Epilepsie: Synonyme, Ursachen, Diagnose und Behandlung

Einführung

Epilepsie, auch bekannt als Fallsucht oder Anfallsleiden, ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch eine vorübergehende Störung der elektrischen Aktivität im Gehirn, bei der Nervenzellen übermäßig entladen werden. Obwohl Epilepsie zu den häufigsten Erkrankungen des Zentralnervensystems zählt, sind viele Aspekte der Erkrankung noch nicht vollständig geklärt.

Was ist Epilepsie?

Die Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, in der einzelne Bereiche überaktiv sind. Dies drückt sich in episodischen Anfällen aus. Die Epilepsie ist eine Funktionsstörung des Gehirns, bei der es durch kurzzeitige übermäßige Entladung von Nervenzellen zu krampfartigen Anfällen kommt. Auch gesunde Menschen können infolge starker Reize wie Vergiftungen, Stromschlägen oder hohem Fieber epileptische Anfälle erleiden.

Synonyme für Epilepsie

Andere Namen für die Erkrankung sind „Fallsucht“ oder „Anfallsleiden“. Das Wort Epilepsie stammt aus dem Griechischen und bedeutet „plötzlich heftig ergriffen und überwältigt" zu werden.

Epidemiologie der Epilepsie

Obwohl Epilepsie zu den häufigsten Erkrankungen des Zentralnervensystems zählt, sind aussagekräftige epidemiologische Untersuchungen nur aus wenigen Teilen Europas verfügbar. Diese sprechen für eine Krankheitshäufigkeit zwischen 4,5 und 5 Fällen pro 1.000 Bewohner, wobei in der Gruppe der 20- bis 64-Jährigen etwa 6 Fälle und in der Gruppe 65 und älter etwa 7 Fälle pro 1.000 Bewohner auftreten. Bei etwa 20 bis 30 % der Epileptiker treten Anfälle monatlich auf. Epilepsie tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen, da diese in der Regel verstärkt Risikofaktoren ausgesetzt sind, die zu Verletzungen oder Anfällen führen. Epilepsie kann in allen Bevölkerungsschichten auftreten, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, sozialem Status, Bildung oder Ernährungsgewohnheiten. Die einzigen Faktoren, die eine Häufung der Fälle in bestimmten Regionen der Erde erklären, sind in der medizinischen Versorgung sowie den hygienischen Bedingungen des jeweiligen Landstrichs begründet. Infektionsbedingte Epilepsien treten in Regionen mit unzureichendem Hygienestandard häufiger auf.

Ursachen und Auslöser von Epilepsie

Die Ursache der Epilepsie ist eine Veränderung im Gehirn, die sich in immer wieder auftretenden epileptischen Anfällen äußert. Eine Epilepsie kann bereits in der Kindheit ausheilen oder ein Leben lang bestehen bleiben. Manche Formen der Epilepsie kommen vor allem bei geistig behinderten Menschen vor, doch die meisten Menschen mit Epilepsie sind geistig völlig normal entwickelt. Häufig ist die Ursache der Epilepsie unbekannt. Die Epilepsie kann bei erblicher Bereitschaft zu epileptischen Anfällen auftreten oder durch angeborene oder erworbene Hirnschädigung verursacht bzw. ausgelöst werden.

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Auslöser von epileptischen Anfällen sind plötzliche elektrische Entladungen vieler Nervenzellen im Gehirn gleichzeitig. Diese vorübergehende Störung kann durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden wie z. B.:

  • Alkoholentzug
  • Fieber
  • Gehirn- oder Hirnhautentzündung (Enzephalitis, Meningitis)
  • Hirnblutung
  • Hirnverletzung durch Unfall
  • Massiver Blutzuckerabfall
  • Sauerstoffmangel während der Geburt
  • Schlaganfall
  • Stoffwechselstörung des Gehirns
  • Tumor oder Fehlbildung in der Hirnentwicklung
  • Vergiftungen

