Handyschäden für das Gehirn: Aktuelle Studien und Erkenntnisse

Smartphones sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie bieten Unterhaltung, Informationen, soziale Kontakte und vieles mehr im Hosentaschenformat. Doch die ständige Verfügbarkeit und Nutzung von Handys wirft Fragen nach möglichen negativen Auswirkungen auf unsere Gesundheit, insbesondere auf unser Gehirn, auf. Zahlreiche Studien haben sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und liefern wichtige Erkenntnisse.

Auswirkungen auf die Gedächtnisleistung bei Jugendlichen

Eine Studie mit fast 700 Jugendlichen in der Schweiz untersuchte den Einfluss der Handystrahlung auf die Entwicklung der Gedächtnisleistung. Die Teilnehmer im Alter von 12 bis 17 Jahren wurden in öffentlichen Schulen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass die kumulative Hirn-HF-EMF-Exposition durch Mobiltelefone über ein Jahr hinweg einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der figuralen Gedächtnisleistung bei Jugendlichen haben kann. Andere Aspekte der drahtlosen Kommunikation wie das Senden von Textnachrichten oder Surfen im Internet verursachten nur eine geringe Strahlenbelastung des Gehirns und hätten keinen Zusammenhang mit der Entwicklung der Gedächtnisleistung ergeben, heißt es in der Mitteilung.

Schlafstörungen und andere körperliche Auswirkungen

Eine vom Mobile Manufacturers Forum in Auftrag gegebene Studie legt nahe, dass die Strahlung von Mobiltelefonen negative Effekte auf den menschlichen Körper haben kann. Die Studie ergab, dass die Verwendung von Mobiltelefonen vor dem Schlafengehen die Qualität des Schlafs beeinträchtigt und Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen sowie Depressionen auslösen kann, berichtete die Zeitung „The Independent“. Durchgeführt wurde die Studie vom Karolinska-Institut und der Uppsala-Universität in Schweden gemeinsam mit der Wayne State University in Michigan, USA. Die Wissenschaftler untersuchten 35 Männer und 36 Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren. Eine Teilnehmergruppe wurde einer Strahlung von 884 MHz ausgesetzt, die der von Mobiltelefonen entspricht, eine andere Gruppe wurde unter den gleichen Rahmenbedingungen keiner Strahlung ausgesetzt. Die Studienteilnehmer der ersten Gruppe brauchten länger, um in die erste Tiefschlafphase zu gelangen, und blieben kürzer in der tiefsten Phase. Die Forscher vermuten, dass die Strahlung das Stresssystem des Gehirns aktiviert und dadurch Menschen konzentrierter werden lässt, was zu Schlafproblemen führt.

Ablenkung und Konzentrationsstörungen

Das Handy lenkt uns ab. Und zwar selbst dann, wenn es ausgeschaltet auf dem Tisch liegt. „Die Entwicklung hin zu einer fortwährenden Präsenz des Smartphones hat negative Konsequenzen für die Aufmerksamkeit“, sagt Prof. Dr. Sven Lindberg, Leiter der Klinischen Entwicklungspsychologie an der Universität Paderborn. Der Wissenschaftler hat eine Studie zum Einfluss des Smartphones auf kognitive Fähigkeiten durchgeführt. „Die bloße Anwesenheit des Smartphones wirkt sich ungünstig auf die Produktivität aus, dabei muss es nicht mal zu einer Interaktion mit dem Gerät kommen. Die Tatsache, dass das Handy in Sichtweite ist - selbst wenn es ausgeschaltet ist - beeinflusst die kognitive Leistung. Nutzerinnen arbeiten langsamer und unkonzentrierter“, erklärt Lindberg. Dem Wissenschaftler zufolge benötigt es eine übergeordnete Instanz, um den Drang zu unterdrücken, sich augenblicklich mit dem Smartphone beschäftigen zu wollen. „Die Fähigkeit, Handlungen zu organisieren, zu analysieren und zu vergleichen sowie Impulse zu kontrollieren wird als exekutive Funktion bezeichnet. Das Team um Lindberg hat mit 42 Teilnehmerinnen im Alter von 20 bis 34 Jahren Konzentrations- und Aufmerksamkeitstests in Gegenwart und Abwesenheit eines Smartphones durchgeführt. Neben der Erfassung der Aufmerksamkeitsleistung wurde auch die Handy-Abhängigkeit der Probandinnen untersucht. Lindberg erläutert: „Verglichen mit der anderen Gruppe haben die Probandinnen ohne Smartphone eine signifikant höhere Aufmerksamkeitsleistung gezeigt. Laut Lindberg ist es bei Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern, deshalb sinnvoll, das Handy in einem anderen Raum zu platzieren, um negative Auswirkungen auf die Arbeits- und Aufmerksamkeitsleistung zu verringern.

