Hanfsamen bei Parkinson: Wirkung, Anwendung und Forschungslage

Die Parkinson-Krankheit, auch Morbus Parkinson genannt, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, von der in Deutschland etwa 400.000 Menschen betroffen sind. Kennzeichnend für diese Krankheit ist das Absterben von Nervenzellen im Gehirn, insbesondere der Dopamin-produzierenden Zellen. Dies führt zu einer Reihe von motorischen und nicht-motorischen Symptomen, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Zu den häufigsten Symptomen gehören Zittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinese) und Haltungsinstabilität.

Da die Ursachen von Parkinson noch nicht vollständig geklärt sind, konzentrieren sich die aktuellen Behandlungsmethoden hauptsächlich auf die Linderung der Symptome. Neben den traditionellen Medikamenten rückt in den letzten Jahren auch medizinisches Cannabis in den Fokus der Aufmerksamkeit. Viele Patienten setzen große Hoffnungen in diese alternative Therapieform, insbesondere im Hinblick auf die Linderung von Zittern und anderen belastenden Symptomen.

Was ist Cannabis?

Cannabis, auch Hanf genannt, ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Menschheit. Der wissenschaftliche Name der Hanfpflanze lautet Cannabis sativa L.. Bereits in der Antike wurde Hanf als Kulturpflanze geschätzt und für die Herstellung von Arbeitskleidung, Seilen, Transportsäcken sowie als Beruhigungsmittel und Narkotikum in der Medizin verwendet.

Es lassen sich hauptsächlich zwei Unterarten unterscheiden:

  • Cannabis sativa (Sativa): Diese Pflanzen sind in der Regel größer und schlanker, mit fingerartigen Blättern. Sativa-Sorten haben oft einen höheren THC-Gehalt und eine energetisierende, stimmungsaufhellende Wirkung. Sie können bei chronischen Schmerzen, Depressionen und Appetitlosigkeit eingesetzt werden.
  • Cannabis sativa indica (Indica): Diese Pflanzen sind kompakter und stammen aus trockenen Klimazonen. Indica-Sorten haben tendenziell einen höheren CBD-Gehalt und eine entspannende, schmerzlindernde Wirkung. Sie werden oft bei Schlafstörungen, chronischen Schmerzen und zur Linderung von Symptomen bei Parkinson oder Multipler Sklerose eingesetzt.
  • Hybride: Dies sind Kreuzungen aus Sativa- und Indica-Sorten, die eine Kombination der Eigenschaften beider Elternpflanzen aufweisen. Das Verhältnis von CBD zu THC kann stark variieren, um bestimmte Wirkprofile zu erzielen.

Inzwischen tendiert man dazu, Cannabispflanzen nicht mehr nur nach Sativa, Indica oder Hybriden zu unterteilen, sondern die chemische Zusammensetzung der jeweiligen Pflanze zu betonen und von Chemovar anstatt von Sorte zu sprechen. Jede Cannabispflanze weist ein spezielles Wirkstoff-Profil auf, das sich durch unterschiedlich hohe Anteile der jeweiligen Cannabinoide auszeichnet.

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Inhaltsstoffe von Cannabis

Die Hanfpflanze enthält über 60 verschiedene Cannabinoide, wobei die beiden bekanntesten Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) sind.

  • THC (Tetrahydrocannabinol): Ist der psychoaktive Bestandteil von Cannabis, der für die berauschende Wirkung verantwortlich ist. THC kann jedoch auch schmerzlindernde, entzündungshemmende und appetitanregende Eigenschaften haben. Es gibt THC auch als Öl oder in Kapseln.
  • CBD (Cannabidiol): Ist nicht psychoaktiv und wirkt daher nicht berauschend. CBD hat entzündungshemmende, krampflösende, angstlösende und beruhigende Eigenschaften. Es ist als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen.
  • THCA: besitzt keine psychoaktive Wirkung, soll aber entzündungshemmend wirken und neurologische Symptome lindern.

Neben den Cannabinoiden enthält Cannabis noch weitere Inhaltsstoffe, die ebenfalls zum Wirkprofil der Pflanzen beitragen können. Hierzu gehören unter anderem die Terpene, die in erster Linie für den Geruch der Pflanze verantwortlich sind, aber auch bestimmte Wirkungen unterstützen können. Ein Beispiel hierfür ist Beta-Caryophyllen (BCP), ein Terpen, das in wissenschaftlichen Studien entzündungshemmende und neuroprotektive Wirkungen gezeigt hat.

Wie wirkt Cannabis im Körper?

Der Körper produziert selbst Cannabinoide, die an spezifische Rezeptoren im Gehirn binden. Bisher sind zwei Empfängerstellen bekannt. Docken die Cannabinoide dort an, werden Signalkaskaden in nachgeordneten Nervenzellen ausgelöst und bestimmte Botenstoffe freigesetzt: einerseits Dopamin, das bei Parkinson eine große Rolle spielt, aber auch Glutaminsäure oder Serotonin. Die Reaktionen, die dadurch ausgelöst werden, sind vielfältig. Es ist kein einfacher Reiz-Reaktionsweg, sondern ein extrem komplexer Vorgang, über den man noch längst nicht alles weiß.

Das Cannabinoid-System hat sowohl Einfluss auf die Psyche und seelische Zustände wie auch auf den Körper, die Muskeln und die Verdauung. Die Rezeptoren des Cannabinoid-Systems sind im ganzen Körper verteilt. Durch das menschliche Cannabinoid-System gibt es nahezu in allen Bereichen des Körpers Rezeptoren, an denen Hanf seine Wirkung entfalten kann.

