Die Diagnose einer frontotemporalen Demenz (FTD) ist sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen oft ein Schock. Es wirft viele Fragen auf, darunter die nach der Lebenserwartung und dem Verlauf der Krankheit. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die frontotemporale Demenz, ihre Symptome, Diagnose, Behandlungsmöglichkeiten und die Faktoren, die die Lebenserwartung beeinflussen können.
Was ist frontotemporale Demenz?
Der Begriff "Demenz" umfasst eine Vielzahl von degenerativen Erkrankungen mit unterschiedlichen Mechanismen und Symptomen. Die frontotemporale Demenz (FTD) ist eine Untergruppe dieser Erkrankungen, bei der vor allem der Frontallappen und manchmal auch die Temporallappen des Gehirns betroffen sind. Im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit, bei der Gedächtnisprobleme im Vordergrund stehen, manifestiert sich die FTD oft zuerst durch Veränderungen im Verhalten, der Persönlichkeit und/oder der Sprache.
Die FTD betrifft typischerweise Menschen in einem jüngeren Alter als die Alzheimer-Krankheit, oft im Alter zwischen 45 und 65 Jahren. Sie macht etwa 3 bis 5 Prozent aller Demenzfälle aus.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen der FTD sind noch nicht vollständig geklärt. In vielen Fällen spielt die Vererbung eine Rolle, wobei etwa 40 Prozent der Fälle eine familiäre Häufung aufweisen. Bei etwa 10 bis 15 Prozent aller Menschen mit FTD lässt sich eine genetische Veränderung nachweisen, die die Erkrankung auslöst. Mutationen in den Genen C9orf72, GRN oder MAPT sind häufige Ursachen.
In rund 60 Prozent der Fälle tritt die Erkrankung jedoch ohne erkennbare Vorbelastung auf. In diesen Fällen spricht man von sporadischer FTD.
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Symptome der frontotemporalen Demenz
Die FTD kann sich auf unterschiedliche Weise manifestieren, abhängig davon, welche Bereiche des Gehirns betroffen sind. Es gibt drei Hauptgruppen von Symptomen:
Verhaltensänderungen
Dies ist die häufigste Form der FTD. Betroffene zeigen oft auffällige Veränderungen im Verhalten, wie z.B.:
- Enthemmung: Unpassende Bemerkungen, unangemessenes sexuelles Verhalten, Ladendiebstahl oder Berührungen von Fremden.
- Apathie: Rückzug aus sozialen und beruflichen Aktivitäten, Verlust von Interesse an Beziehungen oder Hobbys.
- Emotionale Abstumpfung/Empathieverlust: Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen nahestehender Personen, fehlende Anteilnahme oder Einfühlungsvermögen.
- Zwanghaftes oder ritualisiertes Verhalten: Wiederholte Handlungen wie das fünfmalige Klatschen zur Begrüßung, Horten von Gegenständen oder das tägliche Aufsuchen bestimmter Orte.
- Verändertes Essverhalten: Zwanghaftes Essen bestimmter Lebensmittel oder übermäßiger Konsum von Wasser oder Alkohol.
- Fehlende Einsicht: Betroffene sehen oft nicht ein, dass ihr Verhalten ungewöhnlich ist.
Sprachprobleme
Diese Form der FTD wird auch als primär progrediente Aphasie (PPA) bezeichnet. Betroffene haben Schwierigkeiten beim Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben. Es gibt drei Untertypen der PPA:
- Semantischer Typ: Verlust des Verständnisses für Wörter und deren Bedeutung.
- Unflüssiger/agrammatischer Typ: Schwierigkeiten, flüssig zu sprechen und grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden.
- Logopenischer Typ: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden.
Eingeschränkte Beweglichkeit
In einigen Fällen kann die FTD auch Bewegungsstörungen verursachen, die denen der Parkinson-Krankheit ähneln. Dazu gehören Muskelsteifheit, Zittern, Gleichgewichtsprobleme und Schwierigkeiten bei der Koordination von Bewegungen.
Diagnose der frontotemporalen Demenz
Die Diagnose der FTD kann schwierig sein, da die Symptome oft unspezifisch sind und anderen Erkrankungen ähneln können. Es gibt kein einzelnes Verfahren, das die FTD eindeutig nachweisen kann. Die Diagnose basiert daher auf einer Kombination verschiedener Untersuchungen:
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- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Prüfung der kognitiven Fähigkeiten.