Die Rolle von Neurotransmittern bei Epilepsie

Die Nervenzelle erhält ein Signal, wenn Neurotransmitter einer benachbarten Nervenzelle an spezielle Rezeptoren binden. Durch Öffnung von Kalzium- bzw. Natriumkanälen innerhalb der Membran strömen vermehrt positiv geladene Ionen (Natrium, Kalzium) in die Zelle und ändern die Ladung des im Ruhezustand negativ geladenen Zellinnern. Dieser elektrische Impuls gibt der Nervenzelle das Signal, die in Vesikeln gespeicherten Neurotransmitter auszuschütten, sodass diese an Rezeptoren der nächsten Nervenzelle binden können. Wichtige Nerven-stimulierende Neurotransmitter sind z.B. die Aminosäuren Glutamat und Aspartat. Welche Vorgänge bei Epilepsie genau vonstattengehen, ist nach wie vor nur unvollständig geklärt. Sowohl eine erhöhte Erregbarkeit der Nerven als auch eine abnorme, gleichzeitige Aktivität mehrerer Nervenfasern scheint für das Auftreten epileptischer Anfälle verantwortlich zu sein. Hierbei spielt wahrscheinlich ein Ungleichgewicht zwischen stimulierenden und hemmenden Prozessen bei der Reizweiterleitung eine Rolle. Störungen bei der Synthese oder beim Abbau von erregungsfördernden bzw. verminderte bzw.

Klassifizierung und Anfallsformen

Die Klassifizierung der Epilepsie gestaltet sich schwierig, da die Ausprägung der Krankheit bzw. der Anfälle sehr unterschiedlich sein kann. Die Einteilung in fokal und generalisiert hilft, die vielfältigen Symptome einzelnen Anfallsformen zuzuordnen und eine entsprechende Therapie zu wählen. Besonders im Kindes- und Jugendalter können auch mehrere Anfallstypen gleichzeitig auftreten.

Fokale Anfälle

Hierbei geht der epileptische Anfall von einer abgrenzbaren Region (Herd) des Gehirns aus. Dieser kann teilweise anhand der Symptome lokalisiert werden.

  • Einfache fokale Anfälle: Bei dieser Form der Anfälle ist das Bewusstsein des Betroffenen nicht getrübt. Er kann während des Anfalls auf äußere Reize, wie z.B. die Aufforderung den Arm zu heben, reagieren und erinnert sich ganz oder zumindest teilweise an Details, die er im Anschluss beschreiben kann. Da der Ursprung des Anfalls sich auf ein Gehirnhälfte bzw. Gehirnregion beschränkt, sind Symptome wie Muskelzuckungen meist einseitig und auf einen Punkt wie z.B. eine Gesichtshälfte beschränkt. In einigen Fällen können sich die Symptome auch auf andere Körperregionen ausbreiten („Jackson-Anfall“) und die Muskelzuckungen beispielsweise von der Gesichtshälfte auf den Arm übergehen.
  • Komplexe fokale Anfälle: Bei diesen Anfällen ist der Betroffene zwar bei Bewusstsein, dieses ist allerdings stark verändert („Dämmerattacke“). Hier kann es beispielsweise zu unbewussten leichten bis heftigen Bewegungen des Körpers, Kauen, Schmatzen, zusammenhanglosen verbalen Äußerungen oder auch zu komplexen Handlungen Entkleiden kommen. Der Betroffene hat in diesem Zustand keine Gewalt über sein Handeln und kann sich im Nachhinein nicht mehr an Details des Anfalls erinnern. Automatismen (z.B. kognitive: „traumhafter Zustand“ mit z.B. Ein einfacher fokaler Anfall kann auch die Aura eines komplexen fokalen Anfalls sein.

Generalisierte Anfälle

Im Gegensatz zu fokalen Anfällen breiten sich generalisierte Anfälle auf beiden Gehirnhälften aus und gehen in der Regel mit starken Bewusstseinseinschränkungen einher.

