Ein epileptischer Anfall, oft auch als Krampfanfall bezeichnet, manifestiert sich durch einen vorübergehenden Verlust der Körperkontrolle und/oder des Bewusstseins. Dies kann sich in plötzlichem Stürzen, Zuckungen und Krämpfen äußern. Die Ursache liegt in einer unkontrollierten, plötzlichen elektrischen Entladung von Nervenzellen im Gehirn, was zu Muskelkrämpfen, veränderten Sinneswahrnehmungen und Bewusstseinsstörungen führen kann. Es gibt verschiedene Arten von Anfällen und Epilepsie, die sich in Ursachen und Symptomen unterscheiden. Wiederholte Anfälle werden in der Regel medikamentös behandelt.
Wie entstehen epileptische Anfälle?
Das zentrale Nervensystem im Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen, die elektrische Signale erzeugen, empfangen und übertragen. Dieses Zusammenspiel ist präzise aufeinander abgestimmt. Bei Störungen kommt es zu plötzlichen elektrischen Entladungen, die sich im Körper ausbreiten und krampfartige Zuckungen, vor allem in Armen und Beinen, auslösen können, die willentlich nicht kontrollierbar sind. Jede Schädigung des Hirngewebes kann eine spontane Entladung von Nervenzellen und somit einen Krampf verursachen. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann hohes Fieber einen Fieberkrampf auslösen. Epileptische Anfälle oder Epilepsie können prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten, wobei die Ursache manchmal unbekannt bleibt. Bei manchen Patienten erhöhen bestimmte Trigger das Risiko für einen Krampf.
Arten von epileptischen Anfällen
Krampfanfälle beeinflussen Bewegungen, Empfindungen und das Bewusstsein. Grundsätzlich wird zwischen fokalen und generalisierten Anfällen unterschieden. Bei einem fokalen Anfall ist die Störung auf einen kleinen Bereich in einer der beiden Hirnhälften begrenzt. Ein einmaliger Anfall muss nicht zwangsläufig zu einer Epilepsie führen, erst mehrere Anfälle definieren diese. Es gibt auch nicht-epileptische Anfälle, die nicht durch unkoordinierte Entladungen von Nervenzellen verursacht werden, sondern andere Ursachen haben.
Fokale Anfälle
Fokale Anfälle dauern meist ein bis zwei Minuten. Betroffene zeigen nicht zielgerichtete Verhaltensweisen wie Schmatzen, Lippenlecken oder Nesteln. Muskelzuckungen, verkrampfte Gliedmaßen und Muskelschwäche sind ebenfalls möglich. Während des Anfalls können Kribbeln, Taubheitsgefühle, Lichtblitze, ungewöhnliche Geräusche oder Gerüche auftreten, ebenso plötzliche Angst oder kurze Aussetzer in Sprache oder Gedächtnis. Weitere Symptome können Herzrasen, Schweißausbrüche, Speichelfluss und Übelkeit sein.
Generalisierte Anfälle
Generalisierte Krampfanfälle können vielfältig sein. Sie können sich als kurze „Aussetzer“ (Absencen oder Bewusstseinsstörungen) äußern oder zu längerem Bewusstseinsverlust und Stürzen führen. Oft kommt es zu einer Verkrampfung des ganzen Körpers mit Zuckungen der Arme und Beine, meist in Form eines tonisch-klonischen Anfalls. Dabei wird der Körper durch die Anspannung aller Muskeln plötzlich steif (tonische Phase), gefolgt von Bewusstseinsverlust und der klonischen Phase, in der die Muskeln krampfartig durch abwechselndes An- und Entspannen zucken. Bei einem tonisch-klonischen epileptischen Anfall kann es zu Zungen- oder Wangenbiss und Einnässen kommen.
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Diagnose von Epilepsie
Die Diagnose umfasst eine ausführliche Befragung und körperliche Untersuchung. Ein Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Hirnströme und zeigt, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht. Weitere neurologische Veränderungen im Gehirn können mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) dargestellt werden. Auch eine Blutuntersuchung kann helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsie zu finden. Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst.
