Diabetische Polyneuropathie: Definition, Ursachen, Diagnose und Behandlung

Eine gute Hautpflege sollte ein fester Bestandteil des täglichen Lebens sein. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Diabetes, um dem Entstehen eines diabetischen Fußsyndroms (DFS) vorzubeugen.

Einführung

Diabetes mellitus ist eine weit verbreitete Stoffwechselerkrankung, die schwerwiegende Folgeerscheinungen haben kann. Eine davon ist das diabetische Fußsyndrom (DFS), welches durch verschiedene Pathomechanismen entsteht und eine hohe Amputationsgefahr birgt. In Deutschland werden etwa 70 Prozent aller Major-Amputationen und über 85 Prozent aller Minor-Amputationen bei Menschen mit Diabetes durchgeführt. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, Risikopatienten zu identifizieren, Fußläsionen vorzubeugen und Amputationen zu vermeiden.

Die diabetische Polyneuropathie ist eine der Hauptursachen für das diabetische Fußsyndrom. Sie führt zu einer Schädigung der Nerven, insbesondere in den Füßen und Beinen, was zu einer Vielzahl von Problemen führen kann.

Definition der diabetischen Polyneuropathie

Die diabetische Polyneuropathie ist eine Form der Nervenschädigung, die als Folge von Diabetes mellitus auftritt. Sie betrifft vor allem die peripheren Nerven, also jene Nerven, die sich außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks befinden. Die diabetische Polyneuropathie ist zumeist distal (von der Körpermitte entfernt) symmetrisch ausgeprägt und führt zu einem sensorischen Defizit, oft auch zu Dysästhesien wie Ameisenlaufen, Kribbeln und Surren, die den Patienten quälen können.

Ursachen der diabetischen Polyneuropathie

Die Hauptursache der diabetischen Polyneuropathie ist ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel. Dieser schädigt die Nervenfasern und beeinträchtigt ihre Funktion. Weitere Faktoren, die zur Entstehung einer diabetischen Polyneuropathie beitragen können, sind:

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  • Dauer der Diabeteserkrankung: Je länger der Diabetes besteht, desto höher ist das Risiko für eine Polyneuropathie.
  • Schlechte Blutzuckereinstellung: Unzureichend kontrollierte Blutzuckerwerte beschleunigen die Nervenschädigung.
  • Erhöhte Blutfettwerte: Hohe Cholesterin- und Triglyceridwerte können die Nerven zusätzlich schädigen.
  • Bluthochdruck: Ein erhöhter Blutdruck kann die Durchblutung der Nerven beeinträchtigen.
  • Übergewicht: Adipositas erhöht das Risiko für Diabetes und somit auch für eine Polyneuropathie.
  • Rauchen: Nikotin schädigt die Blutgefäße und beeinträchtigt die Nervenversorgung.
  • Alkoholmissbrauch: Übermäßiger Alkoholkonsum kann die Nerven schädigen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere Vitamin B12, kann die Nervenfunktion beeinträchtigen.

Symptome der diabetischen Polyneuropathie

Die Symptome der diabetischen Polyneuropathie können vielfältig sein und variieren je nach betroffenem Nerventyp und Ausmaß der Nervenschädigung. Häufige Symptome sind:

