Neue Hirnschrittmacher bei Parkinson: Funktion, Anwendung und Perspektiven

Die Tiefe Hirnstimulation (THS), im anglo-amerikanischen Raum als Deep Brain Stimulation (DBS) oder umgangssprachlich als „Hirnschrittmacher“ bezeichnet, stellt eine mittlerweile fest etablierte Behandlung von Bewegungsstörungen dar. Seit ihrer Erstanwendung in den späten 1980er Jahren durch Prof. A. Benabid in Grenoble (Frankreich) wurde die THS weltweit bei ca. 85.000 Patienten durchgeführt. Die meisten Patienten wurden aufgrund einer Parkinson-Erkrankung operativ behandelt.

Was ist die Tiefe Hirnstimulation?

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein neurochirurgisches Verfahren, das zur Behandlung verschiedener neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen eingesetzt wird. Dabei werden Elektroden in bestimmte Hirnareale implantiert, die dann elektrische Impulse abgeben, um die Aktivität der Nervenzellen in diesen Regionen zu modulieren. Bei Parkinson-Patienten kann die THS Symptome wie Zittern, Muskelsteifigkeit und verlangsamte Bewegungen lindern.

Wirkungsweise der Tiefen Hirnstimulation

Trotz der breiten Anwendung der THS ist die Wirkweise bislang nicht vollständig geklärt. Die THS arbeitet über eine (meist) kontinuierliche hochfrequente elektrische Stimulation von Kerngebieten des Gehirns. Es wird angenommen, dass über diese hochfrequente Stimulation eine Hemmung des Kerngebietes stattfindet, die sich daraufhin auch auf das gesamte Netzwerk der Basalganglien auswirkt. Wie diese Hemmung genau zustande kommt, ist bislang nicht geklärt. Wichtig ist, dass die THS durch die Modulation von Netzwerken nur eine symptomatische Behandlung ist, d.h. nach heutiger Kenntnis nur die Symptome reduziert, aber keinen Einfluss auf das Vorhandensein oder Voranschreiten der zugrunde liegenden Erkrankung hat. Daher ist der Effekt der THS auch reversibel: nach Ausschalten des Stimulators stellt sich ein Zustand ein, wie er zu diesem Zeitpunkt ohne Stimulation wäre.

Indikationen der Tiefen Hirnstimulation

Die THS ist zur Behandlung vieler neurologischer Erkrankungen bereits zugelassen. Die Therapiemöglichkeit anderer neurologischer aber auch psychiatrischer Erkrankungen werden derzeit in Studien und kleineren Fallserien untersucht. Etabliert hat sich die THS zur Behandlung des Morbus Parkinson; hier wird als Zielpunkt meist der sogenannte Nucleus subthalamicus (STN) verwendet, ein Kerngebiet in den Basalganglien, das durch die Erkrankung überaktiv ist. Alternativ kommt zur Behandlung von Überbeweglichkeiten (Dyskinesien) in der Spätphase der Parkinsonerkrankung als Zielpunkt der Globus pallidus internus (GPi) in Frage. Zur Behandlung eines Parkinson-Tremors wie auch des Essentiellen Tremors hat sich als Zielpunkt der sogenannte Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus bewährt. Die generalisierte und segmentale Dystonie wird durch eine THS im GPi behandelt. Weitere Studien zu dem gleichen Zielpunkt laufen aktuell für tardive Dyskinesien, einer Spätkomplikation nach Behandlung mit sogenannten Neuroleptika, und zeigen auch nach unseren eigenen Erfahrungen einen guten Effekt. Ebenso werden Untersuchungen zur THS bei Chorea Huntington (Chorea major) durchgeführt.Zugelassen ist die THS auch zur Behandlung der fokalen Epilepsie. Hierbei wird im sogenannten anterioren Thalamus stimuliert. Neben diesen neurologischen Erkrankungen werden seit einigen Jahren zunehmend psychiatrische Erkrankungen mit der THS behandelt. Diese ist zur Behandlung von Zwangserkrankungen bereits zugelassen, vielversprechende Ergebnisse zeigen sich auch in kleineren Studien bei Patienten mit chronischer Depression.

