Henry Maske, der ehemalige Boxweltmeister, feiert bald seinen 60. Geburtstag. Dies ist eine gute Gelegenheit, um auf seine beeindruckende Karriere zurückzublicken. Im Gespräch mit dem Chefredakteur von Prisma, Stephan Braun, sprach Maske darüber, wie er den heutigen Boxsport bewertet und wie er sich fit hält.
Henry Maske: Eine Karriere im Rückblick
Maske blickt dankbar auf seine aktive Karriere zurück. Er sieht sich als Gewinner der deutschen Einheit, da sich die Zeitfenster für ihn ideal ergaben. Nach der Wende war es für ihn zunächst schwer zu verstehen, dass das Berufsboxen im wiedervereinten Deutschland nicht den gleichen Stellenwert hatte wie in der DDR. Gemeinsam mit seinem Team arbeitete er jedoch daran, eine große Chance zu bekommen. 1993 wurde er mit seinem ersten WM-Kampf in der Düsseldorfer Philipshalle IBF-Weltmeister. Der Boxsport wurde plötzlich salonfähig und das breite Publikum nahm ihn sensationell an.
Maske war bekannt für seinen Kampfnamen „Gentleman“, seinen sauberen Kampfstil und sein gutes Auftreten. Er war einige Jahre lang ein Popstar. Dies war jedoch nur möglich, weil alle Beteiligten einen riesigen Job gemacht haben. RTL übertrug die Kämpfe zur besten Zeit und sein Management um Wilfried Sauerland war bestens vernetzt. Sportlich waren er und sein Trainer Manfred Wolke perfekt aufgestellt.
Obwohl eine Karriere im Boxsport nicht vollständig planbar ist, hatte Maske eine klare Vision: Titel gewinnen und Weltmeister werden. Der Boxsport ist jedoch radikal und nur einer kann gewinnen. Eine Niederlage kann die Karriere des anderen beschädigen.
Der Boxsport heute
Maske hat das Gefühl, dass sich in den letzten Jahren nicht viel verändert hat. Es gibt jedoch einige großartige Boxerinnen und Boxer, bei denen er den Reiz des Boxsports richtig ausgelebt sieht. Er nennt Oleksandr Ussyk und Tyson Fury als Beispiele.
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Boxen ist ein empfehlenswerter Sport, da Körper und Geist extrem gefordert werden. Es fördert die Entwicklung von Fantasie, Aufmerksamkeitsspanne und Konzentration. Es ist ein wunderbarer Sport, um mit viel Freude dabei zu sein und sich fit zu halten. Dafür muss man nicht unbedingt in den Ring gehen.
Maske selbst ist mit 60 immer noch sehr austrainiert. Er hat jedoch eine Woche nach seinem letzten Kampf im März 2007 seinen Sandsack abgehangen und seitdem keine Boxhandschuhe mehr zum Training angezogen. Stattdessen läuft er, macht Krafttraining, fährt Rad und rudert.
Henry Maske Stiftung: A Place for Kids
Maske ist Gründer und Schirmherr seiner eigenen Henry-Maske-Stiftung. Unter dem Namen „A Place for Kids“ hat er schon vielen Kindern und Jugendlichen tolle Momente geboten. Er möchte sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen in Deutschland in ihrem schwierigen Lebensumfeld zu sinnvollen Perspektiven verhelfen.
Das Demenzrisiko im Boxsport
Boxen ist ein Kampfsport mit langer Tradition. Regelmäßiges Training fördert den Muskelaufbau, erhöht die Beweglichkeit und Gelenkstabilität. Es trainiert Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit. Genauso wichtig sind aber auch Konzentration, kontrollierte Bewegungen und mentales Training.
Boxen ist jedoch auch anstrengend und belastet das Herz-Kreislauf-System. Hände und Handgelenke sind stärker beansprucht als üblich. Beim Sparring oder Wettkampf können Verletzungen an Schultern, Rippen sowie im Kopfbereich entstehen.
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Schläge auf den Kopf können eine Gehirnerschütterung verursachen. Regelmäßige Schläge auf den Kopf können aber nicht nur akute Folgen haben, sondern auch chronische. Bei jedem Schlag entstehen im Gehirn kleine Risse in den Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Das Gehirn versucht, die Risse in der Gehirnsubstanz zu reparieren. Bei der CTE häuft sich dann das sogenannte Tau-Protein in den Zellen an.
Die CTE tritt häufig bei Personen auf, die im Laufe ihres Lebens wiederholten Kopferschütterungen ausgesetzt sind. Die Betroffenen leiden anfangs meist unter Kopfschmerzen oder Schwindel. Später können Probleme mit der Impulskontrolle folgen, sie werden vermehrt aggressiv und können sich schlechter selbst regulieren. Das Endstadium der CTE ist eine Demenz, ähnlich der Alzheimer-Erkrankung. Das Risiko besteht vor allem im Profisport, weniger im Breitensport.
Chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE)
Die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine degenerative Gehirnerkrankung, die typischerweise bei Kontaktsportlern, Militärveteranen und anderen Personengruppen mit einer Vorgeschichte von wiederholten kleineren Hirntraumata auftritt.
