Erfolgreiche Behandlung von Polyneuropathie: Ein umfassender Überblick

Polyneuropathie, eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, kann verschiedene Ursachen haben und sich durch vielfältige Symptome äußern. Die Behandlung zielt darauf ab, die Ursache zu bekämpfen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Therapieansätze und ihre Erfolge.

Ursachenorientierte Therapie

Die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung von Polyneuropathie ist die Bekämpfung der Grunderkrankung.

Diabetes mellitus

Bei Diabetes mellitus ist eine konsequente Einstellung des Blutzuckerspiegels entscheidend. Ein langfristig gut eingestellter Blutzucker kann die Entstehung von Nervenschäden verhindern oder ihr Fortschreiten aufhalten. Dies wird durch eine Kombination aus diätetischen Maßnahmen, körperlicher Aktivität und optimierter Medikamenten- bzw. Insulingabe erreicht. Allerdings sollte eine zu rasche Senkung der Blutzuckerwerte vermieden werden, da dies zu weiteren Nervenschäden führen kann. Empfohlen wird eine sanfte Senkung des HbA1c-Wertes um weniger als zwei Prozentpunkte über einen Zeitraum von drei Monaten.

Infektionen

Bakterielle Polyneuropathien können durch eine entsprechende Antibiotika-Gabe gut therapiert werden.

Alkohol- oder Medikamenteninduzierte Polyneuropathie

Bei Polyneuropathien, die durch Alkohol oder Medikamente verursacht werden, ist Abstinenz bzw. ein Wechsel der Präparate angezeigt.

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Akuttherapie und Erhaltungstherapie

Bei entzündlichen Polyneuropathien wie CIDP, GBS oder MMN muss individuell entschieden werden, ob und welche Therapie am besten geeignet ist. Grundsätzlich wird zwischen Akuttherapie und Erhaltungstherapie unterschieden.

Akuttherapie

Die Akuttherapie umfasst alle Behandlungsmaßnahmen, die schnell ergriffen werden, um Krankheitssymptome zu lindern. Sie wird meist beim ersten Auftreten von Symptomen oder bei einem Krankheitsschub eingesetzt.

Erhaltungstherapie

Bei einer langfristigen Erhaltungstherapie stehen das Verhindern neuer Krankheitsschübe bzw. die Minderung von schweren Symptomen im Vordergrund. Wichtig sind auch eine gute Langzeitverträglichkeit, da einige Akutmedikamente langfristig ernste Nebenwirkungen haben können.

Medikamentöse Therapie

Kortikosteroide

Kortikosteroide (Kortison) wirken stark entzündungshemmend und unterdrücken die überschießende Reaktion des Immunsystems. Sie werden oft in der akuten Phase in hohen Dosierungen verabreicht, um eine rasche Reduktion der Symptome zu erzielen. Bei einer dauerhaften Erhaltungstherapie erfolgt in der Regel eine niedrigere Dosierung. Bei längerfristiger Einnahme ist das Osteoporose-Risiko deutlich erhöht, daher muss vor Therapiebeginn eine Osteoporose-Prophylaxe gestartet werden.

Immunglobuline

Immunglobuline (Ig) haben eine gute Wirksamkeit bei entzündlichen Polyneuropathien bewiesen und werden in den Therapieleitlinien für CIDP, GBS und MMN empfohlen. Sie können intravenös (IVIG) oder subkutan (SCIG) verabreicht werden. Immunglobuline wirken als Immunmodulatoren, das heißt, sie wirken regulierend und korrigierend auf das aus den Bahnen geratene Immunsystem ein. IVIG werden erfolgreich sowohl in der Akut- als auch der Erhaltungstherapie eingesetzt. In der Akutphase wird eine höhere Dosis als Infusion über 2-4 Tage verabreicht, in der Erhaltung kann die Dosis erniedrigt werden und eine Infusion ist dann nur noch etwa alle 3 Wochen notwendig. Subkutane Immunglobuline haben bei CIDP und MMN eine vergleichbar gute Wirksamkeit wie IVIG in der Erhaltungstherapie gezeigt.

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Bei der subkutanen Anwendung werden die Immunglobuline über eine Kanüle mit Hilfe einer Pumpe in das Unterhautfettgewebe infundiert, von wo sie allmählich in das Blut aufgenommen werden.