Wirkung der Tiefen Hirnstimulation auf klinische Symptome

Die zu erwartende Wirkung auf die klinische Symptomatik ist zum einen von dem Zielpunkt, zum anderen von der zugrunde liegenden Erkrankung abhängig. Sowohl die Muskelsteifigkeit (Rigor) als auch die Bewegungsarmut (Hypokinese / Bradykinese) sowie das Zittern (Tremor) beim Morbus Parkinson werden bei einer THS im Nucleus subthalamicus (STN) effektiv behandelt; weniger gut sprechen die axialen Symptome des M. Parkinson (Gangunsicherheit, Haltefunktionen, Schlucken, Sprechen …) an. Die THS im Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus zur Behandlung vieler Tremorformen wirkt nur auf den Tremor allein und führt daher nicht zu einer Reduktion der Begleitsymptome (wie Ataxie, Rigor, Bradykinese, Dystonie …). Durch eine Stimulation des Globus pallidus internus (GPi) können dystone Bewegungsstörungen, der dystone Tremor, tardive Dyskinesien und Dyskinesien beim Morbus Parkinson effektiv reduziert werden. Eine Stimulation des anterioren Thalamus reduziert die Anfallshäufigkeit bei Patienten mit fokaler Epilepsie.

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Notwendige Abklärung vor dem operativen Eingriff

Aufgrund von möglichen Nebenwirkungen ist in Abhängigkeit von Zielpunkt und Erkrankung eine ambulante oder stationäre Abklärung zur Selektion der geeigneten Patienten notwendig. Stationär werden in der Regel Patienten mit Morbus Parkinson oder einer Dystonie abgeklärt. Neben der Dokumentation der klinischen Symptomatik im tageszeitlichen Verlauf über den stationären Beobachtungszeitraum wird eine Bildgebung des Gehirns (Kernspintomographie ), neuropsychologische Testungen (Gedächtnistests), eine Vorstellung bei einem Psychiater zum Ausschluss einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung, apparative Zusatzuntersuchungen sowie das Ansprechen der Symptome auf verschiedene Medikamente durchgeführt, um Argumente für und wider eine Operation zu sammeln. Die Patienten werden gegen Ende des stationären Aufenthalts in einer interdisziplinären Konferenz (MoDis-Konferenz) gemeinsam mit den Kollegen der Sektion für Stereotaktische Neurochirurgie ausführlich besprochen und das individuelle Operationsrisiko gegen den möglichen Gewinn durch diesen Eingriff abgewägt. Die Entscheidung, ob eine THS-Operation stattfinden kann oder nicht, ist daher immer ein interdisziplinärer Konsens.

Ablauf einer stereotaktischen Operation zur Tiefen Hirnstimulation

Die THS-Operation wird durch die Ärzte der stereotaktischen Neurochirurgie durchgeführt, sie dauert insgesamt ca. 6 Stunden. Am Operationstag wird zunächst ein stereotaktischer Ring am Schädelknochen nach vorangegangener örtlicher Betäubung befestigt. Dieser Ring dient der Planung und Navigation des Neurochirurgen. Anschließend wird eine Computertomographie des Schädels veranlasst. Diese Bilddaten werden mit Daten aus einem vor dem Operationstag angefertigten Kernspintomogramm in Übereinstimmung gebracht. So erhält man die gute Auflösung des Kernspintomogramms mit Darstellung der Gefäße in Kombination mit dem stereotaktischen Ring. Hierdurch kann eine Planung des Zugangswegs zu dem jeweiligen Kerngebiet des Gehirnes unter Berücksichtigung der Gefäßverläufe erfolgen. Diese Prozedur ist wichtig, um die Komplikationsrate des Eingriffs minimal zu halten. Nach Planung wird ein zusätzlicher Bügel am stereotaktischen Ring befestigt, der die Navigation ermöglicht.

