Viele Menschen suchen nach der Ursache für Schmerzen in ihrem Fuß. Tritt zudem ein Kribbeln oder Brennen, Taubheits- oder Schwächegefühl auf, könnte das sogenannte Tarsaltunnelsyndrom dahinterstecken ist. Seit Tina Behrens die Diagnose kennt und spezielle Übungen macht, geht es ihr viel besser.
Einführung
Unsere Füße tragen uns täglich durch das Leben. Doch die Belastung und Strapazen können irgendwann zu Fußschmerzen und unangenehmen Empfindungen in der Fußsohle führen. Obwohl diese meist harmlos sind und mit genügend Erholung von selbst wieder verschwinden, gibt es auch Schmerzen, die aufgrund von Nervenschädigungen im Fuß entstehen können. Das Tarsaltunnelsyndrom ist ein eher seltenes Einklemmungsyndrom des Schienbeinnervs am Innenknöchel.
Anatomie des Fußes und die Rolle der Nerven
Im Fuß gibt es hauptsächlich zwei Nerven, nämlich den tiefen Wadenbeinnerv und den inneren Fußsohlennerv. Der innere Fußsohlennerv verzweigt sich etwa auf Höhe der Ferse und verläuft entlang der Fußsohle. Er ist für die Weiterleitung aller Empfindungen im Bereich der Fußsohle zum Gehirn zuständig.
Der tiefe Wadenbeinnerv, auch Schienbeinnerv (Nervus tibialis) genannt, ist einer der beiden Äste des Ischiasnervs, welcher vom Oberschenkel über die Kniekehle und Wade am Sprunggelenk vorbei bis in die Füße verläuft. Sein Zweck dient der sensiblen Versorgung der Wade und der Steuerung der Muskulatur in den Fußsohlen. Er ist für die Bewegung der Füße verantwortlich und oft die Ursache für Schmerzen oder Kribbeln in den Füßen.
Verschiedene Nerven versorgen die Fußsohle. Sie ist die einzige Kontaktstelle zum Boden beim aufrechten Gang. Die Gefühlswahrnehmung ist sehr wichtig für die Steuerung des Gleichgewichts.
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Der Tarsaltunnel hinter dem Innenknöchel dient als Durchtrittsstelle für Nerven und Gefäße in die Fußsohle. Er wird gebildet durch einen Knochenfortsatz am Knöchel und dem Retinaculum flexorum, einem Band, das sich vom Schienbein (Tibia) zum Fersenbein (Calcaneus) erstreckt. Der Schienbeinnerv verläuft zwischen dem Band und dem Sprungbein (Talus) an der Innenseite des Sprunggelenks. In diesem Bereich kann der Nerv aus verschiedenen Gründen komprimiert (zusammengepresst) und in der Folge gereizt und geschädigt werden. Dadurch entstehen Fußschmerzen, seitliche Fersenschmerzen und Missempfindungen. Viele Patienten berichten von einem Taubheitsgefühl oder Ameisenlaufen (Parästhesien) in der Fußsohle.
Was ist ein gereizter Nerv im Fuß?
Durch die tägliche Belastung und Einengung durch schmale Schuhe wird der Schienbeinnerv im Fuß dauerhaft strapaziert. Des Weiteren können Muskelschwellungen, Zerrungen, Knochen- oder Gelenkfehlstellungen oder ein falscher Laufstil dazu führen, dass er durch ein Band, welches zwischen Innenknöchel und Fersenbein liegt, eingeklemmt wird. Diese Stelle wird auch Tarsaltunnel genannt. Beim Laufen wird der Nerv daher immer weiter gereizt und unter Druck gesetzt. Das sogenannte Tarsaltunnelsyndrom, auch tarsales Engpasssyndrom oder Nervenkompressionssyndrom, führt infolgedessen zu Schmerzen und Missempfindungen wie einem Kribbelgefühl und dauerhaften Nervenreizungen.
Ursachen des Tarsaltunnelsyndroms
Ein Tarsaltunnelsyndrom entsteht, wenn der Schienbein-Nerv in seiner Passage durch den Tarsaltunnel gereizt oder komprimiert wird. Zu den möglichen Ursachen zählen:
- Anatomische Veränderungen: Zysten, Tumoren oder Knochensporne können im Tarsaltunnel wachsen, was zu einer Einengung und Kompression des Nervs führt.
