Geschmacksverlust nach Schlaganfall: Ursachen und Behandlungsansätze

Ein Geschmacksverlust nach einem Schlaganfall kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Ursachen für Geschmacksstörungen, die im Zusammenhang mit einem Schlaganfall auftreten können, und stellt verschiedene Behandlungsansätze vor.

Einführung

Ein Geschmacksverlust kann sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. Betroffene klagen oft über fade schmeckendes Essen, was zu Appetitlosigkeit und ungewolltem Gewichtsverlust führen kann. In manchen Fällen kann ein veränderter Geschmackssinn auch ein Anzeichen für ernsthafte Erkrankungen sein. Auch ein völliger Geschmacksverlust kann auf verschiedene Krankheiten hindeuten, unter anderem eine Corona-Infektion.

Ursachen für Geschmacksverlust

Die Ursachen für Geschmacksstörungen sind vielfältig. Sie lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:

  1. Störungen im Bereich der Geschmacksknospen: Grippale Infekte, Scharlach, Vitamin-B12- oder Eisenmangel, Leber- oder Nierenerkrankungen sowie Nebenwirkungen von Chemo- oder Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich können die Funktion der Geschmacksknospen beeinträchtigen.
  2. Störungen an den Hirnnerven VII, X oder XI: Operationen am Ohr, Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomien), Hirnentzündungen (Enzephalitis) oder Schädelbasisfrakturen können zu Schädigungen dieser Hirnnerven führen.
  3. Störungen im Gehirn: Schwerwiegende Verletzungen im Kopfbereich, die zu Schädigungen der entsprechenden Hirnareale führen, sowie neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson können die Verarbeitung von Geschmacksinformationen im Gehirn beeinträchtigen.

Ein Schlaganfall kann direkt oder indirekt zu einem Geschmacksverlust führen. Direkte Ursachen sind Schädigungen der Hirnareale, die für die Verarbeitung von Geschmacksinformationen zuständig sind. Indirekte Ursachen können Begleiterscheinungen des Schlaganfalls sein, wie z.B. Medikamente oder Infektionen.

Weitere mögliche Ursachen

Neben den oben genannten Ursachen gibt es weitere Faktoren, die einen Geschmacksverlust begünstigen können:

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  • Erkrankungen: COVID-19, Morbus Parkinson und Parodontitis können Schmeckstörungen hervorrufen. Auch ein unbehandelter Diabetes mellitus ist ein möglicher Verursacher und sollte daher in jedem Fall in Betracht gezogen werden. Veränderungen der Bauchspeicheldrüse können ebenso zu einem bitteren Geschmack im Mund führen.
  • Medikamente: Mehr als 200 Arzneimittel können das Geschmackserlebnis beeinflussen. Ausgewählte Antibiotika führen beispielsweise zu einem metallischen Geschmack oder reduzieren die Fähigkeit, Geschmacksempfindungen wahrzunehmen.
  • Hormonelle Veränderungen: Hormonelle Veränderungen, insbesondere während der Schwangerschaft, können ursächlich sein. Auch mit dem Eintritt in die Wechseljahre (Menopause) kann die Geschmackswahrnehmung eine Weile verändert sein, bis sich der Körper an die hormonellen Umstellungen gewöhnt hat.
  • Mangelnde Mundhygiene: Unzureichende Mundhygiene kann zu einem schlechten Geschmack im Mund führen. Bakterien, die sich natürlicherweise im Mund befinden, vermehren sich und bilden Schwefelverbindungen und Fettsäuren.
  • Andere Faktoren: Stress, starker Alkohol- und Nikotinkonsum, altersbedingte Geschmacksveränderungen, Chemotherapie oder Bestrahlung im Rahmen von Krebserkrankungen im Kopf- und Halsbereich können ebenfalls zu Geschmacksstörungen führen.

Spezifische Geschmacksveränderungen und ihre Ursachen

  • Bitterer Geschmack im Mund: Kann eine Folge des Verzehrs von bestimmten Nüssen, Chicorée oder Zitrusfrüchten sein. Auch Stress, starker Alkohol- und Nikotinkonsum, Medikamente oder altersbedingte Geschmacksveränderungen können ursächlich sein.
  • Metallischer Geschmack im Mund: Kann das Resultat einer kleinen Wunde sein, sodass der metallische Geschmack des Blutes wahrnehmbar ist. Auch eine Zahnfleischentzündung, Medikamente, hormonelle Veränderungen oder Lebensmittelunverträglichkeiten können verantwortlich sein.
  • Salziger Geschmack im Mund: Tritt häufig noch eine Weile nach einer salzreichen Mahlzeit auf.
  • Saurer Geschmack im Mund: Wird häufig durch Sodbrennen verursacht.
  • Schlechter Geschmack im Mund: Entsteht in der Regel durch Bakterien, die sich natürlicherweise im Mund befinden.

