Die Knochen bilden das stabile Gerüst unseres Körpers, ermöglichen Bewegung und schützen innere Organe. Doch was steckt wirklich in diesen scheinbar festen Strukturen? Dieser Artikel beleuchtet den Aufbau, die Funktionen und interessante Fakten rund um unsere Knochen.
Die Anzahl der Knochen: Eine variable Größe
Die Vorstellung, dass alle Erwachsenen die gleiche Anzahl an Knochen haben, ist weit verbreitet, aber nicht ganz korrekt. Die Anzahl der Knochen bei einem erwachsenen Menschen schwankt in der Regel zwischen 206 und 214. Bei Babys ist die Anzahl mit über 300 sogar noch höher. Dies liegt daran, dass einige Knochen im Laufe des Lebens zusammenwachsen und dann nur noch als ein Knochen gezählt werden. Dieser Prozess des Zusammenwachsens ist individuell unterschiedlich, besonders häufig betrifft er die Knochen in Hand, Fuß und Wirbelsäule.
Vielfalt in Form und Funktion
Es gibt Knochen in verschiedenen Formen, die jeweils spezifische Aufgaben erfüllen:
- Röhrenknochen: Längliche Knochen wie der Oberschenkelknochen oder Elle und Speiche bestehen aus zwei Knochenenden (Epiphysen) und dem dazwischen liegenden Knochenschaft (Diaphyse).
- Platte Knochen: Diese bilden beispielsweise Schädel, Becken und Rippen.
- Kurze Knochen: Diese finden sich vor allem in der Handwurzel.
- Unregelmäßige Knochen: Diese haben eine komplexe Form und erfüllen spezielle Funktionen.
Superlative im Skelett: Kleinster und größter Knochen
Der kleinste Knochen des menschlichen Körpers befindet sich im Gehör: der Steigbügel im Innenohr. Er ist nur etwa 3 Millimeter groß und wiegt höchstens 4 Milligramm. Der längste und schwerste Knochen ist der Oberschenkelknochen. Er kann 50 Zentimeter und mehr messen und wiegt rund 200 Gramm.
Lebendiges Gewebe: Aufbau und Zusammensetzung
Knochen sind keineswegs tote Materie, sondern lebendiges Gewebe, das sich ständig auf-, ab- und umbaut. Sie bestehen aus einem Netzwerk lebender Knochenzellen, den Osteozyten, die in eine mineralstoffreiche Hartsubstanz, die Knochenmatrix, eingebettet sind. Diese Kombination macht den Knochen zu einer besonders harten Form des Binde- und Stützgewebes. Im Zentrum der großen Knochen befindet sich zudem das Knochenmark, das unter anderem der Bildung von Blutzellen dient. Wie jedes andere Gewebe benötigt auch der Knochen Nährstoffe und Sauerstoff, die ihm über kleinste Äderchen zugeführt werden.
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Knochenstoffwechsel: Ein dynamischer Prozess
Auch nach der kindlichen Wachstumsphase ist der Knochen nicht fertig, sondern unterliegt einem ständigen Auf-, Ab- und Umbauprozess. An diesem Prozess sind verschiedene Hormone beteiligt, insbesondere die Sexualhormone Östrogen und Testosteron, das knochenaufbauende Schilddrüsen-Hormon Kalzitonin und das knochenabbauende Parathormon aus der Nebenschilddrüse. Bis etwa zum 35. Lebensjahr überwiegen die Aufbauprozesse, sodass die Knochenmasse zunimmt. Anschließend überwiegt der Knochenabbau, und die Knochenmasse vermindert sich durchschnittlich um etwa 1-2 Prozent pro Jahr. Baut sich der Knochen übermäßig schnell ab, sodass ein Krankheitswert besteht, spricht man von Osteoporose (Knochenschwund).
Kalzium und Vitamin D: Wichtige Bausteine für die Knochengesundheit
Kalzium ist eine wichtige Bausubstanz der Knochenmatrix und trägt zur Stabilität der Knochen bei. Kinder und Jugendliche haben einen besonders hohen Kalziumbedarf, da ihre Knochen sich im Wachstum befinden. Auch Vitamin D spielt eine wichtige Rolle, da es die Aufnahme von Kalzium im Körper fördert.
Geschlechterunterschiede und Knochenbrüche
Die Knochendichte sinkt mit dem Alter bei Frauen stärker als bei Männern. Dies liegt daran, dass mit den Wechseljahren die Konzentration an Östrogenen (weiblichen Sexualhormonen) abnimmt. Neben altersbedingten Hormonveränderungen beeinflussen weitere Faktoren die Bruchanfälligkeit eines Knochens, wie etwa die Knochenlokalisation und -form. Besonders häufig brechen die Speiche nahe dem Handgelenk und der Oberschenkelknochen.
