Faszienforschung bei Multipler Sklerose: Ein umfassender Überblick

Multiple Sklerose (MS), auch bekannt als die Krankheit mit den 1000 Gesichtern, betrifft weltweit etwa 2,5 Millionen Menschen. Moderne Therapien zielen darauf ab, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten. Trotz intensiver Forschung bleibt ein Wundermittel bisher aus. Die Forschung konzentriert sich zunehmend auf die Rolle von Faszien und Lebensstilmanagement, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Multiple Sklerose: Eine Autoimmunerkrankung

MS ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die schützende Isolierschicht um die Nervenzellen, das Myelin, angreift und zerstört. Die daraus resultierende Entzündung des Nervensystems führt dazu, dass Muskeln nur noch unvollständige Signale von den Nerven erhalten.

Behandlungsmethoden bei MS

  • Akute MS: Ärzte behandeln akute MS-Schübe häufig mit Kortison, um Entzündungen zu reduzieren.
  • Beta-Interferon: Seit den 90er-Jahren gibt es Medikamente wie Beta-Interferon, die die Aktivität bestimmter Immunzellen im Blut und Nervensystem bremsen und die Anzahl der Schübe um bis zu 30 Prozent reduzieren können.
  • Antikörper: Wenn Beta-Interferon nicht wirkt, werden Antikörper eingesetzt, die bestimmte Moleküle auf der Oberfläche von Immunzellen blockieren. Wirkstoffe wie Natalizumab und Alemtuzumab verhindern, dass Immunzellen die Blut-Hirn-Schranke passieren und in das Nervensystem eindringen, oder sie reduzieren die Anzahl eines speziellen Immunzelltyps, der T-Lymphozyten. Alemtuzumab wurde ursprünglich gegen Leukämie entwickelt.
  • Remyelinisierung: Forscher arbeiten daran, die zerstörte Schutzschicht der Nervenzellen wiederherzustellen. Ein vielversprechender Ansatz ist Anti-Lingo-1, ein Antikörper, der das Molekül Lingo-1 blockiert, welches die Regeneration der Myelinschicht verhindert.

Ziele der modernen MS-Therapie

„Ziel ist es heute, die MS zum Stillstand zu bringen“, sagt Jürgen Koehler, Neurologe und Ärztlicher Leiter der Marianne-Strauß-Klinik in Berg am Starnberger See. Das bedeutet: keine Schübe, keine Zunahme der Behinderung und keine Entzündungsaktivität mehr im MRT feststellbar.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen von MS sind bis heute unklar. Wissenschaftler vermuten, dass mehrere Faktoren zusammenwirken, darunter eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus, Vitamin-D-Mangel, Rauchen, Übergewicht in der Kindheit und genetische Faktoren. Bei MS-Patienten können T- und B-Lymphozyten fehlgesteuert sein und sich gegen den eigenen Körper richten, was zur Bildung von Antikörpern führt, die die Myelin-Schutzhülle der Nervenfasern schädigen.

Symptome und Verlauf

Die MS-Symptome sind vielfältig und der Verlauf der Erkrankung ist individuell. Häufig treten Schübe auf, die von symptomfreien Intervallen unterbrochen sind. Erste Symptome können Gefühlsstörungen in den Extremitäten, Müdigkeit, Unsicherheiten beim Gehen oder Stehen und Sehstörungen sein. Nur bei wenigen Betroffenen führt die MS innerhalb weniger Jahre zu schweren Behinderungen.

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Faszien und Multiple Sklerose

Faszien sind ein wichtiger Bestandteil des Bindegewebes, das den gesamten Körper durchzieht. Sie spielen eine entscheidende Rolle für die Körperwahrnehmung, Beweglichkeit und Stabilität. Bei neurologischen und orthopädischen Erkrankungen wie MS kann es zu Veränderungen des Fasziengewebes kommen, die Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und eine verminderte Ausdauer zur Folge haben.

