Grüne Tee Wirkung auf die Nerven: Mehr als nur ein Stoffwechsel-Booster

Grüner Tee erfreut sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit, insbesondere in der Abnehm-Industrie. Obwohl die Ankurbelung des Stoffwechsels ein positiver Nebeneffekt ist, sind die gesundheitlichen Vorteile von grünem Tee weitaus vielfältiger. Alle Arten von Tee - grün, weiß und schwarz - stammen von derselben Pflanze, der Camellia sinensis, auch bekannt als Teestrauch. Der Unterschied zwischen den Teesorten liegt lediglich in der Art der Verarbeitung. Dieser Artikel konzentriert sich auf die Wirkung von grünem Tee, insbesondere auf das vegetative Nervensystem (VNS).

Das vegetative Nervensystem und seine Gegenspieler

Der Stoffwechsel-Effekt ist nicht der bedeutendste Vorteil von grünem Tee. Seine Wirkung auf das vegetative Nervensystem (VNS) ist viel wichtiger. Das VNS steuert alle autonomen Funktionen und Organe und besteht aus zwei Hauptakteuren: Sympathikus und Parasympathikus. Diese beiden Gegenspieler steuern viele Körperfunktionen.

Der Sympathikus spielt eine entscheidende Rolle bei Stress- und Aktivitätsreaktionen und kann unsere körpereigenen Systeme sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. In seiner natürlichen Funktion ist er kurzzeitig aktiv und bewirkt einen verringerten Speichelfluss, erhöhten Blutdruck, verringerten Sexualtrieb und geweitete Pupillen. Der Körper stellt sich auf Aktivität und Leistung ein. Bei körperlicher Aktivität wie Krafttraining oder Sport ist es sinnvoll, dass der Sympathikus aktiv wird und beispielsweise die Verdauungsaktivität drosselt. In der modernen Welt ist der Sympathikus jedoch oft überaktiv oder bekommt keine ausreichende Pause.

Typische Sympathikus-aktivierende Faktoren sind Berufsverkehr, Arbeit, Streit, Prüfungen, Kaffee, Energy-Drinks und allgemeiner Stress sowie Hektik. Durch die ständige Überaktivität des Sympathikus kann es zu morgendlichem Mundgeruch (durch zu geringen Speichelfluss), Zähneknirschen und unbewusstem Hochziehen der Schultern oder Augenbrauen kommen.

Der Parasympathikus ist der Gegenspieler des Sympathikus. Seine Funktion ist den entspannenden und regenerativen Prozessen zugeordnet. Er ist unter anderem für die Erholung und Zellregeneration zuständig. Die Herzfrequenz sinkt, Blutgefäße erweitern sich und der Blutdruck sinkt.

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Bitterstoffe und Catechine im grünen Tee

Grüner Tee schmeckt bitter, da er viele sekundäre Pflanzenstoffe bzw. Bitterstoffe enthält. Diese regen die Leber an und katalysieren viele Prozesse im Körper. Bitterstoffe können auch die Lust auf Süßigkeiten hemmen.

Sogenannte Catechine sind in höherer Konzentration in qualitativ hochwertigem Tee enthalten. Diese Stoffe reduzieren die Fettresorption im Magen und Darm und fördern die Thermogenese (Stoffwechsel).

Verschiedene Sorten grünen Tees und ihre Besonderheiten

Es gibt verschiedene Sorten grünen Tees, die sich in Anbau, Verarbeitung und Inhaltsstoffen unterscheiden:

  • Gyokuro: Vor der Ernte beschattet, wodurch bestimmte Aminosäuren erhalten bleiben, aber weniger Catechine gebildet werden. Gyokuro hat den höchsten Koffeingehalt aller Grünteesorten. Das Koffein ist an L-Theanin gebunden.
  • Sencha: Ein Allrounder unter den grünen Tees, der die meisten positiven Wirkungen der Camellia sinensis vereint. Da er bis zur Ernte der vollen Sonne ausgesetzt ist, hat Sencha einen hohen Gehalt an Bitterstoffen.
  • Bancha: Enthält weniger Koffein als Sencha oder Gyokuro. Er wirkt entsäuernd und fördert die Magen- und Darmschleimhäute, was vor allem dem hohen Anteil an Gerbstoffen zuzuschreiben ist.
  • Matcha: Pulver aus gemahlenem Tee, daher verfügt Matcha im Wesentlichen über die Inhaltsstoffe wie die Grund-Teesorte. Matcha gilt als der Espresso unter den Tees und zeichnet sich durch seinen hohen Koffeingehalt aus, welcher an L-Theanin gebunden ist. Diese Teesorte weist mit 1380 TE/g einen extrem hohen ORAC-Wert auf. Der ORAC-Wert gibt die Fähigkeit freie Radikale zu binden an.
  • Hojicha: Geröstet und enthält somit erheblich weniger Koffein als andere Grüntees.
  • Genmaicha: Vermischt mit Puffreis und Mais.

