Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die in Deutschland viele Menschen betrifft. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Aspekte der Pflege von Parkinson-Patienten anhand eines Fallbeispiels und bietet Einblicke in die Herausforderungen, Behandlungsansätze und Betreuungsmöglichkeiten.
Einführung in die Parkinson-Krankheit
Morbus Parkinson ist eine chronisch fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch den Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Diese Nervenzellen produzieren den wichtigen Botenstoff Dopamin, der für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Der Dopaminmangel führt zu den typischen Symptomen der Parkinson-Krankheit, darunter verlangsamte Bewegungen (Bradykinese), unkontrollierbares Zittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor) und Gleichgewichtsstörungen.
Die Parkinson-Krankheit ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Laut der Parkinson-Gesellschaft sind allein in Deutschland rund 400.000 Menschen betroffen. Die Häufigkeit der Parkinson-Krankheit hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen, was hauptsächlich auf die zunehmende Alterung der Bevölkerung zurückzuführen ist.
Fallbeispiel: Richard Klingler
Um die Herausforderungen und Aspekte der Pflege von Parkinson-Patienten zu veranschaulichen, betrachten wir den Fall von Richard Klingler.
Ausgangslage:
Richard Klingler, Mitte 70, war bis vor kurzem sehr sportlich und reiste gerne mit seiner Frau. Er hat einen Herzschrittmacher und muss seitdem Medikamente einnehmen. Seine Frau bemerkte, dass er seine körperlichen Aktivitäten zunehmend reduzierte. Seine Muskulatur am Oberkörper versteifte sich häufig, er klagte über Schmerzen und ging leicht gebeugt. Ein Tremor an der rechten Hand wird unübersehbar.
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Diagnose:
Die Hausärztin diagnostiziert Parkinson. Herr Klingler klagte außerdem über Schmerzen bei der Blasenentleerung, woraufhin eine Untersuchung der Prostata erfolgte. Die Stimmung und Verfassung von Herrn Klingler haben sich mit den Parkinson-Medikamenten nicht verbessert. Er ist häufig müde und wirkt bedrückt. Beim Essen greift er nur zögerlich und in kleinen Portionen zu. Ein ambulanter Pflegedienst kommt mehrmals die Woche, da Frau Klingler ihren großen und schweren Ehemann nicht alleine duschen kann und er sich dabei sehr unsicher fühlt.
Einsatz professionelle Pflege:
- Einsatz Pflegedienstleitung des ambulanten Pflegedienstes - mind. Bachelor-Abschluss mit langjähriger Berufserfahrung oder Masterabschluss: Zur Ersteinschätzung/ Auftragsklärung, Erstbesuch und Assessment.
- Einsatz Pflegefachperson mit Berufserfahrung: Erhält Unterstützung in der Grundpflege mit der Mindestqualifikation eines Pflegehelfers/-assistenten.
- Einsatz Pflegehelfer/-assistenz: Grundpflegerische Tätigkeiten/Unterstützung zu den Aufgaben „Planung der Maßnahmen“ und „Durchführung der Maßnahmen“ (sowie Ergänzungen zu Aufgabe 5 „Evaluation“, sofern diese das eigene Tätigkeitsfeld betreffen).
Untersuchung Facharzt:
Der Besuch beim Facharzt bringt keine guten Nachrichten: Er vermutet nach der Tastuntersuchung ein Prostatakarzinom und schickt Herrn Klingler zu weiteren Untersuchungen in die Klinik.
Einsatz professionelle Pflege:
- Einsatz Pflegeexperte APN Prostatakarzinom: Idealerweise stellt der Pflegeexperte APN den Kontakt zur Station her; Aufgaben: Austausch und Weitergabe von Information.
- Einsatz Pflegefachperson mit entsprechender Fachweiterbildung oder Fachexperte (Bachelorabschluss) zur DiagnostikPrimary Nurse mit Prozessverantwortung für die stationäre Behandlung bei komplexen Fällen, umfasst Aufgaben wie z.B. Aufnahme und akute Anamnese etc..
