Hildegard von Bingen, eine Universalgelehrte des Mittelalters, deren Heilsystem bis heute Anklang findet, betrachtete den Menschen als Einheit. Ihre Lehren und Empfehlungen, die einen bedeutenden Anteil an der traditionellen westlichen Medizin haben, lassen sich einfach anwenden, beispielsweise durch die Verwendung bestimmter Küchengewürze. Ihre ganzheitliche Sichtweise, dass auch der Kranke ein Geschöpf aus Gottes Hand (opus dei) ist, hat über die Zeit hinweg nichts an Bedeutung verloren.
Hildegard von Bingen: Eine Pionierin der Naturheilkunde
Hildegard von Bingen, geboren 1098 in Bermersheim, Rheinhessen, war eine Benediktinerin, Äbtissin und Universalgelehrte. Sie hatte Zugang zu medizinischen Werken der Antike und war selbst heilkundig tätig. Ihre Werke Physica (Naturkunde) und Causae et curae (Ursachen und Behandlungen von Krankheiten) machten sie berühmt. Hildegard vertrat die tiefe innere Überzeugung, dass Heilung im Glauben verankert sei. Sie wurde 2012 von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen.
Hildegards Ansatz bei Nervenschmerzen: Ein ganzheitliches Konzept
Hildegard von Bingen betrachtete Gesundheit als ein Zusammenspiel aller fünf Sinne. Ihre Empfehlungen zur Behandlung von Nervenschmerzen umfassen sowohl Ernährungsempfehlungen als auch die Anwendung von Kräutern und Gewürzen. Ziel ist es, die „Säfte“ im Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen und die Nerven zu stärken.
Ernährungsempfehlungen nach Hildegard von Bingen
Dinkel ist ein zentrales Nahrungsmittel in der Hildegard-Küche. Hildegard beschreibt Dinkel als das beste Getreide, das warm, fett, kräftig und milder als andere Getreidearten ist. Es bereitet demjenigen, der ihn isst, rechtes Fleisch und rechtes Blut und macht frohen Sinn und Freude im Gemüt des Menschen.
Fenchel ist laut Hildegard ein Universalmittel und in jeder Form - als Gemüse, Suppengrün oder Samen - für die Gesundheit zuträglich.
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Kräuter und Gewürze zur Behandlung von Nervenschmerzen
Balsamkraut und Fenchel
Bei „vielen und verschiedenartigen Gedanken“, die Bewusstsein und Sinne trüben und zu „Wahnsinn“ führen, empfahl Hildegard von Bingen einen Kräutertee aus Balsamkraut und Fenchel. Dieser Tee sollte abgekühlt und häufig getrunken werden.
Der Balsam-Fencheltee ist ein Nerventee, der aus einer Mischung von Fenchelsamen und Balsamkraut besteht. Er wird morgens mit einem halben Liter Wasser aufgebrüht (1 EL) und fünf Minuten ziehen gelassen. Abgekühlt über den Tag verteilt getrunken, soll seine Wirkung verstärkt werden.
Balsamkraut (Frauenminze)
Das Balsamkraut, auch Marienkraut oder Frauenminze genannt, duftet nach Minze und soll vor falschen „Säfteströmungen“ und damit vor Disziplinlosigkeit und falschen Sinnesempfindungen bewahren. Früher wurde es in der Volksheilkunde bei Leber- und Gallenbeschwerden sowie Menstruationsbeschwerden eingesetzt.
Galgant
Hildegard empfiehlt Galgant zum Würzen als Pfefferersatz, da er heilkräftig ist. Patienten berichteten, dass ein Galgant-Wein, am besten im Anschluss an eine Weizenpackung getrunken, gut bekömmlich ist und deren Leiden beseitigte. Er unterstützt bei Rücken-, Kreuzschmerzen, Seitenstechen, Bandscheibenschaden, Muskel- oder Nervenschmerzen, Übersäuerung und rheumatischen Beschwerden. Empfohlen wird 3-4x täglich ein Likörglas (leicht erwärmt).
