Epilepsie und Sexualität: Eine umfassende Betrachtung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle können verschiedene Ursachen haben und sich unterschiedlich äußern. Neben den direkten Auswirkungen der Anfälle kann Epilepsie auch indirekte Folgen haben, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Ein oft übersehener Aspekt ist der Einfluss von Epilepsie auf die Sexualität und Partnerschaft. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten dieses Themas, von den Auswirkungen auf die Partnersuche und das Sexualleben bis hin zu hormonellen Veränderungen und möglichen Therapieansätzen.

Epilepsie und Partnerschaft

Die Suche nach einem Partner

Für viele Menschen mit Epilepsie stellt sich besonders in der Kennenlernphase die Frage, wie und wann sie einem neuen Partner oder einer neuen Partnerin von ihrer Erkrankung erzählen sollen. Einige Betroffene ziehen es vor, offen damit umzugehen und die Epilepsie frühzeitig anzusprechen, während andere lieber abwarten, bis sie ihr Gegenüber besser kennengelernt haben. Sie möchten vermeiden, direkt auf ihre Krankheit reduziert zu werden.

Die Erfahrungen mit der Offenlegung der Epilepsie sind sehr unterschiedlich. Manche Betroffene sind positiv überrascht, wie gut ihr Gegenüber auf die Nachricht reagiert. Andere hingegen erleben Ablehnung oder Unsicherheit. Einige Interviewpartner*innen machten die Erfahrung, dass ihr Gegenüber bereits jemanden mit Epilepsie oder einer anderen Erkrankung oder Behinderung kannte. Wieder andere suchen schon lange nach einem Partner und empfinden die Anfälle als großes Hindernis. Es gibt aber auch Menschen mit Epilepsie, die keine Schwierigkeiten haben, einen Partner zu finden.

Epilepsie in festen Beziehungen

Viele Menschen mit Epilepsie leben in festen Beziehungen oder Ehen. In diesen Partnerschaften spielt die Epilepsie oft eine zentrale Rolle. Der Partner oder die Partnerin erlebt die Anfälle im Alltag mit und ist teilweise die erste Person, die über einen Anfall informiert wird oder Entscheidungen treffen muss. Besonders bei nächtlichen Anfällen sind es fast ausschließlich die Partner, die diese miterleben und davon berichten können. Viele Erzählerinnen bedauern, dass ihre Partnerinnen den Anblick der Anfälle miterleben müssen und würden ihnen dies gern ersparen.

Ein wichtiges Thema ist daher, wie der Partner oder die Partnerin die Anfälle miterlebt und mit ihnen umgeht. Einige Interviewpartnerinnen erzählen, dass ihre Partner einen heftigen Anfall miterlebten, der sie im Nachhinein noch lange beschäftigte. Andere berichten von schwierigen Phasen, in denen die Anfallssituation unkontrollierbar schien und sie im Nachhinein merkten, wie belastend das auch für ihre Partnerinnen war. Manche Interviewpartner*innen schildern, dass ihre Partner sehr besorgt um sie sind und sie sehr genau beobachten, um möglichst frühzeitig einen Anfall zu bemerken. Susanne Schäfer erzählt, dass ihr Mann immer die Ruhe bewahrte, wenn ein großer Anfall auftrat.

Lesen Sie auch: Sexualprobleme bei Männern mit Epilepsie

Veränderungen in der Partnerschaft

Durch die Anfälle kann sich die Aufgabenverteilung in einer Partnerschaft verändern. Oft übernimmt der Partner oder die Partnerin Aufgaben, die mit Autofahren zu tun haben, wie Einkaufen oder Fahrten zum Arzt oder anderen Terminen. Christine Becker erzählt, dass sie seit einer Operation anfallsfrei ist.

