Die glatte Muskulatur ist ein essenzieller Bestandteil vieler Organe und Gewebe im Körper und spielt eine entscheidende Rolle bei zahlreichen physiologischen Prozessen. Im Gegensatz zur Skelettmuskulatur, die willentlich gesteuert werden kann, unterliegt die glatte Muskulatur der unwillkürlichen Kontrolle durch das vegetative Nervensystem (VNS). Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, Funktion und Steuerung der glatten Muskulatur durch das VNS, sowie die klinische Bedeutung dieses Zusammenspiels.
Was ist glatte Muskulatur?
Die glatte Muskulatur ist eine Art von unwillkürlicher Muskulatur, die nicht bewusst gesteuert werden kann. Sie zeichnet sich durch das Fehlen der Querstreifung aus, die in der Skelett- und Herzmuskulatur vorhanden ist. Als Teil des Muskelgewebes ist die glatte Muskulatur im Unterschied zur quergestreiften Skelettmuskulatur autonom und vegetativ gesteuert, da sie in den inneren Organen vorkommt.
Anatomie der glatten Muskulatur
Die glatte Muskulatur besteht aus spindelförmigen Zellen, den Myozyten, die kürzer sind als die Muskelfasern des Skeletts. Die glatten Muskelzellen haben ein etwa spindelförmiges Aussehen und sind kürzer als die Muskelfasern des Skeletts. In Organen bilden die Zellen Schichten, bei der jede Zelle mit einer Basalmembran in Verbindung steht. Sie hat genau einen Zellkern und besitzt an der Zellmembran viele kleine Gruben, die halbkugelförmig in die Zelle hineinragen und Caveolae genannt werden. Diese sind sehr wahrscheinlich an der elektromechanischen Kopplung und damit an der Initiation der Kontraktion beteiligt. Die Proteine Desmin oder Vimentin bilden Intermediärfilamente, die zusammen mit Aktin das Zytosklett bilden. Der kontraktile Apparat an sich ist sehr ähnlich aufgebaut wie die Sarkomere in den Skelettmuskelfasern. Allerdings sind hier andere Isotypen der Aktin und Myosinfilamente verbaut. Das Korrelat zur Z-Scheibe im Sarkomer sind die Dense bodies, mit denen die Aktinfilamente verbunden sind. Bei den Aktinfilamenten des Zytoskeletts und des kontraktilen Apparats handelt es sich um unterschiedliche Formen des Proteins. Auch in der glatten Muskelzelle liegen Myosinfilamente zwischen den Aktinfilamenten und können so den Querbrückenzyklus sowie die damit verbundene Kontraktion ermöglichen. Eine stringente Ordnung wie in der Skelettmuskelfaser, wo die Sarkomere in den Myofibrillen geordnet verlaufen ist hier nicht gegeben.
Vorkommen der glatten Muskulatur
Glatte Muskulatur kommt in den Wänden von Hohlorganen und Gefäßen vor, wie z. B. in den Blutgefäßen, dem Magen-Darm-Trakt, der Blase, den Atemwegen, der Gebärmutter und anderen Organen. Die glatte Muskulatur zeigt sich vorrangig an den Wänden von Hohlorganen wie den Harnwegen, den Geschlechtsorganen, den Atemwegen, dem Darm sowie den Blutgefäßen. Sie bildet größtenteils die Wände der Hohlorgane und steht unter dem Einfluss des autonomen vegetativen Nervensystems. Glatte Muskeln oder auch die glatte Muskulatur zählt zu den kontraktilen Gewebetypen, d.h. es ist eine nicht willentlich gesteuerte Art des Muskelgewebes. Zur glatten Muskulatur gehören fast alle Wände von Hohlorganen außer dem Herzen, wie Blutgefäßen, die Organe des Verdauungstrakt oder auch die Atemorgane.
Single-Unit- und Multi-Unit-Typen
Es können glattmuskuläre Gewebe anhand ihrer Innervation in zwei Typen unterschieden werden: Single-Unit-Typ und Multi-Unit-Typ. Zellen in Verbänden vom Single-Unit-Typ sind untereinander stark über Gap Junctions miteinander verbunden. Diese ermöglichen die Weiterleitung von elektrischen Potenzialen untereinander. Man sagt sie bilden ein funktionelles Synzytium und üben ihre Kontraktion eben als Einheit aus. Sie erhalten vor allem von Schrittmacherzellen ihrer jeweiligen Organe das Signal zur Kontraktion. Die Innervation der Multi-Unit-Verbände erfolgt bei jeder Zelle einzeln durch Synapsen-en-passant.