Diagnose von Geschmacksstörungen

Die Diagnose von Geschmacksstörungen ist vor allem Ursachenforschung. In aller Regel suchen Fachärzt:innen ambulant nach Ursachen. Mögliche vorangegangene Traumata, Vor-Operationen, Infektionen und Entzündungen können eine Anosmie auslösen. Mit einem Nasenendoskop suchen Hals-Nasen-Ohren-Ärzt:innen die Riechrinne, zum Beispiel nach störenden Polypen, ab. Auch Geruchstests gehören dazu. Patient:innen werden dann Stifte mit verschiedenen Düften unter die Nase gehalten. Dann zeigt sich schnell, ob Kaffee, Zitrone, etwas Blumiges oder andere Alltagsdüfte tatsächlich erkannt oder eher erahnt werden.

Anamnese

Den Anfang bildet meist ein ausführliches Arzt-Patient-Gespräch zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Mögliche Fragen des Arztes sind etwa:

  • Seit wann besteht die Schmeckstörung?
  • Wie genau äußert sie sich (z.B. als abgeschwächter Geschmackssinn oder als anhaltend metallischer Geschmack im Mund)?
  • Hat sie sich im zeitlichen Verlauf verändert?
  • Fällt Ihnen ein möglicher Auslöser der Dysgeusie ein?
  • Haben Sie noch andere Beschwerden (z.B. Zungenbrennen, Riechstörung)?
  • Hatten Sie vor kurzem eine Infektion der oberen Atemwege?
  • Sind bei Ihnen irgendwelche Vor- oder Grunderkrankungen bekannt (z.B. chronische Sinusitis, Hepatitis, Diabetes, Nierenerkrankungen, psychiatrische oder neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose)?
  • Hatten Sie vor kurzem eine zahnärztliche Behandlung, einen chirurgischen Eingriff im Mundbereich oder eine andere Operation?
  • Hatten Sie in der Vergangenheit eine Kopfverletzung?
  • Nehmen Sie irgendwelche Medikamente ein? Wenn ja, welche?
  • Rauchen Sie?

Untersuchungen

  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird den Mund-Nasen-Rachenraum untersuchen. Beispielsweise wird er die Zunge auf Veränderungen (z.B. Entzündungen) inspizieren, die Nasenhöhlen auf Schwellungen und Polypen hin untersuchen und die Funktion der Hirnnerven testen.
  • Geschmackstests: Um das Ausmaß der Geschmacksstörung zu bestimmen, können verschiedene Geschmackstests durchgeführt werden. Dabei werden dem PatientenSubstanzen mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig, bitter, umami) auf die Zunge aufgetragen. Der Patient muss dann angeben, welche Geschmacksrichtung er wahrnimmt.
  • Bildgebende Verfahren: Mithilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) untersucht der Arzt oder die Ärztin, ob der Auslöser im Gehirn liegt.
  • Weitere Untersuchungen: Im nächsten Schritt wird Blut abgenommen oder eine Lumbalpunktion zur Gewinnung von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit durchgeführt. Auch eine Mittelohrentzündung kann den Nervus facialis in Mitleidenschaft ziehen, daher kann für die Diagnose eine Zusammenarbeit zwischen HNO-Arzt und Neurologen sehr hilfreich sein.

Behandlung von Geschmacksstörungen

Die Behandlung von Geschmacksstörungen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Ziel ist es, die Ursache zu beheben oder zumindest die Symptome zu lindern.

Behandlung der Ursache

  • Medikamente: Wenn Medikamente für die Geschmacksstörung verantwortlich sind, kann der Arzt diese absetzen oder durch andere Präparate ersetzen. Bei bakteriellen Infektionen können Antibiotika helfen. Bei Vitamin-B12-Mangel wird mit Präparaten aus dem Vitamin-B-Komplex behandelt.
  • Operation: Sind Polypen, eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung, eine verbogene Nasenscheidewand oder angeschwollene Nasenmuscheln die Ursache für eine Anosmie, kann eine Operation helfen. Für die operative Verkleinerung der Nasenmuscheln bieten sich Operationstechniken mit Laser oder Radiofrequenz an. Eine Operation der Nasennebenhöhlen hat zum Ziel, die engen Gänge der Nasennebenhöhlen zu erweitern, eventuell werden dabei auch Polypen entfernt.
  • Behandlung von Grunderkrankungen: Steht die Dysgeusie im Zusammenhang mit einer Systemerkrankung (Multiple Sklerose, Diabetes etc.), bessert sie sich oftmals, wenn die Behandlung dieser Grunderkrankung eingeleitet beziehungsweise optimiert wird.