Neben dem Halt und der Unterstützung, die viele Erzählerinnen von ihren Partnerinnen erhalten, gibt es auch Interviewpartnerinnen, die erfahren mussten, dass ihre Partner mit der Situation nicht zurechtkamen und die Beziehung beendeten. Dies war häufig der Fall, wenn die Anfälle erst neu aufgetreten waren und schwer in den Griff zu kriegen schienen. Viele Erzählerinnen berichten jedoch davon, dass ihre Partner trotz der Anfälle zu ihnen stehen und sie nach bester Möglichkeit unterstützen. Einige Interviewpartner*innen erzählen, dass sie ihre Partner in einer Phase kennenlernten, als es ihnen gerade besonders schlecht ging und sie sehr dankbar sind, dass sie dennoch zu ihnen gestanden haben.

Epilepsie und Sexualität

Auswirkungen auf das Sexualleben

Da die Anfälle bei vielen Interviewpartnerinnen jederzeit unberechenbar auftreten können, fragten wir auch nach Auswirkungen auf das Sexualleben. Die meisten Erzählerinnen schilderten keine Auswirkungen der Anfälle auf ihr Sexualleben. Auch von wissenschaftlicher Seite gibt es keine Hinweise auf eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass während des Geschlechtsverkehrs ein Anfall auftritt, jedoch kann zufällig natürlich auch ein Anfall zu diesem Zeitpunkt auftreten. Einer unserer Interviewpartner berichtet von einer solchen Erfahrung.

Einige erzählten von einer Unsicherheit, ob die Medikamente nicht doch Einfluss auf Lust oder sexuelle Erregbarkeit haben. Das ist je nach Medikament, Dosis und Kombination auch durchaus möglich und sollte am Besten mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Eine Interviewpartnerin berichtet, dass sie durch die Medikamente sehr trockene Haut bekam und damit auch Probleme beim Geschlechtsverkehr auftraten.

Sexuelle Funktionsstörungen bei Epilepsie

Bei Epilepsie können bei allen Geschlechtern sexuelle Funktionsstörungen vorliegen, wie der Verlust des sexuellen Interesses sowie Orgasmus- oder Erektionsstörungen. Ursache dafür können z.B. Betroffene sollten ihre Probleme unbedingt ärztlich abklären lassen, damit die Ursache der Funktionsstörung gefunden werden kann. Unter Umständen kann auf ein anderes Antiepileptikum ausgewichen werden. Spielen psychische Konfliktsituationen eine Rolle, kann eine psychotherapeutische Beratung oder Behandlung hilfreich sein, evtl. in Form einer Paartherapie.

Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?

Männer mit Epilepsie leiden zu einem überdurchschnittlichen Anteil an sexuellen Funktionsstörungen wie reduzierter Libido, Erektions- und Ejakulationsstörungen. Jeder zweite bis dritte Mann mit Epilepsie klagt über eine verminderte Libido bzw. Impotenz. Diese Situation ist zwar seit Jahren bekannt, aber erst in letzter Zeit wurden bezüglich der möglichen Ursachen intensivere Forschungen eingeleitet. Sexuelle Funktionsstörungen, insbesondere Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion oder auch "ED" genannt) sind meist multifaktoriell bedingt, das heißt es gibt zahlreiche mögliche Ursachen, die zum Teil auch kombiniert auftreten. Neben organischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Nervenschädigungen, wie sie sich im Rahmen einer Zuckerkrankheit entwickeln können (diabetische Neuropathie), oder auch Gefäßerkrankungen (Arteriosklerose mit Durchblutungsstörungen), können auch psychische Erkrankungen, wie z. B. Depressionen, zu sexuellen Funktionsstörungen führen.

Da die Sexualfunktion jedoch auch in hohem Maß von einem ausgewogenen Verhältnis der Sexualhormone abhängt, ist es nicht verwunderlich, dass Störungen in dem komplizierten Regulationssystem der männlichen Sexualhormone meist mit sexuellen Funktionsstörungen einhergehen.

Hormonelle Einflüsse

Hormonstörungen sind relativ häufig bei Frauen und Männern mit Epilepsie. Diese manifestieren sich bei Frauen als Zyklusstörungen, Hirsutismus und Infertilität und als Libidoverlust, Impotenz und Infertilität bei Männern. Genaue Pathomechanismen von Sexualhormonstörungen sind nur unvollständig geklärt. Infrage kommen sowohl Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Achse (HPA) durch epileptische Anfälle oder temporolimbische Entladungen, als auch Einflüsse der Antiepileptika auf den Steroidhormonstoffwechsel.