Nach örtlicher Betäubung erfolgt zunächst ein Hautschnitt, danach wird ein Loch mit ca. 8 mm Durchmesser in die Schädeldecke gebohrt. Anschließend werden 2 bis 5 Mikroelektroden in das Gehirn eingeführt (das Gehirn selbst kann keinen Schmerz empfinden), die elektrische Ableitungen aus dem Kerngebiet ermöglichen und so eine Orientierungshilfe für den Neurochirurgen bieten. Über diese Mikroelektroden erfolgt auch eine Teststimulation, um den Effekt der THS auf die jeweiligen Symptome zu untersuchen. Gemeinsam mit dem Patienten wird so der optimale Stimulationsort detektiert und die endgültige Stimulationselektrode dort platziert. Ebenso wird mit der anderen Gehirnseite verfahren, da in der Regel eine beidseitige Operation durchgeführt wird.

Anschließend erfolgt in Vollnarkose die Implantation der Kabel und des Stimulators (Impulsgebers) unter der Haut. Der Impulsgeber ist durch die Haut programmierbar und wird einige Tage nach der Operation erstmals eingeschaltet. Die Anpassung der Stimulationsparameter erfolgt langsam und über viele Tage, hier ist gerade in den ersten Tagen und Wochen viel Geduld von Seiten des Patienten notwendig. Die Weiterbehandlung nach dem stationären Aufenthalt erfolgt in der Regel in einer Rehabilitationseinrichtung. Anschließend sind die Patienten regelmäßig in ambulanter Kontrolle am Neurozentrum in Freiburg.

Komplikationen und Nebenwirkungen

Man unterscheidet Komplikationen durch den chirurgischen Eingriff (prozedural) von technischen Komplikationen des elektronischen Systems. Trotz sorgfältiger Planung des Zugangsweges und akkurater Durchführung der chirurgischen Handgriffe lassen sich Komplikationen durch den stereotaktischen Eingriff nicht ganz verhindern. Bei etwa 2% der operierten Patienten kommt es durch Verletzung eines Gefäßes zu einer Gehirnblutung, die in der Regel sehr klein und umschrieben ausfällt. Aufgrund des Zugangswegs und der Lage dieser Blutungen verursachen etwa die Hälfte dieser Blutungen (d.h. bei etwa 1% aller Patienten) auch neurologische Symptome wie Halbseitenlähmungen, Gefühlsstörungen, Sprach- oder Sprechstörungen. In der Regel bilden sich diese Symptome vollständig oder zumindest teilweise wieder zurück. Sehr, sehr selten kommt es zu einer Dislokation (Fehlplatzierung) der Elektrode mit Wirkverlust oder Auftreten von Nebenwirkungen. Häufig tritt eine solche Dislokation im Verlauf auf. Zunächst wird die entsprechende Elektrode nicht mehr stimuliert. Ein weiteres Risiko, das über den chirurgischen Eingriff hinaus auch noch im langfristigen Verlauf zu Problemen führen kann, stellt das Infektionsrisiko dar. Bakterien haften sich sehr gerne an Implantaten an und sind einer Antibiotikatherapie nur schwer zugänglich. Dies bedeutet, dass eine Infektion nur selten durch Antibiose effektiv zu behandeln ist, häufig wird daher eine Explantation der Implantate notwendig. Meist ist es ausreichend, nur den Impulsgeber und einen Teil des Kabels zu entfernen; selten jedoch kann die Explantation des gesamten Systems notwendig werden, um die Entwicklung einer Hirn- und Hirnhautentzündung zu vermeiden. Selbstverständlich sind die verwendeten technischen Bauteile sorgfältig geprüft und für den Gebrauch am Menschen zugelassen. Dennoch kann es im Verlauf - wie bei anderen elektrischen Apparaturen auch - zu einem Ausfall des Impulsgebers kommen, die zu einem Funktionsverlust der THS führen können. In diesem Fall kann ein Austausch des entsprechenden Kabels oder Stimulators durchgeführt werden. Notwendig wird der Austausch des Impulsgebers bei Erschöpfung der Batterie, die in Abhängigkeit von den Stimulationsparametern etwa 2 bis 7 Jahre lang hält. Dieser Eingriff wird durch die Ärzte der stereotaktischen Neurochirurgie in örtlicher Betäubung durchgeführt und dauert ca. Je nach Stimulationsort und Elektrodenlage bzw. der verwendeten Spannung können durch die hochfrequente Stimulation neben den erwünschten Wirkungen auch Nebenwirkungen auftreten. Diese können vorübergehender Natur sein oder dauerhaft vorliegen. Zu nennen sind Sprechstörungen, Gefühlsstörungen, Verkrampfungen oder Doppelbilder. Im Falle des Nucleus subthalamicus bei M. Parkinson können auch mal psychiatrische Nebenwirkungen wie Apathie, depressive Verstimmung oder submanische Zustände provoziert werden, auf die natürlich besondere Aufmerksamkeit bei der Einstellung der Stimulationsparameter gerichtet wird.