Auswirkungen auf Kinder durch elterliche Handynutzung

Sind Eltern viel am Handy, kann das auch deren Kindern schaden - und das mehr als den meisten bewusst ist. Doch eine aktuelle Studie zeigt: Die digitale Ablenkung durch Smartphones oder Tablets kann bei Kindern - besonders im Alter bis fünf Jahre - mehr Schaden anrichten, als den meisten Eltern wohl bewusst ist. In der Forschung wird das als Technologie-Interferenz bezeichnet, kurz Technoferenz. Das Forschungsteam kommt zu dem Ergebnis: Kinder deren Eltern häufig am Gerät waren, zeigten geringere kognitive Fähigkeiten, eher emotionale Probleme sowie Verhaltensprobleme und verhielten sich weniger sozial. Außerdem hätten diese Kinder eine insgesamt schwächere Bindung an ihre Eltern und verbrächten selbst viel Zeit vor Bildschirmen. Das bestätigt Paula Bleckmann, Professorin für Medienpädagogik an der Alanus Hochschule Alfter. Auch kann sie bestätigen: Kinder, deren Eltern häufiger digital abgelenkt sind, hätten ein signifikant erhöhtes Risiko, digitale Medien selbst schon in jüngerem Alter und zeitlich ausgedehnter zu nutzen - bis hin zu einer späteren möglichen Sucht. "Dann fressen Bildschirme die Zeit, die Kinder für den direkten Weltkontakt mit allen Sinnen brauchen, der für ein gesundes Hirnwachstum unerlässlich ist. Nach den Daten gibt es da einen deutlichen Zusammenhang - aber dieser war korrelativ. Das heißt, das eine steht in Beziehung zum anderen, bedingt es aber nicht zwingend. Man kann also nicht sagen, wenn Eltern zu oft am Handy sind, dann schaden sie automatisch der Entwicklung ihrer Kinder. Wenn Mama oder Papa öfter das Handy benutzen, so die Studie, bekomme das Gerät Aufmerksamkeit, die sonst eher für das Kind da gewesen wäre. Das führe dazu, dass die kleinen Kinder weniger geistig angeregt werden durch ihre Eltern, die in der Regel ihr direktes Umfeld sind. Dadurch könne sich zum Beispiel die Sprachentwicklung der Kinder verzögern - das hat eine finnische Studie gezeigt. Schlicht weil die alltägliche verbale Interaktion zwischen Eltern und Kind eingeschränkt ist. Mehr als 70 Prozent der Eltern haben demnach angegeben, dass sie beim Spielen mit ihren Kindern oder beim Essen digitale Geräte benutzen. Dabei spielte laut der Untersuchung die Art der Unterbrechung keine große Rolle: Ob Eltern generell in Anwesenheit ihrer Kinder am Handy waren oder ob eine laufende Eltern-Kind-Interaktion von einer Nachricht oder einem Anruf unterbrochen wurde. Die Auswirkungen auf die Kinder schienen ähnlich. Besonders gravierend sind die Ausprägungen von übermäßiger Handynutzung der Eltern auf Kleinkinder. Denn da sind die Auswirkungen sehr grundlegend und prägend für die weitere Entwicklung. In der Metastudie wurden deshalb Eltern mit Kindern bis zum Alter von fünf Jahren untersucht. Die übermäßige Handynutzung der Eltern spielt aber auch für ältere Kinder eine Rolle, so die Beobachtung einer kanadischer Studie. Dort wurde bei Neun- bis Elfjährigen untersucht, inwieweit die übermäßige Smartphone-Nutzung der Eltern die psychische Gesundheit der Kinder beeinflusst.