Epilepsien und AEDs können, um die Hormonspiegel zu beeinflussen, eine Vielzahl von Substraten anpeilen. Antikonvulsiva haben vielfältigen Einfluss auf den Metabolismus von Sexualhormonen. So konnte unter einer Therapie mit enzyminduzierenden Antiepileptika (EIA) wie Phenytoin, Phenobarbital und Carbamazepin ein Anstieg von SHBG (Sex-Hormon-Bindungs-Globulin)-Konzentrationen bei Frauen und Männern mit Epilepsie beobachtet werden. Über die Zeit führt dieser SHBG-Anstieg im Serum über vermehrte Proteinbindung zu einer Verminderung des bioaktiven Testosterons (BAT) und Östradiols, indem die Serumkonzentrationen der freien, wirksamen Sexualsteroide gesenkt wird, was zu einer verminderten Potenz bei Männern und Menstruationsstörungen bei Frauen führen kann und damit die Fertilität reduziert. Ein signifikanter Abfall des luteinisierenden Hormons (LH) und von Östradiol sowie von Prolaktin konnte ebenso beobachtet werden. Des Weiteren haben Fortpflanzungshormone einen großen Einfluss auf die neuronale Erregbarkeit und als deren Folge auf epileptische Anfälle. Diese definierten Störungen können bei einem Drittel der Frauen mit Epilepsie auftreten, verglichen mit 12-14 % bei Frauen ohne Epilepsie. Mehr als ein Drittel der Zyklen bei Frauen mit einer fokalen Epilepsie sind anovulatorisch, bei Kontrollen sind diese nur bei 8-10 %. Darüber hinaus finden sich gehäuft metabolische und endokrine Funktionsstörungen wie das PCO-Syndrom, Hyperandrogenämie, Gewichtszunahme und Insulinresistenz mit einem potenziellen Einfluss auf die ovarielle Funktion. Derartige pathologische Funktionsabweichungen treten bei Epilepsie sowohl als direkte Folge der Epilepsie als auch deren Therapie auf.

Enzyminduzierende antikonvulsive Medikamente führen durch Induktion der Isoenzyme CYP1, CYP2 und CYP3 des hepatischen Cytochrom-P-450-Enzymsystems zu einem beschleunigten Steroidhormonabbau v. a. durch das Isoenzym CYP3A4. Parallel dazu ist die SHBG-Synthese gesteigert. Dadurch wird die Bioverfügbarkeit einiger exogener und endogener Steroide (z. B. Testosteron, Östradiol, Gestagene) vermindert. Die Wirksamkeit exogener Steroide kann dadurch eingeschränkt sein, was v. a. im Zusammenhang mit hormonellen Kontrazeptiva von Bedeutung ist.