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Adaptive Hirnstimulation: Ein neuer Ansatz

Die adaptive Hirnstimulation gilt als vielversprechender Ansatz für Patienten, bei denen die Wirkung der Parkinson-Medikamente im Tagesverlauf stark schwankt. Die Klinik für Neurologie am Hospital Kempen gehört zu den Zentren, die auf die Nachsorge und Einstellung solcher innovativer Systeme spezialisiert sind. Bei der tiefen Hirnstimulation (THS) senden 1 oder 2 ins Gehirn eingesetzte Elektroden elektrische Impulse an Nervenzellen, die bestimmte Bewegungen beeinflussen. Dies kann Parkinson-Beschwerden lindern. Ein solcher „Hirnschrittmacher“ kann aber auch Nebenwirkungen haben und eignet sich nur für bestimmte Menschen mit Parkinson.

Herr H., der erste Patient mit dem neuen Hirnschrittmacher-System im Hospital Kempen, war bereits seit längerer Zeit mit einem herkömmlichen Hirnschrittmacher behandelt worden und hat nun ein Aggregat der neuesten Generation erhalten. „Mit der neuen Technologie können wir noch gezielter auf die wechselnden Symptome unserer Patienten eingehen“, erklärt Prof. Dr. Wojtecki.

Vercise Cartesia X: Innovative Elektroden für die THS

Ein Team der Neurochirurgischen Klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) hat vor wenigen Tagen als erstes Krankenhaus Deutschlands erfolgreich die Elektroden Vercise Cartesia X des Herstellers Boston Scientific bei einem 69-jährigen Patienten mit Parkinson-Erkrankung implantiert. Sie sind die ersten und bislang einzigen direktionalen Elektroden mit 16 Kontakten auf dem Markt und dienen der tiefen Hirnstimulation (THS). Das THS-System lindert die Symptome von Bewegungsstörungen, indem es zarte elektrische Impulse an spezifische Gehirnregionen sendet. Hierfür werden zwei Sonden mit Elektrodenkontakten im Gehirn der Parkinson-Patientinnen und -Patienten platziert. Das Gerät ähnelt in Größe und Form einem Herzschrittmacher. Wie dieser wird der Hirnschrittmacher unterhalb des Schlüsselbeins unter der Haut implantiert. Über feine Kabel, die ebenfalls unter der Haut verlaufen, ist er mit den Hirnelektroden verbunden. Die elektrische Stimulation harmonisiert das Zusammenspiel der funktionell gestörten Hirnareale. So können Bewegungsabläufe wieder besser koordiniert werden. „Das innovative System erlaubt eine maßgeschneiderte, hochpräzise Therapie, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden kann - sowohl direkt nach der Implantation als auch im Verlauf der Erkrankung, wenn sich die Symptome verändern”, kommentiert Professorin Cordula Matthies. Die Leiterin der Funktionellen Neurochirurgie am UKW führte zusammen mit ihrem Team die bundesweite Erstimplantation durch. Mithilfe einer neuen, mit einem automatischen Algorithmus ausgestatteten Software können die Ärztinnen und Ärzte die Stimulationsprogramme anhand der Hirnbilder der Patientinnen und Patienten am Computer entwerfen, berechnen und simulieren.