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- Single-Unit-Typ: Zellen in Verbänden vom Single-Unit-Typ sind untereinander stark über Gap Junctions miteinander verbunden. Diese ermöglichen die Weiterleitung von elektrischen Potenzialen untereinander. Man sagt sie bilden ein funktionelles Synzytium und üben ihre Kontraktion eben als Einheit aus. Sie erhalten vor allem von Schrittmacherzellen ihrer jeweiligen Organe das Signal zur Kontraktion. Beispiele hierfür sind Muskeln des GI-Trakts.
- Multi-Unit-Typ: Multi-Unit-Typen glatter Muskulatur sind einzelne Fasern mit wenigen Gap Junctions, was zu die sich einzeln kontrahierenden Zellverbänden führt. Die Innervation der Multi-Unit-Verbände erfolgt bei jeder Zelle einzeln durch Synapsen-en-passant.
| Merkmale | Single-Unit-Typ | Multi-Unit-Typ |
|---|---|---|
| Definition | Zellverband besteht aus Einzelzellen sind über Gap Junctions verbunden kontrahieren gemeinsam als funktionelle Einheit (= funktionelles Syncytium) | Zellverband besteht aus Einzelzellen sind durch basalmembranartige Schicht getrennt & nicht über Gap Junctions verbunden Kontrahieren einzeln |
| Kontraktionsreize | über Schrittmacherzellen Austausch zwischen Second-Messanger-Molekülen und Ionen elektrische Kopplung | Neuromuskuläre Erregungsübertragung |
| Vorkommen | kleinere Blutgefäße Hohlorganegrößere Gefäße Bronchien | |
| Eigenschaften und Funktion der glatten Muskulatur | Anders als die Skelettmuskulatur kannst Du Deine glatte Muskulatur nicht kontrollieren und direkt steuern. Vielmehr sorgt sie im Hintergrund dafür, dass viele lebensnotwendige Abläufe in Deinem Körper ablaufen. Dazu gehören z. B. Deine Verdauung, die Pumpbewegung des Herzens oder auch die typische Gänsehaut. |
Das vegetative Nervensystem (VNS)
Das vegetative Nervensystem (VNS) wird auch als autonomes Nervensystem bezeichnet und steuert die Tätigkeit der inneren Organe. Das vegetative Nervensystem (VNS) wird auch als Eingeweidenervensystem oder unwillkürliches Nervensystem bezeichnet. Es ist der Teil des Nervensystems, der für die Versorgung von Herz, Blutgefäßen, Drüsen, inneren Organen und der glatten Muskulatur verantwortlich ist. Es leitet Erregungen aus den Eingeweiden zentralwärts und steuert Atmung, Verdauung, Kreislauf, Temperaturausgleich und Sexualfunktionen. Das vegetative Nervensystem regelt lebenswichtige Vorgänge im Gesamtorganismus, die weitgehend unabhängig vom Bewusstsein sind. Das Nervensystem ist ein Kommunikations- und Steuerungsorgan zwischen allen Organen im Körper. Es gliedert sich in einen anatomischen Teil mit dem Zentralen und dem Peripheren Nervensystem sowie in einen funktionellen Teil mit dem Sensorischen und dem Vegetativem Nervensystem. Beide Teile des Nervensystems sind untrennbar miteinander verflochten. Die Bezeichnung vegetativ leitet sich vom lateinischen Wort vegetare für Bewegung ab.
Aufbau des vegetativen Nervensystems
Das vegetative Nervensystem ist die Gesamtheit der Nerven- und Ganglienzellen zur autonomen Regelung der Vitalfunktionen im menschlichen Organismus. Es unterteilt sich in Sympathikus, Parasympathikus und enterisches Nervensystem. Aus den Seitenhörnern des Rückenmarks gehen die sympathischen Nervenfasern hervor, die in Kopf-, Hals- und Brustregion über den Spinalnerv zum rechten und linken Grenzstrang verlaufen. Dieser Grenzstrang besteht aus einer Nervenzellenansammlung außerhalb des Zentralnervensystems und befindet sich nahe der Wirbelkörper. Die sympathischen Nervenzellen ziehen sich vom Grenzstrang einzeln oder zusammen mit den Spinalnerven zu den innervierenden Organen. Die sympathischen Fasern im Bauch- und Beckenbereich werden in prävertebrale Ganglien umgeschaltet und bilden Nervengeflechte zusammen mit den parasympathischen Fasern. Solche Nervengeflechte werden als Plexus bezeichnet. Diese Nervengeflechte führen mit den Blutbahnen zu den korrespondierenden Organen.