Plasmapherese

Die Plasmapherese (Blutwäsche) wird zumeist bei einer akuten Verschlechterung eingesetzt oder wenn Kortikosteroide und Immunglobuline keine Wirkung zeigen. Dabei werden die Autoantikörper gegen die Myelinscheiden größtenteils herausgefiltert, aber auch andere Komponenten des Immunsystems. Danach wird die Blutaufbereitung wieder zurückgeführt zusammen mit Blutplasma von menschlichen Spendern. Die Wirkung der Plasmapherese ist nur von kurzer Dauer und muss regelmäßig wiederholt werden.

Schmerzmittel

Polyneuropathisch bedingte Schmerzen sind durch Schmerzmittel (Analgetika) oft nur schwer in den Griff zu bekommen. Gelegentlich auftretende Beschwerden sprechen häufig auf eine Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) oder verwandten Medikamenten an. Lassen die Schmerzen trotz ASS nicht nach oder ist die Einnahme von ASS nicht möglich, stehen eine Vielzahl anderer Schmerzmittel zur Verfügung, deren Wirksamkeit systematisch erprobt werden muss.

Thioctsäure bzw. Alphaliponsäure

Durch die anfänglich hochdosierte Gabe von Thioctsäure können sich die Schmerzen und das Wahrnehmungsvermögen bessern, die Wirkung ist aber unsicher und die Behandlung wird von den Krankenkassen nicht bezahlt.

Antidepressiva

Antidepressiva (z.B. Amitriptylin) beseitigen den Schmerz nicht, machen ihn aber für die Betroffenen erträglicher. Die Wirkstoffe dieser Gruppe unterdrücken u.a. die Weiterleitung von Schmerzsignalen im Rückenmark. Um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, werden die Medikamente einschleichend dosiert.

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Antikonvulsiva

Antikonvulsiva (z.B. Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin) dämpfen die Erregbarkeit von Nervenzellen. Auch hier müssen die Mittel häufig einschleichend dosiert werden, damit keine Nebenwirkungen wie Schwindel und Müdigkeit auftreten. Bei der Behandlung mit diesen Medikamenten muss der Arzt besonders sorgfältig auf Veränderungen von speziellen im Blut bestimmbaren Werten achten, weshalb regelmäßige Blutuntersuchungen notwendig sind.

Opioide

Opioide haben bekanntermaßen ein Suchtpotential.

Capsaicin-Pflaster

Capsaicin ist für die Schärfe der Chilischoten verantwortlich und hat sich in Form von Capsaicin-Pflastern auf der Haut in Studien als erfolgversprechendes Mittel gegen Polyneuropathie erwiesen. Es betäubt nicht nur den schmerzenden Bereich und steigert die Durchblutung, sondern scheint sogar die Neubildung kleiner Nervenfasern anzuregen.

Physikalische Therapie

Die physikalische Therapie hilft bei der Schmerzbekämpfung, vor allem gegen die sensiblen und motorischen Störungen einer Polyneuropathie. Mit Hilfe verschiedener Anwendungen soll die Durchblutung verbessert, die geschwächten Muskeln gestärkt und die Mobilität längstmöglich aufrechterhalten werden.

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)

Bei der TENS trägt der Patient ein kleines elektrisches Gerät, das über eine Elektrode mit der schmerzhaften Hautregion verbunden ist. Bei Bedarf werden elektrische Impulse abgegeben, welche die Hautnerven reizen.

Elektrotherapie

Es gibt verschiedene Formen der Elektrotherapie, wie z.B. galvanische Bäder und Kohlensäurebäder, die die Durchblutung verbessern. Reizstrombehandlung, TENS und Hochtontherapie werden ebenfalls eingesetzt.

Ergotherapie und Physiotherapie

Ergotherapie und Physiotherapie umfassen ein Training für die geschädigten Nerven. Sie fokussieren darauf, Patientinnen und Patienten mit funktionalen Defiziten durch regelmäßige und wiederholte Anwendung ergotherapeutischer Maßnahmen dahingehend zu helfen, dass sie in ihrem täglichen Alltag optimal zurande kommen. Dies geschieht durch teilweise motorische Anwendungen. Unter anderem spielt bei der Polyneuropathie die Gangsicherheit eine Rolle, Gangsicherheit, Sturzprävention, aber auch das Thema medizinische Trainingstherapie, Aufbau von Kraft, von Ausdauer, Erhalt derselben. Im Bereich Polyneuropathie speziell hat sie unter anderem den Sinn, etwaige Schmerzen, die Polyneuropathie ist ja auch ein Schmerzsyndrom, besser bewältigen zu können - also Schmerzbewältigung.