Die Rolle der Faszien bei MS

  • Körperwahrnehmung: Faszien tragen wesentlich zur Körperwahrnehmung bei. Veränderungen im Fasziengewebe können die Wahrnehmung des eigenen Körpers beeinträchtigen.
  • Beweglichkeit und Stabilität: Die Beweglichkeit der Faszien ermöglicht sowohl Stabilität als auch Mobilität. Verklebungen oder Verhärtungen der Faszien können die Beweglichkeit einschränken und zu Instabilität führen.
  • Effizienz von Aktivitäten: Faszien tragen zur Effizienz von Bewegungen bei. Eine optimale Spannung und Ausrichtung der Faszien ermöglichen reibungslose und kraftsparende Bewegungen.

Faszientherapie und -training

Die Faszientherapie und das Faszientraining nach N.A.P. zielen darauf ab, das Fasziengewebe zu mobilisieren, Verklebungen zu lösen und die Elastizität zu verbessern. Dies kann zu einer Reduktion von Schmerzen, einer Verbesserung der Beweglichkeit und einer Steigerung der Leistungsfähigkeit führen.

Faszienübungen für zu Hause

Faszienübungen sind eine einfache und effektive Möglichkeit, um zu Hause gezielt etwas für mehr Beweglichkeit zu tun. Anleitungen dazu finden sich oft online, beispielsweise auf www.aktiv-mit-ms.de.

Lebensstilmanagement bei MS

Die aktualisierte Multiple Sklerose Leitlinie berücksichtigt das Lebensstilmanagement und damit Faktoren, die Menschen mit MS selbst beeinflussen können, wie Ernährung und Bewegung.

Ernährung

Eine pflanzenbasierte, mediterrane Ernährung rückt zunehmend in den Fokus der MS-Behandlung. Diese Ernährungsweise ist reich an entzündungshemmenden Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Olivenöl und Fisch. Wichtige Bestandteile sind auch Vitamin E, Vitamin C und Antioxidantien.

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Bewegung und Sport

Regelmäßige Bewegung und Sport sind für Menschen mit MS von großer Bedeutung. Sie können helfen, die Muskelkraft und Ausdauer zu verbessern, die Beweglichkeit zu erhalten und die Fatigue zu reduzieren. Geeignete Sportarten sind beispielsweise Yoga, Tai-Chi und Qigong, die auch zur Entspannung beitragen können.

Weitere Aspekte des Lebensstilmanagements

  • Stressmanagement: Stress kann die MS-Symptome verschlimmern. Entspannungstechniken wie Meditation, progressive Muskelentspannung und autogenes Training können helfen, Stress abzubauen.
  • Schlaf: Schlafstörungen sind bei MS-Patienten häufig. Eine gute Schlafhygiene und gegebenenfalls eine Behandlung von Schlafstörungen können die Lebensqualität verbessern.
  • Soziale Kontakte: Ein stabiles soziales Netzwerk und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind wichtig für das psychische Wohlbefinden von Menschen mit MS.

Weitere Therapieansätze und Hilfsmittel

  • Beckenbodentraining: Bei Problemen mit der Blasenkontrolle kann gezieltes Beckenbodentraining hilfreich sein.
  • Medikamentöse Behandlung: Neben den oben genannten Medikamenten gibt es weitere Medikamente zur Behandlung von MS-Symptomen wie Spastik, Schmerzen und Fatigue.
  • Hilfsmittel: Hilfsmittel wie Schienen, Gehstöcke, Rollatoren und Rollstühle können die Mobilität und Selbstständigkeit von Menschen mit MS erhalten.
  • Ergotherapie und Physiotherapie: Ergotherapie und Physiotherapie sind wichtige Bestandteile der MS-Behandlung. Sie helfen, verloren gegangene Fähigkeiten wiederzuerlangen, Kompensationsstrategien zu entwickeln und die Lebensqualität zu verbessern.

Forschung und Entwicklung

Die MS-Forschung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Forscher arbeiten an neuen Therapien, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen oder sogar aufhalten können. Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Entwicklung von Medikamenten, die die Remyelinisierung fördern und die zerstörte Schutzschicht der Nervenzellen wiederherstellen.

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