Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch abnorme elektrische Aktivität im Gehirn, die verschiedene Ursachen haben kann. Die Behandlung von Epilepsie beinhaltet häufig die Einnahme von Medikamenten, sogenannter Antiepileptika. Diese Medikamente können jedoch auch Auswirkungen auf das Immunsystem haben. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Epilepsie, ihre Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und insbesondere die Auswirkungen von Antiepileptika auf das Immunsystem.
Ursachen von Epilepsie
Epileptische Anfälle können durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden. Dazu gehören:
- Genetische Veränderungen: Bestimmte genetische Defekte können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an Epilepsie zu erkranken.
- Strukturelle Hirnläsionen: Schäden am Gehirn, wie sie beispielsweise durch Schlaganfall, Krebs oder Trauma verursacht werden, können Anfälle auslösen.
- Infektionen: Verschiedene Infektionen des Gehirns können ebenfalls zu Epilepsie führen.
- Stoffwechselstörungen: Bestimmte Stoffwechselerkrankungen können die normale Funktion des Gehirns beeinträchtigen und Anfälle provozieren.
- Autoimmunerkrankungen: Autoimmunbedingte Fehlregulationen des Entzündungsgeschehens im Körper können ebenfalls Anfälle hervorrufen.
Diagnose von Epilepsie
Die Diagnose von Epilepsie basiert in erster Linie auf der Anamnese des Patienten und der Beobachtung der Anfälle. Eine genaue Dokumentation der Anfälle durch Angehörige ist entscheidend für eine genaue Diagnose und die fortlaufende Behandlung. Wichtig ist, dass die Ärzte viele Fragen zu Lebensgewohnheiten und Anfallsgeschehen stellen. Ergänzend werden in der Regel ein Elektroenzephalogramm (EEG) und eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen und strukturelle Veränderungen zu erkennen. Eventuell folgen Laboruntersuchungen.
Behandlung von Epilepsie
Oberstes Ziel der Therapie ist Anfallsfreiheit oder zumindest eine gute Anfallskontrolle. Am häufigsten werden zur Behandlung von Epilepsien Medikamente eingesetzt, sogenannte Anfallssuppressiva (Antiepileptika). Es stehen zahlreiche verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung, die individuell auf das Krankheitsbild des Patienten abgestimmt werden.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie von Epilepsien hat in den letzten Jahren einen tatsächlichen Wandel erfahren. Die Medikamente, die heutzutage zur Verfügung stehen, sind sehr gut in der Fähigkeit, die Anfälle zu unterdrücken. Leider können sie den Verlauf der Erkrankung nur gering beeinflussen. Wenn ein Patient anfallsfrei wird, hat das natürlich einen positiven Effekt auf den Verlauf, weil andauernde Anfälle schlecht für die Kognition, für die intellektuellen Fähigkeiten und auch für das Verhalten sind.
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Es ist wichtig, die Therapie frühzeitig einzusetzen und die Therapie konsequent in der richtigen Dosierung durchzuführen. Das Ziel ist eine maximale Anfallsreduktion, idealerweise sogar Anfallsfreiheit, und keine Zeit verlieren.
Bei der medikamentösen Therapie gibt es natürlich etliche Dinge, auf die man achten muss. Das ist einerseits die richtige Dosis, die richtige Wahl des Medikaments für den richtigen Patienten oder die richtige Patientin. Wenn medikamentöse Therapien gewählt werden, dann gibt es ein Problem, das sehr oft verkannt wird. Das ist das der Wechselwirkungen. Das eine nennt man Pharmakodynamik. Das ist das, was wir wollen. Und das andere nennt man Pharmakokinetik. Der Körper versucht, das wieder rauszubringen. Und dazu hat er auch Werkzeuge.