Hirschzungenfarnkrautpulver
Das Hirschzungenfarnkrautpulver ist ein sanftes Naturheilmittel, das bei unterschiedlichen Schmerzzuständen unterstützend helfen kann. Hildegard von Bingen nutzte die Heilkraft des Hirschzungenfarns für ihr Wohlbefinden. Der sanfte Wirkstoff unterstützt die Gelenke und den Rücken, ohne den Körper mit chemischen Zusätzen zu belasten. 1 Messerspitze Pulver wird vor und nach dem Essen eingenommen - oder für eine entspannende Variante in einem Likörglas Wein verrührt. Bei chronischen Beschwerden empfiehlt sich die langfristige Anwendung.
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Kubebenpfeffer
Der Kubebenpfeffer (Piper cubeba) unterstützt das Denkvermögen und die Konzentrationsfähigkeit, hilft bei Prüfungsängsten, gibt Energie, gleicht Hitzewallungen aus, stärkt schwache Nerven und macht fröhlich. In der Hildegardküche wird er anstelle von schwarzem Pfeffer verwendet.
Ysop
Ysop wirkt sich positiv auf angegriffene Nerven aus, zählt zu den froh machenden Gewürzen und kann wohltuend die Reinigung von Lunge und Leber unterstützen.
Bertram
Echter oder römischer Bertram (Anacyclus pyrethrum) ist das Universalgewürz in der Hildegard-Küche, sowohl zum Kochen als auch zum Nachwürzen. Die pulverisierte Wurzel hat einen angenehm scharfen Geschmack und ist laut Hildegard für kranke und gesunde Menschen nützlich und gut.
Wermut
Wermut ist laut Hildegard ein Universalmittel und der wichtigste Meister gegen alle Erschöpfungen.
Neun-Kräuter-Suppe
Eine Neun-Kräuter-Suppe aus frischen Kräutern wie Brennnessel, Brunnenkresse, Gänseblümchen, Gundermann, Giersch, Löwenzahn, Rauke, Sauerampfer und Spitzwegerich kann die Lebensenergie fördern.
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Hildegard Nervenkekse
Die Nerven-Energie-Kekse, die aus bestem Dinkelmehl gebacken werden, wirken auf alle Sinne, schaffen ein fröhliches Gemüt, stärken die Nerven und nehmen die Bitterkeit im Menschen. Die Keksmischung enthält eine hohe Dosierung von Zimt, Muskat und Nelken.
Rezept für Hildegard-Nervenkekse (moderne, vegane Version)
- 1 Tasse Dinkelvollkornmehl
- 1 Tasse Dinkelmehl Typ 1050
- 3 EL Pflanzenmargarine
- 2 EL Reissirup oder Agavendicksaft
- 1 Tasse gemahlene Mandeln
- 2 EL Apfelmark
- 1 EL Zimt
- 1 EL Muskatpulver
- 1 EL Nelkenpulver
- 1 Prise Meersalz
Den Backofen auf 200 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Alle Zutaten in einer großen Rührschüssel zu einem glatten Teig verkneten. Den Teig auf einer bemehlten Unterlage circa 1 cm dick ausrollen und die Nervenkekse ausstechen. Auf mittlerer Schiene 20 Minuten backen.
Weitere Empfehlungen
- Gelöschter Wein: Hildegard zufolge ist gelöschter Wein eine gute Möglichkeit, die Gemütsverfassung zu erhellen. Hierfür ¼ l Wein zum Sieden bringen und den Wein mit einem Schnapsglas voll kaltem Wasser ablöschen, sobald sich Bläschen bilden.
- "Für starke Nerven"-Tropfen Nr.: Diese Tropfen enthalten einen wässrig-alkoholischen Extrakt aus Passionsblumenkraut, Schlüsselblumenblüte, Lavendelblüte, unreife Pomeranzenfrucht, Hopfenzapfen, Baldrianwurzel, Gewürznelken, Zimtrinde, Melissenblatt und Herzgespannkraut. Die empfohlene Dosierung beträgt 3x täglich ca. 23 Tropfen in Wasser.
Wichtige Hinweise
- Die hier dargestellten Informationen dienen lediglich der Information und ersetzen keine professionelle medizinische Beratung.
- Bei akuten oder chronischen Nervenschmerzen sollte immer ein Arzt oder Heilpraktiker konsultiert werden.
- Die Anwendung von Kräutern und Gewürzen kann individuell unterschiedlich wirken.
- Nahrungsergänzungsmittel sollten nicht als Ersatz für eine abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden. Eine ausgewogene Ernährung und gesunde Lebensweise sind wichtig.
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