Einführung
Parkinson ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen, und die Suche nach wirksamen Therapien ist von großer Bedeutung. Epidemiologische Daten deuten darauf hin, dass der regelmäßige Konsum von grünem Tee das Risiko für Multisystematrophie (MSA), eine atypische Parkinson-Erkrankung, senken könnte. Im Fokus steht dabei das Polyphenol Epigallocatechingallat (EGCG), das natürlicherweise in grünem Tee vorkommt. Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Forschung zur Wirkung von grünem Tee und EGCG auf Parkinson und MSA, einschließlich der Ergebnisse der PROMESA-Studie und weiterer relevanter Studien.
Grüntee-Studie bei Multisystematrophie (MSA)
MSA ist eine seltene, neurodegenerative Erkrankung, die zu den Synucleinopathien gehört. Sie ist durch die Aggregation von α-Synuclein in Oligodendrozyten und Neuronen gekennzeichnet. Wissenschaftler, darunter Professor Dr. Günter Höglinger vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), untersuchen den Einfluss von EGCG auf den Krankheitsverlauf von MSA. In der Pathogenese von Synucleinopathien scheinen vor allem kleine Proteinaggregate, sogenannte Oligomere, neurotoxisch zu wirken. Hier setzt das in grünem Tee enthaltene EGCG an, das als Oligomer-Modulator fungiert.
Wirkweise von EGCG
EGCG blockiert in vitro die Oligomerbildung von α-Synuclein und reduziert die damit verbundene Toxizität. Tiermodelle zeigten ebenfalls die Wirksamkeit von EGCG bei Parkinson. Sollte EGCG den Verlauf der MSA tatsächlich modifizieren, wäre dies ein großer Schritt bei der Entwicklung einer wirksamen Therapie gegen Synucleinopathien. Höglinger und Kollegen generierten Oligomer-Modulatoren, darunter die Substanz anle138b, die eine ausgezeichnete Bioverfügbarkeit im Hirngewebe aufweist.
PROMESA-Studie: Aufbau und Ergebnisse
Die PROMESA-Studie war eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie, die in zwölf deutschen Neurozentren durchgeführt wurde. Insgesamt nahmen 92 Probanden teil, die älter als 30 Jahre waren und die Konsenskriterien für eine mögliche oder wahrscheinliche MSA erfüllten. Die Teilnehmer erhielten entweder 400 mg EGCG oder ein Placebo (Mannitol). Die Dosis wurde schrittweise erhöht:
- Woche 1-4: Eine Kapsel täglich
- Woche 5-8: Zwei Kapseln täglich
- Woche 9-48: Drei Kapseln täglich
Nach 48 Wochen folgte eine vierwöchige Auswaschphase. Der primäre Endpunkt war die Änderung der motorischen Untersuchungsergebnisse nach 52 Wochen, gemessen anhand der Unified Multiple System Atrophy Rating Scale (UMSARS).
Lesen Sie auch: Nervensystem und Grüner Tee
Die Auswertung der Studie ergab, dass EGCG keine signifikanten Auswirkungen auf das Fortschreiten der MSA-Erkrankung hatte. Der Nachweis einer verlaufsmodifizierenden Wirksamkeit von EGCG als Arzneimittel gegen MSA konnte nicht erbracht werden.
MRT-Befunde und Verträglichkeit
Obwohl der primäre Endpunkt nicht erreicht wurde, lieferte die PROMESA-Studie interessante Erkenntnisse. MRT-Analysen zeigten, dass in der EGCG-Gruppe ein signifikant geringerer Hirnvolumenverlust im Striatum und Gyrus praecentralis zu beobachten war. Allerdings ist unklar, ob dies tatsächlich auf die EGCG-Behandlung zurückzuführen ist.
Insgesamt wurde EGCG gut vertragen, jedoch traten bei einigen Patienten hepatotoxische Nebenwirkungen auf, die zum Abbruch der Behandlung führten.
Fazit der PROMESA-Studie
Auch ohne den Nachweis einer signifikanten Wirkrelevanz von EGCG liefert PROMESA wichtige Daten zum Krankheitsverlauf von Patienten mit Multisystematrophie. Die Ergebnisse sind möglicherweise auch auf Patienten mit Parkinson-Krankheit übertragbar. Es wird spekuliert, dass der in grünem Tee enthaltene Oligomer-Modulator ein kausaltherapeutischer Ansatz sein könnte.
Weitere Forschung und Erkenntnisse zu Grüntee und Parkinson
Epidemiologische Hinweise und In-vitro-Studien
Epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass Grünteetrinker länger leben und seltener an Krebs erkranken. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Teetrinker oft einen insgesamt gesundheitsbewussteren Lebensstil pflegen.