Lesen Sie auch: Cortison-Therapie bei Epilepsie im Detail

PCO-Syndrom bei Frauen mit Epilepsie

Frauen mit Epilepsie haben ein erhöhtes Risiko, ein PCOS zu entwickeln. Die Angaben zum Einfluss, den AED allgemein oder Einzelsubstanzen wie etwa Valproinsäure (VPA) haben, schwanken in vergleichbarer Breite wie die oben genannten Prävalenzzahlen. Eine Vielzahl von Publikationen verweist auf ein deutlich erhöhtes Risiko eines PCOS unter einer VPA-Behandlung, seit die finnische Arbeitsgruppe um Isojärvi 1993 diesen Zusammenhang in einer Querschnittstudie erstmalig berichtete. Die Angaben schwanken allerdings erheblich zwischen 10,5 % und 62,5 %. Zusammenfassend kann man sagen, dass das PCOS bei Frauen mit Epilepsie häufiger vorkommt als ohne Epilepsie. Die ätiologische Gewichtung des morbogenen Einflusses sowie der direkten und der indirekten Einflüsse verschiedener einzelner AED auf die Entwicklung eines PCOS werden immer noch höchst kontrovers diskutiert. Die hierzu publizierte Literatur ist großenteils durch mangelhaftes Studiendesign (zu geringe Fallzahlen, unzureichende, teilweise willkürliche Definition des PCOS, Fokussierung auf das Auftreten einzelner Aspekte des PCOS) ungeeignet, eine evidenzbasierte Aussage zu treffen. Im Speziellen kann eine Sonderstellung von Valproinsäure gegenüber anderen AED für die Genese eines PCOS nicht überzeugend belegt werden. Das Gesamtbild bleibt fragmentarisch. Besondere Aufmerksamkeit muss bei der Behandlung einer Patientin mit Epilepsie auf die Entwicklung von Symptomen wie Zyklusstörungen, Gewichtszunahme und klinische Zeichen der Hyperandrogenämie gelegt werden. Diese können eine beginnende Endokrinopathie oder metabolische Störung anzeigen.

Hypogonadismus bei Männern mit Epilepsie

Verminderte Libido oder Potenz tritt beinahe bei 20 % der Männer mit Epilepsie in strukturierten und unstrukturierten Fragebögen-Studien auf. Hypogonadismus bedeutet niedrige Serumtestosteronspiegel und/oder verminderte oder abnormale Spermienproduktion. Es zeigen sich vermindertes sexuelles Interesse, verminderte Potenz, Fertilität, Energie, Stimmung, Knochen und Muskelmasse und sekundäre sexuelle Charakteristika. Untersuchungen des bioverfügbaren Testosterons (BAT) zeigen, dass ein Hypogonadismus in etwa bei einem Drittel der Männern mit Temporallappenepilepsie auftreten kann. BAT vermindert sich altersabhängig bei Männer mit Epilepsie rascher als bei Kontrollen. Einige, aber nicht alle Studien haben eine signifikante Beziehung zwischen vermindertem Serum-BAT und sexueller Dysfunktion gezeigt. Männer mit Epilepsie zeigen bei niedrig - normalen BAT-Spiegeln ein Vorhandensein einer sexuellen Dysfunktion, welche bei Männern der Allgemeinbevölkerung sich nicht klinisch manifestiert.

Ätiologisch können sowohl für einen Hypogonadismus als auch für reproduktive und sexuelle Dysfunktionen bei Männern mit Epilepsie eine Vielzahl von Ursachen in Betracht gezogen werden. AEDs können die Sexualfunktion beim Mann teilweise erheblich beeinflussen.

Antiepileptika und Sexualhormone

Einige Medikamente gegen Epilepsie - insbesondere die über die Leber verarbeitet werden - können einen ungünstigen Einfluss auf die Produktion bzw. den Abbau der Sexualhormone (z.B. Testosteron) haben und zu einer verminderten sexuellen Aktivität führen. Außerdem kann die Epilepsie selbst zu Störungen der Sexualhormone und des komplexen hormonellen Regelkreises zwischen beteiligten Hirnarealen und Ovarien bzw. Hoden führen und so sexuelle Funktionsstörungen verursachen.

Im Rahmen einer Epilepsieerkrankung können Hirnareale, die in funktionellem Zusammenhang mit dem Hypothalamus und der Hypophyse stehen, durchaus beeinträchtigt werden. Dadurch kann es zu Störungen des beschriebenen Regulationssystems kommen, welche unter anderem zu einer verminderten Testosteron-Synthese und zu Störungen der Spermienbildung (Spermatogenese) führen können.

