Die Alzheimer-Demenz ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch den Verlust kognitiver Funktionen gekennzeichnet ist. Die Diagnose einer Alzheimer-Demenz ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Untersuchungen und Beurteilungen umfasst. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Alzheimer-Demenz-Diagnose, von den ersten Anzeichen und Symptomen über die verschiedenen Testverfahren bis hin zu bildgebenden Verfahren und Biomarkern.
Erste Anzeichen und Symptome
Der schleichende Beginn der Alzheimer-Demenz führt oft dazu, dass erste Einschränkungen und auffällige Verhaltensweisen erst im Rückblick als Symptome erkannt werden. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede Beeinträchtigung des geistigen Leistungsvermögens ein Alarmsignal sein muss. Antriebsschwäche kann sich jedoch bereits vor der eigentlichen Vergesslichkeit entwickeln.
Verschiedene Anzeichen im Verhalten einer Person können auf eine Demenz hindeuten. Dazu gehören:
- Wiederholtes Erzählen derselben Geschichte am selben Tag, ohne es selbst zu bemerken.
- Wortfindungsstörungen während des Gesprächs.
- Verlegen von Gegenständen und Schwierigkeiten, diese wiederzufinden.
- Schwierigkeiten, sich an kürzlich erlebte Ereignisse zu erinnern.
- Veränderungen in der Persönlichkeit oder im Verhalten.
- Probleme bei der Ausführung von bekannten Aufgaben.
Der Weg zur Diagnose
Wenn solche Symptome häufiger auftreten und über Monate hinweg bestehen bleiben, sollte eine Abklärung durch einen Arzt erfolgen. Im Idealfall ist der erste Ansprechpartner der Hausarzt. Dieser kann eine erste Einschätzung vornehmen und bei Bedarf an einen Spezialisten überweisen. Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie oder Neurologie mit Kompetenzen im Bereich der Alterskrankheiten (Gerontopsychiatrie, Geriatrie) sind besonders geeignet, die Ursache der Beschwerden abzuklären.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Die Diagnose beginnt in der Regel mit einem ausführlichen Anamnese-Gespräch, in dem der Arzt die Krankengeschichte des Patienten erfasst. Dabei werden aktuelle Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamente und mögliche Risikofaktoren erfragt. Es ist hilfreich, wenn auch Angehörige oder der Hausarzt in das Gespräch einbezogen werden, um ein umfassendes Bild der Situation zu erhalten. Im Anschluss an das Gespräch erfolgt eine allgemeine körperliche Untersuchung, um andere mögliche Ursachen für die Beschwerden auszuschließen.
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Neuropsychologische Testung
Ein wichtiger Bestandteil der Demenzdiagnostik ist die neuropsychologische Testung. Dabei werden verschiedene kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und andere höhere Hirnfunktionen untersucht. Diese Tests können mit Stift und Papier oder am Computer durchgeführt werden.
Einige gängige neuropsychologische Tests sind:
- Kurztest: Hierbei werden dem Patienten drei Wörter vorgegeben (z. B. "Auto, Blume, Kerze"), gefolgt von einer Rechenaufgabe (z. B. von 100 sieben abziehen). Nach der Rechenaufgabe wird der Patient gebeten, die drei Wörter zu wiederholen.
- Ausführlicher Gedächtnistest: Hierbei muss der Patient 15 Wörter lernen, und zwar fünfmal hintereinander. Danach wird eine zweite Wortliste gelernt, ebenfalls mit 15 Wörtern. Nach einer Verzögerung von 20 Minuten wird der Patient erneut nach der ersten Wortliste gefragt.
Beurteilung der geistigen Fähigkeiten
Anhand verschiedener Tests kann der Arzt die derzeitige geistige Leistungsfähigkeit des Patienten beurteilen und damit den Schweregrad der Demenz einordnen. Einige dieser Tests sind:
- Mini-Mental-Status-Test (MMST): Dieser Test wird häufig vom Hausarzt zur ersten Orientierung durchgeführt. Er dauert nur ca. 10 Minuten und misst die Orientierung in Zeit und Raum, die Merkfähigkeit, die Aufmerksamkeit und die Erinnerungsfähigkeit.
- Demenz-Detektion (DemTect): Dieser Spezialtest zur Früherkennung ist dem MMST überlegen und wird daher häufig vom Gerontopsychiater/Neurologen durchgeführt. Er dauert ebenfalls etwa 10 Minuten und enthält fünf Aufgaben, die das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis, die Flüssigkeit der Sprache und die Zahlenverarbeitung prüfen.
- Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Ähnlich dem DemTect dient auch der MoCA der Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses bzw. des Denkvermögens. In 10 Minuten werden verschiedene Bereiche der Leistungsfähigkeit abgefragt, darunter das Lernen von Begriffen, die visuell-räumliche Verarbeitung, die Konzentration, die Exekutivfunktionen, die Abstraktionsfähigkeit, die Flüssigkeit der Sprache, die Zahlenverarbeitung, das Verständnis komplexer Sätze und die Orientierung in Raum, Ort und Situation.
- Uhren-Test: Bereits das einfache Zeichnen einer Uhr lässt eine Beurteilung des geistigen Zustands des Patienten zu. Aufgrund der zunehmenden visuell-räumlichen Orientierungsprobleme im Verlauf der Krankheit können die Ziffern und Zeiger oft nicht mehr richtig in einem vorgegebenen Kreis angeordnet werden.
- ADL-Skalen: ADL-Skalen (ADL: "Activities of Daily Living") messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten. Der Test misst, zu welchen Tätigkeiten des alltäglichen Lebens der Patient noch fähig ist.
Bildgebende Verfahren
Bei der Erstdiagnose der Demenz sollte zusätzlich entweder eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. CT und MRT erstellen Schichtaufnahmen des Gehirns und erlauben einen Einblick in den Aufbau des Gehirns.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ist heute das Standardverfahren der Bildgebung bei Demenz. Sie liefert äußerst genaue Schnittbilder des Gehirns, und das ganz ohne Strahlenbelastung. Besonders aufschlussreich sind MRT-Bilder beim Blick auf den Hippocampus, eine Hirnregion, die bei Menschen mit Alzheimer schon in einem frühen Stadium schrumpft.
- Computertomographie (CT): Die CT arbeitet mit Röntgenstrahlen und erzeugt so detaillierte Schichtaufnahmen des Kopfes. Sie dauert nur wenige Minuten und ist völlig geräuschlos. Für Menschen mit Platzangst oder Unruhe ist sie daher oft angenehmer.
- Positronen-Emissions-Tomographie (PET): Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist mehr als ein Blick ins Gehirn: Sie zeigt, wie aktiv Nervenzellen arbeiten und ob sich krankhafte Proteine ablagern. Dafür werden schwach radioaktive Substanzen eingesetzt, die bestimmte Prozesse im Gehirn sichtbar machen. Der Unterschied liegt in der Substanz: Sie bindet entweder an Zucker, an Amyloid-Plaques oder an Tau-Fibrillen. FDG-PET macht sichtbar, wie gut Nervenzellen Zucker verwerten.
Liquordiagnostik
Eine sehr empfindliche Methode zur Feststellung einer Alzheimer-Erkrankung ist die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor). Jedoch gibt es Liquor-Biomarker, die Hinweise auf das Vorliegen einer Demenz vom Alzheimer-Typ geben können.
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Blutuntersuchungen
Der Arzt wird bei allen Patienten mit Verdacht auf Demenz auch Blut abnehmen, um einige behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen). Bluttests zum Nachweis der für Alzheimer typischen Biomarker sind noch in der wissenschaftlichen Erprobung und finden momentan im Versorgungsalltag noch keine Anwendung.
Differenzialdiagnose
Zur Feststellung einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit müssen andere Erkrankungen, die ebenfalls Anzeichen einer Demenz zeigen können, abgeklärt werden. Hierzu gehören u.a. eine Verkalkung der Hirngefäße (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen, gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, ein Parkinson-Syndrom, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12, Folsäure oder B-Vitamin Niacin. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz"). Der Facharzt kann hier mit speziellen Untersuchungen und Tests in der Regel zwischen den beiden Krankheiten unterscheiden.
Früherkennung und ihre Bedeutung
Eine frühzeitige Diagnose der Alzheimer-Demenz ist aus mehreren Gründen wichtig:
- Bessere Behandlungsmöglichkeiten: Inzwischen stehen Medikamente zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Diese Medikamente wirken umso effektiver, je früher sie eingenommen werden.
- Lebensqualität: Durch eine frühzeitige Diagnose können Betroffene und ihre Familien rechtzeitig geeignete Unterstützung beim Umgang mit der Erkrankung suchen. Körperliche Aktivität und Gedächtnistraining können die Alzheimer-Erkrankung verlangsamen, allerdings nur in Frühstadien.
- Planung: Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht es den Betroffenen, wichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, z. B. in Bezug auf die finanzielle Situation, die Wohnsituation und die Pflege.
- Forschung: Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht es, Patienten in Studien einzuschließen, die neue Therapien entwickeln und testen.
Aktuelle Therapieansätze
Für die Mehrzahl der Demenzformen gibt es derzeit noch keine Therapie, die zur Heilung führt. Deshalb liegt das Hauptziel der Behandlung darin, die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.
