In Bayern, insbesondere in Regionen wie Schwaben und Oberfranken, stellen die steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen und Menschen mit Demenz eine wachsende Herausforderung dar. Um diesen Herausforderungen zu begegnen und die Lebensqualität der Betroffenen sowie ihrer pflegenden Angehörigen zu verbessern, wurden die Fachstellen für Demenz und Pflege ins Leben gerufen. Diese regionalen Anlaufstellen spielen eine zentrale Rolle bei der Unterstützung, Beratung und Vernetzung relevanter Akteure im Bereich der Demenz- und Pflegeversorgung.
Hintergrund und Entstehung
Angesichts der demografischen Entwicklung und der zunehmenden Bedeutung der häuslichen Pflege hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die Fachstelle für Demenz und Pflege Bayern gegründet. Diese Initiative basiert auf der bayerischen Demenzstrategie von 2013 und zielt darauf ab, regionale Fachstellen für Demenz und Pflege aufzubauen. Diese Fachstellen sollen dazu beitragen, die Lebensbedingungen von Menschen mit Demenz und ihren Familien zu optimieren.
Ziele und Aufgaben der Fachstellen
Die Fachstellen für Demenz und Pflege verfolgen das Ziel, Menschen mit Demenz und Pflegebedarf ein möglichst eigenständiges und selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Dabei orientieren sie sich an den zehn Handlungsfeldern der bayerischen Demenzstrategie, die einen Bewusstseinswandel hin zu einer demenzfreundlichen Gesellschaft anstreben. Zu den Hauptaufgaben der Fachstellen gehören:
- Zentrale Anlaufstelle: Die Fachstellen dienen als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Demenz, Angebote zur Unterstützung im Alltag und Pflege in der jeweiligen Region.
- Wissenstransfer: Sie fördern den Wissenstransfer und den Auf- und Ausbau von Versorgungsstrukturen und Hilfsangeboten für pflegebedürftige Menschen, insbesondere für Menschen mit Demenz und deren pflegende Angehörige.
- Vernetzung: Die Fachstellen vernetzen unterschiedliche Beratungs- und Unterstützungsstrukturen, wie beispielsweise Fachstellen für pflegende Angehörige und Pflegestützpunkte, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen.
- Analyse der Versorgungssituation: Sie analysieren die aktuelle Versorgungssituation in der Region, um Bedarfe an Betreuung und Beratung zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln.
- Förderung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag (AUA): Die Fachstellen setzen sich für eine breitere Wahrnehmung und Nutzung der AUA ein, die eine wichtige Form der Betreuung und Entlastung für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen darstellen.
- Gesellschaftlicher Bewusstseinswandel: Um Menschen mit Demenz die Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen, treiben die Fachstellen den gesellschaftlichen Bewusstseinswandel im Umgang mit der Krankheit voran.
- Schulungen und Fortbildungen: Sie bieten Schulungen, Fortbildungen und Fachveranstaltungen an, um Akteure in den Bereichen Demenz und Pflege zu befähigen, mit den Aufgaben und Herausforderungen adäquat umzugehen.
Angebote zur Unterstützung im Alltag (AUA)
Die Angebote zur Unterstützung im Alltag (AUA) sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Fachstellen für Demenz und Pflege. Sie umfassen verschiedene Leistungen, die Menschen helfen, möglichst lange in ihrem eigenen Zuhause leben zu können, auch wenn sie pflegebedürftig werden. Die AUA lassen sich in drei Gruppen unterteilen:
- Betreuungsangebote: Hierzu gehören Betreuungsgruppen, Tagesbetreuung in Privathaushalten und ehrenamtliche Helferkreise, in denen geschulte Helfer unter Anleitung einer Fachkraft die Betreuung stundenweise übernehmen.
- Angebote zur Entlastung im Alltag: Diese Angebote, wie Alltagsbegleiter und haushaltsnahe Dienstleistungen, sollen Hilfebedürftige und Pflegende entlasten. Sie werden von einer Fachkraft geleitet und können sowohl mit ehrenamtlichen als auch mit nicht ehrenamtlichen Helfern erbracht werden.