- Verletzungen: Prellungen oder Verstauchungen des Sprunggelenks können Schwellungen hervorrufen, die den Druck im Tarsaltunnel erhöhen und den Nerv reizen.
- Überlastung: Sportarten mit hoher Belastung der Füße und Sprunggelenke können das Risiko einer Nervenschädigung erhöhen.
- Systemische Erkrankungen: Erkrankungen wie Diabetes oder rheumatoide Arthritis können zu Entzündungen oder Schwellungen im Fuß führen, die den Druck auf den Nerv erhöhen.
- Fehlstellungen des Fußes: Senk-, Knick- und Spreizfüße oder andere Fehlstellungen können die natürliche Position der Strukturen im Tarsaltunnel verändern und auf den Nervus tibialis drücken.
Die Einengung des Tarsaltunnels kann eine Vielzahl von Ursachen haben. Die Folge ist eine chronische Schädigung des Schienbeinnerven und seiner Endäste. Entzündliche Erkrankungen wie Arthritis, Rheuma und rheumatoide Arthritis führen ebenfalls zu Schwellungen und Beschwerden im Bereich des Tarsaltunnels. Auch Krampfadern, Knochenbrüche oder Knochensporne können auf den Tarsaltunnel drücken.
Hochhackige oder enge, hohe Schuhe wie Wander- und Skischuhe können die Schmerzen beim Tarsaltunnelsyndrom auslösen oder sogar verstärken. Der Druck entsteht eher indirekt als Folge anderer Ursachen.
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Symptome eines gereizten Nervs
Neben starken Schmerzen im Fuß können Brennen oder Taubheitsgefühle auftreten. Auch kribbelnde Empfindungen, die sich wie Ameisenlaufen anfühlen, sind mögliche Anzeichen auf eine Reizung des Schienbeinnervs. Diese Schmerzen treten häufig nachts auf. Manchmal wandern die Gefühle auch bis in die Waden und die Innenknöchel und stellen sich auf Dauer als sehr unangenehm dar. Langes Laufen und Stehen ist für die Betroffenen oft anstrengend und kann zu dauerhaften Schmerzen und Schäden führen.
Patienten spüren unterschiedlich intensive, wechselnde Beschwerden. Zum Teil treten die Fußschmerzen als Nachtschmerzen mit Ausstrahlung in Ferse und Unterschenkel auf. Kribbeln oder Taubheit der Fußsohle - zum Teil bis in die Zehen - sind möglich. Manche haben auch das Gefühl, das ihr Fuß "einschläft". Patienten mit Tarsaltunnelsyndrom leiden teilweise auch unter Schmerzen am Fußrücken. Häufig nehmen die Schmerzen im Verlauf des Tages zu. Vor allem aber sind sie in der Nacht und in Ruhe zu spüren. Massage und Reibung können die Fußschmerzen wieder verringern. Eine Zunahme der Schmerzen bei Belastung, insbesondere bei einem Trainingsstart nach langer Ruhephase, ist kennzeichnend.
Die Symptome des Tarsaltunnelsyndroms sind häufig für Arzt und Patient schwer zu interpretieren. Wie bei jedem Nervenkompressionssyndrom sind sie individuell verschieden und verändern sich im Laufe der Zeit. Das Versorgungsgebiet des Schienbeinnervs innen (medial) an der Fußsohle ist farbig markiert. Dieser Bereich ist beim Tarsaltunnelsyndrom besonders stark von Schmerzen, Taubheit und Missempfindungen betroffen.
Die Sensibilität der Fußsohle ist ein wesentlicher Aspekt der Selbstwahrnehmung des Körpers: Der einzige Kontakt zwischen dem Bewegungsapparat und dem Untergrund sendet für die Bewegungskoordination wichtige Informationen an das Gehirn. Sicherer Stand und sicherer Gang sowie die Gefühlsempfindung der Fußsohle hängen daher von einem funktionierenden Tibialisnervs ab.
Diagnose des Tarsaltunnelsyndroms
Wenn Sie selbst feststellen wollen, ob Ihr Nerv gereizt ist, können Sie ihn vorsichtig beklopfen. Verspüren Sie ein elektrisierendes oder schmerzhaftes Gefühl, so kann dies ein Anzeichen auf das Tarsaltunnelsyndrom sein. Im Zweifel empfiehlt es sich jedoch immer, einen Arzt Ihres Vertrauens zu kontaktieren und die Schmerzen abchecken zu lassen.
