Die Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) ist eine gefürchtete und oft tödlich verlaufende Krankheit bei Katzen. Sie wird durch eine Mutation des felinen Coronavirus (FCoV) verursacht. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die neurologische Form der FIP, ihre Ursachen, Symptome, Diagnose und aktuelle Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist FIP?
FIP steht für Feline Infektiöse Peritonitis, eine ansteckende Bauchfellentzündung. Die Ursache von FIP ist ein Durchfallvirus, das sogenannte Feline Coronavirus (FCoV). Dieses Virus ist hochansteckend, aber in der Regel harmlos und verursacht nur eine Art Magen-Darm-Grippe.
Wie entsteht FIP?
Die Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) entsteht durch eine Mutation des felinen Coronavirus (FCoV). Nicht jede Katze mit FCoV bekommt FIP. Die Mutation tritt nur in ca. 5 % der mit Corona infizierten Katzen auf. Erst wenn das Virus im Darm der Katze zum FIP-Virus mutiert, wird es gefährlich. Diese Mutation findet aber glücklicherweise nur selten statt: Nur fünf bis zehn Prozent der Katzen, die das feline Coronavirus in sich tragen, erkranken an FIP.
Risikofaktoren für FIP
- Junge Katzen (< 2 Jahre): Besonders häufig betroffen, da ihr Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist.
- Ältere Katzen (> 10 Jahre): Das Immunsystem wird schwächer, wodurch das Risiko steigt.
- Katzen in Tierheimen oder Mehrkatzenhaushalten: Hohe Viruslast und Stress begünstigen FIP.
- Genetische Veranlagung: Manche Rassen (z. B. Bengalen, Birmakatzen, Abessinier) scheinen anfälliger zu sein.
- Immunschwäche: Z. B. durch andere Infektionen wie FIV oder FeLV.
- Übermäßige Viruslast: Z. B. durch schlechte Hygienebedingungen.
Übertragung des Felinen Coronavirus (FCoV)
Das Coronavirus wird über den Kot übertragen. Da eine Katze mit FIP das Coronavirus über den Kot ausscheiden kann, ist es ratsam, nach einem möglichen Todesfall der Katze mindestens 2 Monate zu warten, bevor eine neue Katze einzieht. Das Virus kann außerhalb des Katzenkörpers noch Tage bis Wochen überleben. Eine gründliche Reinigung der Umgebung kann helfen.
Feline Coronaviren werden vornehmlich über den Kontakt mit Kot, Speichel oder Nasensekret eines infizierten Artgenossen aufgenommen. Auch eine direkte Übertragung von Katze zu Katze ist über Speichel von Maul zu Maul oder vom Maul zur Nase möglich - viele Kitten stecken sich zum Beispiel beim intensiven Kontakt mit ihren Müttern an. Eine zusätzliche Gefahr stellen kontaminierte Gegenstände dar: Außerhalb eines Wirtskörpers ist das feline Coronavirus bis zu sieben Wochen überlebensfähig. Selbst Menschen können zu Zwischenträgern werden und das Virus auf die Katze übertragen. Eine Ansteckungsgefahr von Tier zu Mensch besteht aber nicht.
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FIP ist nicht gleich FIP
Tierärzte unterscheiden zwei Hauptformen der FIP:
- Feuchte FIP: Hier tritt Flüssigkeit aus den entzündeten Blutgefäßen aus, was zu Bauchfellentzündung (Peritonitis) und/oder Brustfellentzündung (Pleuritis) führt.
- Trockene FIP: Bei dieser Form werden Organe wie Leber, Nieren, Augen oder das zentrale Nervensystem befallen. Die trockene FIP wird in zwei Varianten unterteilt: die okuläre und die neurologische.
Die neurologische Form der FIP
Die neurologische Form der FIP ist eine Variante der trockenen FIP, bei der das Virus vor allem das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) angreift. Dies führt zu einer Vielzahl neurologischer Symptome, die die Lebensqualität der Katze erheblich beeinträchtigen können.
Symptome der neurologischen FIP
Die Symptome der neurologischen FIP können vielfältig sein und hängen davon ab, welche Bereiche des Nervensystems betroffen sind. Häufige Symptome sind:
- Ataxie: Bewegungsstörungen der Hinterhand, unsicherer Gang, Koordinationsprobleme.
- Epileptische Anfälle: Krampfanfälle unterschiedlicher Art und Intensität.
- Verhaltensänderungen: Apathie, Desorientierung, Reizbarkeit.
- Kopfschiefhaltung: Der Kopf wird dauerhaft in eine Richtung geneigt.
- Nystagmus: Unkontrollierte, rhythmische Augenbewegungen.
- Lähmungen: Schwäche oder vollständiger Verlust der Bewegungsfähigkeit in einzelnen Gliedmaßen oder Körperhälften.
