Epilepsien gehören zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Bei einem Teil der Betroffenen lassen sich die Anfälle jedoch nicht ausreichend mit Medikamenten kontrollieren. Für diese Patienten mit therapierefraktärer fokaler Epilepsie eröffnen sich neue Möglichkeiten durch innovative Therapieansätze wie die Neurostimulation. Ein vielversprechendes Verfahren ist die epikraniale Neurostimulation mit dem EASEE®-System.
Was ist EASEE®?
EASEE® steht für "Epicranial Application of Stimulation Electrodes for Epilepsy". Es handelt sich um einen minimalinvasiven Hirnschrittmacher, der speziell für die Behandlung von fokalen Epilepsien entwickelt wurde. Das System besteht aus einer dünnen Elektrode, die unter die Kopfhaut gelegt wird, und einem Taktgeber, der bioelektrische Pulse zum Ursprungsort der Epilepsie im Gehirn sendet.
Funktionsweise
EASEE® wirkt, indem es therapeutische Ströme in abgegrenzte Zielbereiche des Gehirns leitet. Die innovative Elektrodenanordnung ermöglicht eine fokussierte Stimulation des Gehirns von außerhalb des Schädelknochens. Dabei kommen zwei Stimulationsarten zum Einsatz:
Hochfrequente Reizungen: Sie können die Aktivität von Neuronen direkt beeinflussen und epileptische Entladungsmuster unterdrücken.
Gleichstromartige Pulse: Sie sollen die Gehirnaktivität langfristig stabilisieren.
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Die Stimulationsparameter können individuell angepasst werden, um die optimale Therapieeinstellung für jeden Patienten zu finden. Patient:innen erhalten zudem die Möglichkeit, zusätzliche Pulse einzusetzen, wenn die Situation es erfordert.
Vorteile von EASEE®
- Minimalinvasiv: Die Implantation der Elektrode erfolgt minimalinvasiv unter die Kopfhaut.
- Nicht spürbar: Das komplette System arbeitet im Verborgenen und ist für den Patienten nicht spürbar.
- Volle Bewegungsfreiheit: EASEE® erlaubt volle Bewegungsfreiheit.
- Individuell anpassbar: Die Stimulationsparameter können individuell angepasst werden.
- Fokussierte Stimulation: Die innovative Elektroden-Anordnung ermöglicht eine fokussierte Stimulation des Gehirns, ohne es zu berühren.
Studienergebnisse und Erfahrungen mit EASEE®
Die Sicherheit und Wirksamkeit von EASEE® wurden in zwei europäischen multizentrischen Studien belegt. Die Auswertung der Daten nach 6 Monaten zeigte bei 28 von 33 Patienten eine Reduktion der Anfälle, bei 17 von 33 eine reduzierte Anfallshäufigkeit um mindestens 50 %. Vier Patienten waren zum selben Zeitpunkt anfallsfrei. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass EASEE® eine vielversprechende neue Option bei therapierefraktären fokalen Epilepsien darstellt.
EASEE®-PEARL-Studie
Um die Datenlage zur Wirksamkeit von EASEE® in einem großen Kollektiv über drei Jahre zu erweitern, wurde die EASEE®-PEARL-Studie (Providing Early Assessment in Real Life) ins Leben gerufen. Diese Beobachtungsstudie soll Erfahrungswerte mit dem kommerziell verfügbaren EASEE®-System im Real World-Setting sammeln. Dabei werden Effektivität und Verträglichkeit der Stimulationsbehandlung über einen längeren Zeitraum bei Patientinnen und Patienten mit therapierefraktärer fokaler Epilepsie untersucht.
An der PEARL-Studie nehmen bis zu 135 erwachsene Patienten mit fokalen Epilepsien teil, denen mit Medikamenten nicht ausreichend geholfen werden kann und für die eine gehirnchirurgische Entfernung von Gehirngewebe nicht infrage kommt. Die Studienteilnahme ist in mehreren Epilepsiezentren in Deutschland möglich.
Weitere Studien zur Epilepsiebehandlung
Neben der EASEE®-PEARL-Studie werden derzeit weitere Studien zur Behandlung von Epilepsie durchgeführt. Dazu gehören:
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STARS-Studie: Eine doppelblinde, randomisierte, placebo-kontrollierte Phase 3-Studie mit Alprazolam (Staccato®) zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Alprazolam bei Patienten mit stereotypen, prolongierten Anfällen.
ToSEE-Studie: Eine prospektive, multizentrische, doppelblinde, randomisierte Medikamentenvergleichsstudie (Valproat vs. Levetiracetam) zur Identifikation einer wirksamen und sicheren Therapie des Status epilepticus in der älteren Bevölkerungsgruppe.
X-TOLE2-Studie: Eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebo-kontrollierte Phase 3-Studie zur Bewertung der klinischen Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von XEN1101 als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit therapierefraktärer fokaler Epilepsie.
X-ACKT-Studie: Eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebo-kontrollierte Phase 3-Studie zur Bewertung der klinischen Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von XEN1101 als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen.
German Registry of Antiepileptic Drugs in Pregnancy with Epilepsy (GRAPE): Ein Schwangerschaftsregister zum Vergleich der Sicherheit verschiedener Antiepileptika für das ungeborene Kind.
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Therapieoptionen bei schwer behandelbaren Epilepsien
Im Rahmen einer rationalen Pharmakotherapie bei schwer behandelbaren Epilepsien ist es essenziell, therapeutische Spielräume konsequent zu nutzen. Wenn eine Pharmakoresistenz systematisch geprüft wurde, steht als zweite Therapiesäule die Epilepsiechirurgie zur Verfügung. Für nicht operable Patienten stellen Neurostimulationsverfahren eine dritte Therapiesäule dar.
Pharmakotherapie
Die häufigste Behandlungsmethode für Epilepsie sind Medikamente. Es gibt viele verschiedene Antiepileptika, die auf unterschiedliche Weise wirken. Einige blockieren Natriumkanäle, andere verstärken die Wirkung von GABA oder hemmen die Freisetzung von Glutamat.
Epilepsiechirurgie
Die Epilepsiechirurgie ist eine potenziell kurative Therapieoption für geeignete Patienten. Ziel ist es, durch die Resektion des epileptogenen Gewebes eine optimale Anfallskontrolle zu erreichen. Eine multimodale Diagnostik ist erforderlich, um die epileptogene Zone zu identifizieren.
Neurostimulation
Neurostimulationsverfahren wie die Vagusnervstimulation (VNS) und die tiefe Hirnstimulation werden eingesetzt, um indirekte Einflüsse auf die allgemeine Krampfschwelle oder auf die Propagation der Anfälle auszuüben. Ein neuartiges Verfahren zur epikranialen (subgalealen) gezielten Fokusstimulation (EASEE®) befindet sich derzeit in klinischer Erprobung.
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