Die Rolle der Knochenhaut (Periost)
Das Periost, die Knochenhaut, umgibt den Knochen und grenzt ihn gegenüber den umliegenden Strukturen ab. Es besteht aus straffem Bindegewebe und gliedert sich in zwei Schichten mit unterschiedlichen Funktionen. Über Kollagenfasern ist es sowohl im Knochen als auch in den angrenzenden Sehnen- und Bandstrukturen verankert. Das Periost enthält Osteoblasten, die neues Knochengewebe produzieren und so das Knochenwachstum vorantreiben. Es dient der Versorgung des Knochens und fördert das Knochenwachstum sowohl in der Kindheit und Jugend als auch bei sämtlichen Knochenumbauvorgängen im weiteren Verlauf des Lebens. Gleichzeitig bildet es den Ansatzpunkt für die Muskelsehnen, die den Knochen bewegen.
Bewegung und Sport: Training für die Knochen
Intensive Bewegung und Sport regen den Knochenstoffwechsel an. Beginnt ein Sportmuffel beispielsweise regelmäßig zu Joggen, reagieren die Knochen darauf. Sie bilden Querverstrebungen, die den Knochen stabilisieren und die Druckwellen beim Laufen besser abfedern lassen. Im fortgeschrittenen Alter senkt regelmäßiger Sport das Sturzrisiko und verlangsamt bei gleichzeitiger ausreichender Kalzium- und Vitamin-D-Versorgung den Knochenabbau.
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Irrtümer und Fakten: Was stimmt wirklich?
- "Mir tun alle Knochen weh": Diese Aussage ist im eigentlichen Sinne falsch, da Knochen selbst keine Nerven besitzen. Die Schmerzen gehen von der Knochenhaut (Periost) aus, die gut durchblutet ist und Nervenfasern enthält.
- Knochen sind unempfindlich: Das Periost, die Knochenhaut, ist sehr schmerzempfindlich. Ein Tritt gegen das Schienbein, das nur wenig von Muskeln geschützt ist, kann sehr schmerzhaft sein.
- Knochen sind tote Materie: Falsch! Knochen sind lebendiges Gewebe, das sich ständig auf-, ab- und umbaut.
Knochenerkrankungen: Wenn der Knochenstoffwechsel aus dem Gleichgewicht gerät
Es gibt verschiedene Erkrankungen, die den Knochenstoffwechsel beeinträchtigen können. Dazu gehören:
- Osteoporose (Knochenschwund): Hierbei kommt es zu einem übermäßigen Abbau von Knochenmasse, was die Knochen brüchiger macht.
- Osteomalazie und Rachitis: Diese Erkrankungen entstehen durch einen Mangel an Vitamin D und führen zu Skelettdeformitäten und Wachstumsanomalien.
- Hyperparathyreoidismus: Diese Erkrankung ist durch erhöhte Blutspiegel des Parathormons (PTH) gekennzeichnet und kann zu einer verminderten Knochendichte führen.
Knochenbrüche: Ursachen, Heilung und Komplikationen
Knochenbrüche entstehen durch eine teilweise oder vollständige Unterbrechung der Kontinuität eines Knochens aufgrund einer mechanischen Belastung. Die Klinik variiert je nach Ursache und Ort der Verletzung und umfasst im Allgemeinen Deformitäten, Schmerzen, Ödeme und Entzündungen. Die Diagnose wird klinisch gestellt und durch Bildgebung bestätigt. Die Heilung eines Knochenbruchs erfolgt in mehreren Phasen:
- Hämatombildung: An der Bruchstelle bildet sich ein Bluterguss (Hämatom).
- Kallusbildung: Osteoblasten (Knochenaufbauzellen) lagern Calcium in ein Gerüst aus Knorpelgewebe ein, das sich an der Bruchstelle gebildet hat. Dadurch entsteht innerhalb weniger Wochen um die Bruchstelle eine dicke Knochenschicht, die als Kallus bezeichnet wird.
- Verknöcherung: Der Kallus härtet in den nächsten sechs bis zwölf Wochen aus, sodass der gebrochene Knochen wieder belastbar ist.
- Umbau: Osteoklasten (Knochenzerstörerzellen) tragen den Kallus langsam wieder ab, bis der Knochen wieder seine ursprüngliche Form hat.
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