- Einsatz Pflegefachperson: Zur Unterstützung des prozessverantwortlichen Fachexperten/Primary Nurse. Die Aufgaben werden im Rahmen der qualifikatorischen Möglichkeiten und z.T. ausschließlich in Vertretung des Prozessverantwortlichen übernommen (Aufgaben mit höheren DQR-Levels werden in Vertretung übernommen).
- Einsatz Pflegehelfer/-assistenz: Zur Unterstützung der Pflegefachperson, Durchführung von klar definierten Aufgaben in trainierten Feldern, die auf sie/ihn delegiert wurden.
- Einsatz Familialer Pflegetrainer - Pflegefachperson mit entsprechender Weiterbildung: Zur Unterstützung bzw. Schulung und Beratung der Angehörigen/Ehefrau sowie Umfeldgestaltung.
Untersuchung Klinik:
In der Klinik stellt man eine bereits fortgeschrittene Krebserkrankung fest; es werden Metastasen in den lokalen Lymphknoten sowie in der Wirbelsäule gefunden. Eine Operation und anschließende Chemotherapie stehen zur Debatte. Die Ärzte raten dazu, auch wenn sie die Heilungschancen als begrenzt einschätzen. Herr Klingler entscheidet sich jedoch nach einem langen Gespräch mit seiner Frau gegen alle diese Maßnahmen. Er möchte so lange wie möglich bewusst und schmerzfrei zuhause leben. Das Ehepaar Klingler aktualisiert seine Patientenverfügung. Frau Klinger nimmt Kontakt zu einem ambulanten Palliativdienst auf und beantragt ein Pflegebett bei der Krankenkasse.
Einsatz professionelle Pflege:
- Einsatz Pflegefachperson mit Fachweiterbildung „Palliativ- und Hospizpflege, mind. aber Zusatzausbildung „Palliativ Care“: Die Palliativ (Care)-Pflegefachperson ist Mitglied eines SAPV-Teams, dem auch ein Palliativmediziner angehört. Gemeinsam mit ihrem Team erbringt sie das gesamte Aufgabenspektrum der ambulanten Versorgung (Intake/Auftragsklärung, Erstbesuch und Assessment, Planung der Maßnahmen, Durchführung der Maßnahmen, Evaluation, Re-Assessment).
Weiterer Verlauf:
Fünf Monate später geht es Herrn Klingler deutlich schlechter. Da seine Frau völlig erschöpft ist, muss er für ein paar Wochen in eine stationäre Kurzzeitpflege.
Einsatz professionelle Pflege:
- Einsatz Pflegedienstleitung stationäre Langzeitpflege - mind. Bachelor-Abschluss mit langjähriger Berufserfahrung oder Masterabschluss: Aufgabe: Bewertung des komplexen Patientenprozesses beim Einzug in die Einrichtung, unterstützt durch Pflegefachperson
- Einsatz Pflegefachperson: Ergänzend/unterstützend zur Pflegedienstleitung bei Aufgabe 1 sowie des weiteren Versorgungsprozesses, unterstützt durch Pflegehelfer/-assistenz.
- Einsatz Pflegehelfer/-assistenz: Zur Unterstützung der Pflegefachperson bei Aufgaben ohne Fachverantwortung in einem definierten Tätigkeitsfeld.
Weiterer Verlauf:
Seine Frau soll vier Wochen zur Kur, kommt aber bereits nach 14 Tagen zurück, da sich der Zustand ihres Mannes in der Einrichtung rapide verschlechtert hat. Er kommt wieder nach Hause. Gegen die wachsenden Schmerzen erhält Herr Klingler nun Morphium aus einer Pumpe. Die Hausärztin und Mitarbeiter des Palliativdienstes kontrollieren dies regelmäßig.