Sympathikus
Vereinfachend kann man sagen, dass das sympathische Nervensystem die inneren Organe bei erhöhten Anforderungen wie Stress adaptiert. Der Sympathikus hat zumeist eine leistungssteigernde Wirkung. Er arbeitet nach dem Prinzip „Kampf oder Flucht“ und bereitet den Körper auf Stress- oder Notfallsituationen vor. Er erhöht den Puls und steigert die Herzkontraktionsfähigkeit. Zur Erleichterung der Atmung werden die Atemwege erweitert. Der Körper wird zur Freisetzung der gespeicherten Energie veranlasst. In Stresssituationen ist die Wirkung des Sympathikus durch schwitzende Handflächen, sich sträubende Nackenhaare und erweiterte Pupillen spürbar. In Notfallsituationen können weniger wichtige Körperfunktionen wie Verdauung oder Harndrang verlangsamt werden. Die Pupillen erweitern sich, der Blutzuckerspiegel und die Körpertemperatur steigen. Auch der Blutdruck und die Herzleistung werden hochgeschraubt. Im Sympathikus wirken die Transmitter Adrenalin und Noradrenalin.
Parasympathikus
Er ist in Ruhephasen, bei Entspannung und während der Regeneration aktiviert. Im Gegensatz zum Sympathikus, der für die Funktion des Körpers in Notsituationen verantwortlich ist, steuert der Parasympathikus die Körperfunktionen in normalen Situationen. Er dient der Erhaltung und Wiederherstellung. Der Puls wird verlangsamt, der Blutdruck gesenkt. Der Darmtrakt wird zur Verarbeitung der Nahrung und zur Beseitigung der Abfallprodukte stimuliert. Die Energie, die aus der Nahrungsverarbeitung gewonnen wird, dient der Bildung und Wiederherstellung von Gewebe. Die Pulsfrequenz sinkt, unterdessen nimmt die Motorik im Magen-Darm-Trakt zu (trophotroper Zustand). Botenstoff ist hier das Acetylcholin.
Enterisches Nervensystem
Dieser Abschnitt ist in den Darmwänden lokalisiert und wird als dritter Bereich betrachtet. Ungefähr 100 Millionen Nervenzellen bilden das Darmnervensystem. Das entspricht in etwa der Anzahl der Neuronen des Rückenmarks. Daher wird dieser Apparat häufig als „kleines Gehirn des Darms” bezeichnet. Seine Aufgabe ist es, die Muskulatur der Darmwände zu aktivieren. So kann der Speisebrei gemischt und transportiert werden. Auch in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse spielt das „kleine Gehirn” bei Absorptions- und Sekretionsvorgängen eine Rolle.
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Sympathikus vs. Parasympathikus
In Situationen mit bestimmten Anforderungen haben Sympathikus und Parasympathikus gegensätzliche Auswirkungen an den einzelnen Organen. Eine Aktivierung des einen Systems geht mit dem Herunterfahren des anderen einher. Dennoch liegt kein klassischer Antagonismus vor, sondern die beiden Subbereiche wirken funktionell synergistisch auf die Organe.
| Glatte Muskulatur in … | Sympathikus | Parasympathikus |
|---|---|---|
| … den Bronchien | Relaxation | Verengung |
| … dem Verdauungstrakt | Peristaltik gehemmt | Peristaltik aktiviert |
| … den Gefäßen | Vasokontriktion | Vasodilatation |
| … dem Auge | Mydriasis (Pupille weit) | Miosis (Pupille eng) |
Funktionen des vegetativen Nervensystems
Das vegetative Nervensystem dient der Regulierung verschiedener Prozesse im menschlichen Körper, zu denen:
- Herz- und Atemfrequenz
- Blutdruck
- Verdauung
- Körpertemperatur
- Stoffwechsel
- Wasser- und Elektrolythaushalt
- Bildung von Speichel, Schweiß und Tränenflüssigkeit
- Harn lassen
- Stuhlgang
- sexuelle Erregung
- gehören.
