Flavonoide und Demenz: Aktuelle Studien und Erkenntnisse zur Prävention

In Deutschland leiden über 1.8 Millionen Menschen an Demenz. Die Alzheimer-Krankheit ist eine der häufigsten Ursachen, wobei Gedächtnis- und Wahrnehmungsstörungen sowie Orientierungslosigkeit auftreten, die auf den Verlust von Nervenzellen zurückzuführen sind. Da die Ursachen von Alzheimer bis heute nicht vollständig geklärt sind, ist es wichtig, Risikofaktoren zu identifizieren und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Studien deuten darauf hin, dass eine flavonoidreiche Ernährung das Risiko für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen senken kann.

Die Rolle von Flavonoiden in der Demenzprävention

Flavonoide sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in zahlreichen Obst-, Gemüse- und Kräuterarten vorkommen. Es gibt schätzungsweise über 8000 verschiedene Flavonoide, die sich in ihrer Wirkungsweise unterscheiden. Eine abwechslungsreiche Ernährung mit verschiedenen Gemüse-, Obst- und Kräuterarten ist daher entscheidend.

Neuroprotektive Wirkung von Flavonoiden

Flavonoide und ihre Metaboliten wirken neuroprotektiv, indem sie Neuroinflammationen reduzieren und die Gehirndurchblutung verbessern. Viele Flavonoid-Metaboliten können die Blut-Hirn-Schranke passieren und neuronale Signalwege modulieren, die mit der synaptischen Plastizität assoziiert sind. Zudem beeinflussen sie andere Demenz-Risikofaktoren wie Depressionen und Bluthochdruck positiv.

Flavonoide in der Ernährung

Flavonoide sind in verschiedenen Lebensmitteln enthalten, darunter Knollensellerie, Stangensellerie und Sojabohnen (Isoflavone). Da Flavonoide hitzebeständig sind, können sie auch in Suppen und Saucen verwendet werden. Eine flavonoidreiche Ernährung kann auch vor Krebs und Herzkrankheiten schützen.

Studienergebnisse zum Zusammenhang von Flavonoiden und Demenzrisiko

Eine Kohortenstudie untersuchte den Einfluss von Flavonoiden auf das Demenzrisiko. Forscher entwickelten einen Score, der Lebensmittel mit hohem Flavonoid-Gehalt kennzeichnet (Flavodiät-Score) und untersuchten diesen im Zusammenhang mit dem Demenzrisiko der Teilnehmer. Dabei berücksichtigte das Team um Dr. Amy Jennings von der Queen’s University Belfast auch das genetische Demenzrisiko der Teilnehmer sowie Komorbiditäten wie Bluthochdruck und Depressionen.

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Studiendesign und Teilnehmer

Die Daten stammen von Erwachsenen zwischen 40 und 70 Jahren aus der UK Biobank, die zwischen 2006 und 2010 rekrutiert wurden und im Durchschnitt neun Jahre lang nachbeobachtet wurden. In diesem Zeitraum erkrankten 882 Teilnehmer an Demenz. Die Teilnehmer machten detaillierte Angaben zu ihrer Ernährung, woraus der Flavodiät-Score ermittelt wurde.

Ergebnisse der Kohortenstudie

Die Ergebnisse der Studie mit 121.986 Teilnehmern zeigen ein geringeres Demenzrisiko bei den Teilnehmern, die eine Flavonoid-reiche Ernährung mit Beeren, Tee und Rotwein zu sich nahmen. Die Risikoreduktion war bei Personen mit hohem genetischen Demenzrisiko und depressiven Symptomen besonders ausgeprägt. Der Konsum hoher Mengen verschiedener Flavonoid-Unterklassen wie Anthocyanen, Flavonolen und Flavonen war invers mit dem Demenzrisiko assoziiert.

