Reha-Erfolge nach Schlaganfall: Studien und Erkenntnisse für eine bessere Erholung

Ein Schlaganfall kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von einem Moment auf den anderen verändern. Umso wichtiger ist es, die bestmögliche Versorgung und Rehabilitation zu gewährleisten, um die Lebensqualität wiederherzustellen. Dieser Artikel beleuchtet die Erfolge der Rehabilitation nach einem Schlaganfall, basierend auf aktuellen Studien und Erkenntnissen, und gibt praktische Hinweise für Betroffene und ihre Familien.

Die Bedeutung der Rehabilitation nach einem Schlaganfall

Ein Schlaganfall kann weitreichende Folgen haben, die sich in körperlichen und geistigen Einschränkungen äußern. Viele Betroffene erholen sich nur langsam von diesen Folgen. Die Rehabilitation spielt eine entscheidende Rolle dabei, Fähigkeiten wiederzuerlangen und den Alltag besser bewältigen zu können. Sie hilft, wieder selbstständiger zu werden, mit Einschränkungen umzugehen und Folgen wie Lähmungen, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und Depressionen zu lindern. Zudem unterstützt sie bei der Vorbereitung auf die Rückkehr nach Hause und das Alltagsleben und bietet Hilfen für Angehörige.

Die Behandlungsziele werden gemeinsam mit den therapeutischen Fachkräften festgelegt. Sie hängen unter anderem davon ab, wie schwer die Beeinträchtigungen sind, was sich durch die einzelnen Maßnahmen erreichen lässt und welche persönlichen Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Sich konkrete und realistische Ziele zu setzen, kann helfen, während der Rehabilitation motiviert zu bleiben und sie so gut wie möglich zu nutzen.

Phasen der Rehabilitation

Die Rehabilitation beginnt idealerweise bereits im Krankenhaus, oft auf einer spezialisierten Station, der sogenannten Stroke Unit. Dort wird versucht, die akuten Folgen der Erkrankung zu mindern und dauerhafte Beeinträchtigungen möglichst gering zu halten. Je schneller und besser die Krankheit anfangs behandelt wird, desto weniger Langzeitschäden sind zu erwarten. Die Krankenhausbehandlung dauert häufig etwa 1 bis 2 Wochen.

Die Rehabilitation (abgekürzt „Reha“) beginnt schon in dieser Zeit und kann anschließend in einer Rehaklinik und zu Hause fortgesetzt werden. Besonders wichtig ist die Reha in den ersten sechs Monaten nach dem Schlaganfall. Das Gehirn ist anpassungsfähig und plastisch. Das heißt, es können sich immer wieder neue Nervenverbindungen bilden, auch im höheren Alter. Wenn im Gehirn ein bestimmter Bereich ausfällt, kann ein anderer dessen Aufgabe übernehmen. Dadurch kann der Körper Störungen wie Sprachprobleme oder Lähmungen ausgleichen. Das garantiert nicht, dass die Einschränkungen ganz zurückgehen. Oft lassen sie sich aber lindern. Ein gezieltes Training kann die entsprechenden Gehirnbereiche aktivieren. Dabei wird schrittweise vorgegangen. Am Anfang stehen meist einfache Übungen, oft mit Hilfsmitteln und von Therapeutinnen und Therapeuten unterstützt. Gelingen diese, sind komplexere und eigenständigere Übungen möglich. So kann es nach und nach gelingen, Fähigkeiten wiederzuerlangen oder Einschränkungen zu mindern.

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Die Rehabilitation wird bei der Rentenversicherung oder der Krankenkasse beantragt. Diese bewilligen die Reha zunächst für drei Wochen. Sie kann aber bei Bedarf verlängert werden.

Es gibt verschiedene Formen der Rehabilitation:

  • Neurologische Rehabilitation: Sie beinhaltet mehr Therapiestunden als eine geriatrische und zielt vor allem darauf ab, wieder in den Beruf zurückkehren zu können.
  • Geriatrische Rehabilitation: Sie richtet sich hauptsächlich an ältere Menschen mit mehreren Vorerkrankungen.
  • Teilstationäre Rehabilitation: Dabei ist man tagsüber in der Rehaklinik, aber abends und am Wochenende zu Hause.
  • Ambulante Rehabilitation: Die Reha findet in Einrichtungen statt, die nur für die Behandlungstermine besucht werden. Voraussetzung für eine teilstationäre oder ambulante Reha ist, dass man sich entweder selbst versorgen kann oder die Versorgung durch andere gesichert ist.

Nach dem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik werden die Maßnahmen meist ambulant fortgeführt. Dies organisiert der Sozialdienst der Rehabilitationsklinik vor der Entlassung. Bei der Planung prüfen die Fachkräfte auch, ob zu Hause spezielle Hilfsmittel nötig sind oder die Wohnung anders gestaltet werden muss.

