Entzündung im Rückenmark: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Entzündungen des Rückenmarks, auch Myelitis genannt, sind seltene, aber schwerwiegende Erkrankungen, die das zentrale Nervensystem betreffen. Sie können durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, darunter Infektionen, Autoimmunerkrankungen und andere Faktoren. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung von Rückenmarksentzündungen.

Was ist eine Entzündung des Rückenmarks?

Myelitis ist der medizinische Fachbegriff für eine Entzündung des Rückenmarks. Das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems, der im Spinalkanal innerhalb der Wirbelsäule verläuft. Es besteht aus grauer und weißer Substanz. Die graue Substanz enthält die Nervenzellkörper, während die weiße Substanz die Nervenfasern enthält, die Signale zwischen Gehirn und Körper übertragen.

Ursachen von Rückenmarksentzündungen

Die Ursachen für eine Entzündung des Rückenmarks können vielfältig sein. In vielen Fällen lässt sich keine eindeutige Ursache finden (idiopathische Myelitis). Zu den möglichen Ursachen gehören:

  • Infektionen: Verschiedene Erreger wie Viren (z. B. Herpesviren, Enteroviren, Coxsackie-Viren, FSME-Virus, Poliovirus, Epstein-Barr-Virus, HI-Virus), Bakterien (z. B. Erreger von Syphilis, Tuberkulose, Borreliose), Parasiten (z. B. Auslöser der Bilharziose) und Pilze können direkt das Rückenmark entzünden. Manchmal entsteht eine Myelitis auch indirekt durch eine fehlgeleitete Immunreaktion auf eine Infektion (parainfektiöse oder postinfektiöse Myelitis), wie sie beispielsweise bei Masern, Mumps, Röteln oder einer Herpesinfektion auftreten kann. Eine Infektion kann auch über das Blut erfolgen (metastatische Myelitis, z. B. bei einer Sepsis).
  • Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe an. Dies kann zu einer Entzündung des Rückenmarks führen, wie sie beispielsweise bei Multipler Sklerose (MS), Neuromyelitis optica (NMOSD), systemischem Lupus erythematodes, Sarkoidose, Vaskulitis oder Kollagenosen beobachtet wird.
  • Impfungen: In seltenen Fällen kann sich nach einer Schutzimpfung eine Rückenmarksentzündung entwickeln (postvakzinale Myelitis). Auch hier spielen fehlgeleitete Abwehrreaktionen eine Rolle.
  • Krebserkrankungen: Im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung kann eine paraneoplastische Myelitis auftreten, bei der das Immunsystem fälschlicherweise auch das Rückenmark angreift.
  • Weitere Ursachen: Vergiftungen (z. B. mit Blei) oder physikalische Einwirkungen (z. B. Strahlentherapie) können ebenfalls eine Myelitis verursachen.

Arten von Rückenmarksentzündungen

Rückenmarksentzündungen (Myelitiden) lassen sich entweder nach ihrem Verteilungsmuster oder nach ihrer Lokalisation einteilen:

Einteilung nach dem Verteilungsmuster:

  • Transversale Myelitis (Querschnittsmyelitis): Die Entzündung dehnt sich in einem oder mehreren angrenzenden Rückenmarkssegmenten diffus über den ganzen Querschnitt des Rückenmarks aus. Betroffen ist vor allem das Rückenmark der Brustwirbelsäule. Die Symptome können bis zu einer vollständigen Querschnittslähmung fortschreiten.
  • Disseminierte Myelitis: Die Myelitis verteilt sich hier auf mehrere einzelne Entzündungsherde.

Einteilung nach der Lokalisation:

  • Leukomyelitis: Hier ist die weiße Substanz des Rückenmarks entzündet. Vor allem Rückenmarksentzündungen, die bei oder nach einer Infektionskrankheit auftreten, entsprechen einer Leukomyelitis.
  • Poliomyelitis: Darunter versteht man eine Entzündung der grauen Substanz des Rückenmarks. Im engeren Sinne steht der Begriff Poliomyelitis für die Kinderlähmung (Poliomyelitis epidemica oder P. anterior acuta).
  • Querschnittsmyelitis: Bei der bereits oben erwähnten Querschnittsmyelitis (transversalen Myelitis) ist das Rückenmark über den ganzen Querschnitt entzündet, also sowohl im Bereich der grauen als auch weißen Substanz.
  • Myeloradikulitis: Sind am Rückenmark entspringende Nervenwurzeln in die Entzündungsprozesse einbezogen, sprechen Mediziner von Myeloradikulitis.
  • Meningomyelitis: Myelitis mit Entzündung der Rückenmarkshäute.

Symptome einer Rückenmarksentzündung

Die Symptome einer Rückenmarksentzündung können vielfältig sein und hängen von der Ursache, der Lokalisation und dem Ausmaß der Entzündung ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

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  • Motorische Symptome: Muskelschwäche, Lähmungen (bis hin zur Querschnittslähmung), Spastik
  • Sensorische Symptome: Kribbeln, Taubheitsgefühle, Schmerzen, Missempfindungen
  • Vegetative Symptome: Blasen- und Darmfunktionsstörungen (z. B. Harninkontinenz, Verstopfung), sexuelle Funktionsstörungen, Herz-Kreislauf-Regulationsstörungen, Atemversagen
  • Allgemeine Symptome: Fieber, Rückenschmerzen, Erschöpfung (Fatigue), Depressionen

Die Symptome entwickeln sich meist innerhalb von Stunden bis Tagen, können sich aber auch langsamer entwickeln.

Diagnose einer Rückenmarksentzündung

Bei Verdacht auf eine Rückenmarksentzündung wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und eine neurologische Untersuchung durchführen. Dabei werden unter anderem die Reflexe, die Muskelkraft und die Sensibilität geprüft.