Limitationen der Studie

Die Angaben der Teilnehmer zu ihrer Ernährung waren selbstberichtet, so dass fehlerhafte Angaben nicht ausgeschlossen werden können. Die Gruppe der Teilnehmer, die keine Flavonoid-haltigen Lebensmittel zu sich nahm, war sehr klein, was einen Vergleich erschwert. Zudem sind die Ergebnisse möglicherweise nicht auf andere Bevölkerungsgruppen übertragbar, da die Teilnehmer der UK Biobank generell gesünder sind als die Allgemeinbevölkerung.

Empfehlungen der Studienautoren

Die Autoren der Studie empfehlen eine Flavonoid-reiche Ernährung zur Reduktion des Demenzrisikos, insbesondere für Personen mit hohem genetischen Demenzrisiko, Bluthochdruck und depressiven Symptomen. Es sind jedoch weitere Studien nötig, um kausale Zusammenhänge zu bestätigen.

Weitere Studien und Erkenntnisse

Eine weitere Langzeitstudie ergab, dass Personen, die jahrelang großzügig zu Beeren, Birnen und Äpfeln griffen, seltener an Demenz erkranken. Verantwortlich dafür scheinen die reichlich in einigen Obstsorten und im Tee enthaltenen Flavonoide zu sein. Insbesondere Flavonoidpolymere, Anthozyane und Flavonole zeigten eine starke Assoziation zur Inzidenz von Alzheimererkrankungen.

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Mechanismen der Flavonoidwirkung

Die beobachteten Zusammenhänge werden nicht nur auf die antioxidativen Eigenschaften der Flavonoide zurückgeführt. Vielmehr schützen die Stoffe Neurone womöglich vor Toxinen und Entzündungen. Zudem verbessern Flavonoide und einige ihrer Metaboliten den zerebrovaskulären Blutfluss und induzieren so eine Angio- und Neurogenese.

Flavonoide und Adipositas-bedingte Alzheimer-Krankheit

Ein Reviewartikel untersuchte den Einfluss von Flavonoiden auf die Adipositas-bedingte Alzheimer-Krankheit. Adipositas kann zu einer Vielzahl von Erkrankungen führen, darunter auch neurologische Erkrankungen wie kognitiver Abbau, Demenz und Alzheimer-Krankheit.

Flavonoide als Therapieoption

In Tiermodellen binden Flavonoide an die bei der Alzheimer-Krankheit relevanten Tau-Rezeptoren, reduzieren Gliosen und verschiedene neuroinflammatorische Marker. Flavonoide wie Curcumin, Resveratrol, Epigallocatechin-3-Gallat, Morin, Delphinidin, Quercetin, Luteolin und Oleocanthal wirken dem Verlust von Nervenzellen im Gehirn entgegen. Flavonoidreiche Nutraceuticals stellen laut den Autoren eine potenziell kostengünstige Therapieoption zur Behandlung von Adipositas-induzierter Alzheimer-Krankheit dar.

Klinische Studien erforderlich

Es sind jedoch weitere, gut konzipierte, randomisierte und placebo-kontrollierte klinische Studien erforderlich, um die optimale Dosierung, Sicherheit und vor allem Wirksamkeit und Langzeitwirkung von Flavonoiden zu beurteilen. Auch ist unklar, in welchen Stadien der Alzheimer-Krankheit solche ergänzenden Maßnahmen einen Unterschied machen könnten.

Weitere präventive Maßnahmen gegen Demenz

Neben einer flavonoidreichen Ernährung gibt es weitere Möglichkeiten, um einer Demenz-Erkrankung vorzubeugen. Dazu gehören körperliche Aktivität, kognitives Training, das Vermeiden von Bluthochdruck sowie stabile Blutzuckerwerte. Auch soziale Kontakte spielen eine wichtige Rolle.

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Ketogene Ernährung und Intervallfasten

Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2019 zeigte, dass sich auch die ketogene Ernährung positiv auf Alzheimer auswirken kann, da sie die Verwertung von Glukose im Gehirn verbessert. Ähnliche Effekte treten natürlicherweise auch beim Intervallfasten ein, bei dem eine Fastenpause von mindestens 12-16 Stunden eingehalten wird.

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