Epilepsie und Schwangerschaft: Ein umfassender Leitfaden für werdende Mütter

Epilepsie betrifft etwa eine von 200 Schwangeren. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über alle Aspekte, die Frauen mit Epilepsie im gebärfähigen Alter und ihre Partner bei der Planung einer Schwangerschaft, während der Schwangerschaft und nach der Geburt beachten sollten.

Beratung vor der Schwangerschaft

Frauen mit Epilepsie im gebärfähigen Alter benötigen eine detaillierte Beratung zu verschiedenen Themen wie Verhütung, Kinderwunsch, Schwangerschaft, Stillzeit und Elternschaft.

Kontrazeption

Eine frühzeitige Aufklärung über Kontrazeption ist bei Epilepsie in der Pubertät oder bei später beginnender Epilepsie mit der Gabe des ersten Anfallssuppressivums wichtig. Zusätzliche Barrieremaßnahmen (z. B. Kondome) werden bei hormoneller Kontrazeption und gleichzeitiger Einnahme eines Anfallssuppressivums empfohlen, welches die hormonelle Kontrazeption beeinflusst. Bei der Anwendung von Anfallssuppressiva, die die hormonelle Kontrazeption beeinflussen, ist ein Intrauterinpessar als sicherste anwenderunabhängige Verhütungsmethode zu empfehlen.

Bestimmte Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon, Phenytoin, Felbamat und mit dosisabhängigen Einschränkungen auch Oxcarbazepin und Topiramat können das Cytochrom-P450-Enzymsystem induzieren und über den verstärkten Abbau oraler Kontrazeptiva zu unerwünschten Schwangerschaften führen. Es empfiehlt sich daher, in erster Linie keine systemische Hormontherapie, also auch keine oralen Kontrazeptiva vorzusehen, da selbst die gelegentlich empfohlene Verdopplung der Dosis nicht die gewünschte Sicherheit garantiert. Ein Intrauterinpessar mit lokaler Gestagenabgabe (Mirena®) wäre zu bevorzugen oder bei etwas geringerer Sicherheit ein Intrauterinpessar (IUD). Nur wenn diese Methoden nicht vertragen werden, ist eine höher dosierte hormonelle Kontrazeption - ggf. mit Einschränkungen der Verlässlichkeit - in Betracht zu ziehen. Hierfür kommt eine durchgehende Einnahme von täglich 2 Dosen eines niedrig dosierten monophasischen Präparates infrage und zwar im Langzyklus durchgehend für 3-9 Monate. Andere Empfehlungen zielen auf „Pillen“ mit einer höheren ovulationshemmenden Dosis ab.

Kinderwunsch und Medikamenteneinstellung

Das Ziel der anfallssuppressiven Behandlung bei Frauen mit Kinderwunsch ist neben einer bestmöglichen Anfallskontrolle und Verträglichkeit ein möglichst niedriges teratogenes Risiko für das Kind. Dieses Risiko ist dosisabhängig und unterscheidet sich zwischen den Anfallssuppressiva erheblich, es ist für Valproinsäure vergleichsweise hoch. Für den Einsatz von Valproinsäure bei Frauen, bei denen eine Konzeption nicht mit einem hohen Maß an Sicherheit ausgeschlossen werden kann, gelten deshalb klare Vorgaben im Rahmen eines Schwangerschaftsverhütungsprogramms.

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Bereits in der Vergangenheit wurde Patientinnen mit Epilepsie empfohlen, vor der Konzeption und in der Schwangerschaft Folsäure einzunehmen, um das Risiko für Fehlbildungen zu reduzieren und um eine uneingeschränkte kindliche kognitive Entwicklung zu ermöglichen. Bezüglich der Dosierung gibt es aufgrund einer aktuellen Studie, die auf einen Zusammenhang zwischen einem höheren Risiko der Nachkommen für Neoplasien und einer hohen Folsäure-Dosis hindeutet, nun eine wichtige Änderung: Sobald ein Kinderwunsch besteht (und bevor eine Kontrazeption beendet wird), sollen die Frauen Folsäure einnehmen, die mindestens bis zum Ende des ersten Trimesters fortgeführt wird.

