Demenz und Epilepsie: Ein komplexer Zusammenhang

Einführung

Die alternde Bevölkerung führt zu einem Anstieg altersbedingter Erkrankungen, darunter Epilepsie und Demenz. Insbesondere die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Ursache für Demenz, und Epilepsie treten oft gemeinsam auf. Dieser Artikel beleuchtet den komplexen Zusammenhang zwischen Demenz und Epilepsie, wobei der Fokus auf den Gemeinsamkeiten, den diagnostischen Herausforderungen und den therapeutischen Optionen liegt.

Epidemiologie und Risikofaktoren

Epilepsie betrifft etwa 0,8 % der österreichischen Bevölkerung, wobei die Inzidenz im höheren Alter, ab etwa 75 Jahren, einen zweiten Gipfel erreicht. Während Epilepsien bei Kindern und jüngeren Erwachsenen meist einen idiopathischen oder genetischen Hintergrund haben, treten mit zunehmendem Alter immer häufiger sekundäre Anfälle auf, beispielsweise als Folge von Schlaganfällen.

Studien zeigen, dass Epilepsie bei Patienten mit Frontotemporaler Demenz (FTD) häufiger auftritt als bei kognitiv gesunden Personen oder bei Menschen mit Alzheimer. Risikofaktoren für eine Epilepsie im Alter sind neben Schlaganfall auch Demenzen und genetische Risikofaktoren.

Pathophysiologische Mechanismen

Die Pathogenese von Alzheimer umfasst Prozesse mit potenziell epileptogener Wirkung, wie die Blockade des Glutamat-Abbaus mit vermehrter Exzitabilität. Umgekehrt verschlechtert sich die kognitive Leistung bei der Alzheimer-Demenz mit epileptiformer Aktivität signifikant schneller als ohne epileptiforme Aktivität.

Bei der Temporallappenepilepsie wurde nicht nur ein Anstieg von Amyloidplaques beschrieben, sondern auch von hyperphosphoryliertem Tau-Protein, beides Pathologien, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch sind. Es wird vermutet, dass Amyloidablagerungen und Tau-Protein die elektrische Aktivität steigern und dies wiederum weitere Amyloidablagerungen und eine Erhöhung des Tau-Proteins begünstigt.

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Diagnostische Herausforderungen

Die klinische Symptomatik epileptischer Anfälle beim älteren Patienten zu erkennen oder im Oberflächen-EEG nachzuweisen, kann schwierig sein. Mehr als 90 % der epileptiformen Aktivität im Hippocampus kann aus methodischen Gründen nicht mit Oberflächenelektroden aufgezeichnet werden und entgeht daher einer Diagnosestellung.

Die Besonderheiten im Erscheinungsbild führen dazu, dass eine Epilepsie im Alter oft nicht erkannt oder gar als Folge des Alterns missverstanden wird. Das kann gesundheitliche Folgen haben, wenn zum Beispiel die Epilepsie als Ursache von Stürzen nicht diagnostiziert und damit künftige Unfälle nicht vermieden werden können. Kommen andere Erkrankungen wie etwa Parkinson oder Demenz hinzu, überdecken die Beschwerden möglicherweise die Symptome der Altersepilepsie.

Klinische Manifestationen

Bei einer Altersepilepsie ist es wahrscheinlicher, dass der Anfall nur einen bestimmten Bereich des Gehirns betrifft. Die Beschwerden sind weniger spezifisch und subjektiv ist das Anfallsgefühl geringer ausgeprägt. Statt der Verkrampfungen und Zuckungen sind zum Beispiel kurz auftretende Abwesenheitszustände, Verwirrtheit oder Sprachunfähigkeit charakteristisch.

Vor, während oder nach einem Anfall können phasenhaft neuropsychiatrische Symptome auftreten, darunter kognitive Symptome (wie Gedächtnisdefizite und Orientierungsstörungen), affektive Symptome, psychotische Symptome, aggressives Verhalten und delirante Zustände.

Therapieansätze

Die Behandlung altersassoziierter Erkrankungen erfordert die altersmedizinische Herangehensweise. Entscheidungen über einen möglichen Einsatz anfallssupprimierender Medikamente im Kontext der Alzheimer-Krankheit müssen trotz allen Unbehagens aus klinischen Erwägungen vor dem Hintergrund des pathophysiologischen Wissens getroffen werden.

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Die Behandlung einer diagnostizierten Epilepsie bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit wirkt sich vorteilhaft auf den Krankheitsverlauf aus. Der Einsatz anfallssupprimierender Medikamente, um die kognitive Verschlechterung zu beeinflussen, ist die Grundlage, diese Medikamente auch unabhängig von der Diagnose einer Epilepsie im Kontext neurodegenerativer Erkrankungen beim Menschen einzusetzen. So verbessert zum Beispiel die Behandlung mit Levetiracetam die räumliche Orientierung und die exekutiven Funktionen bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit und epileptiformer Aktivität im EEG.

Anfallssupprimierende Medikamente haben auch bei nichtkognitiven Symptomen bei der Alzheimer-Krankheit eine positive Wirkung gezeigt. Aggressives Verhalten ist ein häufiges Symptom fortgeschrittener Demenzerkrankungen, von denen viele eine Alzheimer-Krankheit haben. Valproat ist ein anfallssupprimierendes Medikament, das als Mittel der Wahl zur Behandlung von demenzbetroffenen Patienten mit Aggressivität und abnormalem EEG gilt. Für den generellen Gebrauch ist Valproat jedoch wegen der vielen Interaktionen und Nebenwirkungen nicht für ältere Patientinnen und Patienten geeignet.

Fallbeispiel

Der Fall eines 56-jährigen Epilepsie-kranken Patienten mit leichtgradigen stabilen Gedächtnisstörungen zeigt, dass Epilepsie und Demenz sehr lange nebeneinander bestehen können - und deutlich häufiger als bisher vermutet. Dabei könnte die Epilepsie ein erstes Symptom einer Demenz sein.

Implikationen für die Forschung

Die Forschung konzentriert sich zunehmend auf die Assoziationen von Epilepsien und Demenzerkrankungen. Epidemiologische Daten zeigen, dass spät im Leben auftretende Epilepsien ein Prädiktor einer Alzheimererkrankung sein können. Zukünftige Studien sollten sich auf die Identifizierung von Biomarkern konzentrieren, die eine frühzeitige Diagnose ermöglichen und die Entwicklung gezielter Therapien unterstützen.

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