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  • Absencen: Anfälle mit kurzen Bewusstseinspausen, in denen der Betroffene für einige Sekunden wie „abwesend“ wirkt und kaum auf äußere Reize reagiert (früher „Petit mal“ = kleines Übel). Einfache Absencen treten ohne weitere motorische Symptome auf. Bei komplexen Absencen können zusätzlich beidseitige Muskelzuckungen etwa im Gesicht oder an den Extremitäten auftreten. Muskeln können auch erschlaffen oder verkrampfen.
  • Myoklonische Anfälle: Hierbei kontrahiert die ganze Muskulatur oder größere Muskelgruppen unkoordiniert und ruckartig. Diese bei Kindern und Jugendlichen auftretenden Anfälle sind durch einzelne oder unregelmäßig wiederholte rasche Muskelzuckungen gekennzeichnet. Bei der juvenilen Form im Jugendalter kommt es morgens häufig zu einer Art Wegwerfbewegung die z.B.
  • Tonisch-klonische Anfälle: Diese schweren Anfälle gehen mit einer Kombination aus tonischen sowie klonischen Symptomen einher. Zu Beginn stößt der Betroffene meist einen unwillkürlichen Schrei aus, der durch Verkrampfung von Atemmuskulatur und Stimmlippen verursacht wird. Darauf stürzt der Betroffene zu Boden, da sich die Muskulatur insbesondere der Gliedmaßen verkrampft. Häufig sind der Mund sowie die Augen währenddessen weit geöffnet und die Augäpfel verdreht. Die anfangs blasse Haut verfärbt sich im Laufe des Anfalls infolge der verkrampften Atemmuskulatur bläulich. An die tonische Anspannungsphase knüpft sich eine klonische Phase an, die durch heftige beidseitige Zuckungen am ganzen Körper gekennzeichnet ist. Durch zuckende Bewegungen der Zunge und Kaumuskulatur tritt Schaum aus dem Mund, der durch Bisse auf die Zunge häufig rot wird. Auch Einnässen ist währenddessen möglich. Nach Endigung des Anfalls setzt die Atmung mit heftigem Röcheln wieder ein.

Weitere Anfallsformen

  • Kleiner Anfall (Petit mal): Petit mal Anfälle sind Anfälle mit kurzer Bewusstseinspause, die in der Regel nicht zum Sturz oder Hinfallen führen. Besonders im Kindesalter äußern sich diese „kleinen“ Anfälle oft nur dadurch, dass die Kinder ihre momentane Tätigkeit kurz unterbrechen und abwesend vor sich hinstarren. Hinterher ist ihnen das oft gar nicht bewusst. Anfälle dieser Art werden deshalb häufig als Tagträumerei bezeichnet. In der Pubertät sind heftige, plötzliche Armbewegungen typisch für diese Anfallsart. Erwachsene mit Petit mal Anfällen führen häufig automatisierte - wie maschinengesteuerte - Bewegungen aus, die sie in einer Art Dämmerzustand verrichten.
  • BNS-Krämpfe (West Syndrom): Bei Säuglingen ab drei Monaten kommt es zu plötzlichem Zusammenzucken des Körpers (Blitz), Nicken des Kopfes (Nick) und Nach-vorne-Führen der Arme (Salaam). Diese Anfälle treten üblicherweise kurz vor dem Einschlafen oder kurz nach dem Aufwachen auf und sind nur schwer zu behandeln.
  • Rolando-Epilepsie: Diese Form ist die häufigste Epilepsieform im Kindesalter. Bei Schulkindern vor der Pubertät treten die Anfälle vor allem nachts mit Gesichtszuckungen und Sprechschwierigkeiten auf. Häufig kommen die Kinder - scheinbar wach - ins elterliche Schlafzimmer, sind aber nicht in der Lage zu sprechen. Typisch ist zudem ein herabhängender Mundwinkel mit herauslaufendem Speichel. Die Kinder berichten später, von einem seltsamen Gefühl im Mund geweckt worden zu sein.
  • Großer Anfall (Grand mal): Der Grand mal ist die Form des epileptischen Anfalls, den die meisten Menschen mit Epilepsie verbinden. Beim großen Anfall werden die Betroffenen plötzlich bewusstlos, fallen zu Boden, versteifen sich und zucken mit Armen und Beinen. Die Atmung kann unregelmäßig sein, die Haut sich blau verfärben. Dieser große Anfall dauert mitunter minutenlang an. Danach fallen die Betroffenen oft in tiefen Schlaf, aus dem sie benommen wieder erwachen. Urin geht meistens unwillkürlich ab, Stuhl seltener. So bedrohlich der Grand-mal-Anfall auch aussieht, lebensgefährlich ist er in der Regel nicht.
  • Fieberkrampf: Der Fieberkrampf bei Kindern ist ein Gelegenheitsanfall, der bei einer fieberhaften Erkrankung auftritt. Dieser Anfall dauert 2 bis 10 Minuten und ist der häufigste zerebrale Anfall im Kindesalter. Typisch ist ein plötzlicher Bewusstseinsverlust, gefolgt von einer muskulären Versteifung, die nach 10 bis 30 Sekunden in Zuckungen übergeht. Es gibt auch Fälle, bei denen die Muskulatur schlaff ist und die Kinder vollkommen ihre Körperspannung verlieren. Das Risiko einer späteren Epilepsie ist bei Kindern, die einmalig einen einfachen Fieberkrampf hatten, nur minimal höher als das ihrer nicht von einem Fieberkrampf betroffenen Altersgenossen.
  • Örtlich begrenzter (fokaler) Anfall: Hierbei kommt es oft zu Zuckungen, die in einer Gesichtshälfte oder in einer Hand beginnen und sich dann allmählich über eine Körperhälfte ausbreiten. Drehbewegungen von Augen, Sehen von Lichtblitzen oder verfremdete Wahrnehmung der Umgebung (z. B. nicht vorhandene Geruchswahrnehmungen, Geschmacksempfindungen oder der Eindruck, die Situation bereits erlebt zu haben - sogenannte Dèja vu-Erlebnisse) sind typisch für den fokalen Anfall. Die Betroffenen bleiben in der Regel bei Bewusstsein. Sie benehmen sich aber häufig einige Minuten lang seltsam: Sie nesteln, schmatzen oder lachen beispielsweise.
  • Status epilepticus: Im Status epilepticus hält ein Anfall über 10 Minuten an oder es folgt in Serie ein Anfall dem anderen, ohne dass sich der Betroffene zwischen den Anfällen erholen kann. Ein solcher Status epilepticus ist lebensbedrohlich und muss vom Arzt medikamentös unterbrochen werden. Bitte verständigen Sie in einem solchen Fall sofort einen Notarzt.