Idealerweise sollte die antiepileptische Medikation bei konkretem Kinderwunsch schon vor Beginn der Schwangerschaft optimal eingestellt sein. Hierzu gehört:

  • Der Versuch, die Medikation gänzlich abzusetzen, wenn über längere Zeit Anfallsfreiheit bestanden hat (zumindest 1-2 Jahre).
  • Die Umstellung auf eine Monotherapie, d. h. Behandlung mit nur einem Medikament.
  • Die Umstellung auf ein möglichst günstiges Medikament, d. h. ein solches mit einer möglichst niedrigen Fehlbildungsrate. Eine rasche vorübergehende Umstellung auf diese Medikamente in den ersten 14 Wochen der Schwangerschaft und eine Rückumstellung auf das zuvor angewendete Medikament ist möglich.
  • Die Dosis des Medikamentes sollte soweit wie möglich verringert werden. Sie sollte aber dennoch einen ausreichenden Schutz vor Anfällen für die werdende Mutter gewährleisten.
  • Die Verteilung auf dreimalige tägliche Gabe bzw. die Verwendung von „Retardpräparaten“, also solchen, die zu gleichmäßigeren Blutspiegeln des Medikamentes führen, sollte bevorzugt werden. Es ist allerdings nicht sicher wissenschaftlich bewiesen ob dies zu einem Vorteil, beispielsweise im Hinblick auf die Missbildungsrate führt.
  • Die vorbeugende Einnahme von Folsäure 2,5-5mg/Tag wird empfohlen, da manche Fehlbildungen auf einen Mangel an Folsäure zurückgeführt werden, der durch gewisse antikonvulsive Medikamente hervorgerufen werden kann. Folsäure ist für die Entwicklung der Organe des Kindes von großer Bedeutung. Auch konnten im Tierexperiment durch Folsäuremangel eine Spaltbildung des Gesichtsschädels und Neuralrohrdefekte herbeigeführt werden.
  • Bei langjähriger Vorbehandlung mit gewissen Medikamenten sollte Vitamin D eingenommen werden, da der Vitamin D-Spiegel abgesunken sein kann. Vitamin-D ist aber für die Entwicklung des Embryos und Fötus wichtig.

Es ist ferner zu beachten, dass es bei einigen Anfallssuppressiva in der Schwangerschaft zu einem Abfall der Serumkonzentration kommen kann. Deshalb sollten die Serumkonzentrationen im Verlauf der Schwangerschaft regelmäßig bestimmt und ggf. eine Dosiserhöhung der Anfallssuprressiva vorgenommen werden.

Schwangerschaft

Risikoschwangerschaft und Komplikationen

Schwangerschaften bei Epilepsie-Patientinnen gelten als Risikoschwangerschaften. Diese Einschätzung beruht überwiegend auf der Gefährdung des Kindes im Mutterleib durch die Medikamente. Darüber hinaus verlaufen Schwangerschaften bei Epilepsiepatientinnen weitgehend normal. Mit großer Wahrscheinlichkeit treten Schwangerschaftskomplikationen wie Frühgeburten, vorzeitige Wehen, abnorme Kindslagen, Gestosen (Blutdruck-Erhöhungen in Verbindung mit Wassereinlagerungen (Ödemen) und gegebenenfalls Anfällen) nicht häufiger auf als bei Frauen ohne Epilepsie. Demgegenüber ist die Rate von Abtreibungen aus medizinischer Indikation bei Epilepsie-kranken Frauen erhöht.

Bei etwa der Hälfte der Frauen ändert sich die Anfallshäufigkeit während der Schwangerschaft nicht, bei je einem Viertel nimmt sie etwas zu oder ab. Eine Anfallszunahme kann mitunter daran liegen, dass die Schwangere weniger oder gar keine Medikamente einnimmt. Etwa jede 7. Frau handelt so um das werdende Kind zu schützen. Auch nimmt ihr Körpergewicht zu, so dass sich die Medikation auf ein größeres Volumen verteilt und der Blutspiegel dadurch abnimmt. Bei einigen Medikamenten ist es bekannt, dass der während der Schwangerschaft auf natürliche Weise um etwa das 1000-fache erhöhte Östrogen-Spiegel den Blutspiegel des Medikamentes absenkt. Zusätzlich eingenommene Medikamente, wie Abführmittel oder Mittel, die die Harnausscheidung erhöhen (Diuretika), können den Serumspiegel von Antiepileptika beeinflussen.