Da auch der Stoffwechsel vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird, beeinflusst das vegetative Nervensystem das Körpergewicht. Die Steuerung vieler Organe erfolgt primär durch den sympathischen oder parasympathischen Abschnitt des vegetativen Nervensystems. Die beiden Abschnitte können Antagonisten darstellen und in verschiedenen Fällen völlig gegensätzlich auf ein Organ wirken. Allerdings kooperieren die beiden Abschnitte auch miteinander, um eine angemessene Situation des Körpers auf verschiedene Situationen zu gewährleisten. Sympathikus und Parasympathikus tragen zur Steuerung der männlichen Sexualhormone bei. Sympathische Nervenfasern führen zu einer Ejakulation, während parasympathische Nervenfasern zu einer Erektion führen.
Funktion der glatten Muskulatur
Die Funktion der glatten Muskulatur besteht darin, unwillkürliche Bewegungen in den Wänden von inneren Organen zu steuern. Die glatte Muskulatur sorgt dafür, dass sich die inneren Organe zusammenziehen oder weiten können. Sie reguliert Prozesse wie die Peristaltik im Magen-Darm-Trakt, die Weitung oder Verengung von Blutgefäßen zur Kontrolle des Blutdrucks sowie die Kontraktion der Atemwege und anderer Hohlorgane, ohne dass bewusstes Eingreifen nötig ist. Die glatte Muskulatur sorgt dafür, dass aufgenommene Nahrung z. B. über eine wellenartige Kontraktion des Magen-Darm-Rohrs transportiert wird. Außerdem sorgt die Muskulatur für den Verschluss von Öffnungen wie den Muttermund oder die Aufrechterhaltung des Gefäßwiderstandes im gesamten Kreislaufsystem.
Kontraktion der glatten Muskulatur
Die elektromechanische Kopplung läuft etwas anders ab, als im Skelettmuskel. Durch einen in der Regel elektrischen Reiz, öffnen spannungsabhängige Calcium-Kanäle der Plasmamembran und Calcium strömt in die Zelle ein. Der intrazelluläre Calcium-Spiegel steigt. Das Calcium in der Zelle bindet an freies Calmodulin und zusammen bilden sie einen Komplex, der das Enzym Myosin-leichte-Ketten-Kinase (MLKK) aktiviert. Die Aktivierung der MLKK ist ein essentieller Schritt der elektromechanischen Kopplung in der glatten Muskulatur, da sie nun die leichte Kette der Myosinfilamente phosphorylieren und damit die Kontraktion starten kann. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Funktion im Skelettmuskel, wo die Myosinketten ohne andere enzymatische Hilfe das Myosinköpfchen in Bewegung setzten können. Die Aktivität der leichten Kette des Myosinfilaments wird aufgehoben durch das Enzym Myosin-leichte-Ketten-Phosphatase (MLKP), welches jene eben dephosphoryliert. Dies geschieht unter anderem bei Absinken des intrazellulären Calcium-Spiegels. Ursache für das Zurückgehen der Calcium-Konzentration in der Zelle sind üblicherweise verschiedene Transporter, die das Calcium in den Extrazellulärraum oder in das Sarkoplasmatische Retikulum (SR) zurück pumpen. Stickstoffmonoxid (NO) kann die MLKP aktivieren, indem es ein Enzym namens Guanylatcyclase aktiviert, welches den Second Messenger cGMP herstellt. Hohe cGMP-Spiegel in der glatten Muskelzelle aktivieren wiederum die Proteinkinase G, welche letztendlich für eine erhöhte Aktivität der MLKP sorgen kann.
