Smartphones im Einsatz für Parkinson-Patienten: Apps und Technologien für ein besseres Leben

Die digitale Welt bietet zunehmend innovative Lösungen, die das Leben von Menschen mit Parkinson-Krankheit und ähnlichen Tremor-Erkrankungen erleichtern können. Von Apps, die die Bedienung von Smartphones und Tablets verbessern, bis hin zu Systemen zur Ferneinstellung von Hirnschrittmachern - die technologischen Fortschritte eröffnen neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Unterstützung im Alltag. Weltweit leiden 7 bis 10 Millionen Menschen an der Parkinson-Krankheit, die verschiedene Symptome wie verlangsamte Bewegungen, Zittern und Gedächtnisprobleme mit sich bringt.

Staybl App: Barrierefreier Zugang zur digitalen Welt

Die Staybl App, entwickelt von den Agenturen Havas New York und Havas Germany, ist ein Pro-Bono-Projekt, das Menschen mit Parkinson und anderen Tremor-Erkrankungen die Nutzung von Smart Devices erleichtern soll. Da 70 Prozent der Parkinson-Patienten unter Tremor leiden, einem unkontrollierbaren Zittern, meist in den Händen, stellt die Bedienung von Smartphones und Tablets eine Herausforderung dar. Die Staybl App kompensiert dieses Zittern und ermöglicht so einen besseren Zugang zu digitalen Erfahrungen.

Bei der Entwicklung der App arbeitete Havas mit Expertinnen der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V. (dPV) und Patientinnen in Deutschland und den USA zusammen. Besonderes Augenmerk wurde auf Designmerkmale gelegt, die die Bedienbarkeit erleichtern, wie der Verzicht auf Wisch- und Schiebegesten, vertikal angeordnete Schaltflächen, eine größere Typografie und visuelle Elemente zur Verbesserung der Lesbarkeit. Staybl ist kostenlos im App Store erhältlich. Eric Schoeffler, CCO Havas Germany und ECD Europe, betont, dass Staybl keine Heilung ist, sondern eine technologische Lösung, die den Zugang zur digitalen Welt verbessert.

Telemedizinische Anpassung von Hirnschrittmachern

Eine Studie des Universitätsklinikums Tübingen zeigt, dass Hirnschrittmacher bei Parkinson-Patienten zuverlässig aus der Ferne eingestellt werden können. Dies erspart den Patienten lange Anfahrten zur Klinik, da die Geräte etwa alle vier Monate neu justiert werden müssen. Besonders für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ist dies ein großer Vorteil.

Gerhard Schick, ein Parkinson-Patient aus Rottenburg-Oberndorf, nutzt diese Möglichkeit der Fernanpassung. Sobald er merkt, dass er beim Gehen zu trippeln beginnt, vereinbart er per Handy einen Termin für die Fernsprechstunde mit der Uniklinik Tübingen. Über eine sichere Videoverbindung können die Ärzte die Einstellungen des Hirnschrittmachers anpassen und so das Trippeln meist sofort beheben.

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Prof. Alireza Gharabaghi erklärt, dass die Betreuung per Handy oft bessere Ergebnisse liefert, da die Patienten in ihrer gewohnten Umgebung entspannter sind. Zudem ermöglicht die Ferneinstellung den Patienten, wieder zu verreisen, da sie weltweit funktioniert, sofern eine Internetverbindung besteht. Die Anpassungen erfolgen nur mit Zustimmung des Patienten, der den Zugriff in der Handy-App freischalten muss.

CuraSwing App: Musiktherapie für verbesserte Motorik

Die CuraSwing App, entwickelt von der CuraSwing GmbH, setzt auf die therapeutische Wirkung von Musik, um die Symptome der Parkinson-Erkrankung zu lindern und das Bewegungstraining zu bereichern. Die App übersetzt beim Gehen den Armschwung in Musik und stimuliert damit den gesamten Bewegungsablauf. Sie basiert auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen zum motorischen Lernen und zur Musikverarbeitung.

