Unkontrolliertes Lachen bei Demenz: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Einführung

Unkontrolliertes Lachen, auch bekannt als pathologisches Lachen oder Affektinkontinenz, kann ein belastendes Symptom verschiedener neurologischer Erkrankungen sein, einschließlich bestimmter Formen von Demenz. Es äußert sich durch plötzliche, unwillkürliche und oft unangemessene Gefühlsausbrüche, die von den Betroffenen und ihrem Umfeld als peinlich empfunden werden. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von unkontrolliertem Lachen im Zusammenhang mit Demenz, insbesondere der frontotemporalen Demenz (FTD) und der amyotrophen Lateralsklerose (ALS).

Frontotemporale Demenz (FTD) und ihre Auswirkungen auf Emotionen und Verhalten

Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine Gruppe von Demenzerkrankungen, die durch den Abbau von Nervenzellen im Frontal- und/oder Temporallappen des Gehirns gekennzeichnet sind. Diese Hirnregionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Emotionen, Sozialverhalten, Persönlichkeit und Sprache.

Ursachen und Formen der FTD

Die genauen Ursachen der FTD sind noch nicht vollständig geklärt. In einigen Fällen ist die Erkrankung erblich bedingt, wobei Mutationen in Genen wie C9orf72, GRN oder MAPT eine Rolle spielen können. Es gibt verschiedene Formen der FTD, die sich in ihren Symptomen und dem betroffenen Hirnareal unterscheiden:

  • Verhaltensvariante (bvFTD): Diese Form äußert sich durch tiefgreifende Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit. Betroffene zeigen oft Enthemmung, Apathie, emotionale Abstumpfung, zwanghaftes Verhalten, verändertes Essverhalten und fehlende Einsicht in ihr eigenes Verhalten.
  • Sprachliche Variante (PPA): Diese Form betrifft vor allem die sprachlichen Fähigkeiten. Es gibt drei verschiedene Typen der PPA:
    • Semantischer Typ: Betroffene verlieren das Verständnis für Wörter und können Dinge nicht mehr benennen oder beschreiben.
    • Unflüssiger/agrammatischer Typ: Das Sprechen wird immer schwieriger, die Wörter kommen langsamer über die Lippen, und die Sprache klingt angestrengt.
    • Logopenischer Typ: Betroffene haben Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, und beschreiben Begriffe umständlich. (Dieser Typ gehört jedoch zur Alzheimer-Krankheit.)

Unkontrolliertes Lachen als Symptom der FTD

Obwohl unkontrolliertes Lachen nicht zu den Kernsymptomen der FTD gehört, kann es im Rahmen der Verhaltensveränderungen auftreten, die mit der Erkrankung einhergehen. Insbesondere bei der Verhaltensvariante (bvFTD) können Enthemmung und eine gestörte Emotionsregulation zu unpassenden oder unkontrollierten Gefühlsausbrüchen führen, einschließlich Lachen.

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und ihre Verbindung zu unkontrolliertem Lachen

Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine fortschreitende Erkrankung des Nervensystems, bei der die Muskelsteuerung zunehmend eingeschränkt wird. Ein typisches Symptom von ALS ist Muskelschwäche an Armen und Beinen.

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Unkontrolliertes Lachen oder Weinen bei ALS

Durch die eingeschränkte Kontrolle der Gesichtsmuskulatur und eine gestörte Regulation der Emotionen kann es im Verlauf der ALS zu plötzlichen, unkontrollierbaren Gefühlsausbrüchen (pathologisches Lachen und Weinen) kommen. Diese treten meist ohne erkennbaren Anlass auf und sind für Patient*innen nicht kontrollierbar.

Affektinkontinenz

Affektinkontinenz oder Pseudobulbäre Affektstörung (PBA) bezeichnet die verminderte Steuerungsfähigkeit von Gefühlsäußerungen. Betroffene zeigen übermäßig starke und oft unangemessene emotionale Reaktionen, wie etwa plötzliche und unkontrollierbare Anfälle von Lachen, Weinen oder Wut. Die Gefühlsäußerungen werden von den betroffenen Personen und ihrem Umfeld häufig als peinlich und sehr belastend empfunden.

Ursachen von Affektinkontinenz

Affektinkontinenz ist keine eigenständige Erkrankung, sondern kann ein Symptom von verschiedenen Erkrankungen sein, die häufig mit einer Schädigung des Großhirns einhergehen. Zu diesen Erkrankungen gehören:

  • Schlaganfall
  • Demenz
  • Alkoholmissbrauch
  • Traumatische Hirnschädigung
  • Multiple Sklerose

Es wird angenommen, dass die Affektinkontinenz durch eine Schädigung der Raphe-Kerne im Hirnstamm ausgelöst wird. Dort wird im zentralen Nervensystem (ZNS) der Neurotransmitter Serotonin produziert, der als "Glückshormon" Einfluss auf unsere Stimmungslage hat.

Eine weitere Annahme ist, dass eine Schädigung der caudalen Capsula interna, einem speziellen Teil des Großhirns, für die Affektinkontinenz verantwortlich sein könnte. Emotionen durchlaufen von der Entstehung bis zu ihrem Ausdruck unterschiedliche Stationen im Gehirn, unter anderem im Kleinhirn und im Großhirn. Das Großhirn übernimmt dabei die Kontrolle über die Gefühlsäußerung. Sind die Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Gehirnarealen beschädigt, können Emotionen zufällig freigesetzt werden.