  • Taubheitsgefühl: Betroffene verspüren ein vermindertes Gefühl in den Füßen und Beinen.
  • Kribbeln und Brennen: Es treten unangenehme Empfindungen wie Kribbeln, Brennen oder Stechen auf.
  • Schmerzen: Die Schmerzen können unterschiedlich stark sein und sich als dumpf, stechend oder bohrend äußern.
  • Eingeschränkte Schmerz- und Temperaturempfindung: Betroffene nehmen Schmerzen oder Temperaturveränderungen schlechter wahr, was zu Verletzungen führen kann.
  • Muskelschwäche: Die Muskeln in den Füßen und Beinen können schwächer werden, was zu Gangunsicherheit führt.
  • Gleichgewichtsstörungen: Durch die beeinträchtigte Nervenfunktion kann es zu Gleichgewichtsproblemen kommen.
  • Trockene Haut: Trophische Störungen reduzieren oder stoppen die Schweiß- und Talgproduktion und begünstigen somit eine vulnerable, trockene und rissige Haut.
  • Fußdeformitäten: Sekundäre motorische Störungen äußern sich in muskulären Atrophien und Fußdeformitäten. So kommt es zum Beispiel zur Bildung von Krallenzehen, die zu einer vermehrten Druckbelastung unter den Metatarsophalangeal-Gelenken (MTP-Gelenke verbinden die Mittelfußknochen mit den fünf Zehenknochen) führt.
  • Charcot-Fuß: Bei der schwersten Form des neuropathischen Fußes, dem Charcot-Fuß, kommt es zu einer neuropathisch bedingten Osteoarthropathie und zu einem mehr oder weniger vollständigen Zusammenbruch der Fußgewölbe, oft mit Ausbildung eines Wiege- oder Schaukelfußes. Die Einteilung des Charcot-Fußes erfolgt nicht einheitlich und berücksichtigt entweder die klinischen Verlaufsstadien (Einteilung nach Levin) oder das Gelenkbefallsmuster (Einteilung nach Sanders).
  • Erhöhte Anfälligkeit für Fußverletzungen: Durch die verminderte Schmerzempfindung werden Verletzungen oft nicht bemerkt oder zu spät behandelt.
  • Schlecht heilende Wunden: Aufgrund der beeinträchtigten Durchblutung und Immunfunktion heilen Wunden an den Füßen schlechter.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Menschen mit Diabetes eine Polyneuropathie entwickeln und dass die Symptome sehr unterschiedlich sein können. Bei Verdacht auf eine Polyneuropathie sollte ein Arzt aufgesucht werden, um eine Diagnose zu stellen und eine geeignete Behandlung einzuleiten.

Diagnose der diabetischen Polyneuropathie

Um eine diabetische Polyneuropathie zu diagnostizieren, führt der Arzt verschiedene Untersuchungen durch:

  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Diabetesdauer, Blutzuckereinstellung und anderer Risikofaktoren.
  2. Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Füße und Beine auf Anzeichen von Nervenschädigungen, wie z.B. Taubheitsgefühl, Kribbeln, Schmerzen oder Muskelschwäche. Ob eine Polyneuropathie vorliegt, kann der Arzt durch Testung der Druckwahrnehmung oder des Vibrationsempfindens feststellen.
  3. Neurologische Untersuchung: Der Arzt testet die Sensibilität, Reflexe und Muskelkraft in den Füßen und Beinen.
  4. Neurophysiologische Untersuchungen: Genauer sind gezielte fachärztliche neurophysiologische Untersuchungen. Diese Untersuchungen messen die Nervenleitgeschwindigkeit und können das Ausmaß der Nervenschädigung bestimmen.
  5. Weitere Untersuchungen: In einigen Fällen können weitere Untersuchungen erforderlich sein, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Prävention des diabetischen Fußsyndroms

Die Prophylaxe diabetischer Fußläsionen setzt eine regelmäßige Eigenuntersuchung und die fachärztliche Untersuchung von besonders gefährdeten Patienten, zum Beispiel mit Polyneuropathie und/oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), voraus. Da viele Menschen das Risiko nicht ernst nehmen oder die betroffenen Gliedmaßen infolge der Erkrankung gar nicht mehr wahrnehmen (sogenannter Leibesinselschwund), kann man nicht davon ausgehen, dass sie diese Untersuchungen von sich aus machen oder eine Praxis aufsuchen.

