Donanemab (Kisunla): Ein neuer Hoffnungsschimmer in der Alzheimer-Therapie mit Einschränkungen

Das Alzheimer-Medikament Donanemab, unter dem Handelsnamen Kisunla von dem US-Pharmaunternehmen Eli Lilly vertrieben, hat in der Alzheimer-Forschung für Aufsehen gesorgt. Als ein Antikörpermedikament zielt es auf die Amyloid-Plaques ab, die als eine der Hauptursachen der Alzheimer-Krankheit gelten. Im Folgenden werden die Wirkungsweise, die Studienergebnisse, die Verfügbarkeit und die Einschränkungen von Donanemab beleuchtet.

Wirkungsweise von Donanemab

Donanemab ist ein monoklonaler Antikörper, der spezifisch an eine Form von Beta-Amyloid bindet, die sich bereits in Form von Plaques an den Zellen angelagert hat. Der Wirkstoff erkennt eine besonders giftige Form des Peptids Amyloid-beta (Pyroglutamat-Amyloid-beta) und setzt eine Immunreaktion in Gang, die darauf abzielt, die Plaques abzubauen und aus dem Gehirn zu entfernen. Durch diese Bindung wird das körpereigene Immunsystem aktiviert, welches die Plaques gezielt abbauen und aus dem Gehirn entfernen kann. Ziel ist es, den geistigen Verfall bei Menschen im Frühstadium der von Alzheimer zu verzögern. Die Endung des Medikaments, "MAB", steht für "monoclonal antibody", was auf die Wirkungsweise als monoklonaler Antikörper hinweist.

Studienergebnisse und Wirksamkeit

Die Entwicklung von Donanemab stützt sich maßgeblich auf die TRAILBLAZER-ALZ-2 Studie, eine Phase-3-Studie, deren Ergebnisse am 3. Mai 2023 von Eli Lilly veröffentlicht und am 17. Juli 2023 im Journal of the American Medical Association (JAMA) publiziert wurden. In einer klinischen Studie mit über 1700 Teilnehmenden zeigte sich, dass Probanden, die Donanemab erhielten, im Vergleich zur Placebogruppe rund 35 Prozent weniger kognitive Beeinträchtigungen aufwiesen. Zudem waren die mit dem Medikament Behandelten bei Aktivitäten des Alltags um etwa 40 Prozent weniger beeinträchtigt. Die Ergebnisse zeigten, dass Donanemab die schädlichen Amyloid-Ablagerungen effektiv abbauen und den geistigen Abbau verlangsamen konnte.

Christian Haass, Leiter der Abteilung für neurodegenerative Erkrankungen an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, bewertete die Ergebnisse als vielversprechend. Er betonte, dass Donanemab nun der zweite Anti-Aβ-Antikörper sei, der ganz klar den Gedächtnisverlust verlangsame.

Es konnte gezeigt werden, dass nach Entfernung der Amyloid-Ablagerungen die Behandlung beendet werden konnte, was die Therapiedauer verkürzt und Kosten reduziert. Die TRAILBLAZER-ALZ-6-Studie zeigte, dass ein vorsichtiges, langsames Steigern der Dosis zu Beginn das Risiko für Nebenwirkungen im Gehirn verringern kann, ohne die Wirksamkeit zu beeinträchtigen.

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Laut Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), ist die Wirksamkeit von Kisunla in den Zulassungsstudien etwas höher gewesen als die von Lecanemab. Innerhalb von 18 Monaten sei ein Gewinn von vier bis sechs Monaten erreicht worden.

Verfügbarkeit und Zulassung

Donanemab (Kisunla) hat die EU-Zulassung seit dem 25. September 2025 und ist seit kurzem auch in Deutschland verfügbar. Nur wenige Wochen nach der EU-Zulassung können Patienten mit Alzheimer im Frühstadium die Behandlung beginnen, teilte der Hersteller Eli Lilly mit. An der Universitätsklinik RWTH Aachen sollen in ein bis zwei Wochen bereits erste Erkrankte behandelt werden, sagte der Neurologe Jörg B. Schulz, Direktor der Klinik für Neurologie an der RWTH.

Allerdings kommt nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Alzheimer-Betroffenen für eine Behandlung infrage. Geschätzt erfüllt nur etwa einer von 100 Menschen mit Alzheimer-Demenz alle Voraussetzungen für die Behandlung. "Vermutlich wird die Zahl eher niedriger sein", nimmt Berlit an.

Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz können in den USA nun mit dem Antikörper Donanemab behandelt werden.

Einschränkungen und Risiken

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse ist Donanemab kein Wundermittel und birgt Risiken.

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Nebenwirkungen

Donanemab hat im Gegensatz zu anderen Antikörper-Medikamenten relativ starke Nebenwirkungen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, allergische Reaktionen während oder nach der Infusion und potenziell ernsthafte Veränderungen im Gehirn, sogenannte ARIA (Amyloid Related Imaging Abnormalities), die Hirnschwellungen (ARIA-E) oder Hirnblutungen (ARIA-H) bedeuten können. Diese Nebenwirkungen traten bei 37 Prozent der Proband*innen auf, in den meisten Fällen allerdings symptomlos. In einer Pressemitteilung äußerte sich die Alzheimer Forschung Initiative zeitnah zur US-Zulassung von Donanemab. Deren stellvertretende Geschäftsführerin, Dr. Linda Thienpont, ist der Meinung, dass die Zulassung von Donanemab für viele Alzheimer-Patienten leider kein großer Durchbruch ist. Für die Forschung ist die Zulassung von Donanemab laut Thienport aber ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

Bei mehr als eineinhalb Prozent der Probanden trat eine ernsthafte Hirnschwellung oder Hirnblutung auf. Laut Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), ist das Risiko für Veränderungen im Gehirn - etwa Ödeme oder Mikroblutungen - unter Donanemab höher als bei Lecanemab.