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Eltern sollten sich bewusst machen, welche Technikgewohnheiten sie haben und bildschirmfreie Zeiten und Zonen schaffen - vor allem im Umgang mit dem Nachwuchs. Eltern sind sich häufig wahrscheinlich gar nicht bewusst, wie oft oder wie lange sie Geräte in der Nähe ihrer Kinder benutzen. Technologie ist aber nicht grundsätzlich schlecht, betonen die Forscher. "Unser Ziel ist es nicht, Eltern ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie sich die alltägliche Gerätenutzung auf Momente der Verbundenheit auswirken kann und wie kleine, absichtliche Änderungen einen bedeutenden Unterschied machen können", sagt Marcelo Toledo-Vargas Hauptautor der Studie. Er rät etwa darauf zu achten, dass gerade beim Essen, während der Spielzeiten oder beim Ins-Bett-Bringen keine Handys im Raum sind oder stumm geschaltet sind. Medienpädagogikprofessorin Bleckmann rät den Medienkonsum realistisch zu betrachten, denn "an dem Perfektionsanspruch, zu den Wachzeiten ihres Kinder niemals digital abgelenkt zu sein, würden fast alle scheitern". "Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern Eltern, die eigene Bedürfnisse und kindliche Bedürfnisse klug ausbalancieren", betont sie.

Digitale Demenz und Auswirkungen auf die Bildung

Etwa zehn Stunden pro Tag verbringen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren laut einer Studie der Postbank im Internet. Der Hirnforscher Prof. Manfred Spitzer machte bei einem Vortrag in Stralsund die dramatische Situation klar. "Wenn Jugendliche viel Zeit mit Ballern und mit Unfug am Bildschirm verbringen, dann kann das nicht gut für ihre Bildung sein", ist der frühere Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm, Professor Manfred Spitzer, überzeugt. Und er sagte am Rande seines Vortrags in Stralsund auch: "Wer mehr digitale Medien konsumiert, lernt nicht mehr. Es fehlen Wiederholungen, Kontext und Relevanz". Es drohe eine digitale Demenz. Darüber gebe es mittlerweile auch Studien. Durch Vorträge möchte der Professor Menschen aufklären. Der 67-Jährige verweist auf Schweden. Jahrelang galt das Nachbarland als Vorreiter im Einsatz von digitalen Medien, jetzt werden die Grundschulen wieder mit Büchern ausgestattet. Denn vor zwei Jahren haben Forschende am Karolinska-Institut in Stockholm herausgefunden, dass der Einsatz digitaler Medien im Unterricht nicht dazu führt, dass die Schülerinnen und Schüler besser lernen. Auch begrüßt der sechsfache Vater Spitzer das Handyverbot an hessischen Schulen ab August.

Körperliche Auswirkungen und Risiken

Haltungsschäden, Kursichtigkeit oder Bluthochdruck. Das sind laut Manfred Spitzer Auswirkungen von ausschweifender Handy- und Tabletnutzung. Es leiden zudem die kongnitive und die emotionale Intelligenz und auch die sprachliche Entwicklung. Anhand von Beispielen verdeutlichte er die Folgen von Bildschirmnutzung. Vor allem das Nahsehen führe zu Kurzsichtigkeit, der stärkste Risikofaktor für Erblindung. Das wisse man aus der chinesischen Stadt Wuhan. Dort habe man bei 125.000 Kindern zwischen 6 und 13 Jahren vor und nach dem Lockdown die Länge des Augapfels gemessen. Auffallend sei gewesen, dass der Augapfel unter Lockdownbedingungen drei Mal schneller gewachsen ist. "Mehr Mediennutzung, mehr Augapfelwachstum", sagt Professor Spitzer.

Kontroverse Studienergebnisse und methodische Herausforderungen

Bei Erwachsenen kommen Studien hingegen zu widersprüchlichen Ergebnissen inwieweit das Smartphone-Zeitalter negative Spuren hinterlässt. Eine Gruppe um die Psychologin Denise Andrzejewski von der Universität Wien hat herausgefunden, dass sich Erwachsene heute sogar etwas besser konzentrieren können als in zurückliegenden Jahrzehnten. Ihre Metastudie basiert auf den Daten aus 179 Forschungsarbeiten, an denen mehr als 21.000 Personen teilnahmen. Dagegen geht Gloria Mark von der University California Irvine davon aus, dass die Konzentrationsfähigkeit abgenommen hat. Seit 2004 beobachtet sie menschliche Aufmerksamkeit. Für ihre Studien ließ sie die Teilnehmenden einen Test am Computer absolvieren und beobachtete, wie lange sie sich einer Aufgabe widmeten, bevor sie ein anderes Bildschirmfenster öffneten. 2004 lag dieser Wert bei 2,5 Minuten, im Jahr 2019 nur noch bei 47 Sekunden - für Mark ein Indiz, dass unsere Aufmerksamkeitsspanne kürzer wird. Dass das Handy selbst in ausgeschaltetem Zustand die Konzentration stört - mit diesem Befund sorgten Forscher der Universität Paderborn für Aufsehen. In einer kleinen Studie hatten sie 42 Probandinnen und Probanden Konzentrations- und Aufmerksamkeitsübungen machen lassen - eine Gruppe mit Smartphone auf dem Tisch, die anderen ohne.