Verbesserte Lebensqualität durch neue Hirnschrittmacher

Gestern am 8.11.2010 wurde weltweit erstmalig ein innovativer neuer Hirnschrittmacher zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung bei einem 58-jährigen Mann eingesetzt. Der Schrittmacher kann individueller und differenzierter eingesetzt werden als seine Vorgänger. „Die Operation ist zu unserer vollsten Zufriedenheit verlaufen; unserem Patienten geht es sehr gut,“ berichtet Prof. Dr. Volker Sturm, Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie. Die Operation wurde von Priv.-Doz. Dr. Maarouf, Leitender Oberarzt gemeinsam mit den Neurologen Prof. Dr. Lars Timmermann und Dr. Michael Barbe durchgeführt.„Der neue Hirnschrittmacher ist ein Meilenstein in der Parkinson-Therapie, da wir nun nicht mehr über vier, sondern über acht Kontakte auf jeder Hirnseite verfügen können“, erklärt Prof. Dr. Lars Timmermann. So kann die Erkrankung feiner dosiert „blockiert“ werden. Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Sprachstörungen, die bisher durch die Reizung von Nachbarregionen hervorgerufen wurden, können so vermieden werden. Mit dem neuen Hirnschrittmacher ist es möglich, an jedem der acht Kontakte unterschiedliche Stimulationsprogramme ablaufen zu lassen. Damit können nahe beieinander liegende Hirnareale individuell angesteuert werden. Ein Tremor (krankhaftes Zittern) oder ein verlangsamter Bewegungsablauf kann so individuell therapiert werden. Neu ist neben den acht Elektrodenkontakten auch eine bislang nicht gekannte Variabilität in der Programmierung des Hirnschrittmachers. „Wir hoffen mit diesen vielen neuen Optionen die Lebensqualität unserer Patienten nachhaltig zu verbessern“, so Prof. Dr. Lars Timmermann.

Maschinelles Lernen zur Vorhersage des Therapieerfolgs

Maschinelles Lernen kann dabei helfen, die Erfolgsaussichten der Tiefen Hirnstimulation bei Parkinson vorherzusagen. Das zeigt eine neue Studie von Tübinger Forschenden. Anhand der Daten von operierten Patientinnen und Patienten und mithilfe maschinellen Lernens konnten wichtige Faktoren ermittelt werden, die den Therapieerfolg bestimmen. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur die Erfolgsquote der Tiefen Hirnstimulation erhöhen, sondern auch die Beratung von Menschen mit Parkinson verbessern. Zukünftig kann präziser prognostiziert werden, wie die Behandlung ihre Lebensqualität beeinflusst - ein wichtiger Fortschritt für die personalisierte Medizin bei Parkinson. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) hat sich bei neurologischen Erkrankungen bewährt. Besonders Symptome wie Bewegungsstörungen, Zittern, Steifheit oder unkontrollierte Muskelkontraktionen kann die THS lindern. Elektroden, die im Gehirn platziert werden, geben elektrische Impulse ab und verändern die Aktivität der Nervenzellen in diesen Regionen. Bei Parkinson hat sich die THS als besonders wirksam erwiesen. Die Behandlungsergebnisse können allerdings variieren. „Unsere Aufgabe ist es, vorab zu erkennen, wer besonders gut auf die Therapie ansprechen und wer davon weniger profitieren wird“, erklärt Prof. Dr. Alireza Gharabaghi, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuromodulation und Neurotechnologie, der bereits Hunderte dieser Operationen durchführt hat. Der Eingriff, bei dem Sonden im Gehirn platziert werden, ist grundsätzlich sicher, aber wie jede Operation nicht ohne Risiko. „Die OP sollte nur dann durchgeführt werden, wenn sich Symptome und Lebensqualität der Betroffenen auch verbessern.“Bisher haben sich Ärztinnen und Ärzte vor allem an Erfahrungswerten orientiert. „Es gibt viele verschiedene Aspekte, vor und während der Operation, die den Erfolg der THS beeinflussen. Zu viele um im Einzelfall genau zu wissen, wie gut die Therapie wirkt“, erklärt Gharabaghi. Mit maschinellem Lernen haben die Wissenschaftler Dr. Enrico Ferrea und Farzin Negahbani vom Institut für Neuromodulation und Neurotechnologie die Faktoren herausgefiltert, die den Therapieverlauf am stärksten beeinflussen. Grundlage hierfür waren Daten von Tübinger Patientinnen und Patienten mit Parkinson, denen Elektroden für eine THS implantiert worden waren. Das Ergebnis: Die Bewertung der Lebensqualität vor der Therapie beeinflusst am stärksten, ob Patientinnen und Patienten von der THS profitieren. „Je größer die Beeinträchtigung der Lebensqualität vor der Operation ist, desto mehr Verbesserung gibt es durch die THS“, berichten Prof. Dr. Daniel Weiss, Leiter der Ambulanz für Tiefe Hirnstimulation am Uniklinikum. Er und seine Kollegin Dr. Idil Cebi kennen diese Patientinnen und Patienten aus der engmaschigen Betreuung sehr gut. Die Lebensqualität haben die Patientinnen und Patienten sowohl vor als auch nach dem Eingriff mit dem PDQ-Test bewertet. Der Fragebogen mit 39 Fragen wird in der Parkinson-Therapie verwendet, um den Gesundheitszustand zu messen. Berücksichtigt werden unterschiedliche Kategorien, unter anderem Mobilität, tägliche Aktivitäten, Emotionen, Kommunikation und Sprache sowie kognitive Funktionen wie Gedächtnis und Konzentration.