Eine regelmäßige Kontrolle der Füße beim Arzt ist vielleicht lästig, aber dringend geboten für Menschen mit Diabetes. Hilfreich ist deshalb, Menschen mit Diabetes mellitus in der Apotheke auf Risikofaktoren und Prävention anzusprechen. Wichtige Themen sind die Qualität der Stoffwechseleinstellung, mögliche krankhafte Fußveränderungen, eine Polyneuropathie oder pAVK, frühere Fußprobleme, Fußläsionen oder Amputation sowie die Frequenz von Eigenuntersuchungen und fachärztlichen Fußuntersuchungen. Ebenfalls anzusprechen sind das Tragen von geeignetem Schuhwerk und die Möglichkeit podologischer Komplexbehandlungen. Bei Patienten mit erhöhtem oder stark erhöhtem Risiko sollte eine spezielle Schulung in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis erfolgen. Eine regelmäßige podologische Untersuchung und gegebenenfalls eine Behandlung sind sinnvoll. Geeignetes protektives Schuhwerk sollte dem individuellen Risikostatus des Patienten entsprechend fachärztlich verordnet und regelmäßig überprüft werden. Das Apothekenpersonal kann Menschen mit Diabetes bei regelmäßiger Verbandstoffabgabe gezielt auf das Vorliegen eines diabetischen Fußulkus ansprechen. Gesprächsinhalte sollten die Anbindung an ein spezialisiertes diabetisches Fußzentrum und eventuell die Untersuchung und Versorgung in einer spezialisierten diabetischen Fußeinrichtung oder einem Gefäßzentrum sein. Bei einem Wechsel von Verbandsregimen kann man eventuelle Wundheilungsverzögerungen thematisieren.

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Behandlung der diabetischen Polyneuropathie

Die Behandlung der diabetischen Polyneuropathie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Nervenschädigung zu verlangsamen und Komplikationen vorzubeugen. Die wichtigsten Behandlungsansätze sind:

  1. Optimale Blutzuckereinstellung: Eine gute Blutzuckerkontrolle ist die Grundlage jeder Behandlung. Ziel ist es, den Blutzuckerspiegel möglichstNormal zu halten, um die Nervenschädigung zu verlangsamen.
  2. Schmerzlinderung: Verschiedene Medikamente können zur Linderung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden, wie z.B. Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Opioide.
  3. Fußpflege: Eine sorgfältige Fußpflege ist besonders wichtig, um Verletzungen vorzubeugen und Wunden frühzeitig zu erkennen. Dazu gehört das tägliche Waschen und Abtrocknen der Füße, das Eincremen mit feuchtigkeitsspendenden Lotionen, das Tragen von bequemen Schuhen und das Vermeiden von Barfußlaufen.
  4. Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und das Gleichgewicht zu verbessern.
  5. Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, den Alltag mit der Polyneuropathie besser zu bewältigen.
  6. Podologische Behandlung: Eine regelmäßige podologische Behandlung kann helfen, Fußprobleme wie Hornhaut, Hühneraugen oder Nagelpilz zu behandeln und das Risiko von Fußverletzungen zu reduzieren.
  7. Operative Maßnahmen: In einigen Fällen können operative Maßnahmen erforderlich sein, um Fußdeformitäten zu korrigieren oder Druckstellen zu entlasten.

Spezialisierte Zentren für die Behandlung des DFS

Eine frühzeitige Behandlung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom (DFS) in spezialisierten multidisziplinären Zentren mit definierten Behandlungspfaden kann die Amputationsrate signifikant reduzieren. Nach einer jüngeren Metaanalyse sind in spezialisierten diabetischen Fußzentren Reduktionen von etwa 30 Prozent für jegliche Amputationen und um etwa 50 Prozent für Major-Amputationen zu erwarten (25). Solche Fußzentren haben eine Zertifizierung der Deutschen Diabetesgesellschaft (DGG) bestanden. In Kooperation mit der AG Diabetischer Fuß der DDG zertifiziert die DDG seit 2003 Einrichtungen zur Behandlung des DFS. Interdisziplinäre Gefäßzentren für Patienten mit einer arteriellen Verschlusskrankheit im Rahmen ihres DFS werden von der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA), der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) und der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) oft gemeinsam zertifiziert.