Freie Radikale und der ORAC-Wert

Freie Radikale sind positiv geladene Sauerstoff-Verbindungen, die im Verdacht stehen, Krebs zu verursachen oder zu begünstigen. Durch ihre positive elektrische Ladung besitzen diese Moleküle die Eigenschaft, aus der Umgebung (und aus dem Körper) Elektronen an sich zu binden. Durch diese freien Radikale kann auch das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Zubereitung verschiedener Teesorten

Wie die verschiedenen Teesorten am besten zubereitet werden, ist in jedem guten Teeladen zu erfahren. Wichtig ist, dass grüner Tee nicht mit kochendem Wasser überbrüht werden sollte, da sich sonst Gerbstoffe lösen und Vitamine zerstört werden. Ideal ist eine Wassertemperatur von 70 bis 80 Grad Celsius, japanische Grüntees von hoher Qualität werden zum Teil auch nur mit 60 Grad Celsius heißem Wasser aufgegossen.

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Grüner Tee und die Neubildung von Nervenzellen

Bis weit in die 1990er Jahre hinein glaubte man, dass bei Erwachsenen eine Neubildung von Nervenzellen im Gehirn ausgeschlossen sei. Es handelt sich dabei also um eine lebenslang vorhandene Fähigkeit des Gehirns. Man spricht auch von neuronaler Plastizität, was bedeutet, dass sich das Gehirn und seine Strukturen bei Bedarf verändern, entwickeln und anpassen können, also dann, wenn Sie etwas Neues lernen, sei es geistiger Art (z. B. eine Sprache, ein Spiel oder die Theorie des Segelscheins) oder auch körperlicher Art (z. B. eine Sportart).

Eine Studie von Professor Yun Bai von der chinesischen Third Military Medical University in Chongqing zeigte beispielsweise, dass grüner Tee bzw. EGCG aus grünem Tee die Nervenzellneubildung im Hippocampus fördert. Der Hippocampus ist jener Teil im Gehirn, der für das Gedächtnis und das Lernen zuständig ist.

Grüner Tee und die Verbesserung der Gehirnfunktion

Grüner Tee bzw. EGCG aus grünem Tee fördert aber nicht nur die Nervenzellneubildung. Studienteilnehmer, die einen Softdrink mit Grünteeextrakt erhielten, zeigten eine deutlich höhere Konnektivität zwischen einzelnen Gehirnregionen, was das Arbeitsgedächtnis unterstützte.

Eine Analyse aus dem Jahr 2017 ergab, dass grüner Tee psychiatrische Symptome wie Angstzustände lindern, kognitive Fähigkeiten wie Erinnerungsvermögen oder Konzentrationsfähigkeit verbessern und die Gehirnfunktionen verbessern konnte. Eine weitere Analyse aus dem Jahr 2018 kam ebenfalls zum Ergebnis, dass grüner Tee bzw. Grünteepulver sehr gut die kognitiven Funktionen verbessern kann im Vergleich zur jeweiligen Placebogruppe.

Es wäre also nicht empfehlenswert, reine EGCG- oder reine L-Theanin-Kapseln zu nehmen.

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Koffein im grünen Tee

Grundsätzlich handelt es sich beim Koffein aus dem Tee um das identische Alkaloid wie aus dem Kaffee. Mit dem großen Unterschied, dass im Falle des Kaffees eine körperliche Wirkung erzielt wird. Das Koffein ist hier an Fett gebunden, gelangt über den Magen ins Blut und wirkt so auf das Herz. Koffein aus dem Tee wiederum ist an Gerbstoffe gebunden und wirkt damit über den Darm auf das Zentralnervensystem. Als Folge davon hält es geistig länger wach.