Einige häufig verwendete Antiepileptika sind:
- Levetiracetam: Levetiracetam gehört zu den wichtigsten Mitteln gegen Krampfleiden. Es senkt die Gefahr eines epileptischen Anfalls. Der Wirkstoff gilt allgemein als gut verträglich und kann auch mit anderen Medikamenten kombiniert werden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schläfrigkeit und Kopfschmerzen. Es senkt die Übererregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn durch Bindung an ein spezielles Protein (synaptisches Vesikelprotein 2A). Durch dieses Andocken wird die freigesetzte Menge eines erregenden Botenstoffes reduziert. Außerdem beeinflusst Levetiracetam den Calciumspiegel in den Nervenzellen verschiedener Hirnareale. In Summe sinkt so die neuronale Erregung. Levetiracetam darf auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Der Wirkstoff ist hier neben Lamotrigin das Antiepileptikum der Wahl, wenn eine medikamentöse Behandlung der Epilepsie notwendig ist. Bisher wurde keine fruchtschädigende Wirkung durch die Behandlung festgestellt. Auch in der Stillzeit kann Levetiracetam eingesetzt werden. Da es in die Muttermilch übertritt, wird aber vom Stillen während der Anwendung abgeraten. Gelegentlich wurden Anpassungsstörungen beim Neugeborenen verzeichnet.
- Valproinsäure: Valproinsäure ist ein Standardmedikament, das eine gute Wirkung hat. Allerdings kann es zu Gewichtszunahme führen.
- Lamotrigin: Lamotrigin ist ein weiteres Standardmedikament, das ebenfalls gut wirkt.
- Rufinamid: Rufinamid ist speziell für bestimmte Epilepsieformen zugelassen.
- Cannabidiol: Cannabidiol ist derzeit in Europa und in den USA zugelassen für gewisse Epilepsie-Syndrome. Cannabidiol blockiert den Abbau von Clobazam, und es kommt dadurch zu einem Anstieg der Clobazam-Spiegel. Das wäre an und für sich gar nicht schlecht. Das wirkt dann ja auch besser, wenn die Dosis höher ist. Aber es sind auch die Nebenwirkungen höher, und es können einige Patientinnen und Patienten Müdigkeit, Schwindel und andere Nebenwirkungen durch das Clobazam haben. Und man meint fälschlicherweise, es sei durch das Cannabidiol. Das ist die wichtigste Wechselwirkung, die Cannabidiol hat. Die häufigsten Nebenwirkungen von Cannabidiol ist die Sedierung. Das heißt, dass die Kinder sehr müde werden. Dies bedeutet, dass die Cannabidiol-Therapie, wie schon vorhin erwähnt, in die Hände von Experten kommt und vor allem, dass regelmäßige Blutabnahmen durchgeführt werden. Aber auch hier ist zu erwähnen, dass erhöhte Leberparameter durchaus im ersten Monat vorkommen können.
- Pregabalin und Gabapentin: Die Medikamente Pregabalin und Gabapentin werden zunehmend bei allgemeinen chronischen Schmerzen eingesetzt, obwohl ihre Wirksamkeit bei dieser Anwendung zweifelhaft ist. Ursprünglich entwickelt für die Behandlung von Epilepsie, setzt man die Arzneistoffe Pregabalin und Gabapentin mittlerweile auch gegen sogenannte neuropathische Schmerzen ein - das sind Schmerzen, die auf Nervenleiden beruhen, zum Beispiel Nervenschmerzen durch eine Diabeteserkrankung oder eine Herpesinfektion.
Nicht-medikamentöse Therapien
Neben der medikamentösen Therapie gibt es auch andere Behandlungsmöglichkeiten für Epilepsie:
- Epilepsiechirurgie: Bei manchen Patienten kann ein chirurgischer Eingriff helfen, die Anfälle zu reduzieren oder zu beseitigen. Hier kann man mit Epilepsie-Chirurgie eine deutliche Verbesserung erzielen.
- Neurostimulation: Neurostimulation ist eine weitere Möglichkeit, die Anfallsfrequenz zu reduzieren. Das sind elektrische Impulse, die man im Gehirn freisetzen kann. Vagusnerv-Stimulation wird von außen zugeführt. Man kann auch direkt im Gehirn stimulieren.
- Ketogene Diät: Die ketogene Diät ist eine spezielle Form der Ernährung, die den Stoffwechsel verändert und einen positiven Effekt auf die Anfallsfrequenz haben kann.