- Befragung der Angehörigen: Einschätzungen aus dem Umfeld sind besonders wichtig, da Erkrankte oft keine Einsicht in ihre Verhaltensänderungen zeigen.
- Neuropsychologische Tests: Erfassung spezifischer Beeinträchtigungen in Planung, Urteilsvermögen, Sprache oder sozialem Verhalten.
- Bildgebende Verfahren: MRT, CT oder FDG-PET können Veränderungen in den Stirn- und Schläfenlappen sichtbar machen.
- Genetische Untersuchungen: Bei familiärer Häufung kann ein Gentest helfen, eine vererbbare Form festzustellen.
Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie z.B. Schlaganfall, Hirntumor, Depressionen, Psychosen oder andere Formen der Demenz.
Behandlung der frontotemporalen Demenz
Die FTD ist derzeit nicht heilbar. Es gibt auch keine Medikamente, die den Krankheitsverlauf aufhalten oder verlangsamen können. Die Behandlung zielt daher darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.
Medikamentöse Behandlung
Bestimmte Medikamente können helfen, einige Symptome zu lindern, wie z.B.:
- Antidepressiva: Zur Behandlung von Depressionen, Angstzuständen und Zwangsstörungen.
- Antipsychotika: Zur Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen, Unruhe und Wahnvorstellungen.
- Medikamente gegen Parkinson: Bei Vorliegen von Bewegungsstörungen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die medikamentöse Behandlung bei FTD oft schwierig ist, da die Reaktion auf die Medikamente von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann.
Nicht-medikamentöse Therapie
Nicht-medikamentöse Therapieansätze spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung der FTD. Dazu gehören:
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- Logopädie: Bei Sprachschwierigkeiten.
- Ergotherapie: Bei Problemen mit Bewegung und Koordination.
- Physiotherapie: Zur Verbesserung der Beweglichkeit und des Gleichgewichts.
- Psychotherapie: Zur Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung und zur Reduzierung von Verhaltensauffälligkeiten.
- Musik- und Kunsttherapie: Zur Förderung der Kreativität und des emotionalen Ausdrucks.
- Soziale Aktivitäten: Zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und zur Förderung des Wohlbefindens.
Eine strukturierte Tagesroutine, eine sichere und vertraute Umgebung sowie regelmäßige Aktivitäten können Betroffenen helfen, sich gebraucht zu fühlen und ihre kognitiven Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten.
Lebenserwartung bei frontotemporaler Demenz
Die Lebenserwartung nach der Diagnose einer FTD ist sehr unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Alter bei Krankheitsbeginn: Je jünger die Person bei Krankheitsbeginn ist, desto länger ist tendenziell die Lebenserwartung.
- Art der FTD: Die Verhaltensvariante der FTD scheint mit einer kürzeren Lebenserwartung verbunden zu sein als die Sprachvariante.
- Schwere der Symptome: Je schwerer die Symptome sind, desto kürzer ist tendenziell die Lebenserwartung.
- Begleiterkrankungen: Das Vorliegen anderer Erkrankungen, wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Infektionen, kann die Lebenserwartung verkürzen.
- Allgemeiner Gesundheitszustand: Ein guter allgemeiner Gesundheitszustand kann dazu beitragen, die Lebenserwartung zu verlängern.
Im Durchschnitt beträgt die Lebenserwartung nach der Diagnose einer FTD etwa 8 Jahre. Einige Menschen leben jedoch deutlich länger, während andere schneller versterben.
Die häufigste Todesursache bei FTD ist eine Lungenentzündung, die durch eine Schwächung des Immunsystems oder Schluckprobleme verursacht werden kann.
Umgang mit der Diagnose
Die Diagnose einer FTD ist eine große Herausforderung für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Es ist wichtig, sich frühzeitig über die Erkrankung zu informieren, sich Unterstützung zu suchen und rechtliche Vorkehrungen zu treffen.
Unterstützung für Angehörige
Die Pflege eines Menschen mit FTD kann sehr belastend sein. Angehörige sollten darauf achten, ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen und sich rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Pflegeeinrichtungen, die Unterstützung anbieten können.
Rechtliche Vorkehrungen
Es ist wichtig, frühzeitig Vollmachten und Verfügungen zu erstellen, solange die betroffene Person noch in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Dazu gehören eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht und gegebenenfalls ein Testament.
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