- Angebote zur Entlastung von Pflegenden: Diese Angebote richten sich speziell an pflegende Angehörige und nahestehende Pflegepersonen. Ein ehrenamtlicher Helfer besucht die pflegebedürftige Person in ihrer Wohnung und betreut sie stundenweise vor Ort.
Beispiele für AUA
- Ehrenamtlicher Helferkreis: Ein ehrenamtlicher Helfer besucht eine pflegebedürftige Person in ihrer eigenen Wohnung und betreut diese stundenweise vor Ort. Die Besuche können an die individuellen Bedürfnisse der Familie und der pflegebedürftigen Person angepasst werden.
- Betreuungsgruppen: Menschen mit Pflegegrad werden gemeinsam für mehrere Stunden betreut, z.B. beim gemeinsamen Kaffeetrinken mit Rahmenprogramm. Die vorhandenen Fähigkeiten der Teilnehmer werden unterstützt und können somit länger erhalten bleiben.
- TiPi (Tagespflege in Privathaushalten): Die Betreuung findet in Kleingruppen im Privathaushalt der betreuenden Person statt. So soll eine dezentrale, wohnortnahe Versorgung ermöglicht werden.
- Alltagsbegleiter: Alltagsbegleiter unterstützen Pflegebedürftige beim Umgang mit allgemeinen und pflegebedingten Anforderungen des Alltags. Sie begleiten z.B. zum Gottesdienst oder Friedhofsbesuch, unterstützen beim Einkaufen, Kochen oder bei der Korrespondenz mit öffentlichen Stellen.
- Haushaltsnahe Dienstleistungen: Hierzu gehören Hilfe bei Reinigungs- und Ordnungsarbeiten, Verpflegung, Wäschepflege, Blumenpflege, Erledigung des Wocheneinkaufs und Fahrdienste zum Arzt.
- Pflegebegleiter: Pflegebegleiter geben den häuslich Pflegenden verlässliche beratende, aber auch emotionale Unterstützung zur besseren Bewältigung des Pflegealltags.
- Angehörigengruppen: Angehörigengruppen bieten pflegenden Angehörigen und nahestehenden Pflegepersonen die Möglichkeit zum Austausch über die Pflegesituation.
Anerkennung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag
Um über den Entlastungsbetrag (§ 45b SGB XI) abrechnen zu können, benötigen Anbieter von AUA eine Anerkennung durch das Bayerische Landesamt für Pflege (LfP). Für die Anerkennung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die sowohl allgemeine als auch besondere Kriterien umfassen.
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Allgemeine Anerkennungsvoraussetzungen
- Das Angebot muss auf Dauer ausgerichtet sein und die Betreuung und Entlastung muss verlässlich angeboten werden.
- Bei der Beschäftigung der eingesetzten Kräfte müssen die einschlägigen sozial- und versicherungsrechtlichen Bestimmungen sowie der Mindestlohn beachtet werden.
- Der Träger ist für einen ausreichenden Versicherungsschutz (Haftpflichtversicherung) verantwortlich. Für die Erbringung haushaltsnaher Dienstleistungen ist zusätzlich das Vorliegen einer Unfallversicherung erforderlich.
- Die Höhe der Kosten, die den Personen mit Pflegegrad in Rechnung gestellt wird, darf nicht unangemessen hoch sein.
- Ehrenamtliche und nicht ehrenamtliche Helfer müssen angemessen fachbezogen geschult (mind. 30 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten) und regelmäßig fortgebildet werden, sowie laufend angeleitet und unterstützt werden.
- Es muss ein Konzept zur Qualitätssicherung vorliegen, das Informationen zu Kontaktdaten, regionaler Verfügbarkeit, Zielgruppe, Leistungsform, Qualifikation der Fachkräfte und Helfer, Schulung und Fortbildung der Helfer, Kosten und Aufwandsentschädigung sowie Grund- und Notfallwissen enthält.