Diagnose von Epilepsie

Ausgangspunkt für die Diagnose einer manifesten Epilepsie ist das Auftreten mindestens eines spontanen Anfalls der nicht durch eine unmittelbar vorangegangene erkennbare äußere Ursache ausgelöst wurde. Starker Alkoholmissbrauch, Drogenkonsum, Infekte, Vergiftungen oder Stromschläge können auch bei gesunden Personen epilepsieähnliche Anfallserscheinungen hervorrufen. Hier kann erst von einer Epilepsie ausgegangen werden, wenn ein vergleichbarer Anfall innerhalb eines Jahres erneut auftritt.Nach der neueren Definition der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) reicht bei eindeutigem EEG-Befund ein einzelner Anfall aus, um die Diagnose zu stellen. Wichtig bei der Anamneseerhebung sind einerseits Fragen zu familiärer Häufung bzw. zu bestehenden und vorangegangenen Erkrankungen sowie zur Art der Anfälle.Sind Epilepsieerkrankungen auch bei Verwanden bekannt, liegt wahrscheinlich eine angeborene Störung bzw. ein Gendefekt zugrunde. Vorangegangene Erkrankungen bzw. Verletzungen des Gehirns oder auch Komplikationen während Schwangerschaft sowie Geburt verweisen auf eine symptomatische Epilepsie.Zur Charakterisierung der Anfälle sind neben dem Betroffenen selbst auch Aussagen von Anfallszeugen wichtig (insbesondere bei Anfällen mit Bewusstseinseinschränkung). Krämpfe? Lähmungen? Sprachstörungen? Zur Diagnose möglicher neurologischer Grunderkrankungen wird eine individuelle Untersuchung verschiedener Nervenfunktionen durchgeführt. Hierbei können z.B.

Apparative Diagnostik

  • EEG (Elektroenzephalogramm): Mithilfe der EEG lassen sich die Hirnströme des Patienten messen und eine Epilepsieveranlagung bzw. -erkrankung ableiten. Dabei werden mit Kochsalzlösung getränkte Elektroden an verschiedenen Stellen des Kopfes platziert, die die elektrische Aktivität des Gehirns registrieren. Das elektrische Signal jeder Elektrode wird umgewandelt und als eine Wellenlinie dargestellt. Beim Gesunden lassen sich je nach Bewusstseinszustand vier verschiedene Wellentypen unterscheiden, die Ausdruck der normalen Gehirnfunktionen sind. Beim Epileptiker treten zusätzliche Spitzen (Spikes) und Zacken (Sharp Waves) auf, die auf eine veränderte Gehirnaktivität verweisen. Insbesondere während eines Anfalls sind diese stark ausgeprägt, lassen sich allerdings auch vereinzelt zwischen den Anfällen nachweisen. Bei besonderen Fragestellungen kann neben der normalen EEG-Untersuchung auch ein Langzeit-EEG bzw. ein Video-EEG erstellt werden. Um mögliche Veränderungen gezielt auszulösen, kann der Patient beispielsweise mit Lichtreizen, Schlafentzug oder Hyperventilation provoziert werden.
  • MRT (Magnetresonanztomografie): Zur Ursachenabklärung ist in den meisten Fällen eine hochauflösende Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfes indiziert. Hier steht die Frage nach einer strukturellen Veränderung des Gehirns als Ursache für die Epilepsie im Vordergrund.