Solche Experimente könnten Indizien liefern, bei allzu eindeutigen Forschungsergebnissen wäre Skepsis aber angebracht, meint Psychologe Jan Röer von der Universität Witten-Herdecke. Menschliche Konzentration und Aufmerksamkeit ist schwierig zu erforschen, weil sie unterschiedliche Dimensionen hat, die schwierig voneinander abzugrenzen sind. Röer konnte diesen Effekt in einer Studie nachweisen, bei der die Teilnehmenden in zwei Gruppen Konzentrationsaufgaben lösen mussten und dabei Musik hörten. Einer Gruppe wurde vorher gesagt, dass Musik störe, der anderen Gruppe wurde erklärt, dass dies nicht der Fall sei. „Objektiv abgelenkt waren beide“, erklärt Röer. Subjektiv jedoch habe sich die Gruppe, die mit der „Entwarnung“ in den Test geschickt wurde, deutlich weniger abgelenkt gefühlt.

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Auswirkungen auf die psychische Gesundheit

Die psychische Gesundheit junger Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren hat sich im vergangenen Jahrzehnt verschlechtert, schreibt eine internationale Forschergruppe im Wissenschaftsmagazin „The Lancet“. Solche Probleme werden in wissenschaftlichen Arbeiten nicht singulär auf das Smartphone und die verstärkte Nutzung von sozialen Medien zurückgeführt. Bei Studien zu diesem Thema zeigen sich jedoch Zusammenhänge. Neurobiologe Korte warnt mit Blick auf Heranwachsende davor, dass ewiges Gedaddel vielfältige Nachteile habe. Insbesondere die Empathiefähigkeit werde beeinträchtigt, was die sozialen Beziehungen belaste. Einsamkeit und daraus folgende Erkrankungen wie Angstzustände und Depressionen können die Folge sein. Vor negativen Effekten warnt auch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Bei jungen Menschen fühle sich inzwischen jeder Vierte einsam und sozial isoliert, trotz der nie dagewesenen Möglichkeiten zum Austausch mit anderen, die das Smartphone bietet.

Positive Effekte von Verzicht und bewusstem Umgang

Auch wenn sich Konzentrationsmängel und psychische Probleme nicht kausal auf die Handynutzung allein zurückführen lassen, scheint Verzicht oder zumindest bewusster Umgang deutliche positive Effekte zu haben. Gleich mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es Menschen besser geht, wenn sie ihr Smartphone häufiger in der Tasche lassen. Eine internationale Forschungsgruppe blockierte mittels einer App das Internet auf dem Smartphone von insgesamt 470 Testpersonen. Anrufe und SMS waren weiter nutzbar, außerdem konnten die Teilnehmenden auch zum Beispiel am Computer zu Hause ins Internet gehen. Nach zwei Wochen gaben 90 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an, dass es ihnen psychisch besser geht. Tests ergaben außerdem eine höhere Konzentrationsfähigkeit. Die Donau-Universität Krems beschränkte bei über hundert Testteilnehmern die tägliche Smartphone-Nutzung. Hatten die Teilnehmenden der Studie vorher im Durchschnitt 4,5 Stunden täglich am Handy verbracht, waren im Testzeitraum nur zwei Stunden möglich. Nach drei Wochen verbesserte sich das Wohlbefinden deutlich.

Tipps für einen bewussten Umgang mit dem Smartphone

Smartphone-Nutzer haben es selbst in der Hand: alle gängigen Hersteller bieten sogenannte Fokus-Funktionen. Dort lässt sich das Ablenkungspotential des Handys reduzieren, indem Anrufe und Mitteilungen ganz abgeschaltet oder auf einen engen Kreis von Personen eingeschränkt werden. Andere Apps setzen auf spielerische Anreize, um das Handy nicht andauernd zu aktivieren: Bei FocusFriend hält eine kleine Comic-Bohne auf dem Smartphone Einzug. Sie soll nicht beim Stricken gestört werden, sonst ist ihr Arbeitsfortschritt dahin.

