Epileptischer Anfall bei Jugendlichen: Ursachen, Symptome und Behandlung

Plötzliche Stürze, Zuckungen und Bewusstseinsstörungen bei Jugendlichen lösen bei Eltern oft Panik und Hilflosigkeit aus. Dieser Artikel soll einen umfassenden Überblick über epileptische Anfälle bei Jugendlichen geben und die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen.

Was ist Epilepsie?

Die Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Gehirns, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Ein epileptischer Anfall ist ein vorübergehendes Auftreten von subjektiven Zeichen und/oder objektivierbaren Symptomen aufgrund einer pathologisch exzessiven und/oder synchronisierten neuronalen Aktivität im Gehirn. Diese Anfälle können ohne erkennbare Auslöser auftreten und dauern in der Regel nur wenige Sekunden oder Minuten.

Fünf Prozent aller Menschen erleben bis zum 20. Lebensjahr einen epileptischen Anfall. Dabei handelt es sich aber meist nur um einen sogenannten Gelegenheitsanfall. Wenn das Gehirn durch eine Schädigung oder Entzündung intensiv gereizt wird, kann es mit einem Anfall reagieren.

Ursachen epileptischer Anfälle im Jugendalter

Die Ursachen für epileptische Anfälle im Jugendalter sind vielfältig. Störungen der Hirnreifung während der Schwangerschaft oder Geburtskomplikationen können ebenfalls eine Epilepsie auslösen. Im Jugendalter sind dann eher Unfälle und Gehirntumore die Verursacher der Erkrankung. In vielen Fällen ist allerdings keine konkrete Ursache erkennbar.

Grundsätzlich kann jede Schädigung von Hirngewebe zu einer spontanen Entladung von Nervenzellen und damit zu einem Krampf führen.

Lesen Sie auch: Was Sie über epileptische Anfälle nach Hirnblutungen wissen sollten

Mögliche Ursachen sind:

  • Genetische Faktoren: Neuere Untersuchungen zeigen, dass es auch genetische Risikofaktoren für die Entwicklung einer Epilepsie gibt. Viele Fälle von idiopathischen generalisierten Epilepsien (IGE) sind polygenetische Erkrankungen.
  • Strukturelle Veränderungen im Gehirn: Eine strukturelle Epilepsie ist mit umschriebenen pathologischen Hirnveränderungen assoziiert. Diese können erworben oder genetisch bedingt sein. Epileptogene Läsionen sind beispielsweise Hirntumore und Hirninfarkte, Kontusionsdefekte, vaskuläre Malformationen, Enzephalozelen, fokale kortikale Dysplasien, Polymikrogyrie der kortikalen Neurone, hypothalamische Hamartome oder eine Hippocampussklerose. Ebenso kann eine perinatale Hirnschädigung, oft infolge von Sauerstoffmangel während des Geburtsvorgangs, eine Epilepsie verursachen
  • Infektionen: Infektionen sind die weltweit häufigste Ursache von Epilepsie. Eine infektiöse Ätiologie bezieht sich auf Patienten mit Epilepsie und nicht auf Patienten, die Anfälle im Verlauf einer akuten Infektion erleiden. Infektiöse Ursachen können regional variieren; typische Beispiele sind Neurozystizerkose, Tuberkulose, HIV, zerebrale Malaria, subakute sklerosierende Panenzephalitis, zerebrale Toxoplasmose und kongenitale Infektionen - etwa durch das Zika- oder Zytomegalie-Virus. Zudem sind post-infektiöse Entwicklungen einer Epilepsie möglich, beispielsweise nach einer viralen Enzephalitis.
  • Stoffwechselstörungen: Eine metabolisch verursachte Epilepsie ist direkte Folge einer Stoffwechselstörung, die epileptische Anfälle als Kernsymptomatik aufweist. Es wird angenommen, dass die meisten metabolisch bedingten Epilepsien einen genetischen Hintergrund haben und nur selten erworben sind.
  • Immunologische Ursachen: Eine immunologische Epilepsie ist auf eine autoimmun vermittelte Entzündung des ZNS zurückzuführen. Hierzu gehören vor allem die Kalium-Kanal-Antikörper (LGI1)-bedingte limbische Enzephalitis und die NMDA-Rezeptor-Antikörper assoziierte Enzephalitis (NMDA = N-Methyl-D-Aspartat).

In vielen Fällen kann die Ursache einer Epilepsie jedoch nicht eindeutig geklärt werden.

Symptome epileptischer Anfälle

Die Symptome eines epileptischen Anfalls sind vielseitig und können sich von Person zu Person unterscheiden. Sie hängen von der Art des Anfalls und dem betroffenen Bereich des Gehirns ab.

Wenn jemand einen Schrei ausstößt, bewusstlos zu Boden geht und sich dann der ganze Körper verkrampft und zuckt, denken die meisten Menschen sofort an eine Epilepsie. Jedoch entspricht dieses weit verbreitete Bild nur einer ganz bestimmten Anfallsform, nämlich dem Grand-mal-Anfall. Und diese Form ist vergleichsweise selten.