Zur weiteren Abklärung werden bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt, um das Rückenmark darzustellen und Entzündungsherde zu identifizieren. In der MRT können Entzündungsherde im Rückenmark gut erkannt werden. Eine Computertomographie (CT) kann zur Beurteilung der Knochenstabilität durchgeführt werden.

Zusätzlich werden Blut- und Nervenwasseruntersuchungen (Liquordiagnostik) durchgeführt, um die Ursache der Entzündung zu ermitteln. Bei der Liquordiagnostik wird eine Probe des Nervenwassers aus dem Rückenmarkskanal entnommen und im Labor analysiert. Dabei werden unter anderem die Zellzahl, der Eiweißgehalt und das Vorhandensein von Antikörpern oder Erregern untersucht.

Differentialdiagnosen

Bei der Abklärung einer Myelitis müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome verursachen können. Zu diesen Differentialdiagnosen zählen unter anderem:

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  • Nicht-entzündliche Rückenmarkserkrankungen (Myelopathien)
  • Spinale Ischämie (Durchblutungsstörung des Rückenmarks)
  • Epiduralabszess oder Epiduralblutung an der Wirbelsäule
  • Guillain-Barré-Syndrom

Behandlung einer Rückenmarksentzündung

Die Behandlung einer Rückenmarksentzündung richtet sich nach der Ursache der Erkrankung.

  • Infektiöse Myelitis: Bei bakteriellen Infektionen werden Antibiotika eingesetzt, bei viralen Infektionen Virostatika.
  • Autoimmun bedingte Myelitis: Hier kommen entzündungshemmende Medikamente wie Glukokortikoide (Kortison) zum Einsatz. Bei schweren Verläufen kann eine Plasmapherese (Blutwäsche) oder Immunadsorption erforderlich sein. Bei Grunderkrankungen wie Multipler Sklerose oder Neuromyelitis optica sind weitere Therapiemaßnahmen notwendig.
  • Idiopathische Myelitis: Auch hier werden in der Regel Glukokortikoide eingesetzt.

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie ist eine intensive Rehabilitation wichtig, um dieFunktionen wiederherzustellen undFolgen der Entzündung zu minimieren. Physiotherapie, Ergotherapie undLogopädie können helfen,Muskelschwäche,Spastizität,Koordinationsstörungen und Sprachstörungen zu verbessern.

Prognose einer Rückenmarksentzündung

Die Prognose einer Rückenmarksentzündung ist sehr variabel und hängt von der Ursache, dem Ausmaß der Entzündung, dem Zeitpunkt des Therapiebeginns und dem Ansprechen auf die Behandlung ab.

In einigen Fällen kann sich der Zustand der Patienten vollständig erholen, in anderen Fällen bleiben mehr oder weniger ausgeprägte neurologische Symptome bestehen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sowie eine intensive Rehabilitation können die Prognose verbessern.

Eine akute Querschnittsmyelitis, die sehr weit oben an der Wirbelsäule auftritt, kann lebensbedrohlich sein (Atemlähmung).

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Transverse Myelitis

Die transverse Myelitis (TM) ist eine spezielle Form der Rückenmarksentzündung, bei der sich die Entzündung über den gesamten Querschnitt des Rückenmarks erstreckt. Sie kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, darunter Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose und Neuromyelitis optica, Infektionen oder Impfungen.

Die Symptome einer transversen Myelitis sind ähnlich denen einer allgemeinen Rückenmarksentzündung, können aber aufgrund der Querschnittsbeteiligung besonders schwerwiegend sein.

Die Diagnose und Behandlung der transversen Myelitis entsprechen den oben beschriebenen Prinzipien.

Neuromyelitis optica (NMOSD)

Die Neuromyelitis optica (NMOSD) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die vor allem das Rückenmark und die Sehnerven betrifft. Sie wurde früher als Sonderform der Multiplen Sklerose angesehen, gilt aber heute als eigenständiges Krankheitsbild.

Bei NMOSD werden Autoantikörper gegen Aquaporin 4 (AQP4) gebildet, ein Eiweiß, das in bestimmten Zellen des Gehirns und Rückenmarks vorkommt. Diese Antikörper führen zu Entzündungen und Schädigungen des Gewebes.

Die Symptome der NMOSD können vielfältig sein und umfassen Sehstörungen, Muskelschwäche, Lähmungen, Sensibilitätsstörungen, Blasen- und Darmfunktionsstörungen sowie das Area-postrema-Syndrom (Übelkeit, Erbrechen).

Die Diagnose der NMOSD erfolgt anhand von MRT-Untersuchungen und dem Nachweis von AQP4-Autoantikörpern im Blut.

Die Behandlung der NMOSD zielt darauf ab, die Entzündung zu unterdrücken und weitere Schübe zu verhindern. Dazu werden entzündungshemmende Medikamente wie Glukokortikoide und Immuntherapeutika eingesetzt.

Multiple Sklerose (MS)

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. Bei MS greift das Immunsystem die Myelinscheiden der Nervenfasern an, was zu Entzündungen und Schädigungen führt.

Die Symptome der MS können sehr vielfältig sein und hängen von der Lokalisation der Entzündungsherde ab. Häufige Symptome sind Sehstörungen, Taubheit, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Sprechstörungen, Koordinationsschwierigkeiten, Spastik und Blasenstörungen.

Die Diagnose der MS erfolgt anhand von MRT-Untersuchungen, Nervenwasseruntersuchungen und neurologischen Untersuchungen.

Die Behandlung der MS zielt darauf ab, die Entzündung zu unterdrücken, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Dazu werden verschiedene Medikamente und Therapien eingesetzt.

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