Zur Behandlung der Alzheimer-Demenz stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Zum einen sogenannte Cholinesterase-Hemmer wie die Wirkstoffe Donepezil, Galantamin oder Rivastigmin, die die Botenstoffe im Gehirn vermehren und dadurch die geistige Leistungsfähigkeit steigern, zum anderen Glutamat-Antagonisten, wie Memantin, die bei weiter fortgeschrittener Demenz eingesetzt werden. Diese Medikamente können Symptome lindern und das Fortschreiten leicht verzögern. Auf den Untergang der Nervenzellen haben diese Mittel aber keinen Einfluss. Häufig leiden Alzheimer-Erkrankte auch an Depressionen, die mit Antidepressiva behandelt werden.
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Mittlerweile gibt es erste Medikamente, die die schädlichen Prozesse im Gehirn direkt beeinflussen und die Alzheimer-Erkrankung im Entstehungsprozess bremsen sollen. Der Antikörper-Wirkstoff Lecanemab ist seit 1. September 2025 in Deutschland auf dem Markt. Für den Antikörper Donanemab hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA im Juli eine Zulassungsempfehlung erteilt. Die Antikörper richten sich gegen die Amyloid-Stückchen, so dass diese vom Immunsystem beseitigt werden können, bevor sie Schaden anrichten. So zeigt eine Studie von 2023, dass Donanemab das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung um 35 Prozent verlangsamen kann. Bereits eingetretene Symptome können nicht beeinflusst werden.
Die Zukunft der Demenzdiagnostik
Weltweit arbeiten Demenzforscherinnen und -forscher daran, die Diagnostik von Demenzerkrankungen zu verbessern. Ein wichtiges Ziel ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die korrekte Abgrenzung von Demenzerkrankungen. Während die Alzheimer-Krankheit mittlerweile sehr gut zu Lebzeiten eindeutig diagnostiziert werden kann, sind andere, seltenere Demenzen diagnostisch nach wie vor eine Herausforderung, zum Beispiel die Frontotemporale Demenz oder die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE), die durch Kopfverletzungen hervorgerufen wird. Hier kann oft erst eine Untersuchung des Gehirns nach dem Tod endgültig Gewissheit bringen. Die Forschung arbeitet daran, auch diese Diagnosen frühzeitig und eindeutig zu ermöglichen.
Leben mit der Diagnose
Die Diagnose Alzheimer-Demenz zu erhalten, ist für die meisten Menschen ein Schock. Manchmal macht die Diagnose jedoch auch zuvor unerklärliche Veränderungen des Verhaltens oder der Persönlichkeit begreiflich. Wie ein Mensch auf die Krankheit reagiert und mit ihr umgeht, hängt nicht nur von Veränderungen im Gehirn ab, sondern auch von seinem Charakter, seiner Lebensgeschichte, der aktuellen Lebenssituation und den Beziehungen zu anderen Menschen. Manchen Menschen gelingt es, auch mit der Alzheimer-Demenz ein aktives und zufriedenes Leben zu führen. Anderen fällt dies schwer. Unterstützung benötigen die meisten. Und auch für Angehörige und Freunde ist die Erkrankung eine große Herausforderung. Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen - etwa in Selbsthilfegruppen - wird von vielen als wertvoll erlebt. Im Laufe der Zeit müssen viele Entscheidungen getroffen werden: zur Unterstützung im Alltag genauso wie zur Behandlung, zur späteren Versorgung und zur passenden Wohnform (häusliches Umfeld, Pflegeheim, Wohngruppe). Menschen mit Demenz wollen sich dabei aktiv an Entscheidungen über ihre Belange beteiligen, solange es ihnen möglich ist. Ihnen ist es wichtig, dass viel mit ihnen und weniger über sie gesprochen wird. Für Angehörige ist es wichtig, in die Behandlungspläne einbezogen zu werden und Angebote zu erhalten, die zur persönlichen Situation und den eigenen Bedürfnissen passen. Darunter fallen neben Schulungen auch praktische Hilfen, zum Beispiel zu finanzieller Unterstützung und Beratung bei Antragsstellung. Wenn eine Demenzerkrankung weit fortgeschritten ist und eine immer umfassendere Betreuung nötig macht, stoßen Angehörige irgendwann an ihre Grenzen. Dann kann der Umzug in eine Einrichtung, in der Pflege, Betreuung und medizinische Versorgung durch Fachkräfte möglich ist, für alle Beteiligten die bessere Lösung sein. Die Entscheidung zum Umzug in ein Pflegeheim oder eine betreute Wohngemeinschaft fällt oft nicht leicht - zumal es eine Weile dauern kann, bis eine geeignete Einrichtung gefunden ist.