Besondere Epilepsieformen
Bei seltenen Epilepsien, wie dem Dravet Syndrom, Lennox Gastaut Syndrom oder der Tuberösen Sklerose werden die Betroffenen umfassend betreut.
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- Dravet Syndrom: Für das Dravet Syndrom gibt es unterschiedliche Therapien. Früher wurde das Dravet Syndrom vor allem mit Valproinsäure und Clobazam therapiert. Die erste sogenannte Orphan Drug, die in diesem Bereich eingesetzt werden konnte, war das Stiripentol. Eines der Hauptprobleme beim Dravet Syndrom ist die Entwicklungsverzögerung, die meist Hand in Hand geht mit der Anfallsfrequenz. Ein weiteres Problem, was sich dann im Laufe der Erkrankung ergibt, ist eine spezielle Gangstörung. Dravet-Patienten haben ein ganz bestimmtes Gangbild mit Knie gebeugt, Ellbogen gebeugt und nach vorne gebeugtem Oberkörper. Manchmal sind sie auch sturzanfälliger als andere Patienten. Zusätzlich ist bei Dravet-Patienten darauf zu achten, dass die Anfälle meist durch hohe Temperaturen oder höhere Temperaturen ausgelöst werden. Also: Fieber ist ein schlechter Zustand für einen Dravet-Patienten, da Fieber die Anfallsituation verschlechtern kann. Ganz, ganz wichtig ist beim Dravet Syndrom, dass man weiß, dass man kein Medikament, welches den Natriumkanal blockiert, einsetzen soll. Der Grund dafür liegt in der genetischen Ursache des Dravet Syndroms, weil dort der Natriumkanal blockiert ist. In letzter Zeit wurde mehr und mehr das Cannabidiol eingesetzt, mit guten Erfolg bei dieser Erkrankung. Dabei ist zu erwähnen, dass das Cannabidiol Wechselwirkungen machen kann mit Valproat und auch mit Clobazam. Für die Familien und die Eltern ist es ganz wichtig zu wissen, dass eben diese Anfälle temperaturempfindlich sind. Weiters ist es sehr, sehr wichtig, dass die Familien wissen, dass in diesem Fall eine frühe Fiebersenkung für den Patienten notwendig ist. Manche Patienten sind im Sommer auch sehr lichtempfindlich, also ist schon im kleinen Kindesalter eine Sonnenbrille zu empfehlen.
- Lennox-Gastaut-Syndrom: Beim Lennox Gastaut sind es aber häufig zwei oder maximal drei Medikamente. Das sind zum Beispiel Verhaltensstörungen, zum Teil aggressive Durchbrüche, zum Teil Apathie. Und es gibt eine ganz wichtige Komplikation, möchte ich sagen, das ist der Status epilepticus. Patienten mit Lennox Gastaut haben auch atypische Absencen. Das sind Zustände, wo der Patient oder die Patientin nicht adäquat reagieren kann, sich in einer Art tranceartigem Zustand befindet. Wichtig ist, dass man, was die Anfallsdauer betrifft, dass man registriert: Ist der Anfall jetzt in der Länge „normal“ unter Anführungszeichen oder ist er tatsächlich länger? Ein großer Anfall dauert nicht länger als 2 bis 3 Minuten. Bei Absencen ist die Gefahr für Leib und Leben nicht so groß. Das heißt: Für die Therapie ist es wichtig, einen Notfallplan zu schmieden und, dass Sie mit Ihrem Arzt immer darüber sprechen: Was tue ich, wenn der Anfall nicht aufhört? Oder was tue ich, wenn der Anfall bei meinem Schützling, meinem Kind, meiner Tochter oder meinem Sohn nicht aufhört? Also ein Notfallplan ist ganz wichtig, welches Medikament dann gegeben werden kann und wann der Notarzt gerufen wird. Der zweite wichtige Punkt ist, dass alle Medikamente, die im Gehirn wirken, auch das Verhalten beeinflussen können. Das Verhalten kann einerseits in die Richtung Apathie gehen, Reaktionslosigkeit, und andererseits aber auch Irritabilität und Überaktivität. Und die Balance zwischen diesen beiden Richtungen der Verhaltensänderungen sind ganz wichtig. Die dritte wichtige Information ist die Kognition. Sehr viele dieser Patientinnen und Patienten sind kognitiv, das heißt intellektuell eingeschränkt. Und es gibt Medikamente, die das zusätzlich verschlechtern. Und wenn eine solche Verschlechterung auftritt, dann muss man reagieren.