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Unterschiede zur Skelettmuskulatur
Während die glatte Muskulatur keine Querstreifung aufweist, ist die Skelettmuskulatur deutlich quer gestreift. Zudem arbeitet die glatte Muskulatur unwillkürlich und wird vom vegetativen Nervensystem gesteuert, im Gegensatz zur Skelettmuskulatur, die willkürlich kontrolliert wird und dem somatischen Nervensystem unterliegt. Funktionell sorgt die glatte Muskulatur für langsame, rhythmische oder tonische Kontraktionen, während die Skelettmuskulatur für schnelle, kraftvolle Bewegungen zuständig ist. Ein weiterer Unterschied liegt in der Ermüdungsresistenz: Glatte Muskulatur kann über lange Zeiträume kontinuierlich arbeiten, während die Skelettmuskulatur bei längerer Anstrengung ermüden kann. Sowohl im peripheren als auch im zentralen Nervensystem ist das vegetative (VNS) mit Anteilen vertreten. Es wird auch als viszeral oder autonom bezeichnet. Die Steuerung geschieht vom Gehirn aus. Eine besondere Funktion als wichtigstes Regulationsorgan hat der Hypothalamus. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass Schädigungen dieses Gebietes zum Tode führen können, weil die Balance des inneren Milieus völlig entgleist. Doch nicht nur der Hypothalamus hat die Aufgabe der vegetativen Lenkung, sondern auch das so genannte „Central Autonomic Network“ ist an der Organisation der Eingeweide beteiligt.
Autonome Schrittmacheraktivität
Ist autonom aktiv (myogen) und reagiert auf Impulse wie z.B. Autonome Schrittmacheraktivität (z.B.
Pharmakologische Beeinflussung der glatten Muskulatur
Genau wie Hormone die glatte Muskulatur in ihrem Tonus beeinflussen können, so können auch verschiedene Medikamente Einfluss auf das Verhalten der glatten Muskelzelle nehmen. Viele Arzneien greifen an den vegetativen Rezeptoren an. Blutdrucktherapeutika, Medikamente gegen Herz-Rhythmus- Störungen oder Pharmaka zur Therapie der Koronaren Herzkrankheit (KHK) zählen dazu. Auch Substanzen zur Behandlung von Asthma bronchiale, Koliken oder Migräne wirken hier. Sympathomimetika aktivieren den Sympathikus, Sympatholytika haben einen blockierenden Einfluss. Entsprechend gibt es Parasympathomimetika und Parasympatholytika. Viele Arzneimittel wirken selektiv an nur einem Rezeptortyp. So werden Beta-1-Rezeptorenblocker (Sympatholytika) gegen Bluthochdruck eingesetzt. Bei Asthma werden oft selektive Beta-2-Sympathomimetika als Dosieraerosol verordnet. Diese erweitern die Bronchien, wo eine hohe Beta-2- Rezeptordichte vorliegt, ohne dass die Herzaktivität übermäßig beeinflusst wird. Parasympatholytika blockieren die Erregungsübertragung im Parasympathikus. Sie hemmen kompetetiv die Wirkung des Acetylcholins und haben Folgen wie Bronchien- und Pupillenerweiterung, Mundtrockenheit oder Obstipation. Die Wirkstoffe werden bei hyperaktiver Blase, Asthma, Bronchitis oder bei der Diagnostik des Augenhintergrunds eingesetzt. Ein Beispiel für ein bekanntes Parasympatholytikum ist Atropin, welches eine Pupillenerweiterung und eine Steigerung der Herzaktivität bewirkt. Direkte und indirekte Parasympathomimetika unterstützen die Wirkung des Parasympathikus. Sie haben pupillen- sowie bronchienverengende, sekretions- und krampffördernde Effekte und reduzieren die Herzfrequenz. Direkte Parasympathomimetika verstärken den Transmitter Acetylcholin, indirekte blockieren das Enzym Cholinesterase. Sympatholytika sind Arzneimittel, die einer Aktivierung des Sympathikus entgegenwirken, indem sie die Rezeptoren für die Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin besetzen. Sie werden therapeutisch bei Bluthochdruck, zur Behandlung sexueller Dysfunktionen oder bei Vergrößerungen der Prostata verordnet. Es existieren Alphablocker für die Alpharezeptoren und Betablocker für die Betarezeptoren. Sympathomimetika stimulieren den Sympathikus. Dies führt zu einem Anstieg des Blutdrucks und der Herzfrequenz, zu einer Erweiterung der Atemwege und zu einer Leistungssteigerung. Weitere Effekte sind Euphorie, eine Hemmung des Hungerzentrums im Zwischenhirn und die daraus resultierende Reduzierung des Appetits. Ein Beta-Sympathomimetikum ist Fenoterol, das als Spray bei Asthma verschrieben wird.