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Diagnose von unkontrolliertem Lachen

Die Diagnose von unkontrolliertem Lachen im Zusammenhang mit Demenz oder ALS kann eine Herausforderung darstellen, da die Symptome oft anderen Erkrankungen ähneln können. Eine sorgfältige Anamnese, neurologische Untersuchung und neuropsychologische Tests sind entscheidend, um die Ursache der Symptome zu ermitteln.

Anamnese und neurologische Untersuchung

Der Arzt wird die Krankengeschichte des Patienten erheben und Informationen über die Art, Häufigkeit und Auslöser der unkontrollierten Gefühlsausbrüche sammeln. Eine neurologische Untersuchung kann helfen, andere neurologische Ursachen auszuschließen.

Neuropsychologische Tests

Neuropsychologische Tests können spezifische Beeinträchtigungen in den Bereichen Planung, Urteilsvermögen, Sprache oder sozialem Verhalten aufdecken, die für FTD oder andere Demenzerkrankungen typisch sind.

Bildgebende Verfahren

Mithilfe von bildgebenden Verfahren wie MRT, CT oder FDG-PET können Veränderungen im Gehirn sichtbar gemacht werden, die auf FTD oder andere neurologische Erkrankungen hindeuten.

Behandlung von unkontrolliertem Lachen

Die Behandlung von unkontrolliertem Lachen zielt darauf ab, die Häufigkeit und Intensität der Gefühlsausbrüche zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

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Medikamentöse Behandlung

Die Affektinkontinenz kann mit Medikamenten behandelt werden, die auch bei depressiven Verstimmungen zum Einsatz kommen (Antidepressiva). Häufig werden dabei Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) eingesetzt.

SSRI blockieren die Serotonin-Transporter im zentralen Nervensystem (ZNS) und verhindern, dass die vorangehende (präsynaptische) Nervenzelle den Botenstoff Serotonin wiederaufnehmen kann. Es gibt auch Hinweise darauf, dass SSRI die Bildung neuer Nervenzellen (Neurogenese) in bestimmten Regionen des Gehirns fördern können.

Nicht-medikamentöse Therapieformen

Neben der medikamentösen Behandlung können auch nicht-medikamentöse Therapieformen wie Verhaltenstherapie, Ergotherapie und Logopädie eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Umgang mit unkontrolliertem Lachen im Alltag

Für Angehörige und Betreuer von Menschen mit unkontrolliertem Lachen ist es wichtig, ein unterstützendes und verständnisvolles Umfeld zu schaffen. Einige Tipps für den Umgang mit unkontrolliertem Lachen im Alltag sind:

  • Aufklärung: Informieren Sie sich über die Ursachen und Symptome von unkontrolliertem Lachen, um die Erkrankung besser zu verstehen.
  • Akzeptanz: Akzeptieren Sie, dass die Gefühlsausbrüche unwillkürlich sind und nicht absichtlich herbeigeführt werden.
  • Ablenkung: Versuchen Sie, den Betroffenen abzulenken, wenn ein Gefühlsausbruch beginnt.
  • Ruhe bewahren: Bleiben Sie ruhig und geduldig, auch wenn die Situation schwierig ist.
  • Unterstützung suchen: Suchen Sie Unterstützung bei anderen Angehörigen, Freunden oder Selbsthilfegruppen.

Weitere Aspekte der Versorgung von Menschen mit Demenz und ALS

Neben der Behandlung von unkontrolliertem Lachen gibt es weitere Aspekte der Versorgung von Menschen mit Demenz und ALS, die wichtig sind, um ihre Lebensqualität zu erhalten:

  • Körperliche Aktivität: Sport hat nachgewiesene positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit, Fitness und Stimmung von Erkrankten. Am besten eignet sich tägliche moderate Bewegung (Walking, Tanzen, Gymnastik etc.).
  • Geistige Anregung: Aktivitäten, die das Gehirn anregen, wirken sich ebenfalls positiv auf den Verlauf von Demenzerkrankungen aus. Gut für die geistige Fitness sind zum Beispiel Brettspiele, Puzzles, Handarbeiten oder Basteln.
  • Soziale Kontakte: Gute Gespräche, gemeinsame Erlebnisse oder einfach Nähe - soziale Kontakte geben Halt und tun dem Gehirn gut.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, um den Körper mit allen notwendigen Nährstoffen zu versorgen. Bei Schluckbeschwerden kann die Konsistenz der Nahrung angepasst werden.
  • Tagesstruktur: Eine feste Tagesstruktur kann Menschen mit Demenz helfen, sich zu orientieren und ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.

Sialorrhoe (vermehrter Speichelfluss)

Die Sialorrhoe (vermehrte Speichelmengen im Mund, zum Teil mit Austreten aus dem Mund) tritt mit Auftreten einer Schluckstörung auf (Unfähigkeit, den produzierten Speichel zu schlucken) und belastet die Patienten häufig sehr stark. Verschiedene Medikamente, die die Speichelproduktion hemmen, stehen zur Verfügung. Bei unzureichender Wirkung kann eine lokale Applikation von Botulinumtoxin Typ A in die Speicheldrüsen gegeben werden.

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