Differenzialdiagnose

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder Krampfanfall automatisch auf Epilepsie hindeutet. Andere Erkrankungen und Zustände können ähnliche Symptome verursachen und müssenDifferentialdiagnostisch ausgeschlossen werden.

Behandlung von Epilepsie

Der Dauereinsatz von Antiepileptika bzw. Antikonvulsiva (Medikamente zur Unterdrückung epileptischer Anfälle) wird erst bei Epilepsie notwendig, also nach wiederholtem Auftreten eines epileptischen Anfalls. Es kann manchmal Monate oder Jahre dauern, bis das geeignete Medikament und die passende Dosierung gefunden werden, weil jeder Mensch anders reagiert. Manchmal bleiben die Therapieversuche auch erfolglos.

Vielverwendete Antiepileptika enthalten die folgenden Wirkstoffe: Carbamazepin, Ethosuximid, Lacosamid, Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Retigabin, Topiramat, Valproinsäure (Valproat) oder Zonisamid. Auch Benzodiazepine werden bei Epilepsie eingesetzt, zum Beispiel Clobazam, Clonazepam, Diazepam und Lorazepam. Nach mehreren anfallsfreien Jahren kann der Arzt die Dosierung der Wirkstoffe in der Regel reduzieren.

Operative Behandlung

Abhängig von der Schwere und Häufigkeit der epileptischen Anfälle kann eine operative Behandlung von Epilepsie die richtige Wahl sein. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:

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  • Operative Entfernung des Anfallsherdes im Gehirn
  • Durchtrennung der Nervenbahnen, über die sich ein Anfall ausbreitet
  • Vagusnerv-Stimulation: Der Vagusnerv (10. Hirnnerv) verbindet das Gehirn mit zahlreichen inneren Organen. Durch elektrische Reizung des Nervs soll die Erregbarkeit des Gehirns beeinflusst werden.
  • Mithilfe eines elektrischen Stimulators innerhalb der Brustwand können elektrische Ströme entweder in festen Intervallen oder durch den Betroffenen in Erwartung eines Anfalls selbst abgegeben werden.
  • Bei einer fokalen Epilepsie, die nicht oder nur unzureichend auf eine medikamentöse Therapie anspricht, kann die auslösende Hirnregion auch vollständig oder teilweise operativ entfernt werden (resektive Verfahren). Dabei ist eine sorgfältige Lokalisation der betroffenen Region mittels EEG notwendig. Eine Anfallsfreiheit ist allerdings nur möglich, wenn die Funktion des Areals eine vollständige Entfernung des betroffenen Gehirngewebes erlaubt. Sind unverzichtbare Regionen wie etwa das Sprachzentrum betroffen, kann ein Eingriff lediglich zu einer Milderung der Anfälle führen.

Ernährungstherapie

Wesentliches Ziel der Ernährungstherapie ist die Abschwächung auftretender Krampfanfälle. Dies ist jedoch nur bedingt erfolgreich. Ernährungstherapeutisch hat sich vor allem die ketogene Diät bzw. die ketogene Ernährung durchgesetzt.

Die Idee, Epilepsie mithilfe einer speziellen Diät zu therapieren, kam bereits in der Antike auf. Frühe Aufzeichnungen des Arztes Hippokrates belegen dessen erfolgreichen Versuch, Epilepsiekranke durch strenges Fasten von ihren Anfällen zu befreien. In den 1920ern erfuhr diese Idee aufgrund mangelnder Antiepileptika eine Renaissance. Der amerikanische Arzt Conklin beispielsweise unterzog seine Patienten einer bis zu 25 Tagen anhaltenden Fastenkur und konnte bei 90 % der unter 10-Jährigen eine Heilung erzielen. Die Erfolgsrate bis zum Erwachsenenalter lag immerhin noch bei 50 %. Untersuchungen zum möglichen Wirkmechanismus des Fastens, führten Wissenschaftler zum Schluss, dass die beim Fasten durch Abbau von Körperfettreserven entstehenden Ketonkörper sich positiv auf die Krankheit auswirken würden. Ausgehend von dieser Schlussfolgerung entwickelte der amerikanische Arzt Russel Wilder eine ketogene Diät, welche durch Zufuhr hoher Fettmengen die Bildung von Ketonkörpern ermöglicht, ohne dass der Patient fasten muss.