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Neben einer ausführlichen Anamnese und einer klinischen Untersuchung werden bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt, um die genaue Ursache der Beschwerden zu identifizieren. Besteht der Verdacht auf ein Tarsaltunnelsyndrom, kann man zusätzlich eine Elektromyographie oder Messung der Nervenleitgeschwindigkeit vornehmen, um die Funktionsfähigkeit des Nervs und den Grad der Nervenschädigung zu beurteilen. Damit werde die Diagnose gesichert, sagt Neurologe Mathias Gelderblom. Ist die Nervenleitfähigkeit verlangsamt, ist dies ein typischer Befund für das Tarsaltunnelsyndrom. Ein weiterer Hinweis ist eine geschwächte oder sogar eine Rückbildung der Fußmuskulatur infolge einer langfristigen Schädigung des Nervs, so Gelderblom weiter.
Der Orthopäde stellt eine Verdachtsdiagnose durch intensive Patientenbefragung. Dies ist der wichtigste Schritt: Bereits die Schilderung der Schmerzen durch den Patienten mit Brennen und Gefühlsstörungen an den Füßen weisen den Spezialisten eindeutig auf ein Tarsaltunnelsyndrom hin. Durch Druck mit dem Daumen untersucht der Fußspezialist die im Tarsaltunnel verlaufenden Beugesehnen. Sowohl die Beugesehnen der Zehen als auch der Großzehen sind hier tastbar. Auch die Tibialis-posterior-Sehne (Sehne des vorderen Schienbeinmuskels) kann hier untersucht werden. Zudem verlaufen im Tarsaltunnel Blutgefäße und der Schienbeinnerv (Nervus tibialis). Druckschmerzen an einer typischen Stelle über dem Nervenverlauf des Nervus tibialis bestätigen den Verdacht während der klinischen Untersuchung durch den Fußspezialisten.
Ein wichtiges Ziel der Diagnose ist, nicht nur das Tarsaltunnelsyndrom eindeutig festzustellen, sondern auch den Verlauf, das Stadium und den Schweregrad der Nervenschädigung einzuschätzen. Der untersuchende Arzt kann durch Beklopfen des Nerven bei der klinischen Untersuchung ein elektrisierendes, in die Fußsohle ausstrahlendes Gefühl auslösen (Tinel-Zeichen). Dieses Phänomen ist bei allen Arten von Nervenkompression auslösbar. Grund dafür ist eine Depolarisation (Reizweiterleitung des Nerven), die an der Stelle ausgelöst werden kann, wo sich die Zellflüssigkeit in den komprimierten (zusammengedrückten) Nervenfortsätzen staut. Teilweise verstärken sich dabei die Schmerzen bei plötzlicher Bewegung des Fußes in Richtung Schienbein.
Verlauf der Krankheit
Wird das Syndrom nicht frühzeitig behandelt, treten die Schmerzen meist mit der Zeit vermehrt und verstärkt auf. Sind sie zu Beginn noch unregelmäßig, werden sie mit der Zeit heftiger. Im schlimmsten Fall wird der Schienbeinnerv dauerhaft geschädigt. Daher sind eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung wichtig und empfehlenswert. Bereits entstandene bleibende Schäden können meist nicht einmal durch eine Operation wieder geheilt werden. Bleibt das Tarsaltunnelsyndrom dauerhaft unbehandelt, kann das zu sensiblen und motorischen Ausfällen führen.
Behandlungsmöglichkeiten des Tarsaltunnelsyndroms
Die Behandlung des Tarsaltunnelsyndroms richtet sich nach der Schwere der Symptome und der zugrunde liegenden Ursache. Behandelt werden muss in jedem Fall, sonst drohen dauerhafte Nervenschäden mit chronischen Schmerzen und Taubheitsgefühlen.