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Das Auftreten eines generalisierten Status epilepticus stellt eine hohe, auch lebensbedrohliche Gefährdung für die Schwangere und ihr werdendes Kind dar. Ein Status epilepticus tritt während der Schwangerschaft glücklicherweise nur selten auf. Hier muss unmittelbar Notfall-medizinisch behandelt werden und der Status so rasch wie möglich durchbrochen werden. Dies senkt die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung um etwa 40 % ab. Einzelne epileptische Anfälle auch generalisierte Anfälle gefährden das Kind nicht. Dies liegt an der höheren Sauerstoffbindung des kindlichen Blutes.

Das Geburtsgewicht der Kinder ist insgesamt etwas erniedrigt. Die Frühgeburtsrate ist nicht erhöht. Häufiger als bei Gesunden wird die Geburt bei Epilepsiepatientinnen eingeleitet. Dies geschieht sehr wahrscheinlich, um die Geburt unter kontrollierten Bedingungen ablaufen zu lassen. Anfälle unter der Geburt sind aber selten. Sie scheinen bei Patientinnen mit idiopathisch-generalisierten Epilepsie-Syndromen (z.B.: Absencen, Aufwach Grand-Mal, jugendliche myoklonische Epilepsie) etwas vermehrt vorzukommen. Die Zahl von Zwillings- oder Mehrlingsgeburten ist nicht erhöht. Die Sterblichkeit der Kinder um die Geburt herum (29. Schwangerschaftswoche bis 7. Lebenstag) ist etwa doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung. Die Ursachen hierfür sind noch nicht geklärt.

Empfohlene Vorsorgeuntersuchungen

An Vorsorgeuntersuchungen ist vor allem eine ausführliche Ultraschalldiagnostik zum Auschluss von Fehlbildungen (evtl. mehrfach) in der 8.-16. Schwangerschaftswoche notwendig und dringlich zu empfehlen. Eine genetische Untersuchung des Fötus oder Embryos, ggf. mittels einer Fruchtwasser-Analyse, beispielsweise um genetische Schäden erkennen zu können, ist möglich. Die Entscheidung hierüber ist jedoch individuell zu treffen. Die Gefahr, dass es hierdurch zu einer Frühgeburt kommt liegt weiterhin bei etwa ein Prozent. Auch ist es möglich eine genetische Untersuchung der Zellen des Embryos aus dem mütterlichen Blut durchzuführen.

Fehlbildungsrisiken und Medikamente

Antiepileptika besitzen ein embryotoxisches Potenzial. Dies betrifft vor allem die klassischen Antiepileptika Valproinsäure, Carbamazepin, Phenobarbital/Primidon und Phenytoin. Kinder von Müttern, die mit (klassischen) Antiepileptika behandelt werden, unterliegen einem erhöhten Risiko für Fehlbildungen, Dysmorphien des Mittelgesichts und der Endphalangen, intrauterine Wachstumsretardierung und insbesondere bei Valproinsäure funktionelle Entwicklungsstörungen des Zentralnervensystems (ZNS). Jedes 5.-10. pränatal exponierte Kind weist nach heutigen Erkenntnissen zumindest eine dieser Auffälligkeiten auf. Zu den neueren Antiepileptika reichen die Kenntnisse - mit Ausnahme von Lamotrigin und Levetiracetam - noch nicht aus, um das Risiko einer Monotherapie abzuschätzen. Valproinsäure scheint das riskanteste antiepileptische Medikament für den Embryo zu sein. Daher sollte, wenn irgend möglich, auf dieses Antiepileptikum im gebärfähigen Alter verzichtet werden. Ein Mädchen, das als Kind auf Valproinsäure eingestellt wurde, sollte spätestens mit Beginn der Pubertät umgestellt werden, um sich nicht unnötig mit einer ungeplanten Schwangerschaft unter dieser Medikation konfrontiert zu sehen.

