Die Frage, ob Handynutzung epileptische Anfälle auslösen kann, ist komplex und bedarf einer differenzierten Betrachtung. Während es keine direkten Beweise dafür gibt, dass die Strahlung von Handys Epilepsie verursacht, können bestimmte Aspekte der Handynutzung bei anfälligen Personen Anfälle provozieren. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten dieses Themas, von den potenziellen Auslösern bis hin zu unterstützenden Technologien für Menschen mit Epilepsie.
Epilepsie: Eine vielfältige Erkrankung
Epilepsie ist keine einheitliche Erkrankung, sondern eine neurologische Störung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Ein epileptischer Anfall entsteht durch eine abnorme, synchrone elektrische Aktivität von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und reichen von genetischen Veränderungen über Stoffwechselstörungen bis hin zu Hirnverletzungen und -tumoren. In manchen Fällen bleibt die Ursache unklar.
Ein epileptischer Anfall kann sich sehr unterschiedlich äußern. Am bekanntesten ist der große epileptische Anfall (Grand Mal), bei dem sich der Betroffene verkrampft und anschließend Zuckungen auftreten. Es gibt aber auch weniger auffällige Anfallsformen wie die Absence, bei der die Augen kurz nach oben wandern und der Betroffene für einige Sekunden nicht aufnahmefähig ist. Die Vielfalt der Anfallsformen macht die Diagnose oft schwierig.
Mögliche Auslöser von Anfällen im Zusammenhang mit Handynutzung
Obwohl die Strahlung von Handys nicht als direkter Auslöser für Epilepsie gilt, können bestimmte Aspekte der Handynutzung bei manchen Menschen mit Epilepsie Anfälle provozieren:
- Lichtreize: Videospiele und andere Anwendungen auf dem Handy können durch blinkende Lichter, rasch wechselnde Farben und bewegte Muster stroboskopische Effekte erzeugen, die bei lichtempfindlichen Epileptikern Anfälle auslösen können. Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt, erklärt, dass durch Videospiele ausgelöste Anfälle nur in 3-4% der Fälle zu weiteren Anfällen führen.
- Schlafentzug: Exzessive Handynutzung, besonders vor dem Schlafengehen, kann zu Schlafentzug führen. Schlafentzug ist ein bekannter Auslöser für epileptische Anfälle, insbesondere für den ersten Anfall bei Menschen, bei denen noch keine Epilepsie diagnostiziert wurde.
- Psychische Belastung: Auch psychische Belastung, die durch die Nutzung von Handys und sozialen Medien entstehen kann, kann bei manchen Menschen Anfälle provozieren. Diese Anfälle stehen nicht in direktem Zusammenhang mit Epilepsie und werden nicht durch ungewöhnliche Hirnströme verursacht.
- Stress: Stress kann bei einigen Epileptikern die Anfallsbereitschaft steigern. Wenn die Handynutzung Stress verursacht, kann sie indirekt Anfälle begünstigen.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Auslöser nicht bei allen Menschen mit Epilepsie Anfälle verursachen. Jeder Mensch ist unterschiedlich, und die individuellen Auslöser können variieren.
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Epi-Care mobile: Mehr Sicherheit und Freiheit für Menschen mit Epilepsie
Für Menschen mit Epilepsie, die ein erhöhtes Risiko für Anfälle haben, gibt es mittlerweile technische Hilfsmittel, die mehr Sicherheit und Freiheit im Alltag ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist Epi-Care mobile, ein tragbares Alarmsystem, das tonisch-klonische Anfälle erkennen und im Notfall Hilfe rufen kann.
Epi-Care mobile besteht aus einem Sensor, der wie eine Armbanduhr am Arm getragen wird, und einer Smartphone-App. Der Sensor erkennt Anfälle und sendet einen Alarmanruf an das Mobiltelefon einer Bezugsperson. Zusätzlich können GPS-Koordinaten per SMS mitgeteilt werden, sodass die Person im Notfall schnell gefunden werden kann.
Die App ermöglicht es, mehrere Rufnummern einzuspeichern, die im Notfall abhängig vom Standort des Trägers kontaktiert werden. So kann beispielsweise eine bestimmte Nummer gewählt werden, wenn man sich zu Hause befindet, und eine andere, wenn man unterwegs ist. Die Funktion "Nachtbereitschaft" ermöglicht es, für Tag und Nacht unterschiedliche Alarmnummern festzulegen, was besonders in Institutionen nützlich ist.
Epi-Care mobile bietet auch eine Reihe weiterer Funktionen, die die Sicherheit und den Komfort erhöhen:
- Automatisches Protokoll: Die App führt ein automatisches Protokoll über alle Ereignisse, einschließlich Anfälle und Einstellungsänderungen. Dies ermöglicht einen Überblick über den Verlauf der Erkrankung und erleichtert die Kommunikation mit dem Arzt.
- Akkulaufzeit: Der Akku des Armbands hält bis zu 24 Stunden. Die App sendet eine SMS-Nachricht an die Bezugsperson, wenn das Armband oder das App-Telefon aufgeladen werden müssen oder wenn das Armband außer Reichweite des App-Telefons ist.
Epi-Care mobile benötigt kein Kontrollgerät und ist daher sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich geeignet. Es bietet Menschen mit Epilepsie mehr Selbstständigkeit und Freiheit, da sie sich auch unterwegs sicher fühlen können.
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Weitere Entwicklungen im Bereich der Anfallsvorhersage
Neben Alarmsystemen wie Epi-Care mobile gibt es auch vielversprechende Forschungsansätze zur Entwicklung von Systemen, die epileptische Anfälle vorhersagen können. Das Universitätsklinikum Freiburg beteiligt sich beispielsweise an der Entwicklung mobiler Geräte, die anhand von Hautfeuchtigkeit, Körperbewegung und anderen Parametern typische Veränderungen erkennen und so Anfälle vorhersagen können.
Diese Systeme nutzen Verfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens, um sich immer besser an den jeweiligen Patienten anzupassen und Veränderungen vor einem Anfall zu erkennen. In Zukunft könnten solche Systeme nicht nur den Patienten selbst warnen, sondern auch Bezugspersonen oder Ärzte informieren.
Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall
Wenn eine Person einen epileptischen Anfall hat, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und die folgenden Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen:
- Bleiben Sie bei der Person und rufen Sie ihren Namen.
- Wenn die Person nicht reagiert, legen Sie sie vorsichtig auf den Boden und drehen Sie sie auf die Seite, um zu verhindern, dass sie bei Erbrechen erstickt.
- Entfernen Sie alle harten oder scharfen Gegenstände in der Nähe, an denen sich die Person verletzen könnte.
- Rufen Sie den Notarzt, wenn es sich um den ersten Anfall der Person handelt oder wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert.
Es ist wichtig zu beachten, dass man bei einem Anfall nicht versuchen sollte, der Person etwas in den Mund zu stecken oder ihre Bewegungen zu unterdrücken.
Diagnose und Behandlung von Epilepsie
Die Diagnose von Epilepsie erfordert eine sorgfältige Untersuchung durch einen Spezialisten, in der Regel einen Neurologen oder Neuropädiater. Zu den wichtigsten Diagnoseinstrumenten gehören das Elektroenzephalogramm (EEG) und die Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns.
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Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. In den meisten Fällen werden Medikamente eingesetzt, die die Anfallsschwelle im Gehirn erhöhen. In manchen Fällen kann auch eine Operation in Frage kommen, um den epileptischen Herd im Gehirn zu entfernen.