Anbau und Verarbeitung von grünem Tee

Grüner Tee stammt aus der identischen Teepflanze wie Schwarztee. Er gilt als „Urtee“, als der „ursprüngliche Tee“, denn er ist unfermentiert. Nach dem Welken werden die Blätter für grünen Tee kurz geröstet (chinesische Methode) oder gedämpft (japanische Methode). So bleiben viele Wirkstoffe und die kräftige grüne Farbe der Blätter erhalten.

"Two leaves and a bud": So lautet die goldene Regel, wenn es um die Ernte der Teeblätter geht. Gepflückt werden immer nur die beiden obersten Triebe (two leaves) und die Knospe des Blattes (bud).

Lagerung von grünem Tee

Kühl, trocken und in einem dunklen Behälter ist Tee grundsätzlich immer gut aufgehoben. Schützen Sie den Tee vor Wärme, Feuchtigkeit und direkter Sonneneinstrahlung. Lagern Sie ihn am besten in einer Dose aus Keramik oder rostfreiem Metall. Verwenden Sie kein Plastik und für die langfristige Lagerung auch keinen Papierbehälter. Tee sollte mit möglichst wenig Sauerstoff in Berührung kommen. Bewahren Sie die Teedose möglichst nicht in der Nähe von starken Gerüchen auf, also nicht bei Gewürzen oder Reinigungsmitteln. Solange die Packung nicht geöffnet wurde, ist loser grüner Tee etwa drei Jahre haltbar. Bei aromatisierten Sorten empfiehlt es sich immer, den Tee schneller zu verbrauchen, um die bestmögliche Geschmacksintensität zu erreichen.

Weitere positive Effekte von grünem Tee

Grünem Tee werden zahlreiche positive Effekte auf die Gesundheit nachgesagt. Dies liegt an unterschiedlichen Inhaltsstoffen:

  • Polyphenole: Grüner Tee enthält größere Mengen dieser sekundären Pflanzenstoffe. Dazu gehören unter anderem Katechine (auch Catechine) und Gerbstoffe.
  • Koffein: In grünem Tee ist Koffein enthalten. Da es an Gerbstoffe gebunden ist, wird das im Tee enthaltene Koffein vom Körper langsamer verarbeitet als das Koffein in Kaffee. Dadurch setzt die Wirkung später ein, hält aber länger an.
  • Vitamin C: Grüner Tee enthält etwa so viel Vitamin C wie Paprika. Allerdings ist das Vitamin hitzeempfindlich - bereits ab Temperaturen von 60 Grad Celsius beginnt es, sich zu zersetzen.
  • Fluorid: Das Spurenelement ist unter anderem wichtig für stabile Knochen und den Zahnschmelz.

Katechine schützen nicht nur vor oxidativem Stress, sie wirken sich auch positiv auf die Gefäßgesundheit aus. Insbesondere das Endothel, die dünne Schicht, die die Blutgefäße auskleidet, wird in seiner Funktion von den sekundären Pflanzenstoffen unterstützt. Zudem wirken sie gefäßerweiternd, verbessern den Blutfluss und wirken somit hohem Blutdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegen.

Gegen Karies sollen ebenfalls die Polyphenole im grünen Tee schützen. Die Pflanzenstoffe sollen dazu beitragen, dass sich bestimmte Bakterien (Streptococcus mutans), die Karies verursachen können, nicht am Zahnschmelz anlagern. Zudem enthält Grüntee Fluorid, ein Spurenelement, welches häufig Zahncreme zugesetzt wird und nur in wenigen Lebensmitteln enthalten ist. Es trägt zur Stärkung des Zahnschmelzes bei.

Grüner Tee enthält Gerbstoffe, die nicht nur für den herben Geschmack des Getränks zuständig sind, sondern auch entzündungshemmend und antibakteriell wirken können.

Katechine können dazu beitragen, Fette und fettähnliche Substanzen, sogenannte Lipide, besser in der Leber zu verstoffwechseln und vermehrt über den Stuhl auszuscheiden. Zudem enthält grüner Tee Koffein, was ebenfalls die Verdauung anregt und die Freisetzung von gespeichertem Fett fördert (Lipolyse).