Einige häufige Symptome sind:

Lesen Sie auch: Epileptische Anfälle durch Licht: Ein Überblick

  • Krämpfe: Muskelkrämpfe, Stürze und Bewusstlosigkeit sind typische Symptome. Die übermäßige Aktivität der Neuronen kann zu diversen Störungen führen und sich mitunter auch als typischer motorischer Krampfanfall äußern.
  • Bewusstseinsverlust: Der Patient oder die Patientin nimmt den epileptischen Anfall nicht bewusst wahr und kann sich später an nichts erinnern.
  • Absencen: Die typische Absence-Epilepsie etwa äußert sich mitunter dadurch, dass Betroffene für wenige Sekunden ihre aktuelle Tätigkeit unterbrechen, starr in die Luft gucken und dann wieder ganz normal mit ihrer vorherigen Aktivität fortfahren. Meistens können Betroffene selbst sich gar nicht an die kurze Absence erinnern. Diese Form der Epilepsie ist übrigens typisch für Kinder, weshalb sie oft als Träumerei oder Unkonzentriertheit fehlinterpretiert wird („Hans-guck-in-die-Luft“).
  • ** vegetative Symptome:** Auch Schweißausbrüche, Halluzinationen, ein aufsteigendes Unwohlsein in der Magengegend und Herzrasen können Symptome epileptischer Anfälle sein.
  • Fokale Symptome: Die Symptome fokaler Anfälle richten sich nach dem Ursprungsort im Gehirn. Die Sinneswahrnehmung kann durch einen fokalen Anfall gestört werden. So kann Sehen, Hören, Schmecken, Riechen oder Tasten durch den Anfall so beeinträchtigt sein, dass Betroffene Blitze sehen, Geräusche oder Stimmen hören, einen komischen Geschmack im Mund haben, etwas Merkwürdiges riechen oder Temperatur-Missempfindungen, Kribbeln oder Lähmungserscheinungen spüren. Fokale Anfälle mit Bewusstseinsverlust sind häufig durch sogenannte Automatismen geprägt. Patienten wiederholen im Anfall bestimmte Handlungsmuster, wie z. B.

Es können also eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome und Anfallsformen auf eine Epilepsie hinweisen, was die Diagnose der Erkrankung deutlich erschwert. Sowohl die Dauer, als auch Form und Ausprägung der motorischen und nicht-motorischen Symptome können erheblich variieren. Manche Anfälle dauern nur wenige Sekunden, andere mehrere Minuten.

Diagnose von Epilepsie

Für die Diagnose wird die Patientin oder der Patient ausführlich befragt und körperlich untersucht. Um eine Einschätzung zu ermöglichen, sind daher genaue Beschreibungen von Augenzeugen, insbesondere über Dauer und Symptome des Anfalls, von großer Bedeutung. Auch Videoaufnahmen können bei Kindern mit wiederholten Anfällen sehr hilfreich sein. Zunächst wird eine körperliche und neurologische Untersuchung durchgeführt, die jedoch bei Patient*innen mit Epilepsie komplett unauffällig sein kann.

Wichtige diagnostische Verfahren sind:

  • EEG (Elektroenzephalogramm): Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Hirnströme. Die Hirnstromkurve zeigt an, ob eine Neigung zu epileptischen Anfällen besteht. In der Schön Klinik Vogtareuth kommt eine moderne Monitoring-Unit für Kinder zum Einsatz, die ein präzises und intensives Video-EEG durchführen kann. EEG-überwacht, um Anfallsverläufe aufzeichnen zu können. Als eine der wenigen Kliniken in Deutschland implantieren wir Tiefenelektroden in das Gehirn. Dieses Verfahren erlaubt uns eine noch akkuratere Messung der Hirnströme und somit eine exakte Diagnose. Mithilfe des robotergestützten Navigationssystems ROSA setzt unser neurochirurgisches Personal oft weit über zehn Tiefenelektroden in das Gehirn. Dank der Roboter-Assistenz geschieht dies sehr rasch und die Narkosezeit kann erheblich verkürzt werden. Der Roboter greift auf vorher eingespeiste Computerdaten zurück und weist dem Operateur den Weg. Dadurch können die Elektroden ganz präzise eingebracht werden.
  • MRT (Magnetresonanztomografie): Weitere neurologische Veränderungen im Gehirn lassen sich zum Beispiel mittels der Computertomografie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) darstellen. Die Magnetresonanztomografie (MRT) liefert uns hochauflösende Bilder: Hier können selbst feinste Veränderungen im Gehirn sichtbar gemacht werden. Dank der funktionellen MRT können außerdem wichtige funktionstragende Areale lokalisiert werden. Zudem setzt unser ärztliches Personal das sogenannte Fibertracking-Verfahren ein. Dabei werden aus den MRT-Aufnahmen die Verläufe einzelner Nervenfasern im Gehirnre konstruiert. Kombiniert mit der Neuronavigation bietet Fibertracking einen bedeutenden Fortschritt für mikrochirurgische Therapie-Ansätze.
  • Blutuntersuchung: Auch die Blutuntersuchung kann dabei helfen, mögliche Ursachen für einen Krampfanfall oder eine Epilepsieerkrankung aufzuspüren. Manchmal wird eine genetische Testung veranlasst.