- Tremor: Zittern, unwillkürliche Muskelzuckungen.
- Inkoordination: Schwierigkeiten bei der Ausführung gezielter Bewegungen.
- Verwirrung: Desorientiertheit und verminderte Reaktion auf die Umgebung.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch bei anderen neurologischen Erkrankungen auftreten können. EineDifferentialdiagnose durch einen Tierarzt ist daher unerlässlich.
Diagnose der neurologischen FIP
Die Diagnose der neurologischen FIP ist oft eine Herausforderung, da es keinen einfachen "FIP-Test" gibt. Die Diagnose basiert in der Regel auf einer Kombination aus klinischen Symptomen,Anamnese (Vorgeschichte der Katze),Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren.
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1. Anamnese und klinische Untersuchung:
Der Tierarzt wird zunächst die Krankengeschichte der Katze erheben und eine gründliche klinische Untersuchung durchführen. Dabei werden die neurologischen Symptome genau dokumentiert.
2. Blutuntersuchung:
Eine Blutuntersuchung kann Hinweise auf eine Entzündung und Organbeteiligung liefern. HäufigeLaborveränderungen im Blutserum von erkrankten Katzen sind hohes Gesamteiweiß (besonders wenn es über 100g/l liegt) mit hohen Gamma-Globulinen (va. > 40g/l) und niedrigem Albumin. Wichtig ist auch der Nachweis von Antikörpern gegen das Feline Coronavirus (FCoV). Allerdings bedeutet ein positiver Antikörpertest nicht automatisch, dass die Katze an FIP erkrankt ist, da viele Katzen Träger des FCoV sind, ohne jemals FIP zu entwickeln.
3. Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit (CSF):
Eine Entnahme und Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) kann helfen,Entzündungen im zentralen Nervensystem nachzuweisen.
4. Bildgebende Verfahren:
- Magnetresonanztomographie (MRT): Das MRT ist das bildgebende Verfahren der Wahl, um Veränderungen im Gehirn und Rückenmark darzustellen. Es kann helfen,Entzündungsherde, Läsionen oder andere Anomalien zu identifizieren.
- Computertomographie (CT): Die CT kann ebenfalls zur Darstellung von Veränderungen im Gehirn eingesetzt werden, ist aber weniger sensitiv als das MRT.
5. Immunhistochemie (IHC):
Die Immunhistochemie ist der genaueste Test zum Nachweis von FIP. Dabei wird eine Gewebeprobe (z. B. aus dem Gehirn oder Rückenmark) entnommen und auf das Vorhandensein des FIP-Virus untersucht.
Wichtig: So lässt keine einzelne Testmethode, Laborveränderung und kein einzelnes Symptom eine sichere Diagnose der FIP-Erkrankung zu, da alle Veränderungen bei erkrankten Tieren auftreten können, aber nicht müssen und auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. Überhaupt besteht die Diagnose der FIP aus dem Gesamtbild von Symptomen und Laborergebnissen.
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Differentialdiagnosen
FIP kann ähnliche Symptome wie andere Krankheiten haben. Daher ist es wichtig, andere mögliche Ursachen für die neurologischen Symptome auszuschließen. Zu den wichtigsten Differentialdiagnosen gehören:
- Toxoplasmose: Eine Infektionskrankheit, die das Nervensystem befallen kann.
- Enzephalitis: Entzündung des Gehirns, die durch verschiedene Erreger verursacht werden kann.
- Hirntumor: Eine Geschwulst im Gehirn, die neurologische Symptome verursachen kann.
- Trauma: Verletzungen des Gehirns oder Rückenmarks.
- FIV/FeLV: Das Feline-Immundefizienz-Virus (FIV) sowie das Feline-Leukämievirus (FeLV) sollten stets differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden bzw. können auch in Kombination mit dem FIP-Virus auftreten.
Behandlung der neurologischen FIP
Lange Zeit galt Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) als unheilbar. Doch heute gibt es eine echte Heilungschance!
Antivirale Therapie
Mittlerweile gibt es ein Medikament mit dem Wirkstoff GS-441524, das in Frankreich für Katzen für die Behandlung von FIP zugelassen ist. Die AniCura-Kliniken und -Praxen dürfen dieses Medikament für ihre Pateinten verschreiben. Mit diesem Rezept können die Patientenbesitzer:innen das Medikament selber bei der Apotheke bestellen.
Klinische Studien und unzählige Erfahrungsberichte konnten nachweisen, dass antiviral-wirkende Wirkstoffe einen heilenden Effekt auf die FIP-Erkrankung haben können.
- GS-441524:
- Dauer: 84 Tage (12 Wochen) tägliche Behandlung
- Anwendung: Als Injektion oder Tablette (je nach Land & Verfügbarkeit)
- Erfolgsrate: Über 80-90 % der Katzen überleben, wenn frühzeitig behandelt wird!