Hanfsamen und ihre potenziellen Wirkungen bei Parkinson

Hanfsamen sind reich an wertvollen Nährstoffen und können eine sinnvolle Ergänzung zur Ernährung von Parkinson-Patienten darstellen. Sie enthalten hochwertige Proteine, gesunde Fette (insbesondere Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren) und eine Vielzahl von Vitaminen und Mineralstoffen.

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Einige der potenziellen Vorteile von Hanfsamen bei Parkinson sind:

  • Entzündungshemmung: Chronische Entzündungen spielen eine Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Parkinson. Die in Hanfsamen enthaltenen Omega-3-Fettsäuren können entzündungshemmend wirken und somit potenziell die Symptome lindern.
  • Neuroprotektion: Einige Inhaltsstoffe von Hanf, wie z.B. CBD und Beta-Caryophyllen (BCP), haben in Studien neuroprotektive Eigenschaften gezeigt. Sie können Nervenzellen vor Schäden schützen und deren Funktion unterstützen.
  • Symptomlinderung: Obwohl die Forschungslage noch begrenzt ist, gibt es Hinweise darauf, dass Cannabis bei einigen Parkinson-Symptomen wie Schlafstörungen, Angstzuständen und Schmerzen helfen kann.
  • Appetitanregung: Appetitlosigkeit ist ein häufiges Problem bei Parkinson. Hanf kann den Appetit anregen und somit dazu beitragen, Mangelernährung vorzubeugen.
  • Entkrampfende Wirkung: Hanf kann durch die Regulierung der elektrischen Potenziale im Nervensystem die Anspannung in den Muskeln und im ganzen Körper senken.
  • Schmerzlinderung: Durch seine enthaltenen Wirkstoffe kann der Hanf das Schmerzempfinden des Menschen im Gehirn herabsetzen und helfen, diese ertragen zu können.
  • Beruhigende Wirkung: Hanf kann das Stresslevel reduzieren und entspannen.

Aktuelle Forschungslage zu Cannabis und Parkinson

Die Forschung zur Wirkung von Cannabis bei Parkinson ist noch relativ jung, aber es gibt bereits einige vielversprechende Ergebnisse.

  • Eine Studie deutet darauf hin, dass Cannabis möglicherweise eine dämpfende Wirkung auf die Unruhebewegungen haben könnte, die durch das Medikament L-Dopa ausgelöst werden.
  • In Studien konnte eine Besserung von diversen nicht-motorischen Symptomen festgestellt und ausreichend dokumentiert werden. Dies trifft bei psychischen Störungen, im besonderen bei Schlafstörungen und Angstzuständen, zu.
  • Versuche an Mäusen zeigten außerdem, dass das CBD an bestimmte Hirnrezeptoren andockt, die für die fehlerhafte Weiterleitung beim Tremor verantwortlich sind. CBD konnte diese Weiterleitung eindämmen, wodurch der Tremor vermindert werden konnte.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Studienlage noch begrenzt ist und weitere Forschung erforderlich ist, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabis bei Parkinson umfassend zu beurteilen. Bisher gibt es nur wenige methodisch gute Studien mit einer geringen Anzahl von Patienten. Wirkungen auf die Kernsymptome des Parkinson-Syndroms wie Muskelsteifigkeit, Unbeweglichkeit oder Zittern sind bisher nicht nachgewiesen.

Risiken und Nebenwirkungen

Trotz des potenziellen Nutzens von Cannabis bei Parkinson ist es wichtig, die möglichen Risiken und Nebenwirkungen zu berücksichtigen.

  • THC kann Halluzinationen verstärken, die bei Parkinson ohnehin auftreten können.
  • THC kann den Blutdruck senken und Kreislaufprobleme verursachen, was bei Parkinson-Patienten, die oft unter niedrigem Blutdruck leiden, problematisch sein kann.
  • Es gibt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte im Zusammenhang mit THC-Konsum.
  • Einige Patienten berichten von Schwindel, Durchfall oder Appetitlosigkeit bei der Einnahme von CBD-Produkten.

Auf den Konsum von Hanfblüten sollte während der Schwangerschaft und Stillzeit verzichtet werden. Hanfsamen können während der Schwangerschaft und Stillzeit bedenkenlos gegessen werden, da sie kein THC enthalten.

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Anwendung von Hanfsamen

Hanfsamen können auf verschiedene Arten konsumiert werden:

  • Rohe Hanfsamen: Können pur gegessen oder in Müsli, Joghurt oder Smoothies gemischt werden.
  • Hanfsamenöl: Kann für kalte Speisen wie Salate oder Dressings verwendet werden.
  • Hanfsamenmehl: Kann zum Backen verwendet werden, um den Nährwert von Brot, Kuchen oder Keksen zu erhöhen.
  • Hanfsamen als Tinktur oder Verreibung: Meist werden sie 3-mal täglich eine Messerspitze oder 10-25 Tropfen dosiert.

Rechtliche Aspekte

Die rechtliche Situation bezüglich Cannabis ist komplex und variiert von Land zu Land. In Deutschland ist medizinisches Cannabis seit 2017 unter bestimmten Voraussetzungen legal. Ärzte können Cannabis verschreiben, wenn andere Behandlungsmethoden nicht ausreichend wirksam sind. Die Kosten für die Therapie werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen, wobei jedoch ein Genehmigungsverfahren erforderlich ist.

Landwirte dürfen nur zertifizierte Sorten mit niedrigem Gehalt an Tetrahydrocannabinol anbauen - meist unter Aufsicht der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Legal ist nur Hanf, dessen Gehalt an THC unter der gesetzlich festgelegten Grenze liegt. In Deutschland liegt diese bei 0,2 %.

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