Behandlung epileptischer Anfälle

Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.

  • Medikamentöse Therapie: Die Behandlung basiert nahezu immer auf einer medikamentösen Therapie mit Antikonvulsiva. Da Epilepsie jedoch nicht heilbar ist, gilt die Anfallskontrolle als wichtigstes Ziel. Diese ist oft nur durch eine lebenslange Einnahme der Anfallssuppressiva möglich, welche dann aber oft ein uneingeschränktes und selbstständiges Leben bis ins hohe Alter ermöglicht. Etwa 60 % aller Kinder werden durch die Behandlung mit dem ersten Medikament anfallsfrei. Bei etwa 10 % gelingt dies erst nach dem Wechsel auf ein anderes Medikament. Es können auch zwei oder mehr Medikamente kombiniert werden. Ob dies Vorteile hat, ist aber unklar.
  • Epilepsiechirurgie: Für manche Kinder kommt ein epilepsiechirurgischer Eingriff infrage, dem ein aufwendiges Epilepsie-Monitoring vorausgeht. Anhand genauester Daten kann nun unser kinderneurologisches Personal gemeinsam mit dem neurochirurgischen Operierenden entscheiden, welche Abschnitte des Gehirns entfernt werden können, ohne wichtige Gehirnfunktionen zu schädigen. Ziel dabei ist meist die Anfallsfreiheit, manchmal auch eine Reduktion belastender Anfälle. Eine Operation kommt infrage, wenn sich eine belastende Epilepsie nicht gut mit Medikamenten behandeln lässt. Sie ist nur möglich, wenn die Anfälle von einer ganz bestimmten Stelle im Gehirn ausgehen (fokale Epilepsie). Anfälle, die das gesamte Gehirn erfassen (generalisierte Epilepsie), können nicht operativ behandelt werden. Studienergebnisse zeigen, dass nach einem Eingriff zwischen 30 und 80 von 100 Kindern anfallsfrei waren. Jeder Eingriff hat Risiken, da die Entfernung von Gehirngewebe auch unerwünschte Folgen haben kann.
  • Ketogene Diät: Bei schwer behandelbaren Epilepsien empfehlen Ärztinnen und Ärzte manchmal eine bestimmte Ernährungsform - die ketogene Diät. Dabei werden nur wenig Kohlenhydrate und stattdessen vor allem Fette aufgenommen. Diese Diät hat zur Folge, dass sich der Stoffwechsel umstellt: Um Energie zu gewinnen, wird Fett statt Zucker abgebaut. Der erhöhte Gehalt an Fettsäuren im Blut soll wiederum die Signalübertragung der Nervenzellen im Gehirn beeinflussen und zu weniger Anfällen führen.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Die Symptome einer Epilepsie treten meist ganz plötzlich und unvermittelt auf, weshalb es entscheidend ist, dass Angehörige genau wissen, wie man schnell und präzise Erste Hilfe während eines Anfalls leistet. Das kann Angehörigen und Betroffenen große Angst machen.

Lesen Sie auch: Provokation von Anfällen im Straßenverkehr

Wichtig ist, Ruhe zu bewahren und folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Sorgen Sie dafür, dass die Person sich nicht verletzen kann.
  • Entfernen Sie gefährliche Gegenstände aus der Umgebung.
  • Schützen Sie den Kopf der Person.
  • Versuchen Sie nicht, die Person festzuhalten oder den Krampf zu unterdrücken.
  • Beobachten Sie den Anfall genau und notieren Sie die Dauer.
  • Rufen Sie den Notruf (112), wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert, sich wiederholt oder die Person sich verletzt hat.

Leben mit Epilepsie

Viele Kinder und Jugendliche mit Epilepsie können ein normales Leben führen, wenn die Anfälle gut kontrolliert sind. Es ist wichtig, dass sie und ihre Familien über die Erkrankung informiert sind und wissen, wie sie mit Anfällen umgehen können.

Einige Tipps für das Leben mit Epilepsie:

  • Nehmen Sie die Medikamente regelmäßig ein.
  • Achten Sie auf einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus.
  • Vermeiden Sie Stress und Alkohol.
  • Informieren Sie sich über mögliche Auslöser für Anfälle und vermeiden Sie diese.
  • Sprechen Sie offen über Ihre Erkrankung und suchen Sie Unterstützung bei anderen Betroffenen.

tags: #epileptischer #Anfall #Jugendliche #Ursachen #Symptome #Behandlung