Behandlung von Epilepsie
Epilepsie-Medikamente können Anfällen vorbeugen, wirken aber nicht bei allen Betroffenen. Nach mehrjähriger Anfallsfreiheit können die Medikamente unter Umständen abgesetzt werden.
Medikamentöse Therapie
Epilepsie-Medikamente (Antiepileptika) hemmen die übermäßige Aktivität von Nervenzellen im Gehirn und senken so das Risiko von Anfällen. Sie heilen jedoch nicht die Ursachen der Epilepsie. Die Medikamente sind als Tabletten, Kapseln oder Säfte erhältlich, manche können auch gespritzt, als Infusion oder als Zäpfchen angewendet werden. Antiepileptika können Nebenwirkungen haben, werden in niedrigen Dosierungen aber oft gut vertragen. Daher ist eine sorgfältige Abwägung der Behandlung sinnvoll.
Ob ein bestimmter Wirkstoff hilft, ist nicht vorhersagbar. Manche Menschen sind schon mit dem ersten Mittel anfallsfrei, bei anderen dauert es länger, die richtige Behandlung zu finden. Nach einem ersten Anfall sind Antiepileptika oft nicht sofort sinnvoll. Die Entscheidung hängt von der Wahrscheinlichkeit weiterer Anfälle, der Form der Epilepsie, der Art der Anfälle, der Beeinträchtigung der Lebensqualität, der Wahrscheinlichkeit der Anfallsverhinderung durch Medikamente und den möglichen Nebenwirkungen ab.
Zur Behandlung einer Epilepsie sind über 20 verschiedene Wirkstoffe zugelassen, darunter Carbamazepin, Gabapentin, Lamotrigin, Levetiracetam, Pregabalin und Valproinsäure. Die Wahl des Mittels hängt von der Epilepsieform, der Wirksamkeit, möglichen Nebenwirkungen, den Lebensumständen und persönlichen Bedürfnissen ab.
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Die Behandlung beginnt in der Regel mit einem einzelnen Wirkstoff in niedriger Dosierung. Reicht dies nicht aus, wird die Dosis gesteigert oder ein anderer Wirkstoff eingesetzt. Ziel ist es, Anfälle zu verhindern oder zumindest ihre Zahl zu verringern. Medikamente helfen vielen Menschen mit Epilepsie, Anfälle dauerhaft zu vermeiden. Etwa 5 von 10 Personen werden schon mit dem ersten Medikament anfallsfrei oder haben seltener Anfälle. Insgesamt treten bei etwa 7 von 10 Menschen mit Epilepsie keine Anfälle mehr auf, wenn sie Medikamente einnehmen.
Allerdings helfen Medikamente etwa 3 von 10 Menschen nicht ausreichend. Sie haben trotz mehrerer Behandlungsversuche weiter regelmäßig Anfälle. Manche Betroffene würden vielleicht auch ohne Medikamente keine weiteren Anfälle bekommen. Die Chancen dafür lassen sich nicht sicher vorhersagen. Die meisten Medikamente helfen im Schnitt ähnlich gut, ihre Wirkung bei einzelnen Betroffenen ist jedoch nicht vorhersagbar. Jeder Wirkstoff hat Vor- und Nachteile.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Die zu Beginn der Behandlung meist nur niedrig dosierten Medikamente werden in der Regel gut vertragen. Bei Dosiserhöhung oder Medikamentenkombinationen sind Nebenwirkungen wahrscheinlicher. Es kann außerdem zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Mögliche Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Schwindel, verlangsamtes Denken, Übelkeit und Hautausschlag. Oft sind solche Beschwerden leicht und gehen nach einiger Zeit vorüber.
Anfallskalender und Therapietreue
Es ist hilfreich, einen Anfallskalender zu führen, in dem Medikamente, Einnahmezeiten, Anfälle und ihre Erscheinungsform dokumentiert werden. Dies erleichtert es Ärzten, den Krankheitsverlauf zu beurteilen. Strategien zur regelmäßigen Medikamenteneinnahme können helfen, die Therapietreue zu erhöhen, z. B. die Einnahme zu festen Zeiten, an bestimmten Orten oder bei täglichen Routinen.