Testosteron wird im Blut zu einem großen Teil an ein bestimmtes Eiweiß gebunden, das sogenannte Sexualhormon bindende Globulin, auch SHBG abgekürzt. Nur der freie, das heißt nicht an SHBG gebundene, Anteil des Testosterons, steht dem Organismus "zur Verfügung" und kann somit seine Wirkung voll entfalten. Unter bestimmten Bedingungen kann es nun zu einer vermehrten Produktion dieses Bindungsglobulins SHBG kommen. Einige, vor allem ältere Antiepileptika wie zum Beispiel Carbamazepin, gehören zur Gruppe der enzyminduzierenden Medikamente, d. h. sie besitzen eine induzierende (= die Produktion steigernde) Wirkung auf das Cytochrom P450-Enzymsystem in der Leber und steigern auf diese Weise die Bildung des Sexualhormon-bindenden Globulins SHBG. Dadurch wird vermehrt Testosteron an SHBG gebunden und der Anteil des, für die Sexualität des Mannes wichtigen, freien Testosterons geht zurück. In der Folge können Libido und Erektionsvermögen abnehmen.

Wie verschiedene Studien gezeigt haben, bestehen in Hinblick auf den Einfluss der Antiepileptika auf das Cytochrom P450-Enzymsystem und damit letztendlich hinsichtlich des Einflusses auf die Sexualfunktion des Mannes, deutliche Unterschiede. Ältere enzyminduzierende Antiepileptika, wie zum Beispiel Carbamazepin, können zu den genannten Veränderungen führen. Anders verhält es sich bei Oxcarbazepin, einem Antiepileptikum aus der Gruppe der neuen Antiepileptika, die das Enzymsystem der Leber kaum bzw. gar nicht beeinflussen. Unter einer Therapie mit Oxcarbazepin bleibt die SHBG Synthese weitgehend unbeeinflusst und freies Testosteron steht ausreichend zur Verfügung. Die unter der Behandlung mit enzyminduzierenden Antiepileptika genannten Störungen im Gleichgewicht der männlichen Sexualhormone sind daher unter Oxcarbazepin nicht zu erwarten.

Aufgrund dieser, durch Studien erworbenen Erkenntnisse, sollte bei der Auswahl des Antiepileptikums zur Behandlung männlicher Epilepsie-Patienten nicht nur die Reduktion der Anfallshäufigkeit berücksichtigt werden, sondern auch darauf geachtet werden, dass durch die Medikation das Gleichgewicht der Sexualhormone und damit die Sexualfunktionen des Mannes nicht beeinträchtigt werden. So kann durch eine entsprechend umsichtige Auswahl des Antiepileptikums bei Männern z.B. Oxcarbazepin, ein negativer Einfluss auf die Sexualfunktionen weitgehend vermieden werden und die Lebensqualität erhalten bleiben.

Psychosoziale Faktoren

Psychosozialer Stress kann bei Hypogonadismus in Verbindung mit einer Epilepsie eine wichtige Rolle spielen. Aus der neuroendokrinen Perspektive involviert eine Stressantwort die Aktivierung der hypothalamisch-hypophysären (HPA) Achse. Cortisolspiegel sind bei Menschen mit Epilepsie höher als bei Kontrollen und ähnlich wie bei Menschen mit einer Depression. Anders als bei einer Depression sind bei Epilepsien die täglichen Schwankungen jedoch oft nicht vorhanden. Stress erhöht die Freisetzung von Proopiomelanocortin (POMC), ein Protein und Prohormon der corticotropen Zellen der Adenohypophyse und des Hypothalamus, das unter anderem zur Bildung von ACTH und Endorphin gespalten wird. Beide hemmen die Gonadotropinsekretion und die reproduktive Funktion. ACTH erhöht die Kortisolsekretion; Endorphine erhöhen die Dehydroepiandrosteron (DHEA)-Produktion.

Kinderwunsch und Schwangerschaft bei Epilepsie

Beratung vor der Schwangerschaft

Menschen mit Epilepsie müssen nicht auf Kinder verzichten. Sie sollten aber ihren Kinderwunsch möglichst bei der neurologischen Behandlung ansprechen, bevor sie mit der Verhütung aufhören. Manche Medikamente zur Behandlung einer Epilepsie sollten nämlich nur bei sicherer Verhütung eingenommen werden oder wenn es kein anderes wirksames Medikament gibt.

Wer Antiepileptika einnimmt und eine Schwangerschaft verhüten will, sollte sich zu diesem Thema ärztlich beraten lassen und ggf. nach Alternativen suchen.