Therapieansätze in der Rehabilitation

In der Reha kommen verschiedene Therapieansätze zum Einsatz, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden:

  • Physiotherapie / Krafttraining: Wer im Rollstuhl sitzt oder bettlägerig ist, kann beispielsweise üben, von einem Stuhl oder aus dem Bett aufzustehen und einige Schritte zu gehen. Durch Training von Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer kann man lernen, wieder sicherer zu gehen. Auch Einschränkungen von Arm und Hand lassen sich mit Übungen mindern - zum Beispiel, indem der gelähmte Arm verstärkt benutzt wird. Dies kann auch Schulterschmerzen vorbeugen.

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  • Logopädie: Menschen, die einen Schlaganfall hatten, haben häufig Schwierigkeiten, Sätze zu bilden oder Worte zu finden. Bei anderen ist die Aussprache undeutlich oder verwaschen. Auch Schluckstörungen können auftreten. Diese Beeinträchtigungen lassen sich mit gezielten Übungen behandeln. Eine logopädische Therapie von mindestens fünf Stunden pro Woche verbessert im Vergleich zur spontanen Erholung signifikant die Funktionen. Sie setzt auf Wort-, Satz- oder Gesprächsebene an. Allerdings bleiben Funktionsverbesserungen meist auf den trainierten Bereich begrenzt und können bei mangelhaftem Erhaltungstraining wieder verloren gehen. Können komplexere praktische Kommunikationssituationen trainiert werden, kann dies über eine Strategieverbesserung zu einer indirekten Generalisierung des Trainings beitragen.

  • Ergotherapie: Sie soll die Fähigkeiten verbessern, die für ein möglichst selbstständiges Leben nötig sind. Dazu gehören das Training von Alltagsfertigkeiten wie anziehen oder selbstständig essen, aber auch Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen. Bei Bedarf wird geübt, Hilfsmittel wie Rollatoren zu benutzen.

  • Neuropsychologische Therapie: Dieses psychotherapeutische Verfahren wurde speziell für Menschen mit Hirnverletzungen entwickelt. Damit lassen sich unter anderem Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung trainieren. Es geht aber auch darum zu lernen, mit den Einschränkungen im Alltag umzugehen und sie emotional zu bewältigen.

  • Pflege: Eine aktivierende Pflege unterstützt beim Essen, Waschen, An- und Auskleiden. Außerdem zeigen die Pflegekräfte, wie man sich dabei trotz Einschränkungen selbst helfen kann.

Frühzeitige Mobilisation: Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg

Studien haben gezeigt, dass eine sehr frühe Mobilisierung von Schlaganfallpatienten zu einer signifikant besseren Funktionserholung führt. Im Regelfall sollte die grob gefasste Forderung „Raus aus dem Bett“ - außer bei kreislaufinstabilen Patienten - binnen zweier Tage angestrebt werden. Die sich anschließende Mobilisierung über die Bettkante in den Rollstuhl (mit wiederholtem Üben des Transfers) sollte ergänzt werden durch ein Rollstuhlfahrtraining und eine Aufrichtung im Stehpult, um einer funktionell ungünstigen Verkürzung der Hüft- und Kniebeuger vorzubeugen. Weitere Vorteile der Vertikalisation sind:

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  • Kreislauftraining
  • Pneumonie- und Thromboseprophylaxe
  • Anregung der vegetativen Funktionen
  • Sensorisch aktivierende Erfahrung des Stehens

Innovative Therapieansätze und Studien

Die Forschung im Bereich der Schlaganfallrehabilitation schreitet stetig voran. Neue Therapieansätze und Technologien werden entwickelt, um die Erholung der Patienten zu verbessern.

Vagusnervstimulation (VNS)

Eine vielversprechende neue Behandlungsoption ist die Vagusnervstimulation (VNS). Die VNS-REHAB-Studie hat gezeigt, dass Patienten in der Rehabilitation nach einem Schlaganfall davon profitieren, wenn Übungen zur Verbesserung der Armfunktion durch die elektrische Stimulation des Nervus vagus begleitet werden. Die Stimulation steigert die Behandlungseffekte der Trainingstherapie deutlich.

Die Annahme ist, dass der Vagus-Nerv über viele Fasern Reize ins Gehirn trägt. Die Reize einer elektrischen Stimulation kommen im Hirnstamm an und darüber über verschiedene Signalwege ins Großhirn, dessen Aktivität sich dadurch verändert. Bei einer Willkürbewegung, wie dem Training mit dem eingeschränkten Arm, ist es wichtig, dass das Großhirn und die dort für die Bewegung zuständigen Netzwerke aktiv sind und die Kontrolle so wieder besser lernen.

