ablenkung: Emotionale Stimulation durch Musik, Gottesdienste oder Kontakte mit Kindern und Haustieren.
- Beruhigung: Schaukelstühle können helfen, nervöse Energie abzubauen.
- Angenehme Umgebung: Angenehme Beleuchtung, stille Umgebung und bequeme Sitzmöbel.
- Ortungssysteme: Der Einsatz von GPS-Trackern ist ethisch umstritten, kann aber in manchen Fällen sinnvoll sein.
Was tun, wenn Menschen mit Demenz weglaufen?
Wenn Menschen mit Demenz weglaufen, gefährden sie sich selbst und möglicherweise auch andere.
- SOS-Band: Der Erkrankte sollte ein SOS-Band mit seinem Namen und der Telefonnummer der Angehörigen bei sich haben.
- Information der Umgebung: Nachbarn, Bekannte, Verwandte und Geschäftsinhaber sollten über die Erkrankung informiert werden.
- Aktuelle Bilder: Für eine Vermisstenmeldung werden aktuelle Bilder benötigt.
- Begleitung: Ist der Patient unruhig und versucht, das Haus zu verlassen, sollte man ihn begleiten.
- Beschäftigung: Eingebunden sein in das tägliche Leben kann helfen, den Bewegungsdrang zu reduzieren.
- Weglaufschutzsysteme: Türkontaktsysteme können helfen, das unbemerkte Verlassen des Hauses zu verhindern.
Typische Verhaltensweisen bei Demenz
Zu den Symptomen der Demenz gehören verschiedene typische Verhaltensweisen und Handlungsmuster:
- Wiederholtes Fragen: Betroffene stellen immer wieder dieselbe Frage, da sie vergessen, dass sie die Frage schon einmal gestellt haben.
- Bewegungsdrang und Unruhe: Im mittleren Stadium der Demenz zeigen viele Betroffene einen ausgeprägten Bewegungsdrang, gepaart mit starker Unruhe.
- Fehlinterpretationen: Die eingeschränkte Fähigkeit, Situationen und Wahrnehmungen richtig zu deuten, führt häufig zu Erklärungsversuchen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen.
- Leben in der Vergangenheit: Mit dem Fortschreiten der Demenz wird die Lebenswelt der Betroffenen weitgehend von den noch vorhandenen Erinnerungen geprägt.
- Aggressives Verhalten: Auslöser für Wutausbrüche und aggressives Verhalten sind weniger krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn als vielmehr die erschwerten Lebensbedingungen und die daraus resultierende Angst der Betroffenen.
Stadien der Demenz
Der Verlauf der Alzheimer-Krankheit ist individuell, folgt aber bestimmten Mustern:
Frühes Stadium
Im frühen Demenzstadium machen sich erste Störungen im Kurzzeitgedächtnis bemerkbar. Erkrankte ziehen sich zunehmend zurück und versuchen, neue und ungewohnte Situationen zu vermeiden.
Mittleres Stadium
Im mittleren Demenzstadium wird die Erkrankung deutlich „sichtbarer“, da auch das Langzeitgedächtnis des Gehirns betroffen ist. Viele Demenzkranke werden in dieser Phase unruhig und nervös. Sie laufen rastlos herum oder laufen sogar weg.
Spätes Stadium oder Endstadium
Im Endstadium einer Demenz verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Patienten so stark, dass sie rund um die Uhr auf Hilfe und Pflege angewiesen sind.
Mögliche Symptome im Endstadium
In der späten Krankheitsphase können belastende Beschwerden auftreten, die aber oft vorbeugend verhindert oder zumindest gemildert werden können.
- Schmerzen: Schmerzen können sich durch Unruhe, Ängstlichkeit oder Rückzug äußern.
- Infektionen: Das Immunsystem ist geschwächt, weshalb es häufig zu fiebrigen Infekten kommt.
- Luftnot: Luftnot ist beängstigend und belastend und kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden.
- Unruhe: Starke Unruhe kann auch auf das bevorstehende Lebensende hinweisen.
Begleitung in der letzten Lebensphase
Fast alle Menschen mit Demenz haben den Wunsch, von bekannten Personen und Angehörigen versorgt zu werden und zu Hause sterben zu dürfen. Die Begleitung eines Demenzkranken bis zu seinem Tod ist anspruchsvoll und herausfordernd, aber auch erfüllend.
Vaskuläre Demenz
Vaskuläre Demenz ist mit etwa 15 Prozent aller Demenzerkrankungen die zweithäufigste Form nach Alzheimer-Demenz. Sie entsteht aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn. Das Risiko für eine vaskuläre Demenz kann steigen, wenn das Herz-Kreislaufsystem beeinträchtigt ist.
Alzheimer-Demenz
Alzheimer verändert Gedächtnis, Denken und Alltagsfähigkeiten - schleichend, aber unumkehrbar. Der Verlauf ist individuell, folgt jedoch bestimmten Mustern.
Frühe Phase
In dieser frühen Phase treten leichte Beeinträchtigungen des Denkens und Erinnerns auf, die im Alltag zunächst kaum einschränken.
Mittlere Phase
In diesem Stadium zeigt sich zunehmend Vergesslichkeit im Alltag, insbesondere was das Kurzzeitgedächtnis betrifft. Es wird schwieriger, neue Informationen zu behalten.
Späte Phase
Jetzt wird die Krankheit deutlich sichtbar. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt.
Endstadium
Im Endstadium sind die Erkrankten vollständig auf Pflege angewiesen.