Absetzen von Medikamenten
Nach mehrjähriger Anfallsfreiheit möchten viele Menschen die Medikamente absetzen. Dies ist oft möglich, wobei das Risiko für einen Rückfall abgewogen werden muss. Die Entscheidung sollte zusammen mit einem Arzt getroffen werden. Ein höheres Rückfallrisiko besteht bei Menschen, die noch nicht lange anfallsfrei sind, ein niedrig dosiertes Medikament einnehmen und bei denen im EEG keine erhöhte Anfallsneigung festgestellt wird. Menschen mit einem dauerhaft erhöhten Risiko, etwa aufgrund einer Veranlagung oder bleibender Gehirnschäden, brauchen oft ihr Leben lang Medikamente.
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Um die Einnahme zu beenden, wird die Dosis schrittweise über mindestens 2 bis 3 Monate reduziert. Werden zwei oder mehr Medikamente eingenommen, wird zunächst nur die Dosierung eines Medikaments verringert. Bestimmte Antiepileptika können die Wirksamkeit der Antibabypille herabsetzen. Umgekehrt kann die Pille die Wirksamkeit bestimmter Antiepileptika beeinflussen. Deshalb ist es für junge Frauen mit Epilepsie wichtig, frühzeitig mit ihrem Arzt über das Thema Verhütung zu sprechen und zu überlegen, welche anderen Verhütungsmethoden infrage kommen.
Epilepsie und Schwangerschaft
Frauen mit Kinderwunsch fragen sich häufig, ob eine Schwangerschaft trotz Epilepsie möglich ist. Sie sorgen sich, dass Anfälle und Medikamente einem ungeborenen Kind schaden könnten. Die meisten Frauen mit Epilepsie bringen aber gesunde Kinder zur Welt. Wichtig ist, sich rechtzeitig ärztlich beraten zu lassen und sich auf eine Schwangerschaft vorzubereiten. Dies kann das Risiko für Komplikationen senken.
Es kann sein, dass die Behandlung der Epilepsie während einer Schwangerschaft angepasst werden muss. Je höher Antiepileptika dosiert sind, desto eher können sie zu Fehlbildungen des Kindes führen oder die Entwicklung seines Nervensystems verzögern. Dieses Risiko ist besonders im ersten Drittel der Schwangerschaft erhöht. Deshalb wird versucht, die Dosis der Medikamente während der Schwangerschaft möglichst niedrig zu halten und Mittel zu vermeiden, bei denen ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen besteht. Ein einzelnes Medikament in niedriger Dosierung erhöht das Risiko für Fehlbildungen sehr wahrscheinlich nicht wesentlich.
Wie bei jeder Schwangerschaft wird auch Schwangeren mit Epilepsie empfohlen, Folsäurepräparate einzunehmen, um das Risiko für Missbildungen zu senken. Einige Epilepsie-Medikamente können den Folsäurespiegel im Körper senken; dann wird die Einnahme höherer Dosen Folsäure empfohlen. Epileptische Anfälle schaden dem Kind in aller Regel nicht. Eine Ausnahme können lang anhaltende, generalisierte Anfälle sein, oder wenn sich eine Schwangere während eines Anfalls schwer verletzt.
Epilepsie im höheren Lebensalter
Ein Drittel der Menschen mit Epilepsie erkrankt erst nach dem 60. Lebensjahr. Ältere Menschen sind oft anfälliger für Nebenwirkungen von Medikamenten. Dies gilt auch für Antiepileptika. Wenn man aufgrund anderer Erkrankungen weitere Medikamente einnimmt, können Wechselwirkungen zwischen Medikamenten auftreten. Als älterer Mensch ist es daher besonders wichtig, am besten nur ein Epilepsie-Medikament in möglichst niedriger Dosis einzunehmen.
Epilepsie und geistige Behinderung
Geistige Behinderungen entstehen meist aufgrund von Gehirnschäden. Diese können angeboren oder später durch einen Unfall oder eine Krankheit entstanden sein. Gehirnschäden sind auch der Grund, warum Menschen mit geistiger Behinderung häufiger Epilepsie haben. Mit den Betroffenen über ihre Epilepsie zu sprechen, kann schwierig sein. Dies erschwert die Diagnose und auch die Behandlung: Es ist schwieriger, die passenden Medikamente zu finden und Nebenwirkungen festzustellen. Zudem können bei geistiger Behinderung Verhaltensauffälligkeiten und Bewegungsstörungen auftreten, die leicht mit epileptischen Anfällen zu verwechseln sind.