Therapeutisch induzierte Hypertonie

Eine Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit von therapeutisch induzierter Hypertonie bei Patienten mit akutem nicht kardioembolischem ischämischem Schlaganfall zeigte, dass eine therapeutisch induzierte Hypertonie bei Patienten, die nicht für eine intravenöse Thrombolyse infrage kommen, durchführbar und gut verträglich war. Die Behandlung mit intravenösem Phenylephrin war mit einer frühen neurologischen Verbesserung und einer verbesserten funktionellen Unabhängigkeit nach 3 Monaten verbunden.

Kombination von Aspirin und Clopidogrel

Die POINT-Studie untersuchte, ob eine Kombination von Aspirin und Clopidogrel die Rate der großen ischämischen Ereignisse im Vergleich zu Aspirin reduzieren könnte. Die Studie zeigte, dass eine Clopidogrel-Aspirin-Kombination im Vergleich zu Aspirin während einer 90-tägigen Behandlung den primären Endpunkt (Risiko eines ischämischen Schlaganfalls, Myokardinfarkts und ischämischen vaskulären Todes) bei 15 Patienten von 1000 behandelten Patienten verhinderte, auf Kosten von 5 weiteren Patienten, die schwere Blutungen erlitten.

MRT-gesteuerte Thrombolyse

Die WAKE-UP-Studie untersuchte, ob eine erweiterte Bildgebung verwendet werden kann, um die Anzahl jener Patienten zu erhöhen, welchen Gerinnselauflösende Medikamente verabreicht werden, und zwar um die Zahl jener Patienten, die beim Erwachen einen Schlaganfall erleiden. WAKE-UP zeigte, dass bei Patienten mit unbekanntem Symptombeginn und einem MRI-Muster, das ein DWI-FLAIR-Mismatch zeigte, ein früherer Zeitpunkt des Auftretens wahrscheinlich war. Die Behandlung mit Alteplase führte zu einem besseren funktionellen Ergebnis nach 90 Tagen bei zusätzlichen 11 % der behandelten Patienten im Vergleich zu Placebo, trotz eines erhöhten Risikos für intrazerebrale Blutungen.

Herausforderungen und Komplikationen in der Frührehabilitation

Eine Studie verdeutlichte auch, dass bei zwei Drittel der Patienten infolge des Ereignisses während der frühen Rehabilitation Komplikationen - wie beispielsweise Infektionen oder Delir und Psychosen - auftraten. Je mehr Komplikationen während der neurologischen Frührehabilitation auftraten, je älter die Patienten waren und je mehr Vorerkrankungen wie Vorhofflimmern und Diabetes mellitus vorlagen, desto geringer waren die Heilungserfolge. Diese Ergebnisse benutzen die Autoren, um einen Prognosescore zu erstellen, der hilft, frühzeitig eine Prognose abzugeben.

Die Rolle der Angehörigen

Angehörige spielen eine wichtige Rolle im Rehabilitationsprozess. Sie können den Betroffenen unterstützen, motivieren und bei der Umsetzung der Therapieempfehlungen helfen. Es ist wichtig, dass Angehörige sich selbst nicht überfordern und sich bei Bedarf professionelle Hilfe suchen.

Vor der Entlassung aus der Reha sollten folgende Punkte organisiert werden:

  • Zeitnaher Termin beim Hausarzt
  • Kontakt zu einer Praxis oder einem Sanitätshaus, falls weitere Therapien oder Hilfsmittel notwendig sind
  • Beratung bei Wohnraumanpassungen durch kostenlose Wohnberatungsstellen der Kommunen oder Kreise
  • Besprechung all dieser Fragen mit dem Sozialdienst in der Klinik

Nach der Reha: Ambulante Weiterversorgung und Unterstützung

Nach dem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik werden die Maßnahmen meist ambulant fortgeführt. Medizinische oder therapeutische Fragen sollten mit den Behandlern besprochen werden. Bei rechtlichen oder organisatorischen Fragen können sich Betroffene und Angehörige an ihre Kranken-/Pflegeversicherung oder einen der Pflegestützpunkte oder Pflegeberatungsstellen ihres Wohnortes wenden. Auch die Deutsche Schlaganfall-Hilfe unterstützt Sie sehr gerne. Vielen hilft der Besuch einer Selbsthilfegruppe - dort erhält man wichtige Tipps.

Schlaganfall-Lotsen beraten und begleiten Betroffene und ihre Angehörigen durch das erste Jahr nach ihrem Schlaganfall, bis sie in der Lage sind, ihre weitere Versorgung selbst zu organisieren. Sie achten darauf, dass Patienten in allen Lebensbereichen gut versorgt sind, vermitteln notwendige Hilfen und unterstützen bei der Prävention eines wiederholten Schlaganfalls.

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