Geeignete Patientengruppe

Kisunla kann bei Menschen im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, das heißt bei Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) und leichter Alzheimer-Demenz, bei denen Amyloid-Plaques im Gehirn nachgewiesen wurden. Bevor Kisunla verabreicht werden kann, muss nachgewiesen werden, dass sich bereits Amyloid-Plaques im Gehirn gebildet haben.

Die EU-Kommission empfiehlt das neue Medikament nur für Patientinnen und Patienten, die diese Genvariante entweder gar nicht oder nur einmal in sich tragen. Menschen mit zwei Kopien dieses Gens sind ausgeschlossen. Auch Personen, die Antithrombotika (z. B. Aspirin) einnehmen, müssen dies mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt abklären. Kisunla darf nicht eingesetzt werden, wenn im MRT vor der Behandlung Blutungen oder andere Veränderungen im Gehirn sichtbar sind, dazu zählen zum Beispiel mehr als vier Mikroblutungen, Ablagerungen durch alte Blutungen (sogenannte Siderose) oder Schwellungen im Gehirn. Eine fortgeschrittene Erkrankung, bestimmte genetische Faktoren und auch die Einnahme von Gerinnungshemmern schließen eine Nutzung aus. Die Behandlung mit Donanemab ist aufwendig, unter anderem weil die Patienten regelmäßig auf Nebenwirkungen kontrolliert werden müssen. Die Therapie darf nur von Ärztinnen und Ärzten begonnen werden, die Erfahrung mit Alzheimer-Diagnostik und Zugang zu Untersuchungen per Magnetresonanztomografen (MRT) haben.

Keine Heilung

Kisunla kann Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf stoppen. Es kann helfen, das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit zu verlangsamen, so dass die Selbstständigkeit länger bewahrt werden kann. Studien haben eine Verlangsamung des geistigen Abbaus durch Donanemab um 35 Prozent nachgewiesen. Dabei geht es um eine Verzögerung von vier bis sieben Monaten. Ob diese moderate Wirkung für die Betroffenen selbst überhaupt spürbar ist, ist unklar.

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Geschlechtsspezifische Unterschiede

Bei Leqembi gibt es Hinweise aus Studien, dass die Wirksamkeit bei Männern höher sein könnte als bei Frauen. Für Kisunla liegen solche Unterschiede bislang nicht vor. Es ist noch nicht abschließend erforscht, ob das Geschlecht bei der Wahl einer Therapie künftig eine Rolle spielt. Zusätzlich habe sich gezeigt, dass bei beiden Substanzen die Wirksamkeit bei Frauen geringer ausfalle als bei Männern.

Vergleich zu Lecanemab

Mit den Antikörpern Leqembi und Kisunla sind erstmals Medikamente verfügbar, die an einer der möglichen Hauptursachen von Alzheimer ansetzen: den Amyloid-Plaques, wobei sich Leqembi an lösliche Formen von Beta-Amyloid bindet, während Kisunla spezifisch an eine Form von Beta-Amyloid bindet, die sich bereits in Form von Plaques an den Zellen angelagert hat. Laut Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, ist die Wirksamkeit von Kisunla in den Zulassungsstudien etwas höher gewesen als die von Lecanemab.

Ein wichtiger Unterschied zwischen Leqembi und Kisunla besteht in der Häufigkeit der Verabreichung und der Therapiedauer:

  • Kisunla wird alle vier Wochen verabreicht, das Ende der Therapie ist nach spätestens 18 Monaten.
  • Leqembi wird alle zwei Wochen gegeben und ist als Dauertherapie angelegt. Leqembi weist eine geringere Rate an symptomatischen ARIAs auf, zeigt aber in Studien geschlechtsspezifische Unterschiede (geringere Wirksamkeit bei Frauen).

Die Rolle von Amyloid in der Alzheimer-Forschung

Die Entwicklung von Medikamenten wie Donanemab, die auf die Amyloid-Plaques im Gehirn abzielen, basiert auf der Amyloid-Hypothese. Diese Hypothese besagt, dass die Ablagerung von Amyloid-Beta-Peptiden im Gehirn eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit spielt. Allerdings haben nicht alle Studien, die auf die Reduktion von Amyloid-Plaques abzielen, zu einer deutlichen Verbesserung der kognitiven Funktionen geführt. Dies hat zu einer Debatte darüber geführt, ob Amyloid tatsächlich das richtige Ziel für die Behandlung ist.

Es gibt Hinweise darauf, dass die Verminderung der Amyloidablagerungen allein nicht ausreicht, um die Krankheit aufzuhalten. Die Entwicklung von neuen Therapieformen gegen die Alzheimer-Krankheit konzentriert sich jetzt auch auf die Ablagerungen des Tau-Proteins. Diese stehen in einem viel engeren Zusammenhang mit dem Schweregrad der Symptome als das Amyloid.

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