Die Frage, ob alle Tiere ein Gehirn haben, ist komplexer als sie zunächst erscheint. Während viele Tiere ein zentrales Nervensystem mit einem Gehirn besitzen, gibt es Ausnahmen. Betrachten wir die Vielfalt der Nervensysteme im Tierreich, von den einfachsten bis zu den komplexesten.
Tiere ohne Gehirn: Nesseltiere
Einige Tiergruppen, insbesondere die Nesseltiere, besitzen kein Gehirn. Nesseltiere sind ausschließlich im Wasser lebende Lebewesen. Hierzu gehören:
- Quallen: Diese Tiere haben kein Gehirn und greifen nicht absichtlich an, sondern schweben im Wasser. Einige Arten haben jedoch Augen.
- Korallen: Sie bestehen aus winzigen Polypen und gehören zu den Nesseltieren, daher haben sie kein Gehirn. Sie sind jedoch wichtig für das Ökosystem.
- Seeanemonen: Obwohl sie kein Gehirn und nur wenige Nervenzellen besitzen, sind sie lernfähig.
- Seemoos: Es besteht aus einer Vielzahl von Polypenstöcken und gehört zu den Nesseltieren.
Nesseltiere bestehen zu 99 % aus Wasser und haben weder Gehirn, Blut noch Herz. Ihr Körper besteht lediglich aus zwei Zellschichten. Es gibt vermutlich kein Landtier ohne Gehirn.
Gehirne im Tierreich: Rekorde und Besonderheiten
Neben den Tieren ohne Gehirn gibt es auch solche mit bemerkenswerten Gehirnen:
- Pottwal: Das Tier mit dem schwersten Gehirn (über neun Kilogramm).
- Elefant: Das Landtier mit dem schwersten Gehirn.
- Delfin: Dieses Säugetier kann die größte Kapazität des Gehirns nutzen.
- Blutegel: Besitzt 32 Gehirne.
- Seekuh: Hat im Vergleich zur Körpermasse das kleinste Gehirn.
Intelligenz im Tierreich: Kriterien und Faktoren
Es gibt einige universelle Kriterien, auf denen Intelligenz basiert:
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- Nervenzellen: Ein Gehirn benötigt Nervenzellen. Tiere wie Schwämme kommen ohne Nervenzellen aus, reagieren aber langsamer auf Reize.
- Gehirngröße: Die absolute Größe des Gehirns ist ein wichtiger Faktor. Innerhalb einer Tiergruppe garantiert das größte Hirn die höchste Intelligenz. Beispiele hierfür sind Bienen, Oktopusse, Papageien, Eulen und Krähen.
- Relative Gehirngröße: Die relative Größe des Gehirns (im Verhältnis zur Körpergröße) ist ebenfalls entscheidend. Primaten haben im Vergleich zu anderen Tiergruppen eine größere Hirnmasse. Der Mensch hat für jedes Kilo Körpergewicht dreimal so viel Hirn wie ein Schimpanse und achtmal so viel wie eine Katze.
- Neuronenpackungsdichte: Die Dichte, mit der die Neuronen im Gehirn gepackt sind, ist wichtig. Vögel und Primaten haben eine höhere Neuronenpackungsdichte als andere Wirbeltiere.
- Synaptische Verbindungen: Die Verbindungen zwischen den Nervenzellen sind entscheidend. Je mehr synaptische Verbindungen ein Neuron hat, desto komplexer ist die Informationsverarbeitung.
Gehirngröße und Intelligenz: Ein komplexes Verhältnis
Obwohl die Gehirngröße ein wichtiger Faktor ist, ist sie nicht der einzige. Wale haben beispielsweise sehr große Gehirne, aber ihre Geistesleistungen reichen nicht an die vieler Primaten heran. Die Packungsdichte der Neuronen und die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung spielen ebenfalls eine Rolle.
Die Rolle der Körpertemperatur und der Nachkommengröße
Die Körpertemperatur und die Größe der Nachkommen beeinflussen die Gehirngröße bei Wirbeltieren. Arten, die ihren Körper konstant warm halten, können sich größere Gehirne leisten, da diese in warmer Umgebung leistungsfähiger sind. Zudem begrenzt die Größe der Nachkommen die Gehirngröße im Erwachsenenalter.
Lernen ohne Gehirn: Das Beispiel der Quallen
Quallen können aus Erfahrungen lernen, obwohl sie kein zentrales Nervensystem haben. Forscher haben herausgefunden, dass Würfelquallen lernen können, Hindernissen auszuweichen. Die Lernprozesse finden in den Rhopalia statt, den Sinnesorganen der Quallen.
Evolutionäre Entwicklung des Gehirns
Die Evolution hat unterschiedlichste Gehirne hervorgebracht. Die Geschichte des Denkens beginnt vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren mit den ersten Lebewesen. Eine konstante Körpertemperatur ermöglichte das Wachstum größerer Gehirne und eröffnete neue evolutionäre Möglichkeiten.
Unterschiede zwischen dem menschlichen Gehirn und dem von Säugetieren
Das menschliche Gehirn unterscheidet sich von dem von Säugetieren. Es hat weniger Informationskanäle, was möglicherweise zu einem geringeren Energieverbrauch führt.
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Das Gehirn der Vögel
Vögel haben ein Großhirn, das sich vom Cortex der Säugetiere unterscheidet. Es besteht aus denselben Arten von Zellen wie der Cortex im Säugergehirn, ist aber nicht geschichtet. Vögel sind nicht dümmer als Säugetiere, da ihr Gehirn ihnen ähnlich effiziente kognitive Verarbeitungsmechanismen ermöglicht.
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