Therapie bei Therapieresistenz
Etwa 3 von 10 Menschen haben trotz mehrerer Behandlungsversuche mit verschiedenen Medikamenten weiter Anfälle - manche regelmäßig, andere können dazwischen einige Jahre anfallsfrei sein. Warum die Medikamente nicht bei allen Menschen ansprechen, ist nicht bekannt. Spätestens wenn zwei verschiedene Medikamente keine ausreichende Wirkung gezeigt haben, wird empfohlen, die Diagnose in einem spezialisierten Zentrum überprüfen zu lassen. Manchmal stellt sich dann heraus, dass es sich nicht um eine Epilepsie, sondern eine andere Anfallserkrankung handelt.
Wirken Medikamente nicht, wird häufig ein Eingriff empfohlen.
Operation
Wenn sich bei fokalen Epilepsien feststellen lässt, welcher Bereich des Gehirns Anfälle auslöst, kann dieser Teil unter Umständen entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich.
Vagusnerv-Stimulation
Dabei wird ein Schrittmacher an der Brust unter die Haut implantiert, der elektrische Impulse abgibt. Er ist über Kontakte am Halsbereich mit dem Vagusnerv verbunden. Der Nerv leitet die Impulse ins Gehirn und soll so die Überaktivität hemmen. Der Vagusnerv ist ein wichtiger Nerv des vegetativen Nervensystems und an der Regulierung der inneren Organe beteiligt. Für den Nutzen dieser Therapie gibt es bisher nur wenige aussagekräftige Studien.
Status epilepticus
Von einem „Status epilepticus“ spricht man, wenn ein generalisierter epileptischer Anfall länger als fünf Minuten dauert oder mehrere Anfälle rasch hintereinander auftreten. Dann handelt es sich um einen Notfall, der schnell medikamentös behandelt werden muss. Deshalb muss sofort der Rettungsdienst unter der 112 gerufen werden. Meist gibt die Notärztin oder der Notarzt zuerst ein Beruhigungsmittel (Benzodiazepin). Es wird in die Vene gespritzt, in die Wangentasche gegeben oder als Creme über eine kleine Tube in den After eingeführt. Danach ist eine Weiterbehandlung im Krankenhaus erforderlich.
Antibiotika und epileptische Anfälle
Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass Antibiotika epileptische Anfälle und Halluzinationen auslösen können. Der Neurologe Shamik Bhattacharyya vom Brigham and Women's Hospital in Neurology fand in einer Literaturrecherche 391 Fälle aus den letzten sieben Jahrzehnten, die eine solche Verbindung nahelegen.
Antibiotika-assoziierte Enzephalopathie
Die Patienten waren mit 54 verschiedenen Antibiotika aus 12 unterschiedlichen Wirkstoffklassen behandelt worden, darunter häufig verordnete Antibiotika wie Ciprofloxacin oder Sulfonamide, aber auch intravenöses Penicillin und Cefepim. Etwa 47 Prozent der Patienten klagten über Wahnvorstellungen oder Halluzinationen, 14 Prozent hatten epileptische Anfälle, 15 Prozent litten unter unwillkürlichen Muskelzuckungen und weitere 5 Prozent hatten die Kontrolle über Körperbewegungen verloren. Bei 70 Prozent der Patienten fanden die Neurologen Auffälligkeiten im EEG. Bei 25 Prozent der Patienten, die ein Delirium entwickelten, lag begleitend ein Nierenversagen vor.
Bhattacharyya glaubt, dass Antibiotika-assoziierte Enzephalopathien öfter auftreten, als allgemein angenommen wird. Er hat eine Klassifikation erstellt, die die Aufmerksamkeit auf dieses möglicherweise unterschätzte Problem lenken soll:
- Typ 1: Vor allem epileptische Episoden, häufig im Zusammenhang mit Penicillin und Cephalosporinen.
- Typ 2: Symptome einer Psychose, beispielsweise nach der Gabe von Procain-Penicillin, Sulfonamiden, Fluorchinolonen und Makroliden.