Auswirkungen auf das Gehirn und Multitasking

"Der Effekt, den Handynutzung auf unser Gehirn hat, hängt davon ab, wie stark wir die Geräte nutzen und was wir an diesen Geräten machen", sagt Hirnforscher Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig. Grundsätzlich verändere sich das Gehirn in seinen Verschaltungswegen, wenn man etwas Neues tue - auch wenn man die Bedienung eines Handys lerne. "Synapsen werden stärker, Verarbeitungswege werden verändert, weil man besser in der Nutzung wird. Viele Menschen aber nutzen das Handy in einem Multitasking-Modus - zu ganz verschiedenen Zwecken. "Das kann man kaum voneinander trennen, weil die Geräte uns ständig begleiten, wir immer darauf schauen oder wir es, wenn wir nicht darauf schauen, aktiv unterdrücken müssen, das Handy in die Hand zu nehmen", sagt Korte. Smartphones können einer Studie zufolge selbst dann die Aufmerksamkeit beeinflussen, wenn man sie nicht nutzt. Demnach verringert schon die Anwesenheit eines Smartphones die Aufmerksamkeitsleistung. Zudem habe das Handy negativen Einfluss auf die Arbeitsgeschwindigkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit. "Wenn man immer einen Teil der Rechenkapazität im Hirn darauf verwendet, die Handynutzung vorzubereiten, daran zu denken oder das Handy sogar zu bedienen, wenn man etwas anderes nebenher macht, macht uns das mit der Zeit leichter ablenkbar", sagt Korte. "Einige Studien zeigen, dass man im Multitasking-Modus doppelt so lange braucht, um etwas zu lernen. Man macht 40 Prozent mehr Fehler und kann das, was man gelernt hat, schlechter abrufen", sagt Korte. "Menschen, die sehr häufig im Multitasking-Modus arbeiten, haben ein schlechteres Gedächtnis." Dies sei jedoch reversibel, betont er. Zudem gehen dem Experten zufolge mit übermäßiger Handynutzung Zeiten des Tagträumens und Nichtstuns verloren. "Studien zeigen, dass digitale Medien einen auch weniger kreativ machen können, wenn wir sie zu viel nutzen, weil der Leerlauf verloren geht", sagt Korte.

Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche

Besonders bei Kindern könne zu viel Zeit vor dem Smartphone oder Tablet negative Auswirkungen haben - und das umso gravierender, je früher sie solche Geräte übermäßig nutzen. "Man sieht an Kindern, die bereits in der Kindergarten- und Grundschulzeit intensiv Zeit vor Tablets und Smartphones verbringen, dass ein wichtiger Verbindungsstrang zwischen den beiden großen Spracharealen, dem Broca-Areal und dem Wernicke-Areal, leidet", erklärt Korte. Zudem könnten sich Kinder, die sehr früh viel am Handy seien, oft weniger gut in die Lage anderer Menschen hineinversetzen. "Sie sind weniger empathisch. Der Hirnforscher befürchtet, dass sowohl die Gefahren einer Sucht als auch die des passiven Zuschauens insbesondere bei Kindern und Jugendlichen verstärken werden. Damit gehe auch das "weniger Trainieren des Gehirns und der Sprache" einher. Letztlich könnten Internet- und Handynutzung manche Leute abhängig machen, glaubt Korte. Fachleute sprechen dann von einer Internetnutzungsstörung. Hier sind vor allem Online-Computerspiele von Bedeutung. Computerspielsucht wurde 2017 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit anerkannt. Zu den Kriterien dafür gehöre etwa eine verminderte Kontrolle über das Nutzungsverhalten, erklärt Brandhorst. Außerdem: "die Priorisierung gegenüber anderen Lebensbereichen wie Schule, Familie, Freunde, aber auch Körperhygiene, Gesundheit und Schlaf. Um von einer Erkrankung zu sprechen, müsse dieses Verhalten in der Regel über zwölf Monate oder wiederkehrend auftreten und bedeutsames Leiden hervorrufen, erklärt Brandhorst. Diese Kriterien ließen sich analog auf eine Soziale-Netzwerk-Nutzungsstörung übertragen. Die übermäßige Nutzung von Smartphones und insbesondere sozialer Medien, die vorwiegend per Handy konsumiert werden, steht auch im Verdacht, sich negativ auf die Psyche auszuwirken. Gesichert ist dies aber nicht: Verschiedene Studien deuten zwar auf einen Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen hin, doch andere stellen keine Korrelation fest. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass soziale Medien etwa den sozialen Vergleich fördern. "Gerade Jugendliche vergleichen sich sehr stark. Beispiel Instagram: Wie sehen andere aus? Wie sehe ich aus? Werde ich dem gerecht?", merkt Korte an.

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