Erblichkeit

Kinder von Eltern mit Epilepsie haben im Durchschnitt ein etwas höheres Risiko an Epilepsie zu erkranken als Kinder gesunder Eltern. Selten wird Epilepsie direkt vererbt, oder eine Krankheit, bei der epileptische Anfälle zu den Symptomen gehören. Dann sind die Gene die einzige Ursache der Epilepsie. Wenn nur ein einziges Gen die Epilepsie verursacht, ist das Risiko es zu vererben besonders hoch. Die meisten Epilepsien mit einem erblichen Anteil haben aber noch weitere Ursachen. Manche Epilepsien sind überhaupt nicht erblich, weil sie ausschließlich andere Ursachen haben, z.B. Wer diesbezüglich Sorgen hat, kann bei einem Neurologie-Termin erfragen, ob eine genetische Beratung sinnvoll wäre.

Risiken in der Schwangerschaft

Hat die Mutter Epilepsie, besteht ein leicht erhöhtes Risiko für Fehlbildungen beim Kind. Ursache können in der Schwangerschaft eingenommene Antiepileptika sein, aber auch ein erhöhtes genetischen Risiko oder Anfälle in der Schwangerschaft. Bei manchen Medikamenten zur Anfallsunterdrückung ist das Risiko für Fehlbildungen deutlich höher als bei anderen. Zur Vorbeugung von Fehlbildungen sollten Frauen, in Absprache mit dem Gynäkologen, bereits vor der Schwangerschaft ausreichend Folsäure zu sich nehmen. Die von Vätern eingenommenen Antiepileptika erhöhen nicht das Risiko für Fehlbildungen.

Anfang 2024 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte allerdings vorsorglich auf Grund einer Warnung der Europäische Arzneimittelagentur (EMA) eine Warnung herausgegeben: Eine Behandlung mit dem Wirkstoff Valporinsäure vor und während der Zeugung könne das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern erhöhen. Hintergrund ist eine medizinische Studie, die Hinweise darauf geliefert hat. Neuere Daten bestätigen das aber nicht und eine Behandlung mit diesem Wirkstoff ist für viele Männer mit Epilepsie eine große Hilfe.

Epilepsiebehandlung während der Schwangerschaft

Schwangere mit Epilepsie sollten sich regelmäßig zu der Behandlung mit Medikamenten beraten lassen und auf keinen Fall eigenmächtig aus Sorge um das Kind die Medikamente absetzen oder die Dosis reduzieren. Denn Anfälle in der Schwangerschaft können nicht nur die Mutter, sondern auch das Kind gefährden. In der Schwangerschaft verändert sich der Stoffwechsel oft so, dass weniger von den Medikamenten im Blut der Schwangeren ankommt. Auch Erbrechen wegen der schwangerschaftsbedingten Übelkeit kann den Medikamentenspiegel senken. Schwangere sollten deswegen den Medikamentenspiegel im Blut regelmäßig kontrollieren lassen. Wenn er deutlich gesunken ist, muss die Dosis oft nach ärztlicher Absprache erhöht werden. Vorgeburtliche Diagnostik wegen des erhöhten Risikos für Fehlbildungen kann sinnvoll sein, aber auch belasten.

Geburt und Stillzeit

Die Gebärende sollte auch während der Geburt die Antiepileptika weiter nehmen. Auch mit Epilepsie ist eine natürliche Geburt möglich. Die Diagnose einer Epilepsie allein ist kein Grund für einen Kaiserschnitt, aber er kann z.B.

Die Vorteile des Stillens überwiegen denkbare Risiken durch von der Mutter eingenommene Medikamente. Deswegen empfiehlt die wissenschaftliche Epilepsie-Leitlinie das Stillen auch dann, wenn Medikamente gegen Epilepsie eingenommen werden. Stillen senkt z.B. das Risiko des Kindes für Infektionen, Diabetes, Leukämie und plötzlichen Kindstod. Zudem hat es auch viele Vorteile für die Stillende, z.B. ein geringeres Risiko für Depressionen und Diabetes. Außerdem haben Stillende im Durchschnitt weniger Schlafmangel und Schlafmangel erhöht das Anfallsrisiko.