Wechselwirkungen und Nachteile von grünem Tee

Laut Studienergebnissen kann der Konsum von grünem Tee die Wirkung des Betablockers Nadolol abschwächen. Daneben kann das im Tee enthaltene Koffein bei größeren Mengen oder empfindlichen Personen zu Nebenwirkungen wie Herzrasen, Unruhe und Schwindel führen. Auch kann die anregende Wirkung des Tees vor dem Schlafen bei einigen Menschen zu Schlafstörungen führen.

Im Gegensatz zum Konsum von grünem Tee (selbst wenn dieser leicht erhöht ist), ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit sogenanntem Grüntee-Extrakt als problematisch anzusehen. Tatsächlich können Katechine und insbesondere das Katechin namens Epigallocatechingallat-3-gallat (kurz EGCG) in hohen Dosierungen sogar toxisch wirken. Mögliche Folgen sind neben Übelkeit und Magen-Darm-Problemen auch Bluthochdruck, ein erhöhter Augeninnendruck sowie Leberschäden bis hin zu Leberversagen.

L-Theanin und seine Wirkung auf das Nervensystem

Die entspannende Wirkung von L-Theanin kann auf die Modulation des Nervensystems zurückgeführt werden: Indem es die Anlagerung von L-Glutaminsäure an die Glutamatrezeptoren im Gehirn blockiert, kann L-Theanin die Aktivierung des zentralen Nervensystems abschwächen. Dadurch kann die Erhöhung der Herzfrequenz nach akutem Stress abgemildert werden. Vielmehr kann L-Theanin als Modulator agieren und die Schreckreaktion reduzieren, wenn aufgrund der Belastung mit Stressauslösern das Nervensystem und das endokrine System versuchen, Stressantworten auszulösen. Auf diese Weise kann es dazu beitragen, eine starke Erhöhung des Blutdrucks zu reduzieren, sofern diese durch Stress in einer akuten Situation ausgelöst wird.

Aktuelle Studien beschäftigen sich mit der Wirkung von L-Theanin auf kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis. Insbesondere könnte L-Theanin, oder die im Grüntee vorliegende Kombination von L-Theanin und Koffein, wichtige positive Auswirkungen bei verschiedenen Personengruppen haben: bei älteren Menschen mit leichtem Verlust der kognitiven Fähigkeiten, Studenten mit Prüfungsangst und Konzentrationsschwächen und bei Menschen mit stressigen Arbeitsbedingungen sowie bei Schwierigkeiten mit Multitasking und der Konzentration. Positiv ist auch die Tatsache, dass L-Theanin im Blutserum innerhalb einer Stunde nach Einnahme nachweisbar ist und seine Wirkung relativ schnell, schon 30 Minuten nach Einnahme, einsetzt.

Grüner Tee als Therapieoption bei Multipler Sklerose?

Grüner Tee könnte eine neue Therapieoption für Patienten mit Multipler Sklerose liefern. Verantwortlich für die erhofften positiven Effekte des grünen Tees ist die Substanz Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG), ein Naturstoff aus der Gruppe der so genannten Flavanoide. EGCG kann offensichtlich sowohl ein fehlgeleitetes Immunsystem drosseln als auch die Nervenzellen vor schädlichen Einflüssen des Immunsystems schützen.

Beruhigende Teesorten als Alternative

Grundsätzlich hat grüner Tee eine anregende Wirkung und ist nicht unbedingt die Sorte Tee, die man vor dem Schlafengehen trinkt. Dennoch gibt es die ein oder andere Sorte Grüntee, die auch am Abend bekömmlich ist. Houjicha zum Beispiel wird bei der Verarbeitung geröstet und enthält somit erheblich weniger Koffein, als andere Grüntees. Auch der beliebte Bancha gehört zu den koffeinarmen grünen Tees.

Als Alternative zu grünem Tee können auch beruhigende Teesorten wie Baldrian, Lavendel oder Melisse bei Nervosität, Stress und Schlafstörungen helfen.

Zubereitung und Genuss von grünem Tee

Damit Grüner Tee zum Genuss wird, kommt es auf die Menge der Teeblätter, die Temperatur des Wassers und die Ziehzeit an. Zwei wichtige Regeln: Nicht mit kochendem Wasser übergießen und nur ein bis drei Minuten ziehen lassen. Alles andere ist tatsächlich Geschmackssache. Zwischen 60° und 80° C. Die meisten Grünen Tees, die Sie bei uns kaufen können, vertragen 80° C bestens. Je feiner und hochwertiger der Tee, desto niedriger sollte die Wassertemperatur sein.

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