Prinzipiell sollte zwischen großen und kleinen Fehlbildungen unterschieden werden. Zu den großen Fehlbildungen zählen die Spaltbildung im Rückenmark oder in der Wirbelsäule (offenes Neuralrohr), die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Herzfehlbildungen oder größere Fehlbildungen am Skelett. Zu den kleineren Fehlbildungen zählen kosmetische Auffälligkeiten, wie ein tiefer Ohransatz oder ein breiter Nasenrücken oder ein abstehender kleiner Finger sowie leicht korrigierbare Fehlbildungen wie z. B. eine Harnröhrenöffnung an der falschen Stelle oder ein überzähliger Finger. In Statistiken zu Fehlbildungen werden häufig nur die großen Fehlbildungen einbezogen. Als vereinfachte Regel kann angenommen werden, dass das Fehlbildungsrisiko bei Einnahme eines antikonvulsiven Medikamentes zwischen 4 und 7 % liegt. Bei Schwangerschaften unter Monotherapie bei 5-6 % und bei Polytherapie mit mehreren Medikamenten bei 7-8 %. Hierin sind die kleinen Fehlbildungen nicht mitgezählt. Zu beachten ist dass das natürliche Fehlbildungsrisiko, also dasjenige von gesunden Frauen, schon bei 2-3% liegt. Bei manchen Medikamenten liegt ein sehr hohes Fehlbildungsrisiko vor. Hier sollte eine Beratung durch einen Epilepsie Experten erfolgen. Manche Medikamente dürfen in der Schwangerschaft nicht angewendet werden.

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Worauf während der Schwangerschaft geachtet werden sollte

Neben einer gesunden Ernährung und ausreichend Bewegung sollte schon zu Beginn einer Schwangerschaft eine ausführliche Beratung durch einen Neurologen erfolgen. Die antikonvulsive Behandlung sollte, soweit dies möglich ist auf die Schwangerschaft eingestellt werden, s.o.. Anzustreben ist eine Monotherapie mit der niedrigsten wirksamen Dosis eines Antikonvulsivums der ersten Wahl. Neben den üblichen Schwangerschaftskontrollen von Blutdruck, hormonellem Status, laborchemischen Kontrollen und Ultraschalldiagnostik sind zusätzlich, insbesondere bei einer Erhöhung der Anfallsfrequenz, engmaschige Kontrollen des Serumspiegels des verabreichten Antikonvulsivums und gegebenenfalls des EEGs erforderlich. Die Höhe der Medikation sollte gegebenenfalls nach oben angepasst werden, wenn die Anfallshäufigkeit steigt. Auf die Einnahme von Folsäure 5 mg/Tag ist insbesondere während des 1. Schwangerschaftsdrittels unbedingt zu achten. Zur Vorbereitung der Geburt sind keine spezifischen Maßnahmen erforderlich. Nach der Entbindung sollte die gegebenenfalls erhöhte Dosis der Antiepileptika innerhalb weniger Tage wieder auf das Ausgangsniveau gesenkt werden.

EURAP-Register

Weltweit werden seit mehr als 20 Jahren mehrere Schwangerschaftsregister geführt mit dem Ziel, verschiedene Behandlungsoptionen von Epilepsie-Patientinnen in der Schwangerschaft bezüglich des Risikos von Fehlbildungen beim Kind zu vergleichen und damit eine möglichst optimale Beratung für die Patientinnen zu ermöglichen. Im EURAP-Register wurden bis Mai 2023 Daten von mehr als 1,500 Ärzten aus 47 Ländern mit fast 30.000 Schwangerschaften erfasst, wovon mehr als 17.000 Schwangerschaften ausgewertet werden konnten. Dabei fand sich eine durchschnittliche Fehlbildungsrate von 4,6 Prozent; diese liegt bei einer Behandlung mit nur einem Medikament niedriger und bei Behandlungen mit mehreren Medikamenten höher. Dabei konnte herausgefunden werden, dass das Risiko deutlich abhängig davon ist, welches Medikament während der Schwangerschaft eingenommen wurde. So ist das Risiko für kongenitale Malformationen gegenüber gesunden Frauen, die keine Medikamente einnehmen müssen, bei Behandlung mit Lamotrigin oder Levetiracetam kaum erhöht, wogegen es bei Behandlung mit Valproinsäure deutlich erhöht ist. Daher sollte Valproinsäure bei der Behandlung von jungen Frauen mit Epilepsie nicht eingesetzt werden.