Wenn die Medikamentendosis in der Schwangerschaft oder bei der Geburt verändert wurde, muss sie ggf.

Elternschaft mit Epilepsie

Bei einigen Epilepsieformen löst Schlafentzug Anfälle aus. Wenn ein Elternteil an einer solchen Epilepsieform leidet, sollte dieser sehr auf seine Nachtruhe achten. Die nächtliche Betreuung des Kindes sollte dann der gesunde Elternteil oder eine andere nahestehende Person übernehmen. Elternassistenz kann im Anfallsfall die Sicherheit des Kindes gewährleisten und einen Elternteil mit Epilepsie im Alltag unterstützen, z.B. Autofahrten bei fehlender Fahrtauglichkeit übernehmen.

Diagnostik und Therapie

Sollten sexuelle Probleme auftreten, muss selbstverständlich auch gründlich nach einer möglichen organischen Ursache jenseits der Epilepsie und Antiepileptika gesucht werden. Dazu gehören eine urologische bzw. gynäkologische Untersuchung, eine Hormondiagnostik und die Überlegung, ob eingenommene weitere Medikamente oder andere Substanzen (z.B. Drogen, Alkohol) ursächlich in Frage kommen. Gegebenenfalls muss besprochen werden, ob eine medikamentöse Umstellung erfolgen sollte und ob Medikamente eingesetzt werden können, die die Potenz fördern.

Um die sexuellen Probleme von neurologischen Patienten aufzudecken, genügen in der Praxis Anamnese und klinische Untersuchung. Zunächst sollte der Arzt die verschiedenen Aspekte der Sexualität, wie Libido, Erregbarkeit und Orgasmusfähigkeit, gezielt abfragen. Es kann nützlich sein, mit der Partnerin bzw. Die Informationen aus der Anamnese geben Hinweise für die körperliche Untersuchung . Die motorische Funktion der unteren sakralen Segmente (S3-S4/5) lässt sich durch die Funktion des Analsphinkters beurteilen. Hierzu wird der laterale Sphinkterrand beidseits wiederholt gepikt, etwa mit einem scharf abgebrochenen Holzstäbchen. Getestet werden sollte auch der Bulbospongiosusreflex (S2-S4/5) durch Drücken der Glanspenis bzw. durch Berühren der Vulva, wobei sich Kontraktionen der perinealen Muskulatur beobachten und palpieren lassen. Bei Männern gibt die Auslösbarkeit des Kremasterreflexes (L1) weitere Auskünfte über die Motorik.

In der Behandlung bei ED dominieren die Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDI). Die Effektivität von Sildenafil bei organisch bedingter Erektionsstörung wird mit 68 Prozent angegeben. Erektionen lassen sich auch mithilfe der Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT) erreichen. Die intraurethrale Applikation von Alprostadil firmiert unter dem Kürzel MUSE (Medikamentöses Urethrales System zur Erektion). Wenig Hilfen für Frauen: Während für Männer, bei denen häufig die ED im Vordergrund steht, eine Reihe von Präparaten verfügbar ist, sind Hilfen für Frauen mit Sexualstörungen rar.

Fazit

Epilepsie kann vielfältige Auswirkungen auf die Sexualität und Partnerschaft haben. Es ist wichtig, dass Betroffene offen mit ihren Partnern und Ärzten über diese Themen sprechen, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Eine individuelle Therapie, die sowohl die Anfallskontrolle als auch die hormonellen und psychosozialen Aspekte berücksichtigt, kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern. Die Auswahl des Antiepileptikums sollte sorgfältig erfolgen, um negative Auswirkungen auf die Sexualhormone zu minimieren. Auch psychosoziale Unterstützung und gegebenenfalls eine Paartherapie können hilfreich sein, um die Partnerschaft zu stärken und die Herausforderungen, die mit der Epilepsie einhergehen, gemeinsam zu bewältigen.

tags: #epilepsie #und #sexualität