Klinische Relevanz
Etwa die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland leiden unter arterieller Hypertonie, die damit auch den häufigsten Risikofaktor kardiovaskulärer Ereignisse darstellt. Medikamentös werden häufig sogenannte ACE-Hemmer eingesetzt. Diese greifen in das Renin-Angiotemsin-Aldosteron-System (RAAS) der Niere ein und hemmen die Bildung von Angiotensin II und Aldosteron. Andere Antihypertensiva, die auf die glatte Muskulatur wirken sind zum Beispiel Urapidil oder Clonidin. Clonidin wirkt stimulierend auf alpha-2-Rezeptoren und damit letztendlich aber hemmend auf den Sympathikotonus. Das heißt die Aktivität des sympathischen Systems wird an der Gefäßmuskulatur herabgesetzt, was auch den Gefäßwiderstand und damit den Blutdruck senken soll. Fenoterol aktiviert die beta-2-Rezeptoren auf der glatten Muskulatur der Gebärmutter (Uterus), führt damit zu einer Relaxation des Uterus und kann deshalb unter bestimmten Vorraussetzungen zur Hemmung der Wehen eingesetzt werden. Klinisch ist sie wichtig für die medikamentöse Behandlung von verschiedenen Erkrankungen wie Bluthochdruck.
Krankheiten des vegetativen Nervensystems
Primärerkrankungen des vegetativen Nervensystems sind selten. Eine Verletzung kann den Hypothalamus schädigen und den Wasserhaushalt sowie die Regulierung der Körpertemperatur beeinträchtigen. Systemerkrankungen wie Krebs oder Diabetes mellitus können die Funktion des Sympathikus beeinträchtigen. Das Horner-Syndrom entsteht, wenn der Halssympathikus ausfällt. Es kommt zu einer Verengung der Pupillen, hängenden Augenlidern und tiefer liegenden Augäpfeln. Bei der Parkinson-Krankheit beispielsweise kommt es schon im Anfangsstadium zu Symptomen wie Mundtrockenheit. Später leiden Patienten unter vermehrtem Speichelfluss (Hypersalivation). Die Schweißsekretion der Betroffenen ist reduziert, während die Talksekretion erhöht ist. Dadurch entsteht das typische Salbengesicht. Viele spüren beim Übergang vom Sitzen zum Stehen Schwindel (orthostatische Hypotonie), der durch einen Blutdruckabfall entsteht. Beim so genannten Shy-Drager-Syndrom, einer neurodegenerativen Erkrankung des Zentralnervensystems, stehen Beeinträchtigungen des vegetativen Nervensystems im Vordergrund. Die Erkrankung betrifft meist Männer im mittleren bis höheren Lebensalter. Es treten Störungen im Urogenitaltrakt sowie im kardiovaskulären System auf. Wiederholt leiden Betroffene unter Ohnmachtsanfällen und unter verminderter Schweißsekretion. Zum Tode führen bei diesem Syndrom meist Komplikationen des Herz- Kreislauf-Systems oder der Atemwege. Ferner können vegetative Einschränkungen nach Schlaganfällen auftreten.
Erkrankungen der glatten Muskulatur
Die glatte Muskulatur ist deutlich häufiger von Beeinträchtigungen oder Erkrankungen betroffen als die Skelettmuskulatur oder die Herzmuskulatur. Das liegt mitunter an ihrer schlechten Regenerationsfähigkeit und den damit entstehenden Bindegewebenarben. Dadurch entstehen Fehler an der glatten Muskulatur, die zu Erkrankungen führen können. Zu solchen Krankheiten gehören z. B. die Wehenschwäche der Gebärmutter. In dem Verdauungstrakt oder der Gebärmutter kann es auch zu bösartigen, glatten Muskelzellen kommen, sogenannten Leiomyosarkomen. Diese Tumorart geht immer von der glatten Muskulatur aus, wobei der Anteil an den bösartigen Geschwülsten in der Gebärmutter z. B. nur bei knapp einem Prozent liegt. Allgemein lässt sich sagen, dass Leiomyosarkome an jeder Stelle der glatten Muskulatur vorkommen und entstehen können. Dennoch handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die meist mithilfe einer Operation behandelt wird.
Einfluss auf das Immunsystem
Hier besteht eine enge Verbindung zum vegetativen Nervensystem. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass häufig Organe, in denen sich Zellen des Immunsystems befinden, auch vom sympathischen Fasern versorgt werden. Beispiele dafür sind die Lymphknoten oder die Milz. »Es besteht eine enge Verbindung zwischen Immunsystem und vegetativem Nervensystem.«
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