Lesen Sie auch: Überblick: Grüner Tee bei Parkinson
In-vitro- und Tierstudien haben gezeigt, dass EGCG in hochkonzentrierter Form bestimmte Gefäßablagerungen verhindern kann, die für Alzheimer und Parkinson verantwortlich gemacht werden. Allerdings ist die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf den Menschen begrenzt, da EGCG beim normalen Teetrinken kaum vom Körper aufgenommen wird.
Klinische Studien und Herausforderungen
In den USA, Asien und Europa, einschließlich Deutschland, gibt es über 100 klinische Studien, die die Wirkung von grünem Tee auf verschiedene Erkrankungen untersuchen, darunter Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington, Multiple Sklerose, Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Entzündungen und Krebs.
Ein Problem bei diesen Studien ist die fehlende Standardisierung der eingesetzten Präparate. Teeaufgüsse und Kapseln enthalten unterschiedliche Konzentrationen von EGCG und sind teilweise mit Zusatzstoffen wie Koffein angereichert. Dies erschwert die Bewertung der Ergebnisse. Zudem ist die Finanzierung von Studien mit EGCG oft schwierig, da die Substanz für die pharmazeutische Industrie in der Regel nicht von Interesse ist.
Präventive Wirkung von Grüntee
Dr. Michael Boschmann wies auf der Tagung in Berlin-Buch auf die präventive Wirkung von grünem Tee hin. Er betonte, dass der regelmäßige Konsum von grünem Tee oder Grüntee-Extrakten viele gesundheitsfördernde und präventive Wirkungen hat, insbesondere bei Adipositas, Diabetes, Entzündungen und Herzerkrankungen. Viele dieser positiven Effekte werden dem hohen EGCG-Gehalt zugeschrieben.
EGCG und Proteinfehlfaltung
Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch haben entdeckt, dass EGCG den Prozess der Plaquebildung bei Parkinson und Alzheimer umkehren kann. EGCG bindet an ungefaltete Eiweiße und verhindert so die Bildung toxischer Aggregate. Stattdessen entstehen harmlose, kugelige Eiweißaggregate. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung von Medikamenten gegen degenerative Nervenerkrankungen beitragen.
Lesen Sie auch: Wie Grüner Tee das Gehirn beeinflusst
Weitere Inhaltsstoffe und Wirkungen von Tee
L-Theanin
Neben EGCG enthält grüner Tee auch L-Theanin, eine Aminosäure, die beruhigende und stressreduzierende Eigenschaften hat. Studien haben gezeigt, dass L-Theanin die kognitive Funktion verbessern, Stress-Symptome reduzieren und die Schlafqualität fördern kann.
Grüner Tee vs. Schwarzer Tee
Viele der gesundheitsfördernden Wirkungen, die dem grünen Tee zugeschrieben werden, zeigen sich auch beim schwarzen Tee. Dies deutet darauf hin, dass möglicherweise nicht die Katechine, sondern andere Inhaltsstoffe wie Theanin oder Koffein für die positiven Effekte verantwortlich sind.
Tee als Bestandteil einer gesunden Ernährung
Tee ist eine kalorienarme und alkoholfreie Möglichkeit, den Flüssigkeitsbedarf des Körpers zu decken. Es gibt viele gute Gründe, Tee zu trinken, unabhängig davon, ob er grün oder schwarz ist.
Ernährung und Lebensstil bei Parkinson
Neue Studien zeigen, dass die richtige Ernährung einer Parkinson-Erkrankung vorbeugen und ihren Verlauf möglicherweise sogar verlangsamen kann. Insbesondere die mediterrane Küche mit viel frischem Gemüse, Obst, Ballaststoffen und gesunden Fetten scheint den Krankheitsverlauf zu mildern. Polyphenolhaltige Lebensmittel wie grüner Tee und dunkelrote Beeren können ebenfalls nervenzellschützend wirken.
Parkinsonerkrankte sollten Fertiggerichte, gesättigte Fettsäuren und zu viel Zucker meiden. Längere Pausen zwischen den Mahlzeiten und Fasten können die Symptome lindern. Die Kombination von Sport und gesunder Ernährung beeinflusst den Verlauf der Erkrankung insgesamt positiv.
Die Rolle von Tee bei anderen Altersleiden
Tee kann auch bei anderen Altersleiden wie Rheuma, Nervenschmerzen, Bluthochdruck, Diabetes und Alzheimer eine positive Wirkung haben. Grüner Tee enthält Antioxidantien, die Nervenzellen vor Schäden schützen. Ingwertee wirkt entzündungshemmend und kann Schmerzen bei Rheuma lindern. Hibiskustee kann den Blutdruck senken, und Zimttee kann die Insulinsensitivität verbessern.
Tipps zum Teekauf und zur Zubereitung
Frische Kräuter und hochwertiger loser Tee bieten in der Regel höhere gesundheitliche Vorteile als Teebeutel. Studien zeigen, dass grüner Tee in loser Form mehr Catechine enthält als in Teebeuteln. Achten Sie beim Kauf auf Bio-Qualität und eine schonende Verarbeitung der Teeblätter.