Diabetische Angiopathie

Die diabetische Angiopathie ist gekennzeichnet durch vermehrte Kalzifikationen der Gefäße und eine distale, oft symmetrische Lokalisation von Gefäßverschlüssen (8). Die Kalzifikation kommt in drei Varianten vor. Bei der Mediasklerose handelt es sich um eine zirkuläre Verkalkung in der Muskelschicht der Gefäßwand (9). Im Röntgenbild sieht man einen »Tramline-Aspekt« (Abbildung 2). Die Mediasklerose selbst verengt das Lumen der betroffenen Gefäße nicht relevant, erhöht aber deren Steifigkeit. Langfristig kann sie einen Lumenverlust vor allem in den dünneren Leitungsarterien des Unterschenkels verstärken (10). Ferner findet man vermehrte Verkalkungen arteriosklerotischer Plaques bei Patienten mit Diabetes mellitus in allen Gefäßen. Eine erst in den letzten Jahren gesondert gewürdigte, spezifische Form der kalzifizierenden Angiopathie bei Diabetes mellitus ist die Small Artery Disease (SAD) der Fußarterien. Hier verschließen sich die Arterien des Vorfußes durch eine kalzifizierende Angiopathie progredient (11). Die Mediasklerose und die verstärkten Plaqueverkalkungen erschweren interventionelle und operative Revaskularisationen (Wiedereröffnung von Gefäßen). Dagegen schränkt die SAD die Perfusion des Vorfußes und der Zehen kontinuierlich bis hin zu einem nicht mehr durchbluteten »Desert-Foot« ein (Abbildung 2).

Beeinträchtigung des Immunsystems

Die Funktion des Immunsystems wird durch die chronische Hyperglykämie in vielfältiger Weise beeinträchtigt. Besonders betrifft dies die Monozyten und die von ihnen abstammenden Gewebemakrophagen (12). Der diabetische Monozyten-/Makrophagen-Defekt begünstigt das Auftreten und die Ausbreitung von bakteriellen Infektionen, vor allem bei bereits defekter Hautbarriere und Rhagaden oder Ulzera. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Makrophagen-Lymphozyten-Ratio im Blut ein eigenständiger Risikofaktor für Fußulzerationen ist (13). Besonders gefürchtet sind phlegmonöse und/oder phlegmonös-abszedierende Entzündungen, zum Beispiel an Fußunter- und -oberseite, die sich oft rasant ausbreiten, sowie Osteitiden und Osteomyelitiden (Entzündungen von Knochen und Knochenmark) mit fortschreitender Destruktion der Knochen. Das Erregerspektrum kann dabei sehr variabel sein. Neben grampositiven Kokken sind vor allem gramnegative Fäkal- und Feuchtkeime sowie Anaerobier (vor allem bei infizierten Gangränen) zu nennen (14). Nicht selten sind Mehrfachresistenzen, wenn die Patienten bereits früher mit Antibiotika behandelt wurden.

Druckbelastung

Die gewebeschädigende Wirkung einer Druckbelastung vermittelt sich über dessen Stärke und Einwirkzeit auf den Fuß. Die Polyneuropathie führt dazu, dass Warnsymptome nicht realisiert werden. So können Fremdkörper oder prominente Nähte im Schuh unbemerkt erhebliche Fußverletzungen induzieren. Bedingt durch die Fehlstellung der Zehen gerät vor allem die Haut unter den Metatarsale-Köpfchen (Mittelfußknochen) unter vermehrten Druck, was zunächst zu inneren knochennahen Gewebeschäden und später zur vollständigen Gewebedestruktion mit Aufbrechen eines Ulcus pedis führt. Eine zweite Druckzone entsteht durch den Hochstand der Zehengelenke bei Krallenzehen. Mehr als 85 Prozent aller Amputationen unterhalb der Sprunggelenke (Minor-Amputationen) betreffen Menschen mit Diabetes. Durch die bevorzugte Abrollbewegung des Fußes über den ersten Zeh entstehen die meisten Ulzera unter der Großzehe (15). Dagegen entwickeln sich bei einem Charcot-Fuß Ulzerationen bevorzugt im Bereich des Rückfußes und durch die Schaukeldeformität in der Fußsohle (7, 15). Druckläsionen durch falsches Schuhwerk betreffen oft die Zehen, den Fußrücken oder die Fußränder, die auch bei falsch angelegten Verbänden oder Kompressionsstrümpfen besonders gefährdet sind.

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Wagner-Armstrong-Klassifikation

Bei der Wagner-Armstrong-Klassifikation handelt es sich um eine mehrdimensionale Einteilung (Tabelle 2). Da sie eine enge Korrelation zur Prognose aufweist, sollte sie bei jeder Manifestation eines DFS angewendet werden (15). Aufgrund der engen Korrelation dieser Klassifikation mit der Amputationsgefahr können unmittelbar Konsequenzen für die sektorale Behandlung abgeleitet werden. Das DFS erfordert in den meisten Fällen eine stationäre Behandlung. Tabelle 2: Wagner-Armstrong-Klassifikation (16).