- Typ 3: Abnormale Befunde in bildgebenden Verfahren, Beeinträchtigungen der Muskelkoordination und andere Anzeichen von Funktionsstörungen des Gehirns, bisher nur mit Metronidazol in Verbindung gebracht.
Kennzeichnend für die Typen 1 und 2 ist ein schnelles Einsetzen der Symptome, die innerhalb weniger Tage beginnen und sofort nach dem Absetzen wieder abklingen. Beim Typ 3 treten die Symptome erst nach Wochen auf, und die Patienten erholen sich nach dem Absetzen erst allmählich. Bhattacharyya weist darauf hin, dass die Symptome in vielen Fällen auch von der Infektion herrühren könnten, deretwegen die Antibiotika gegeben wurden.
Neurotoxizität von Antibiotika
Eine Schädigung zentraler oder peripherer Nervenstrukturen ist grundsätzlich durch fast alle Antibiotika möglich, wobei es erhebliche Häufigkeitsunterschiede gibt. Eine Antibiotika-assoziierte Enzephalopathie ist häufiger, als man glaubt, und gerade bei älteren Intensivpatienten relevant. Manche Antibiotika können auch zu erheblichen neuromuskulären Problemen führen.
Schwere, durch Antibiotika verursachte ZNS-Nebenwirkungen werden generell mit einer Häufigkeit von weniger als 1 % berichtet, und Enzephalopathien machen nur einen kleinen Teil dieser Nebenwirkungen aus. Andererseits gibt es Daten, die darauf hinweisen, dass die Antibiotika-assoziierte Enzephalopathie (AAE) unterdiagnostiziert ist. Insbesondere ältere Patienten sind häufiger als vermutet von diesem Problem betroffen.
Die Diagnostik eines AAE ist schwierig, da bei Patienten, die auf der ICU Antibiotika erhalten, noch eine Reihe anderer Ursachen für kognitive Veränderungen möglich sind; zudem gibt es wenig wissenschaftliche Studien zu den Risikofaktoren und klinischen Charakteristika von AAE - es liegen hauptsächlich Fallberichte und kleinere Fallserien vor.
Risikofaktoren für AAE
Einer der Hauptrisikofaktoren ist die chronische Niereninsuffizienz, die bei immerhin 25 % der Betroffenen vorhanden war. Besonders häufig ist diese bei Cephalosporin-assoziierten Enzephalopathien; sie kommt jedoch auch bei anderen Antibiotikaklassen vor. Hepatische Dysfunktionen spielen vor allem bei Metronidazolassoziierten Enzephalopathien eine Rolle, sind aber sonst eher selten. Auch eine psychiatrische Vorgeschichte spielt eine eher geringe Rolle (≤20 % bei allen Antibiotikaklassen).
Ein Grund für das Underreporting von AAE könnte darin bestehen, dass die Enzephalopathie fälschlich für metabolisch bedingt oder für die Exazerbation einer psychiatrischen Erkrankung gehalten wird.
Pharmakokinetik und Interaktionen
Pharmakokinetische Mechanismen spielen eine Rolle bei der Entwicklung von Neurotoxizitäten. So können lipophile Penicilline die Blut-Hirn-Schranke leichter durchdringen. Imipenem zeigt, im Vergleich zu anderen Carbapenemen, eine langsamere Clearance aus dem ZNS und damit ein höheres Risiko für Neurotoxizität.
Höheres Lebensalter, schlechte Nierenfunktion und vorbestehende ZNS-Schädigung (z.B. durch M. Parkinson, Insult oder St. p. Schädel-Hirn-Trauma) erhöhen das Risiko für neurotoxische Wirkungen mancher, aber nicht aller Antibiotika. Niereninsuffizienz führt nicht nur zu erhöhten Serumkonzentrationen von Antibiotika; zusätzlich kann durch Proteinurie der nicht proteingebundene Substanzanteil - und damit die Bioverfügbarkeit des Antibiotikums - ansteigen. Zudem können reduzierte Serumproteinspiegel auch die Blut-Hirn-Schranke schädigen.