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Einsatz professionelle Pflege:
Einsatz Pflegefachperson mit Fachweiterbildung „Palliativ- und Hospizpflege, mind. aber Zusatzausbildung „Palliativ Care“: Die Palliativ (Care)-Pflegefachperson ist Mitglied eines SAPV-Teams, dem auch ein Palliativmediziner angehört. Gemeinsam mit ihrem Team erbringt sie das gesamte Aufgabenspektrum der ambulanten Versorgung (Intake/Auftragsklärung, Erstbesuch und Assessment, Planung der Maßnahmen, Durchführung der Maßnahmen, Evaluation, Re-Assessment).
Weiterer Verlauf:
Herr Klingler hat immer weniger wache Phasen. Der Pflegedienst kommt jeden Tag für die Körperreinigung und Umbettung. Als Frau Klingler eines Morgens ins Zimmer kommt, atmet ihr Mann nur noch ganz flach; kurz danach setzt die Atmung komplett aus.
Pflegerische Herausforderungen bei Parkinson
Die Pflege von Parkinson-Patienten stellt Angehörige und Pflegekräfte vor vielfältige Herausforderungen. Die Symptome der Parkinson-Krankheit können sich im Laufe der Zeit verändern und verstärken, was eine flexible und individuelle Anpassung der Pflege erforderlich macht.
Körperliche Einschränkungen
Die motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit, wie Bradykinese, Tremor, Rigor und Gleichgewichtsstörungen, schränken die Selbstständigkeit der Betroffenen im Alltag erheblich ein. Sie benötigen Unterstützung bei der Körperpflege, der Nahrungsaufnahme, dem Ankleiden und der Fortbewegung.
- Mobilität: Menschen mit Parkinson sind besonders sturzgefährdet, zum einen durch ihren schlurfenden Gang, zum anderen aber auch, weil sie oft in ihren Bewegungen „einfrieren“ („Freezing“). Hier spielen Maßnahmen der Sturzprophylaxe eine wichtige Rolle. Dazu gehören zum Beispiel Stolperfallen vermeiden, gute Lichtverhältnisse schaffen, Schuhwerk prüfen etc. Gegen das „Einfrieren“ mit Bewegungsblockaden können gezielt akustische, visuelle oder taktile Reize eingesetzt werden. Akustische Reize sind zum Beispiel Klatschen oder lautes Zählen („Eins, zwei, drei“), beispielhafte visuelle Reize sind kontrastreiche Bodenmarkierungen oder Laserpunkte am Boden.
- Körperpflege: Aufgrund des Zitterns und der Muskelsteifheit haben Parkinson-Patienten oft Schwierigkeiten, die Zahnbürste zu führen oder sich zu rasieren. Sie benötigen möglicherweise Hilfe beim Waschen, Anziehen und Kämmen.
- Nahrungsaufnahme: Schluckstörungen (Dysphagie) sind eine häufige Begleiterscheinung der Parkinson-Krankheit. Sie können dazu führen, dass sich die Betroffenen verschlucken oder Schwierigkeiten haben, ausreichend Nahrung und Flüssigkeit aufzunehmen. Es ist wichtig, die Konsistenz der Nahrung anzupassen und auf eine aufrechte Sitzposition beim Essen zu achten.
Psychische Veränderungen
Neben den körperlichen Symptomen können auch psychische Veränderungen auftreten, wie Depressionen, Angstzustände,Halluzinationen und Demenz. Diese Veränderungen können die Pflege zusätzlich erschweren und erfordern eine einfühlsame und verständnisvolle Betreuung.
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- Depressionen: Etwa 40 Prozent der Parkinson-Erkrankten sind von einer Depression betroffen. Eine Depression kann im Verlauf der Erkrankung auftreten, aber auch im Frühstadium oder bereits im Vorfeld von Parkinson.
- Persönlichkeitsveränderungen: Im Rahmen von Parkinson ist eine Persönlichkeitsveränderung und Stimmungsextreme sowohl für Parkinson-Betroffene als auch für Angehörige häufig bedrohlich. Sind die Veränderungen stark ausgeprägt, können sie sogar als emotional belastender wahrgenommen werden als rein körperliche Symptome.