Analysen der EURAP-Daten in verschiedenen Zeiträumen von 2000 bis 2013 zeigen, dass diese Informationen bereits zu einer deutlichen Veränderung der Medikamentenverordnungen geführt haben, wodurch das Risiko für größere Fehlbildungen, das zu Beginn der Datenerfassung noch bei 6 Prozent lag, deutlich gesenkt werden konnte, ohne dass sich die dokumentierte Anfallssituation wesentlich verschlechtert hat.

Geburt

Der Geburtsverlauf unterscheidet sich bei Epilepsiepatientinnen und Frauen ohne Epilepsie nicht. Wichtig ist es, auch während der Geburtsphase das Einnehmen der Medikamente nicht zu vergessen.

Natürliche Geburt vs. Kaiserschnitt

Zunächst sollte eine Geburt auf natürlichem Wege angestrebt werden. Nur bei kompliziertem Schwangerschaftsverlauf, nachgewiesener Fehlbildung des Kindes, hoher Anfallshäufigkeit oder hochdosierter medikamentöser Einstellung kann ein Kaiserschnitt ratsam sein. Von Hausgeburten ist abzuraten, da ärztliche Hilfe hier nicht so rasch verfügbar ist. Derzeit liegt die Quote der Kaiserschnittentbindung bei Epilepsiepatientinnen in Deutschland bei ca. 40 - 50 %. Auch werden bei Epilepsiepatientinnen Wehen und damit die eigentliche Geburt medikamentös häufiger als bei gesunden Frauen medikamentös herbeigeführt. Dahinter steht sehr wahrscheinlich die Angst der betreuenden Gynäkologen, dass es womöglich unter der Geburt zu einer Komplikation im Sinne eines Anfalles kommen könne, so dass diese kontrolliert eingeleitet wird.

Bei komplikationslosem Schwangerschaftsverlauf ist für Frauen mit Epilepsie eine vaginale Geburt meist möglich. Die Entbindung sollte allerdings nicht zu Hause erfolgen, sondern in einer Klinik mit Neonatologie, damit im Ernstfall Mutter und Kind optimal versorgt werden können.

Was ist bei der Entbindung zu beachten?

Übermäßiger Stress, Erschöpfung und Müdigkeit durch eine allzu lange Geburtsdauer sollten vermieden werden. Achten Sie darauf, während der Geburt genug zu trinken. Wichtig sind zudem eine ruhige Umgebung und eine vertrauensvolle Betreuung. Kommt es zu einem schweren Krampfanfall, können bestimmte Medikamente dagegen eingenommen werden. Unter Umständen wird dann auch ein Kaiserschnitt unter Vollnarkose erwogen.

Stillzeit

Stillen und Medikamente

Grundsätzlich wird zum Stillen geraten. Aber auch hier gibt es einige Dinge, die bekannt sein sollten. Alle Medikamente gegen Epilepsie finden sich auch in der Muttermilch wieder. Bei den meisten Medikamenten ist die Konzentration in der Muttermilch jedoch gering und führt nicht zu Nebenwirkungen beim Kind.

Auch Stillen ist bei Müttern mit Epilepsie häufig möglich. Die Wirkstoffe der meisten Epilepsiemedikamente sind zwar in der Muttermilch, aber das Kind hatte während der gesamten Schwangerschaft bereits über Nabelvene und Fruchtwasser Kontakt mit den Medikamenten. Studien zeigen, dass sich Stillen trotz antiepileptischer Therapie eher positiv auf die kognitive Entwicklung der Kinder auswirkt.