  • Ketogene Diät: Durch eine erhebliche Erhöhung des Fett- und Eiweißanteils und Verminderung des Kohlenhydratanteils in der Nahrung kommt es zu verschiedenen Stoffwechselveränderungen im Gehirn, die auf noch nicht genau bekanntem Wege die Anfälle mitunter reduzieren. Die Ketogene Diät muss im Krankenhaus begonnen werden und bedarf regelmäßiger ärztlicher Kontrollen. Bei einigen Patienten zeigen sich verblüffende Erfolge, andere hingegen erzielen gar keinen Gewinn.
  • Atkins-Diät: Die nach dem US-amerikanischen Kardiologen Robert Atkins benannte Diät zeichnet sich durch einen hohen Fett- sowie Eiweißanteil und einen niedrigen Kohlenhydratgehalt aus. In einer prospektiven Studie an Erwachsenen, bei denen die Teilnehmer ermutigt wurden, sich nach Bedarf fettreich zu ernähren und die Kohlenhydratzufuhr auf 15 g/ Tag zu beschränken, berichteten 47 % von einer Abnahme der Anfallshäufigkeit um mehr als 50 % innerhalb von drei Monaten. Zudem kam es bei den Teilnehmern zu einer Gewichtsabnahme, welche die Wirksamkeit der Diät auf die Epilepsie zusätzlich positiv zu beeinflussen schien. Nach Aussage der Autoren stellt sich der Erfolg der Atkins-Diät bereits nach kurzer Zeit ein, sodass diese Form der Ernährungstherapie für etwa zwei Monate probiert und bei Nichterfolg problemlos abgesetzt werden kann.
  • Low-Glycemic-Index-Diät: Eine weitere Low-Carb-Diät die bei Epilepsiepatienten erprobt wurde, ist eine Ernährung auf Basis des glykämischen Indexes. Auch hier führt die Wahl von Lebensmitteln mit einer geringen Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel zu einer Hohen Aufnahme von Fett sowie Eiweiß und zu einer niedrigen Zufuhr an Kohlenhydraten. Neben der größeren Lebensmittelauswahl sowie der leichteren Umsetzung im Kontrast zur ketogenen Epilepsiediät liegt der Vorteil dieser Ernährungsform eindeutig auf der nahezu uneingeschränkten Zufuhr an Gemüse. Unter Auswahl von Lebensmitteln mit einem glykämischen Index von unter 50 % kam es bei 10 von 20 Patienten zu einer Reduktion der Anfälle von über 90 %.

Weitere Behandlungsmethoden

  • Psychotherapeutische Verfahren helfen, mit der Epilepsie im Alltag umzugehen oder am Arbeitsplatz zurecht zu kommen.
  • Biofeedback kann Betroffenen helfen, ihre Anfälle besser zu kontrollieren. Beim Biofeedback lernen Epileptiker, Anzeichen für Anfälle zu spüren und zielgerichtet darauf zu reagieren.

Selbsthilfe und Erste Hilfe bei Epilepsie

Selbsthilfe

  • Erkennen und vermeiden Sie Anfallsauslöser (hierzu gehören die Stroboskop-Blitze in Diskotheken oder auf dem Rummel/Jahrmarkt).
  • Erlernen einer Methode zur Selbstkontrolle (Biofeedback), die auch als Begleitung zu anderen Behandlungsformen eingesetzt werden kann.
  • Eine gesunde Lebensweise ohne Schlafmangel oder Alkoholkonsum senkt bei vielen Epileptikern die Anzahl der Krampfanfälle.
  • Als Epileptiker sollten Sie außerdem einen Notfallausweis bei sich tragen. Am besten kombinieren Sie den Notfallausweis mit einer sogenannten SOS-Kapsel, die an einer Kette um den Hals getragen wird. SOS-Kapseln am Hals fallen Ersthelfern schneller auf als in Taschen oder Geldbörsen verborgene Ausweise.

Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen

  • Bewahren Sie Ruhe.
  • Registrieren Sie die Dauer des Anfalls.
  • Räumen Sie Gegenstände außer Reichweite, die eine Verletzungsgefahr darstellen.
  • Lockern Sie beim Betroffenen beengende Kleidung.
  • Schieben Sie ihm nichts zwischen die Zähne (auch wenn er sich auf die Zunge beißt, Vorsicht Erstickungsgefahr).
  • Hindern Sie den Betroffenen nicht an den Zuckungen.
  • Ein Notarzt ist nur in schwerwiegenden Fällen im Anschluss notwendig (z.B.

Epilepsie im Kindes- und Jugendalter

Bei Ihrem Kind oder Jugendlichen wurde die Diagnose ‚Epilepsie‘ gestellt? Mit dieser Diagnose sind Sie nicht alleine, denn eine Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Sie kann in jedem Alter auftreten, beginnt aber am häufigsten in den ersten Lebensmonaten und dann wieder jenseits des Rentenalters. Die lebenslange Auftretenswahrscheinlichkeit (Prävalenz) einer Epilepsie liegt bei 3-4%. Das häufigste Symptom einer Epilepsie ist ein epileptischer Anfall, bei dem es zu einer synchronen Massenentladung von Nervenzellen im Gehirn kommt. Art, Ausprägung und Dauer eines Anfalls können sehr unterschiedlich sein. Mit den heute zur Verfügung stehenden Therapiemethoden werden etwa drei von vier Epilepsiepatienten anfallsfrei, aber es besteht das Risiko, dass epileptische Anfälle die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen, dass Verhaltensstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen und Lernschwierigkeiten auftreten. Je früher die Epilepsie im Leben beginnt und je länger epileptische Anfälle anhalten, desto höher ist das Risiko für eine kognitive Entwicklungsstörung. Unter bestimmten Bedingungen können epileptische Anfälle mit Verletzungen einhergehen und sogar tödlich enden. Epilepsie ist keine einheitliche Erkrankung, vielmehr verbergen sich unter diesem ‚Regenschirmbegriff‘ eine große Menge an unterschiedlichen Ursachen. Im Kindesalter sind insbesondere genetische Ursachen, durch ‚Sauerstoffmangel‘, Infektionen, Infarkte, Blutungen oder Traumata entstandene Hirnschäden und Hirntumore zu nennen.

Therapie bei Kindern und Jugendlichen

Meist wird mit einer ambulant eingeleiteten, medikamentösen Therapie mit sogenannten Antikonvulsiva (Synonym Antiepileptika) begonnen, die das Auftreten von Anfällen unterdrücken soll. Art und Dosierung eines Antikonvulsivums werden vom behandelnden Arzt so gewählt, dass das Medikament möglichst gut vor Anfällen schützt und keine oder nur geringe Nebenwirkungen verursacht. Eine vertrauensvolle Patient- und Bezugspersonen-Arzt-Beziehung ist eine wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Therapie. Bei circa zwei Drittel der Betroffenen ist eine medikamentöse Therapie mit einem oder zwei Präparaten erfolgreich. Wenn zwei Antikonvulsiva nicht zur Anfallsfreiheit geführt haben spricht man von einer therapieschweren oder therapieresistenten Epilepsie. Dann liegt die Chance auf Anfallsfreiheit durch die Gabe eines weiteren Antikonvulsivums unter 5%. Ergänzend können spezielle Ernährungsformen wie die ketogene Diät, die modifizierte Atkins Diät oder die Low-Glycemic-Index-Diät eingeleitet werden. Diese Diäten zielen auf eine Umstellung des Energiestoffwechsels und keineswegs auf eine Gewichtreduktion. Alle Kinder und Jugendlichen mit therapieschweren Epilepsien sollten hinsichtlich der Möglichkeit einer epilepsiechirurgischen Operation evaluiert werden. Eine solche Operation ist die einzige Möglichkeit, eine Epilepsie zu heilen und hat eine durchschnittliche Chance auf Anfallsfreiheit von ca. 70%. Leider gelingt die genaue Lokalisation anfallsauslösenden Areale im Gehirn nur bei ca. 10% der Patienten mit therapieschweren Epilepsien. Nur für diese Patienten ist die kurative Epilepsiechirurgie eine Chance auf Anfallsfreiheit. Bei weiteren Patienten kann bei einer sehr belastenden Anfallssituation eine palliative Operation erwogen werden bei der das Ziel eine Reduktion von Anfällen darstellt. Kinder und Jugendliche mit Epilepsie werden an unserem Zentrum bedarfsgerecht ambulant und/oder stationär behandelt.

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