Besondere Anerkennungsvoraussetzungen
Die besonderen Anerkennungsvoraussetzungen variieren je nach Art des Angebots (z.B. ehrenamtlicher Helferkreis, Betreuungsgruppe, TiPi, Alltagsbegleitung, haushaltsnahe Dienstleistungen). Sie beziehen sich auf die Qualifikation der Fachkräfte, die räumlichen Voraussetzungen, den Betreuungsschlüssel und die Art der Unterstützung.
Tätigkeitsbericht
Anbieter von anerkannten Angeboten müssen einmal jährlich bis zum 1. April des Folgejahres einen Tätigkeitsbericht beim LfP einreichen. Der Tätigkeitsbericht enthält allgemeine Angaben zum Träger bzw. zur selbstständig tätigen Einzelperson, Informationen zu den Fachkräften und ggfs. Helfenden sowie Angaben zur Art und zum Umfang der erbrachten Leistungen.
Fachkräfte in der Leitung von AUA
Jedes Angebot zur Unterstützung im Alltag muss von einer Fachkraft geleitet werden. Als Fachkraft kommen insbesondere Pflegefachkräfte, geprüfte Fachhauswirtschafter, staatlich anerkannte Dorfhelfer, Heilerziehungspfleger, Heilpädagogen, Erzieher, Sozialpädagogen, Psychologen, Gerontologen, Hauswirtschafter oder Personen mit vergleichbaren Abschlüssen in Frage.
Die Rolle der Fachstellen in den Regierungsbezirken
Die Fachstellen für Demenz und Pflege sind in allen Regierungsbezirken Bayerns vertreten. Sie arbeiten eng mit der landesweit agierenden Fachstelle für Demenz und Pflege Bayern zusammen, die den Aufbau bedarfsgerechter Strukturen unterstützt und die Zusammenarbeit koordiniert. Die regionalen Fachstellen sind zentrale Anlaufstellen für Fragen rund um das Thema Demenz in ihrem jeweiligen Regierungsbezirk. Sie unterstützen den Wissenstransfer sowie den weiteren Auf- und Ausbau von Versorgungsstrukturen und Hilfsangeboten für Menschen mit Demenz und deren Angehörige.
Beispiele für regionale Fachstellen
- Fachstelle für Demenz und Pflege Schwaben: Die Fachstelle für Demenz und Pflege Schwaben ist die zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Demenz, Angebote zur Unterstützung im Alltag und Pflege im Bezirk Schwaben.
- Fachstelle für Demenz und Pflege Oberfranken: Die Fachstelle für Demenz und Pflege Oberfranken analysiert die aktuelle Versorgungssituation in der Region und identifiziert Bedarfe an Betreuung und Beratung. Sie setzt sich für eine breitere Wahrnehmung der AUA und die verstärkte Nutzung des Entlastungsbetrags ein.
- Fachstelle für Demenz und Pflege Mittelfranken: Die Fachstelle für Demenz und Pflege Mittelfranken unterstützt den Wissenstransfer sowie den weiteren Auf- und Ausbau von Versorgungsstrukturen und Hilfsangeboten für Menschen mit Demenz und deren Angehörige.
- Fachstelle für Demenz und Pflege Oberbayern: Die Fachstelle für Demenz und Pflege Oberbayern ist zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema „Demenz“ im Regierungsbezirk. Sie unterstützt den Wissenstransfer sowie den weiteren Auf- und Ausbau von Versorgungsstrukturen und Hilfsangeboten für Menschen mit Demenz und deren Angehörige.
Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinswandel
Ein wichtiger Aspekt der Arbeit der Fachstellen für Demenz und Pflege ist die Öffentlichkeitsarbeit. Ziel ist es, einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft im Umgang mit Menschen mit Demenz voranzutreiben und damit Menschen mit der Erkrankung ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die Fachstelle für Demenz und Pflege Bayern informiert die Öffentlichkeit über ihre Arbeit, betreibt eine Internetseite, publiziert einen Newsletter und informiert in einem wöchentlichen Blog über interessante Angebote im Feld.
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