Musiktherapeut Dr. Stefan Mainka hat in seiner 20-jährigen Arbeit im Parkinsonzentrum festgestellt, dass viele Betroffene unmittelbar auf das Musiktraining reagieren. Die CuraSwing App setzt nun auch die Sensortechnologie des Smartphones ein. Chefarzt Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller erklärt, dass Parkinson-Patienten durch den Einsatz von Musik häufig wieder eine bessere Kontrolle ihrer Motorik erleben. Derzeit läuft eine klinische Studie zum häuslichen Eigentraining mit der CuraSwing-App.

DIGIPD: Digitale Biomarker zur Beobachtung der Parkinson-Krankheit

Im Vorhaben DIGIPD haben sich sechs Organisationen aus vier europäischen Ländern zusammengeschlossen, um zu erforschen, wie die Symptome der Parkinson-Krankheit mithilfe von tragbaren Sensoren und mobilen Geräten wie Handys beobachtet werden können. Die Ergebnisse sollen mit etablierten Messmethoden verglichen werden, um behandelnden Ärzten zusätzliche Informationen über den Krankheitsverlauf zu liefern und die Behandlung individuell anzupassen.

Hierbei kommen spezielle Sensoren zum Einsatz, die den Gang von Menschen erfassen. Zusätzlich werden Sprache und Gesichtsausdruck von Parkinson-Patienten mit Handys aufgenommen und mit den Aufzeichnungen von gesunden Personen verglichen. Die mobil erfassten Daten werden als „Digitale Biomarker“ bezeichnet. Eine Befragung zur Akzeptanz für die Nutzung digitaler Geräte bei Parkinson-Erkrankten in Deutschland zeigte, dass 44 % der deutschen Kohorte keine Bedenken bei der Nutzung von digitalen medizinischen Geräten als Sensoren haben.

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Im Rahmen des Projekts ist einer der größten Datenkataloge für die Parkinson-Erkrankung entstanden. Dieser deckt die rechtlich nationalen Rahmenbedingungen der teilnehmenden Länder ab und ist unter Berücksichtigung der digitalen Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten erarbeitet worden.

Weitere Apps und Technologien zur Unterstützung von Parkinson-Patienten

Neben den bereits genannten Apps gibt es eine Vielzahl weiterer digitaler Angebote, die Parkinson-Patienten im Alltag unterstützen können:

  • MoveApp: Bietet Bewegungsübungen für ein gezieltes Training.
  • YUVEDO: Speziell für Parkinson-Betroffene entwickelt.
  • LSVT Companion®: Ein Computerprogramm, das die LSVT-Therapie unterstützt.
  • Achtsamkeits-App & Du hast Pause: Bieten geführte Meditationen zur Entspannung und Selbsterkenntnis.
  • MyTherapy & Digitale Hausapotheke: Erinnern an die tägliche Medikamenteneinnahme und ermöglichen die Dokumentation von Beschwerden.
  • Mediteo: Eine kostenlose Medikamenten-Erinnerungs-App mit Augmented Reality Technologie.
  • i-PROGNOSIS: Eine App zur Früherkennung von Parkinson, die Bewegungsmuster und Sprachqualitäten analysiert.
  • ParkinsonGo TM: Eine umfassende Lösung für den Alltag mit Parkinson, die personalisierte Trainingsübungen und einen Nurse-Service bietet.

Wearables zur Verlaufsbeobachtung

Eine Studie in npj Parkinson´s Disease (2024) zeigt, dass handelsübliche Wearables wie Smartwatches und Smartphones genutzt werden könnten, um den Verlauf des Morbus Parkinson genauer zu verfolgen. Die Geräte verfügen über Sensoren, die Bewegungen, Tremor, Schrittzahl und andere Parameter aufzeichnen können. In Kombination mit neurophysiologischen Tests, die die Patienten am Smartphone durchführen, lassen sich auch kognitive Fähigkeiten messen.

Ein Team um Jamie Adams vom University of Rochester Medical Center hat in einer Studie gezeigt, dass Smartphone, Smartwatch und Sensoren in der Lage waren, gesunde Menschen von Patienten im Frühstadium eines Morbus Parkinson zu unterscheiden. Die Wearables registrierten Veränderungen bei den Patienten, wie eine Verminderung des Armschwungs, eine Zunahme des Tremors und eine sinkende Schrittzahl.

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