- Tuberöse Sklerose: Neben den herkömmlichen Antikonvulsiva, also den Medikamenten, die gegen Anfälle helfen, gibt es bei der Tuberösen Sklerose eine auf die Ursache der Erkrankung, also auf den Gendefekt direkt abgezielte, zielgerichtete Therapie. Das Medikament bzw. Die Tuberöse Sklerose ist eine Multiorganerkrankung. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Tuberösen Sklerose ist, dass das Auftreten der Veränderungen in den Organen altersabhängig ist. Die Nebenwirkungen der Therapien hängen natürlich ganz eindeutig davon ab, wie die Tuberöse Sklerose therapiert wird. Wird Everolimus gegeben, muss man wissen, dass dieses Medikament auch Einfluss auf das Immunsystem hat. Auf der anderen Seite machen unterschiedliche Medikamente auch bei dieser Erkrankung Wechselwirkungen. Hier sei wiederum das Cannabidiol zu erwähnen. Das Cannabidiol ist für die Tuberöse Sklerose zugelassen und ein sehr effektives Medikament in diesem Bereich, führt aber zum Beispiel dazu, dass der Medikamentenspiegel von Everolimus deutlich ansteigt. Patienten mit Tuberöser Sklerose benötigen regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
Auswirkungen von Antiepileptika auf das Immunsystem
Einige Antiepileptika können das Immunsystem beeinflussen. Dies kann sich auf verschiedene Weise äußern:
- Vitamin-D-Mangel: Antiepileptika wirken oftmals als sogenannte Vitamin-D-Räuber. Epileptiker sollten ihren Vitamin-D-Spiegel daher besonders gut im Auge behalten. Inzwischen steht fest, dass Patienten mit Epilepsie überwiegend eine Unterversorgung mit den Vitaminen D, C und B1 aufweisen. Besonders betroffen sind Patienten unter Behandlung mit Langzeit-Antiepileptika. Diese stehen im Verdacht, die angeführten Nährstoffmängel mit auszulösen. Eine ältere placebokontrollierte therapeutische Studie ergab, dass die Anfallshäufigkeit signifikant sank, wenn Patienten Vitamin D erhielten. Die angewandten Vitamin D-Dosen wurden dabei als sicher und verträglich eingestuft, Probleme gab es keine. Nach Anhebung des Vitamin D-Spiegels reduzierte sich die berechnete mittlere Anfallshäufigkeit bereits in der sechsten Woche nach Beginn der Supplementierung.
- Erhöhtes Infektionsrisiko: Einige Antiepileptika können die Funktion bestimmter Immunzellen beeinträchtigen und somit das Risiko für Infektionen erhöhen.
- Autoimmunreaktionen: In seltenen Fällen können Antiepileptika Autoimmunreaktionen auslösen, bei denen das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift.
- Einfluss von Everolimus: Wird Everolimus bei Tuberöser Sklerose gegeben, muss man wissen, dass dieses Medikament auch Einfluss auf das Immunsystem hat.
Wichtige Hinweise für Epilepsiepatienten
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Patienten mit Epilepsie sollten regelmäßig ihren Arzt aufsuchen, um den Therapieerfolg zu überwachen und mögliche Nebenwirkungen der Medikamente frühzeitig zu erkennen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen ist wichtig für ein gut funktionierendes Immunsystem.
- Vitamin-D-Supplementierung: Da Antiepileptika oft zu einem Vitamin-D-Mangel führen, kann eine Supplementierung mit Vitamin D sinnvoll sein.
- Impfungen: Epilepsiepatienten sollten sich gemäß den aktuellen Impfempfehlungen impfen lassen, um sich vor Infektionen zu schützen.
- Notfallplan: Es ist wichtig, einen Notfallplan zu haben, falls ein Anfall auftritt.
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