- Kognitive Beeinträchtigungen: Viele Parkinson-Patienten entwickeln im Laufe der Zeit kognitive Beeinträchtigungen bis hin zur Demenz. Dies kann sich in Gedächtnisproblemen,Verwirrtheit und Schwierigkeiten bei der Planung und Organisation von Aufgaben äußern.
Medikamentennebenwirkungen
Die medikamentöse Therapie der Parkinson-Krankheit kann Nebenwirkungen verursachen, die die Pflege zusätzlich erschweren. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Erbrechen,Verstopfung,Halluzinationen undTagesschläfrigkeit. Es ist wichtig, die Medikamente korrekt zu verabreichen und auf mögliche Nebenwirkungen zu achten.
Strategien für eine erfolgreiche Pflege
Um die Pflege von Parkinson-Patienten erfolgreich zu gestalten, ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Betroffenen zu berücksichtigen. Eine aktivierende Pflege, die die Selbstständigkeit fördert und die Lebensqualität verbessert, ist von zentraler Bedeutung.
Aktivierende Pflege
Die aktivierende Pflege zielt darauf ab, die Selbstständigkeit der Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten und ihre Fähigkeiten zu fördern. Dabei werden die Patienten in alle Aktivitäten des täglichen Lebens einbezogen, soweit es ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten zulassen.
- Selbstständigkeit fördern: Ermutigen Sie die Betroffenen, so viele Aufgaben wie möglich selbstständig zu erledigen. Bieten Sie Hilfestellung nur dann an, wenn sie wirklich benötigt wird.
- Bewegung fördern: Regelmäßige Bewegung ist wichtig, um die Beweglichkeit zu erhalten und die Muskelkraft zu stärken. Physiotherapie, Ergotherapie undLogopädie können dabei helfen, die motorischen Fähigkeiten zu verbessern und Schluckstörungen zu behandeln.
- Geistige Aktivität fördern: Fördern Sie die geistige Aktivität der Betroffenen durch Gespräche, Spiele, Lesen und andere Aktivitäten, die ihnen Freude bereiten.
- Soziale Kontakte pflegen: Ermutigen Sie die Betroffenen, soziale Kontakte zu pflegen und an Aktivitäten teilzunehmen, die ihnen Spaß machen.
Anpassung des Wohnraums
Eine Anpassung des Wohnraums kann dazu beitragen, die Selbstständigkeit und Sicherheit der Betroffenen zu erhöhen.
- Stolperfallen beseitigen: Entfernen Sie Stolperfallen wie Teppiche, Kabel und lose Gegenstände.
- Gute Beleuchtung: Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung, um Stürze zu vermeiden.
- Haltegriffe: Installieren Sie Haltegriffe im Badezimmer und in der Toilette, um die Fortbewegung zu erleichtern.
- Hilfsmittel: Nutzen Sie Hilfsmittel wie Rollatoren,Gehstöcke,Badewannenlifte undToilettensitzerhöhungen, um die Selbstständigkeit zu unterstützen.
Unterstützung für pflegende Angehörige
Die Pflege von Parkinson-Patienten kann für Angehörige sehr belastend sein. Es ist wichtig, dass sie sich Unterstützung suchen und auf ihre eigene Gesundheit achten.
- Pflegekurse: Nehmen Sie an Pflegekursen teil, um sich über die Besonderheiten der Parkinson-Krankheit und dieTechniken der Pflege zu informieren.
- Selbsthilfegruppen: Treten Sie einer Selbsthilfegruppe bei, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und Unterstützung zu erhalten.
- Professionelle Hilfe: Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, z. B. durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine Kurzzeitpflegeeinrichtung.
- Auszeiten nehmen: Nehmen Sie sich regelmäßig Auszeiten, um sich zu erholen und neue Kraft zu tanken.
Palliativpflege bei Parkinson
Im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit kann die Palliativpflege eine wichtige Rolle spielen, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und ihre Symptome zu lindern. Die Palliativpflege konzentriert sich auf die Linderung von Schmerzen, Atemnot,Übelkeit und anderen belastenden Symptomen. Sie bietet auch Unterstützung für die Angehörigen in dieser schwierigen Zeit.
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