Worauf ist nach der Entbindung zu achten?

Wie alle Frauen erleben auch Epilepsie-Patientinnen nach der Entbindung hormonelle Umstellungen. Diese können zu Stimmungsschwankungen, Wochenbettdepressionen oder gar Wochenbettpsychosen (Wahn und Halluzinationen) führen. Diese Symptome stehen nicht mit der Epilepsie in Verbindung.

Wenn die antiepileptische Medikation vor oder während der Schwangerschaft erniedrigt wurde sollte sie wieder auf die ursprüngliche Dosis, die vor der Schwangerschaft eingenommen wurde zurückgesetzt werden. Falls Sie während der Schwangerschaft erhöht wurde sollte sie ebenfalls wieder innerhalb weniger Tage nach der Entbindung auf das Ausgangsniveau zurückgeführt werden.

Wichtig ist, dass es bedingt durch ein nächtlich unruhiges Kind zu Schlafstörungen kommen kann. Der hierdurch entstehende Schlafmangel kann wiederum epileptische Anfälle provozieren. Hier sollte es, falls möglich, zu einer partnerschaftlichen Aufteilung der nächtlichen Betreuung des Säuglings durch beide Eltern kommen.

Insbesondere bei hoher Anfallshäufigkeit sollten Vorkehrungen getroffen werden, die bei einem plötzlichen Anfall der Mutter eine Versorgung des Kindes garantieren bzw. helfen Unfälle zu vermeiden. Hierzu zählen:

  • Mitbetreuung durch eine nahestehende weitere Person
  • Gefahrloses Wickeln des Säuglings z.B. auf einem flachen abgepolsterten Bett
  • Baden des Kindes in einer Babybadewanne mit nur sehr wenig Wasser und nicht in Bauchlage.
  • Information von nahestehenden Personen über die aktuelle Anfallssituation

Neugeborene Epilepsie-kranker Frauen zeigen durchschnittlich einen etwas geringeren Kopfumfang und ein etwas niedrigeres Geburtsgewicht.

Auch im Wochenbett gibt es für Frauen mit Epilepsie einiges zu beachten: Alle Antiepileptika gehen in unterschiedlichem Ausmaß in die Muttermilch über. Daher ist Stillen nach Rücksprache mit dem Neurologen und dem Kinderarzt erlaubt. Es wird geraten, abzustillen, wenn die Mutter an ausgeprägter Müdigkeit leidet oder wenn das Kind eine Trinkschwäche hat oder unzureichend an Gewicht zunimmt. „Insgesamt sollten Mütter mit Epilepsie das Stillen nicht unnötig lange fortsetzen. Wir wissen, dass Schlafentzug zu vermehrten Anfällen führen kann. Daher wäre es gut, sich bei der Versorgung des Babys Unterstützung zu sichern“, rät Prof. Dr. Vivantes.

Alltagstipps für Eltern mit Epilepsie

Eltern sollen schon während der Schwangerschaft hinsichtlich möglicher Risiken für das Kind (z.B. beim Baden, Wickeln, bei anfallsbedingten Stürzen beim Tragen eines Säuglings) und für den epilepsiekranken Elternteil (z. B. Anfälle durch Schlafentzug) beraten werden.

Mütter mit Epilepsie, die nicht anfallsfrei sind, können eine Reihe von Maßnahmen zur Sicherheit des Kindes treffen. Dazu gehört zum Beispiel, das Baby nicht auf einer Kommode zu wickeln, sondern auf dem Boden. Oder es in einem Eimer zu baden, damit das Kind nicht ertrinken kann. Hebammen bieten eine spezielle Beratung an, es gibt auch gezielte ambulante Unterstützung nach der Geburt.

Beim Wickeln und Stillen ist es wichtig, dass Sie sich sicher fühlen. Am besten, Sie wickeln das Kind auf einer Unterlage auf dem Boden oder dem Sofa statt auf einer hohen Wickelkommode - dann kann bei einem Anfall weniger passieren. Auch kann es sinnvoll sein, wenn beim Baden des Kindes eine weitere Person dabei ist.

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