Bei der CTE bewirkt ein Protein namens „Tau“ Fehlfunktionen im Gehirn, sodass auch andere, gesunde Proteine ihre Funktion einbüßen - eine Kettenreaktion entsteht. Eine CTE wurde bereits bei Patienten im Alter von nur 17 Jahren beobachtet, jedoch treten Symptome bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten im Allgemeinen viele Jahre nach den erlittenen Kopftraumata auf. Einige Quellen berichten von einem Altersgipfel um die 50 Jahre, andere von einem Auftreten um das 70. Lebensjahr herum.
Eine CTE kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen. Personen, bei denen eine CTE diagnostiziert wurde, zeigen einige Stimmungs- und Verhaltenssymptome, die bereits in den 20er Jahren des Patienten auftreten können. Zu den am häufigsten beobachteten Symptomen gehören Probleme bei der Impulskontrolle, Aggressionen, allg. Stimmungsschwankungen, Depressionen, Paranoia und Angstzustände.
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Die meisten Patienten mit einer CTE leiden im Verlauf unter fortschreitenden Symptomen im Bereich des Denkens/Gedächtnisses, wie z.B. einem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, Verwirrtheit, einem beeinträchtigten Urteilsvermögen sowie Demenz. Solche kognitiven Symptome treten in der Regel eher später im Leben auf, oft in den 40er oder 50er Jahren eines Patienten. Zudem können Patienten entweder nur eine oder auch beide Symptomgruppen entwickeln.
Es gibt derzeit keine zuverlässigen Tests zur Diagnose einer CTE. Die Diagnose basiert zu Lebzeiten eines Patienten auf einer positiven Vorgeschichte der Teilnahme an Kontaktsportarten sowie den Symptomen und klinischen Merkmalen der Patienten. Derzeit kann eine CTE nur nach dem Tod durch eine Analyse des Gehirngewebes sicher diagnostiziert werden.
Die aktuellen Forschungen zeigen recht klar, dass eine CTE durch wiederholte Schläge auf den Kopf verursacht wird, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren erlitten werden. Die meisten Menschen, bei denen eine CTE diagnostiziert wurde, erlitten im Laufe vieler Jahre durch z.B. Militärdienst oder Kontaktsport hunderte oder tausende von Kopftraumata. Alle Patienten, bei denen eine CTE diagnostiziert wurde, haben eines gemeinsam: eine positive Vorgeschichte von wiederholten Schlägen bzw. Traumata gegen den Kopf.
Nachgewiesen wurden CTE gehäuft bei Personen, die Kopfstößen durch Tackle Football (500+ Fälle bestätigt), dem Militär (50+ Fälle), Hockey (30+ Fälle), Boxen (50+ Fälle), Rugby (10+ Fälle), Fußball (20+ Fälle), Profi-Wrestling (5+ Fälle) und, in jeweils weniger als drei Fällen, Baseball, Basketball, Gewalt durch den Partner ausgesetzt waren.
Wichtig zu erwähnen ist an dieser Stelle auch, dass nicht jede Person, die wiederholt Schläge gegen den Kopf erlitten hat, auch tatsächlich eine CTE entwickelt. Es spielen mehrere Risikofaktoren eine Rolle, die manche Menschen anfälliger für die Entwicklung einer CTE machen als andere.
Eine heilende Therapie existiert für die CTE derzeit nicht. Es gibt leider nur wenige Studien, die sich mit der kurativen Therapie dieser Erkrankung auseinandersetzen. Ein zentrales Problem hierbei ist, dass die Erkrankung zu Lebzeiten bisher nicht zuverlässig diagnostiziert werden kann, was die Identifikation von entsprechenden Patientengruppe sehr schwierig bis unmöglich gestaltet. Aktuell besteht der Therapieansatz in der Linderung der Symptome und einer Verlangsamung der Erkrankung.
Ein übrigens immer noch weit verbreiteter Irrglaube: ein Kopfschutz schützt nicht zuverlässig vor Gehirnerschütterungen! Die schnellen Beschleunigungsbewegungen des Gehirns bzw. Traumata gegen den Kopf werden zwar möglicherweise als weniger stark empfunden, kommen jedoch trotzdem durch und können Schaden anrichten. Die einzige Schutzmöglichkeit besteht darin, Kopfverletzungen möglichst zu vermeiden bzw. minimieren und sich im Zweifel beim zuständigen Verbandsarzt/ Ringarzt vorzustellen, um ernsthafte Verletzungen und Erkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen.
Schutzmaßnahmen und Früherkennung
Um das Risiko zu verringern, sollten Sportlerinnen und Sportler ihren Kopf schützen und Schläge auf den Kopf möglichst vermeiden. Hilfreich ist außerdem eine gut trainierte Nackenmuskulatur.
Hans Förstl und seine Kollegen plädieren für wirksamere Schutzmaßnahmen und Früherkennungsuntersuchungen auf Boxerdemenz. Auch eine genetische Analyse auf Apolipoprotein-Varianten könnte zu den Maßnahmen gehören, die das Risiko senken.