Weitere Behandlungsmethoden

  • Riechtraining: Neuere Untersuchungen zeigen gute Ergebnisse bei einem intensiven Riechtraining über einen Zeitraum von mindestens vier bis sechs Monaten. Dabei müssen Patient:innen täglich früh und abends an vier verschiedenen Düften riechen, und zwar an Zitrone, Eukalyptus, Nelke und Rose.
  • Zinkpräparate: Zinkpräparate werden nicht nur bei einer Dysgeusie infolge von medikamentenbedingtem Zinkmangel gegeben, sondern oft auch in anderen Fällen von Schmeckstörungen.
  • Kortison: In vielen Fällen ist aber keine direkte Ursache der Fazialisparese bekannt. Dann wird meist für einen Zeitraum von 14 Tagen mit Kortison behandelt, das generell Entzündungen im Körper bekämpft. Mittels Infusionen verabreichen Arzt oder Ärztin auch manchmal durchblutungsfördernde Medikamente.

Unterstützende Maßnahmen

  • Mundhygiene: Eine gute Mundhygiene ist wichtig, um Bakterien im Mund zu reduzieren. Regelmäßiges Zähneputzen, Zahnseide und Mundspülungen können helfen.
  • Speichelfluss anregen: Mittel, die den Speichelfluss anregen, sind bei Patienten mit Mundtrockenheit hilfreich.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen ist wichtig. Bei einer Hypogeusie können Betroffene den abgeschwächten Geschmackssinn durch Nachwürzen der Speisen stimulieren.
  • Verzicht auf Nikotin und Alkohol: Nikotin und Alkohol können den Geschmackssinn beeinträchtigen.
  • Logopädie: Bei Schluckbeschwerden kann eine logopädische Behandlung helfen.
  • Appetitlich anrichten: Beim Essen sind alle Sinne gefragt, auch visuelle Eindrücke spielen eine entscheidende Rolle für das Geschmackserlebnis. Kontrastreiche und farbenfrohe Speisen regen den Appetit an und kommen seheingeschränkten Personen entgegen.

Fazialisparese

Ein Mundwinkel hängt, ein Auge schließt nicht: Das sind typische Symptome für Fazialisparese. Schwillt der Nervus facialis an - etwa durch eine Infektion mit Bakterien oder Viren - kann es schnell zu einer Schädigung des Nervs und Funktionsstörungen kommen, die sich dann im Gesicht in Form einer Gesichtslähmung spiegeln. Bei etwa 80 Prozent der Betroffenen verschwinden die Symptome einer Gesichtslähmung nach wenigen Wochen wieder vollständig. In manchen Fällen bleiben Restsymptome durch die Schädigung. Dazu gehören unwillkürliche Zuckungen der mimischen Muskulatur oder unbeabsichtigte Mitbewegungen der Mimik - zum Beispiel wenn der Mund gespitzt wird, schließt sich auch das Augenlid. Solche Synkinesien kann man mit Botulinum-Toxin behandeln, das in die entsprechende Muskulatur gespritzt wird, um die unwillkürlichen Bewegungen zu verhindern.

Geschmacksverlust im Alter

Bereits ab dem 50. Lebensjahr lässt sowohl der Geruchs- als auch der Geschmackssinn nach. Das liegt daran, dass die Nasenschleimhaut dünner und trockener ist, die für den Geruch vorgesehenen Nerven büßen zudem an Sensibilität ein. Senior:innen nehmen zwar starke Gerüche noch immer wahr, feine Gerüche aber deutlich schlechter. Das hat auch Folgen für den Geschmack, denn der Geruchssinn ergänzt die Geschmacksrichtungen durch feine Aromen - so entsteht ein vielfältiges Geschmackserlebnis. Doch auch die Geschmacksknospen verändern sich mit dem Alter: Ihre Zahl nimmt ab - von etwa 10.000 Geschmacksknospen im Säuglingsalter verbleiben im hohen Alter nur etwa 900 - und die übrig gebliebenen reagieren weniger empfindlich auf Aromen. Zwar geht der Geschmackssinn im Alter nicht völlig verloren, aber Senior:innen schmecken vor allem weniger süß und salzig.

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Tipps für Angehörige

  • Würzen Sie geschickt: Anstatt die Gerichte übermäßig mit Salz zu würzen, können Sie neue Aromen bei der Zubereitung der Mahlzeiten nutzen. Wie wäre es mit frischen Kräutern wie Minze, Petersilie oder Liebstöckel?
  • Spielen Sie mit der Textur: Senior:innen legen zunehmend Wert auf eine angenehme Textur der Speisen. Experimentieren Sie mit zartschmelzenden und cremigen Konsistenzen, zum Beispiel bei Soßen und Suppen.
  • Richten Sie appetitlich an: Kontrastreiche und farbenfrohe Speisen regen den Appetit an und kommen seheingeschränkten Personen entgegen.
  • Reichen Sie zu jeder Mahlzeit ein Glas Wasser: Um einer Mundtrockenheit vorzubeugen. Dazu können Sie das sogenannte „Infused Water“ herstellen - das Geschmackswasser erhalten Sie zum Beispiel, indem Sie normales Wasser mit Gurke, Minze, Zitrone, Limette oder Orange anreichern.

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