- Kosten: Ca. 800-1500 € für das Medikament (je nach Gewicht der Katze)
- Remdesivir:
- Remdesivir ist ein zugelassenes Medikament gegen COVID-19 und wirkt ähnlich wie GS-441524.
- Es wird in manchen Ländern (z. B. USA) als Alternative zu GS-441524 eingesetzt.
Unterstützende Maßnahmen
Zusätzlich zur antiviralen Therapie sind unterstützende Maßnahmen wichtig, um die Lebensqualität der Katze zu verbessern und die Genesung zu fördern:
- Schmerzlinderung: Schmerzmittel können helfen, Schmerzen undUnbehagen zu lindern.
- Entzündungshemmung: Kortikosteroide können Entzündungen reduzieren und die neurologischen Symptome verbessern.
- Krampflösende Medikamente: Bei epileptischen Anfällen können krampflösende Medikamente eingesetzt werden.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit und Koordination zu verbessern.
- Ernährung:
- Hochwertige Proteine zur Unterstützung der Muskelregeneration.
- Omega-3-Fettsäuren (z. B. Fischöl) zur Reduktion von Entzündungen.
- Leicht verdauliche Nahrung, um den Verdauungstrakt zu entlasten.
- Stressmanagement:
- Eine ruhige und stressfreie Umgebung, um das Immunsystem zu unterstützen.
- Regelmäßige Streicheleinheiten und Zuwendung, um das Wohlbefinden der Katze zu steigern.
- Pheromon-Diffusoren, um Stress abzubauen.
Es ist entscheidend, die Katze bestmöglich zu unterstützen, um ihre Genesung zu fördern.
Prognose
Die Prognose für Katzen mit neurologischer FIP hing lange Zeit von der Schwere der Erkrankung und dem Zeitpunkt der Diagnose ab. Unbehandelt verläuft die neurologische FIP in der Regel tödlich. Dank der Entwicklung neuer antiviraler Medikamente wie GS-441524 hat sich die Prognose jedoch deutlich verbessert. Bei frühzeitiger Diagnose und konsequenter Behandlung können viele Katzen geheilt werden und ein normales Leben führen.
- Feuchte FIP: Über 80-90 % Überlebensrate, wenn frühzeitig behandelt.
- Trockene FIP: Ca. 70-80 % Überlebensrate, abhängig vom Organbefall.
Entscheidend ist die Frühdiagnose!
Prävention
FIP selbst ist nicht direkt vermeidbar, da sie durch eine Mutation des felinen Coronavirus (FCoV) innerhalb des Körpers der Katze entsteht. Allerdings gibt es Maßnahmen, um das Risiko einer Infektion mit dem FCoV zu minimieren und somit indirekt auch das FIP-Risiko zu senken:
- Hygiene:
- Saubere Katzentoiletten - regelmäßiges Entfernen von Kot (mind. 1x täglich).
- Getrennte Toiletten in Mehrkatzenhaushalten - je weniger Katzen sich eine Toilette teilen, desto besser.
- Desinfektion von Fressnäpfen & Trinkbrunnen - mind. 2x täglich.
- Stressvermeidung:
- Eine ruhige und stabile Umgebung, um das Immunsystem zu stärken.
- Ausreichend Platz und Rückzugsmöglichkeiten in Mehrkatzenhaushalten.
- Regelmäßige Spielzeiten und Beschäftigung, um Langeweile und Frustration zu vermeiden.
- Stärkung des Immunsystems:
- Hochwertiges Futter mit allen wichtigen Nährstoffen.
- Regelmäßige Tierarztbesuche zur Früherkennung von Krankheiten.
- Impfungen gegen andere Katzenkrankheiten, um das Immunsystem nicht zusätzlich zu belasten.
Impfung gegen FIP
Es gab einen Impfstoff gegen FIP, dessen Wirksamkeit jedoch nie nachgewiesen wurde. Die Impfung schützt auch nicht vor der Mutation des Coronavirus zur FIP-Variante. Der Impfstoff würde außerdem nur bei Katzen wirken, die noch nicht mit dem Felinen Coronavirus infiziert sind.
Insgesamt ist die Wirksamkeit der Impfung allerdings sehr umstritten. In einem Haushalt, in dem Corona-positiv getestete Katzen leben, sollten die Katzenklos so sauber wie möglich gehalten werden und im Idealfall für jede Katze ein Katzenklo zur Verfügung stehen, um ständige Virusaufnahme durch die Benutzung der gleichen Katzentoilette zu reduzieren. Ist noch eine Katze vorhanden, die Corona-positiv ist, sollte vor Anschaffung eines neuen Tieres im Idealfall abgewartet werden bis diese die Infektion überwunden hat und wieder Corona-negativ im Test erscheint.
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