Vibrationstherapie

Für die Vibrationstherapie gibt es ein Gerät, das den ganzen Körper behandelt, das Galileo Gerät.

Hydro- und Thermotherapie

Milde Formen, um die Durchblutung anzuregen und einen Reiz auf die Nervenrezeptoren auszuüben, sind das Trockenbürsten, Igelball, Sandbäder oder Klopfungen. Intensiver sind tägliches Wassertreten nach Kneipp oder kalte Unterschenkelgüsse, die ebenfalls die Durchblutung verbessern. Ansteigende Teilbäder mit allmählich steigenden Temperaturen dienen genauso der Gefäßerweiterung.

Bewegungstherapie und Krankengymnastik

Ein Ziel einer Bewegungstherapie ist die Besserung der Ausdauer und einer möglichen Muskelschwäche. Das kann durch Trainingstherapie, selbstständiges Walking, Geräte- oder Ergometertraining und Bewegungsbäder erreicht werden. Bewegungstherapie verbessert auch eine diabetische Stoffwechsellage sowie die Durchblutung.

Weitere Maßnahmen

Fußpflege

Die richtige Fußhygiene soll v.a. verhindern, dass sich kleine, unbemerkte Verletzungen entzünden. Deshalb müssen die Patienten darauf achten, täglich ihre Füße nach Blasen, Rötungen, Schwielen etc. zu untersuchen. Zusätzlich sollten immer gut passende Schuhe getragen werden, in denen die Zehen genügend Bewegungsfreiheit haben und keine Druckstellen entstehen können.

Hilfsmittel

Im Alltag können Hilfsmittel wie rutschfeste Schuhe, Handläufe an Treppen oder eine Tasche zum Umhängen das Leben erleichtern und die Sicherheit erhöhen.

Rehabilitation

Im Reha-Aufenthalt erhalten die Patienten neben der ärztlichen und pflegerischen Betreuung Therapien nicht nur zur Behandlung der Polyneuropathie, sondern auch zu anderen Beschwerden, die oft auch ebenfalls als Folge der Chemotherapie aufgetreten sind.

Naturheilkundliche Therapieansätze

Eine unter Umständen zugrunde liegende Erkrankung sollte so gut wie möglich behandelt werden. Ursächliche Noxen müssen ausgeschaltet werden. Gleichzeitig - oder wenn keine Grundkrankheit diagnostiziert wird - sollte man versuchen, die Beschwerden durch naturheilkundliche Maßnahmen so gut es geht zu lindern.

Ernährung und Vitamine

Sinnvoll ist eine ovolaktovegetabile vollwertige Kost. Dabei werden chronische Entzündungsprozesse auch durch eine Reduktion von tierischen Produkten eingedämmt. Der Blutzucker sollte durch Ernährung und Bewegung so gut wie möglich eingestellt werden, toxische Einflüsse (Alkohol) sind zu meiden. Häufig besteht bei einer diabetischen Polyneuropathie ein Mangel an Vitamin B1 (Thiamin), weshalb Patienten mit gesicherter Diagnose oft mit Benfotiamin behandelt werden.

Ordnungstherapie

Hierzu gehört allgemein eine individuelle Diskussion über Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum etc. Da chronischer Stress auch die Schmerzverarbeitung beeinflusst, können im Einzelfall Entspannungsverfahren, Yoga oder vergleichbare Maßnahmen indiziert sein. Akupunktur ist in ähnlicher Weise wirksam.

Phytotherapeutische Präparate

Vorrangig geht es bei der symptomatischen Therapie um eine Beeinflussung der oft quälenden Schmerzen. Zur äußeren Anwendung kommen z. B. Aconit-Nervenöl, Nelken-, Rosmarin- oder Minzöl infrage. Johanniskraut-Rotöl und Einreibungen mit capsaicinhaltiger Salbe oder Cayennepfeffer werden ebenfalls empfohlen.

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