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Liberta: Ein neues System zur Tiefen Hirnstimulation

Als einem der ersten Parkinson-Betroffenen in Europa ist Wadim Luft am UKM ein neues System zur Tiefen Hirnstimulation implantiert worden.Im Vergleich zu Vorgängern des etablierten Verfahrens, das auf elektrische Impulse setzt, bietet das neue Gerät betroffenen Patientinnen und Patienten vor allem Vorteile durch eine kompaktere Bauweise und eine deutlich längere Laufzeit des Stimulators zwischen den Ladezyklen.

Die neue „Hardware“ verfügt im Vergleich zu Vorgängermodellen über deutlich mehr Leistung - muss also statt wöchentlich nur einmal monatlich aufgeladen werden. Das geht Zuhause mithilfe eines Ladegerätes, das an einem Gurt um die Brust gespannt wird, und lässt sich so gut in den Alltag integrieren. Gleichzeitig ist der Schrittmacher deutlich kleiner, wird von Patientinnen und Patienten also als weniger störend empfunden. Wie auch das bisherige System des Herstellers bietet es zudem die Möglichkeit der „virtuellen Klinik“. Per Tablet und Smartphone können Ärztinnen und Ärzte die Stimulation, also die Frequenz, Stromstärke oder Impulsbreite einstellen, mit denen die Elektroden arbeiten.

Software zur effizienteren Einstellung der Stimulationsparameter

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein Therapieverfahren, das zur Behandlung von Parkinson-Erkrankten eingesetzt wird. Zwei im Gehirn implantierte Elektroden stimulieren dabei dauerhaft bestimmte Hirnregionen. Die Einstellung der Stimulationsparameter ist allerdings ein aufwendiger Prozess. Ein Forschungsteam der Charité - Universitätsmedizin Berlin hat nun eine Software entwickelt, die die Einstellung effizienter machen könnte. In ihrer im Fachmagazin The Lancet Digital Health* erschienenen Studie konnten die Forschenden zeigen, dass die softwarebasierte Einstellung im Vergleich zur Stimulationseinstellung des herkömmlichen Verfahrens zu gleichwertigen Ergebnissen in der Verbesserung der motorischen Symptome führt.

Für die Therapieform der Tiefen Hirnstimulation (THS) werden den Patient:innen während eines operativen Eingriffs zwei feine Elektroden ins Gehirn implantiert. Sie geben schwache, kurze elektrische Impulse ab und stimulieren so gezielt und stetig die jeweiligen Hirnregionen. Dafür sind sie über Kabel, die unter der Haut verlaufen, an einen Schrittmacher im Brustraum angeschlossen, über den eine Vielzahl unterschiedlicher Stimulationsparameter eingestellt und individuell an die Symptomatik der Parkinson-Erkrankten angepasst werden können. Drei Monate nach der Operation wird bei den Patient:innen während eines mehrtägigen Klinikaufenthaltes in einem THS-Zentrum die für sie bestmögliche Einstellung ausgetestet.

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