In der Regel wird zunächst konservativ behandelt. Ist beispielsweise eine Fußfehlstellung wie ein Knick-Senkfuß die Ursache, kann mithilfe von Dehnungsübungen und speziellen Techniken zur Mobilisation das Fußgewölbe aufgerichtet und so der Druck auf den Nerv gemindert werden. Physiotherapeutische Übungen müssen meist für lange Zeit in den Alltag integriert werden. In manchen Fällen können spezielle Schuheinlagen den Nerv entlasten. Sie helfen, die Ferse aufzurichten und geben Stabilität. Besser sei es aber, langfristig wieder ohne ein Hilfsmittel zurechtzukommen, sagt Caroline Werkmeister.
Entzündungshemmende Medikamente sowie Injektionen mit Kortison können zum Einsatz kommen, um akute Entzündungen und Schwellungen im Tarsaltunnel zu lindern. Dadurch schwillt die Entzündung ab und der Druck auf den Nerv lässt nach.
Bringen konservative Maßnahmen über einen längeren Zeitraum keine Linderung, kann ein chirurgischer Eingriff in Erwägung gezogen werden. Ziel ist, den Druck auf den Nervus tibialis posterior zu reduzieren, indem der Tarsaltunnel entlastet wird. Bei dieser sogenannten Dekompressionsoperation wird das Halteband der Beugesehnen gespalten, um mehr Platz für den Nerv zu schaffen. Auch wenn Tumoren oder knöcherne Veränderungen auf den Nerv drücken, erfolgt eine Operation, um die Wucherung zu entfernen.
- Konservative Therapie:
- Entlastung: Reduzierung der Belastung und des Drucks auf den Nerven durch Ruhigstellung des Fußgelenks und mehr Erholung im Alltag.
- Orthopädische Einlagen: Unterstützung der korrekten Lastverteilung auf dem Fuß beim Laufen.
- Physiotherapie: Gezielte Trainingstherapie zur Korrektur von Fehlstellungen und Entlastung des Fußes.
- Medikamente: Schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente zur Abschwellung des Gewebes und Druckentlastung des Nervs. Kortison kann ebenfalls eingesetzt werden.
- Injektionen: Lokale Betäubungsmittel oder Kortisoninjektionen zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung.
- Schienen: Reduzierung des Drucks und der Beweglichkeit, die den Tibialisnerven zusätzlich komprimieren.
- Operative Therapie:
- Durchtrennung des straffen Bandes um den Tarsaltunnel (Retinakulum) zur Druckentlastung des Nervs.
- Entfernung von Knochenauswüchsen oder Tumoren, die auf den Nerv drücken.
- Nervenentlastung (Neurolyse): Weitung des Bandes zwischen den Mittelfußknochen (Ligamentum intermetatarsale) und Umstellung der Zehenknochen (Metatarsalknochen) durch eine minimalinvasive Osteotomie.
Was tun bei Verdacht auf ein Tarsaltunnelsyndrom?
Empfinden Sie Schmerzen an der Fußsohle und vermuten ein Nervenkompressionssyndrom? Lassen Sie sich zunächst ausführlich von Ihrem Chirurgen untersuchen und beraten. Ein Beratungsgespräch ist völlig unverbindlich und verpflichtet Sie zu nichts. Ihr Arzt wird Ihnen nach einer gründlichen medizinischen Untersuchung die passende Therapie vorschlagen.
Prävention: Was kann man tun, um gereizten Nerven im Fuß vorzubeugen?
Um gereizte Nerven im Fuß frühzeitig zu vermeiden, können Sie etwas für Ihre Fußgesundheit tun. Denn Schmerzen sind bereits die Warnzeichen für eine Überbelastung. Für die Prävention haben Sie verschiedene, sich ergänzende Möglichkeiten:
- Geeignetes Schuhwerk: Tragen von Schuhen, die ausreichend Unterstützung bieten und nicht einengen.
- Regelmäßige Fußübungen: Leichte gymnastische Übungen für die Fußmuskulatur und Fußmassagen fördern nachweislich die Durchblutung und sorgen dafür, dass Nervenschmerzen gar nicht erst entstehen.
- Vermeidung von Überlastung: Angemessene Pausen bei sportlichen Aktivitäten und Vermeidung von langem Stehen.
- Gewichtsmanagement: Reduzierung von Übergewicht zur Entlastung der Füße.
- Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitamin B1, um Nervenschäden vorzubeugen.
- Entspannung: Gönnen Sie Ihren Füßen regelmäßige Erholung und Entspannung.