Behandlung von Knocheninfektionen

Ob Knocheninfektionen vorliegen, kann mittels einfacher Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen dargestellt werden. Bei klinischen Zeichen einer Infektion sollte der Arzt vor Einleitung einer antibiotischen Behandlung eine Erregersicherung versuchen. Oberflächliche Wundabstriche sind hierfür wenig geeignet, da sie in der Regel nur die Wundbesiedelung erfassen, nicht die invasiven Keime (14). In der Regel erfolgt zunächst eine hoch dosierte empirische intravenöse Behandlung, zum Beispiel mit Ampicillin/Sulbactam oder Tazobactam; diese wird nach Erhalt der mikrobiologischen Befunde an die Erregersituation angepasst (14). Eine primäre orale Antibiotikatherapie sollte nur bei beginnenden oder oberflächlichen Infektionen erfolgen. Lokale Antibiotika sind obsolet. Bei lokalisierter Knochenbeteiligung, fehlender Ischämie und zuverlässigem Patienten kann eine Antibiotika-Langzeittherapie (bei bekanntem Erreger oder klinisch eindeutigem Ansprechen auf das Medikament) über vier bis sechs Wochen erfolgen - immer in Verbindung mit streng druckentlastenden Maßnahmen. Damit kann man die Osteitis/Osteomyelitis zur Ausheilung bringen (14, 17).

Revaskularisation

Methode der Wahl zur Behandlung von Verschlussprozessen in Unterschenkel- und Fußgefäßen ist die Ballonangioplastie, während Stentimplantationen eine Notfallmaßnahme, zum Beispiel bei einem inneren Gefäßaufriss (Dissektion), darstellen (19, 20). Die Restenose-Rate ist aber gerade bei Diabetes mellitus erhöht (21). Medikamentenbeschichtete Ballons (mit Paclitaxel oder Sirolimus) konnten zu ihrer Vermeidung bisher am Unterschenkel - im Gegensatz zur Oberschenkel- und Knielage - keine eindeutigen Vorteile zeigen. Deshalb liegt der Fokus derzeit auf einer besseren Gefäßpräparation mittels Spezialballons, Gefäßfräsen und anderen neuen Devices (18, 20, 22). Bei Patienten, die narkosefähig sind, gutes Venenmaterial und einen guten Abstrom im Empfängersegment haben, kann alternativ ein Bypass zur Überbrückung der verschlossenen Gefäßstrecke am Unterschenkel oder bis zum Fuß angelegt werden (23). Der Vorteil besteht in einer längeren Offenheit des Bypasses; der Nachteil liegt in der höheren Invasivität der operativen Prozedur (23).

Wundheilung

Die Wundheilung setzt eine Druckentlastung, Infektsanierung und ausreichende Gewebedurchblutung voraus. Ferner muss die Wunde von Belägen, Nekrosen und Sequestern (Knochenreste) gereinigt werden. Dies erfolgt in der Regel durch ein chirurgisches Wunddebridement, das wegen der Polyneuropathie der Patienten nicht zwingend eine Narkose oder Lokalanästhesie erfordert. Gute Dienste leisten Skalpell und chirurgische Pinzette, apparative Hilfsmittel wie Ultraschall- oder Wasserstrahl-assistierte Wundreinigungssysteme oder eine Madentherapie (»Bio-Surgeons«) (14, 15). Tiefe Wunden, vor allem nach ausgiebiger chirurgischer Wundtoilette, können mit Vakuumtherapie (Negative Pressure Wound Therapy) zu einer beschleunigten Abheilung gebracht werden (24). Der Einsatz der Wundauflagen und Verbandmittel orientiert sich an der Tiefe der Wunde und dem Wundstadium (14, 15). Keineswegs sollten funktionierende Wundverbandmittel zu rasch oder grundlos gewechselt werden. Bei verzögerter Wundheilung müssen die möglichen Ursachen fachärztlich reevaluiert werden.

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