Interaktionen mit Antibiotika können die Serumspiegel von Antikonvulsiva verändern, was einerseits zu Krampfanfällen, andererseits zu toxischen Antikonvulsivaspiegeln führen kann. Letztere können sich z.B. durch Enzephalopathie, Nystagmus, Gleichgewichtsstörungen oder Ataxie äußern. Carbapeneme können die Serumspiegel von Valproinsäure um bis zu zwei Drittel senken; daher sollte diese Kombination vermieden werden. Umgekehrt können z.B. Clarithromycin oder Erythromycin die Serumspiegel von Phenytoin in den toxischen Bereich steigern; Analoges gilt für Isoniazid und Carbamazepin.
Nebenwirkungen im Bereich des peripheren Nervensystems
Hier sind drei Krankheitsbilder zu nennen: die Optikusneuropathie, die periphere Neuropathie und die Verschlechterung einer vorbestehenden Myasthenia gravis. Eine Optikusneuropathie wird durch das Antituberkulotikum Ethambutol ausgelöst. Eine periphere Neuropathie tritt am häufigsten unter Linezolid, Metronidazol und Dapson auf. Die Verschlechterung einer bestehenden Myasthenia gravis wird am häufigsten unter Aminoglykosiden, Fluorchinolonen und Makroliden gesehen.
Elektrolytentgleisungen und ASA
Elektrolytentgleisungen beeinflussen neben anderen Organen und Strukturen auch direkt das Gehirn. Vor allem akut auftretende und schwere Elektrolytentgleisungen können ASA zugrunde liegen. Vonseiten der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) wurden für die unterschiedlichen Elektrolytstörungen Grenzwerte angegeben. Diese sind bei fehlender wissenschaftlicher Grundlage willkürlich gesetzt. Dabei wurden diese so gewählt, dass eher eine hohe Spezifität als Sensitivität vorliegt. Sollten diese Grenzwerte bei ASA nicht unter-/überschritten werden, sollte die Anfallsätiologie als unklar eingestuft werden, was explizit nicht einem unprovozierten Anfall entspricht.
Eine Vielzahl von internistischen Erkrankungen und Störungen führt zu einer Hyponatriämie. Die häufigsten Ursachen sind dabei eine Verdünnungshyponatriämie oder eine übermäßige Wasseraufnahme. Neurologische Komplikationen treten meist nur dann auf, wenn der Natriumwert innerhalb von wenigen Stunden sehr rasch ansteigt. Auch eine zu rasche Korrektur der Hypernatriämie kann durch ein dadurch entstehendes Hirnödem in bis zu 40 % der Patienten zu ASA führen.
Die klassischen klinischen Manifestationen der Hypokalziämie sind Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle. Bilateral tonisch klonische Anfälle im Sinne eines ASA können im Rahmen eines ausgeprägten Magnesiummangels entstehen. Ein Diabetes mellitus (DM), unabhängig ob Typ I oder II, ist mit dem Auftreten von epileptischen Anfällen und mit Epilepsien assoziiert.
Weitere Auslöser von Epilepsie
Neben Antibiotika und Elektrolytentgleisungen gibt es weitere Faktoren, die epileptische Anfälle auslösen können:
- Fehlende Medikamente: Das Vergessen der Einnahme der Antiepileptika ist der häufigste Grund für einen Anfall.
- Alkohol: Übermäßiger Alkoholkonsum kann einen Anfall auslösen.
- Freizeitdrogen: Viele Freizeitdrogen können die Gehirnchemie beeinflussen und möglicherweise einen Anfall auslösen.
- Schlafmangel/Müdigkeit: Dies ist einer der größten Auslöser für Anfälle.
- Stress: Starke körperliche oder seelische Belastung kann Anfälle auslösen.
- Dehydrierung: Achten Sie darauf, dass Sie immer ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.
- Unregelmäßige Mahlzeiten: Regelmäßige Mahlzeiten können dazu beitragen, dass Ihre Anfälle unter Kontrolle bleiben.
- Flickerndes Licht: Nur etwa 3 % der Menschen mit Epilepsie sind lichtempfindlich.
- Bestimmte Lebensmittel: Ein Ernährungstagebuch kann helfen, Lebensmittel als Auslöser zu identifizieren.
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